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Informationen zum Dokument  BGE 117 III 57  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. Das Kantonsgericht des Kantons Schwyz hat im angefochtenen Ent ...
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17. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Dezember 1991 i.S. G. gegen Seehotel Schwert AG (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 81 Abs. 1 SchKG; Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (SR 279); Prüfungsbefugnis des Rechtsöffnungsrichters.  
2. Im Rahmen des Konkordatsrechts bleibt für eine Auslegung insoweit Raum, als aus der Bezeichnung einer juristischen Person als Schiedsrichter auf bestimmte natürliche Personen geschlossen werden kann (E. 4b).  
 
Sachverhalt
 
BGE 117 III, 57 (58)A.- Mit einer Vereinbarung hatten die Vermieterin Seehotel Schwert AG und der Mieter G. den zwischen ihnen abgeschlossenen Mietvertrag als aufgelöst erklärt, die Modalitäten der Rückgabe des Mietobjektes geregelt und die Schätzungsabteilung der Treuhandstelle des Schweizer Wirteverbandes (SWV) mit der Inventarisierung und Schätzung des Gross- und Kleininventars sowie des Warenlagers beauftragt.
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Am 22. März 1990 fällte die Schätzungsabteilung der Treuhandstelle SWV einen als Schiedsspruch bezeichneten Entscheid, wodurch die Seehotel Schwert AG verpflichtet wurde, für das Inventar und das Warenlager den Betrag von Fr. 410'574.70 zu bezahlen. Ausdrücklich nicht erfasst wurden vom Schiedsspruch die "möglichen Verrechnungen" der Seehotel Schwert AG, inbegriffen "die bestrittenen Forderungen bezüglich der Bauabnahme".
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Für diesen Entscheid bescheinigte der Gerichtspräsident des Bezirks Gersau, in Anwendung von Art. 3, 5 und 44 Abs. 1 lit. a des Konkordates über die Schiedsgerichtsbarkeit (vom 27. März 1969; SR 279), am 30. Juni 1990 die Vollstreckbarkeit.
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B.- Gestützt auf den erwähnten Schiedsspruch, betrieb G. am 27. Juni 1990 die Seehotel Schwert AG für eine Forderung von Fr. 284'750.70 nebst Zins zu 5% seit 23. April 1990. Vom ursprünglichen Betrag von Fr. 410'574.70 hatte er verschiedene zur Verrechnung gestellte Forderungen der Seehotel Schwert AG und weiter vereinbarte Beträge abgezogen.
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Mit Verfügung vom 31. Oktober 1990 erteilte der Gerichtspräsident des Bezirks Gersau dem betreibenden Gläubiger definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 198'123.70 zuzüglich Zins, Betreibungskosten, Gerichtskosten und Parteientschädigung für das Rechtsöffnungsverfahren. Demgegenüber hiess das BGE 117 III, 57 (59)Kantonsgericht des Kantons Schwyz am 20. März 1991 einen Rekurs der Seehotel Schwert AG gut und wies das Rechtsöffnungsbegehren ab.
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C.- Das Bundesgericht hiess die gegen den Entscheid des Kantonsgerichts gerichtete staatsrechtliche Beschwerde des Gläubigers G. gut.
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Aus den Erwägungen:
 
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a) Handelt es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen Schiedsgerichtsentscheid, der im gleichen Kanton ergangen ist, in welchem die Betreibung angehoben worden ist, so kann der Betriebene lediglich die Vollstreckbarkeit bestreiten oder geltend machen und durch Urkunden beweisen, die Schuld sei seit Erlass des Entscheides getilgt oder gestundet worden, oder den Eintritt der Verjährung geltend machen (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, § 19 Rz. 19 f.; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Auflage Bern 1988, § 19 N 26 f.; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage Lausanne 1988, S. 148 oben; STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage Zürich 1982, Anhang nach § 258 N 2).
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Der vom Beschwerdeführer angerufene Schiedsspruch ist vom Gerichtspräsidenten des Bezirks Gersau, in Anwendung der Bestimmungen des Konkordates über die Schiedsgerichtsbarkeit, als vollstreckbar erklärt worden. Wenngleich diese Bescheinigung nur feststellenden und nicht konstitutiven Charakter hat, liefert sie den Beweis dafür, dass der Schiedsgerichtsentscheid nach dem Recht des Kantons, in dem er ergangen ist, rechtskräftig und vollstreckbar ist; und diesbezüglich ist der innerkantonale Vollstreckungsrichter gebunden (BGE 107 Ia 320 E. 4; STRÄULI/MESSMER, § 257 N 2). Der die Vollstreckbarkeit bescheinigende Richter ist zur Prüfung befugt gewesen, ob der Schiedsspruch die Voraussetzungen eines Schiedsgerichtsentscheides erfülle oder ob es sich nicht lediglich um ein Schiedsgutachten handle, das vom Konkordat nicht erfasst wird (BGE 107 Ia 324 E. 6 am Ende).
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Solche Prüfung stand indessen dem mit dem Rechtsöffnungsentscheid befassten Kantonsgericht nicht mehr zu. Dieses hat auch BGE 117 III, 57 (60)keine anderen Gründe namhaft gemacht, deretwegen die Vollstreckbarkeit zu verneinen wäre, wie etwa nicht ordnungsgemässe Zustellung (Art. 35 des Konkordates über die Schiedsgerichtsbarkeit).
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b) Hingegen hat das Kantonsgericht des Kantons Schwyz daran Anstoss genommen, dass im Schiedsspruch vom 22. März 1990 keine natürlichen Personen als Schiedsrichter bezeichnet worden sind.
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In der Tat kann als Schiedsrichter grundsätzlich nur eine natürliche Person in Erscheinung treten. Das gilt indessen im System des Konkordates über die Schiedsgerichtsbarkeit nicht absolut (JOLIDON, Commentaire du Concordat suisse sur l'arbitrage, Bern 1984, S. 201). Für eine Auslegung bleibt insoweit noch Raum, als aus der Bezeichnung einer juristischen Person auf bestimmte natürliche Personen geschlossen werden kann (BGE 107 Ia 322 oben).
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Im vorliegenden Fall haben denn auch zwei Mitglieder der Schätzungsabteilung der Treuhandstelle SWV mit Unterstützung durch einen Experten das Schiedsverfahren durchgeführt und den Schiedsspruch unterzeichnet. Ein Nichtigkeitsgrund wäre daraus nicht abzuleiten.
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c) Die Frage der Tragweite der Schiedsabrede hätte die Beschwerdegegnerin zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde machen können; und mit diesem Rechtsmittel hätte sie auch vorbringen können, dass die Vereinbarung vom 19. April 1989 keine taugliche Grundlage für den Erlass eines Schiedsgerichtsentscheides bilde. Sie hat jedoch auf die Nichtigkeitsbeschwerde verzichtet. Der Rechtsöffnungsrichter, konfrontiert mit einem Schiedsspruch, dessen Vollstreckbarkeit bescheinigt war, durfte auf solche Einwände nicht zurückkommen.
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d) Steht somit fest, dass das Kantonsgericht des Kantons Schwyz auf Einreden der Schuldnerin eingegangen ist, welche die von Art. 81 Abs. 1 SchKG gesetzten Grenzen ganz offensichtlich sprengen, so erweist sich der angefochtene Entscheid als unhaltbar und ist demzufolge aufzuheben.
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