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Informationen zum Dokument  BGE 103 III 6  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
2. Auszug aus dem Entscheid vom 7. September 1977 i.S. B.
 
 
Regeste
 
Art. 92 Ziff. 5 SchKG.  
 
Sachverhalt
 
BGE 103 III, 6 (6)Am 24. Januar 1977 pfändete das Betreibungsamt W. beim Schuldner B. u.a. vorgefundene Barmittel im Betrage von Fr. 621.55. Auf Beschwerde des Schuldners hin verfügte die obere kantonale Aufsichtsbehörde am 30. März 1977, der Pfändungsbeschlag über das gepfändete Bargeld von Fr. 621.55 sei aufzuheben und B. in die volle Verfügungsmacht über diesen Betrag wieder einzusetzen. Am 23. Mai 1977 erhob B. eine weitere Beschwerde, in welcher er die Nichtzustellung der Pfändungsurkunde und die Pfändung verschiedener Kompetenzstücke rügte. Die untere Aufsichtsbehörde entschied am 8. Juni 1977, die in Ziffer 2 und 3 der Pfändungsurkunde aufgeführten Barschaften seien soweit aus der Pfändung zu entlassen, als es sich um gültige Zahlungsmittel handle. Dieser Entscheid wurde von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde am 6. Juli 1977 bestätigt.
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B. hat ihren Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer heisst den Rekurs teilweise gut.
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BGE 103 III, 6 (7)Aus den Erwägungen:
 
Den zum Teil unklaren Ausführungen in der Rekursschrift lässt sich nur mit Mühe ein den Anforderungen von Art. 79 Abs. 1 OG genügender Antrag entnehmen. Bei wohlwollender Betrachtungsweise lässt sich indessen aus der Rekursschrift herauslesen, dass der Rekurrent die Entlassung der am 24. Januar 1977 gepfändeten Silbermünzen aus der Pfändung im "Mindestbetrag von Fr. 104.--" verlangt und diese ausser Kurs gesetzten Münzen als Barmittel im Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG beansprucht. Nach dieser Vorschrift sind die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen unpfändbar.
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Den beiden kantonalen Aufsichtsbehörden ist insofern beizupflichten, dass Silbermünzen, die ausser Kurs gesetzt und damit nicht mehr als gültiges Zahlungsmittel verwendbar sind, grundsätzlich gepfändet werden können. Doch stellt sich die Frage, ob dies auch dann gelten soll, wenn der Schuldner mit den verfügbaren Barmitteln seinen Notbedarf im Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG nicht zu decken vermöchte und die gepfändeten Silbermünzen sich ohne grosse Schwierigkeiten in ein gültiges Zahlungsmittel umwandeln lassen. Weder der bundesgerichtlichen Rechtsprechung noch der Lehre lässt sich eine direkte Antwort auf diese Frage entnehmen. Indessen hat das Bundesgericht Art. 92 Ziff. 5 SchKG bisher nicht einschränkend interpretiert, wie dies die beiden Vorinstanzen in den angefochtenen Entscheiden getan haben, sondern es hat sich eher für eine weitherzige Auslegung dieser Bestimmung ausgesprochen. So wird in BGE 97 III 25 festgehalten, die Unpfändbarkeit eines Sparguthabens im Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG komme in Frage, falls es für Anschaffung der notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel flüssig gemacht oder doch belehnt werden könne. Bereits in BGE 78 III 163 hat das Bundesgericht die fragliche Bestimmung grosszügig ausgelegt, indem es die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen als schlechthin unpfändbar bezeichnete, gleichgültig, ob der Schuldner BGE 103 III, 6 (8)Arbeitsverdienst hat oder in nächster Zeit haben wird. Eine andere Auslegung würde auch dem Sinn von Art. 92 Ziff. 5 SchKG widersprechen, wonach für den Schuldner und seine Familie der notwendige Lebensunterhalt während der zwei der Pfändung folgenden Monate auf jeden Fall sichergestellt sein soll. Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass gemäss einer Auskunft der Schweizerischen Nationalbank vom 1. September 1977 die beim Rekurrenten gepfändeten Silbermünzen gegenwärtig immer noch zum vollen Nennwert bei dieser Bank in gültige Noten oder Münzen umgetauscht werden können. Entgegen der Meinung des Betreibungsamtes macht sich der Eigentümer ausser Kurs gesetzter Silbermünzen auch nicht strafbar, wenn er damit Handel treibt und sie einem Sammler zu einem höheren Preis als dem Nennwert verkauft. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die gepfändeten Silbermünzen insoweit zu den gemäss Art. 92 Ziff. 5 SchKG unpfändbaren Barmitteln zu zählen, als sie zur Deckung des Notbedarfs des Rekurrenten benötigt werden, und sie in diesem Umfang vom Pfändungsbeschlag zu befreien.
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