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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. (...) ...
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2. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. Ltd. SPC gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
4A_36/2021 vom 1. November 2021
 
 
Regeste
 
Art. 754 ff. OR; aktienrechtliche Verantwortlichkeit; Klagebefugnis.  
 
Sachverhalt
 
BGE 148 III 1 (1)A.
1
A.a Die A. Ltd. SPC (Klägerin, Beschwerdeführerin) ist eine in T. als sogenannte "open ended investment Company" domizilierte Investmentfondsgesellschaft, die verschiedene Unterfonds hält. Diese Unterfonds sind nicht als juristische Personen ausgestaltet. Sie verwalten ihr Vermögen separat und damit von den übrigen Unterfonds getrennt. Es handelt sich hierbei um eine Art Sondervermögen, auf das weder die Gläubiger der Klägerin noch die Gläubiger anderer Unterfonds zugreifen können. Vorliegend von Bedeutung ist der Unterfonds der Klägerin mit der Bezeichnung "X.-Fonds", der primär die Beteiligung an Immobilienprojekten in Afrika bezweckt.
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B. (Beklagter, Beschwerdegegner) war bis am 1. März 2016 Verwaltungsratspräsident der C. AG, deren Hauptzweck die Erbringung von Dienstleistungen für und im Zusammenhang mit ausländischen kollektiven Kapitalanlagen ist.
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A.b Am 17. Mai 2011 schloss die Klägerin mit der C. AG ein Administrative Services Agreement, worin die C. AG zum Administrator des X.-Fonds ernannt und mit dessen Verwaltung beauftragt wurde. Zu diesem Zweck wurde sie bevollmächtigt, Zahlungen von den Konti der Klägerin zu tätigen (insbesondere solche, die auf vertraglicher Vereinbarung beruhen oder mit dem Investment Manager abgesprochen werden).
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Die D. AG verwaltet als Investment Managerin das Vermögen der Nationalbank von U. Sie zeichnete im Rahmen dieser Tätigkeit für die Nationalbank von U. 25'000 Einheiten am X.-Fonds zu je USD 1'000.- und überwies entsprechend am 29. Juli 2011 USD 25 Mio. in den X.-Fonds der Klägerin. In der Folge wurden seitens der C. AG die Klägerin und die D. AG regelmässig mit Kontoauszügen des X.-Fonds dokumentiert.
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A.c Anfang Oktober 2015 entschieden die Klägerin und die D. AG, die Rückzahlung der X.-Fonds-Anteile zu verlangen. Der von der C. AG der Klägerin zugestellte Kontoauszug für den X.-Fonds wies per 14. Oktober 2015 ein Guthaben von USD 26'727'154.58 aus. Am 16. Oktober 2015 bestätigte die C. AG zwar die Rückzahlung über USD 26'524'130.- als Nettovermögenswert, doch teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass die Rückzahlung noch nicht erfolgen könne, weil es bei der Ausführung der Instruktionen Bedarf für neue Unterlagen gebe, da bei der E. Bank AG einige Änderungen zu verzeichnen seien. Am 21. Januar 2016 erhielt die D. AG von der Klägerin für deren Konto bei der E. Bank AG eine Einsichtsvollmacht, von der sie am 18. Februar 2016 Gebrauch machte. Gleichentags teilte der Beklagte dem Verwaltungsratspräsidenten der D. AG mit, beim X.-Fonds würden rund USD 26 Mio. fehlen, weshalb die Rückzahlung nicht ausgeführt werden könne. Ein Teil der Gelder sei durch einen ehemaligen Verwaltungsrat der C. AG verspekuliert worden. Gleichzeitig bat er darum, bis zum 29. Februar 2016 auf eine Anzeige zu verzichten, da die Möglichkeit bestehe, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, die den Verlust im X.-Fonds decken könnte. Er werde sich ohnehin aus den Verwaltungsräten der C.-Gesellschaften zurückziehen und eine Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft einreichen. Am 26. Februar 2016 erstattete die D. AG bei der Meldestelle für Geldwäscherei eine Verdachtsmeldung, welche diese an die zuständige Strafverfolgungsbehörde weiterleitete. Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt(e) eine Strafuntersuchung gegen den Beklagten betreffend Veruntreuung, ungetreue Geschäftsbesorgung etc.
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B. Am 7. November 2017 reichte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein und beantragte, der Beklagte sei zu verpflichten, ihr den Betrag von USD 25'800'000.- nebst Zins zu bezahlen. Mit der Replik reduzierte sie den geltend gemachten Betrag auf USD 25'688'901.30 nebst Zins. Die Klägerin machte geltend, der Beklagte habe Gelder aus dem X.-Fonds veruntreut und sein Handeln mittels gefälschter Bankauszüge verheimlicht. Dafür hafte er, namentlich aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit.
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Mit Urteil vom 1. Dezember 2020 schrieb das Handelsgericht die Klage im Umfang von USD 111'098.70 nebst Zins als durch Rückzug erledigt ab. Im übrigen Umfang von USD 25'668'901.30 wies es die Klage kostenfällig ab. Es wies die Einwände des Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerin sowie gegen seine Passivlegitimation zurück. Weiter erwog es, die Klägerin komme ihrer Behauptungs- und Substanziierungslast hinsichtlich des Schadens aus mehreren Gründen nicht nach, weshalb die Klage abzuweisen sei.
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C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichts sei kostenfällig aufzuheben und der Beklagte zu verurteilen, ihr den Betrag von USD 25'688'901.30 nebst Zins zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Es hebt das Urteil des Handelsgerichts auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurück.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
 
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(1) die unmittelbare bzw. direkte und ausschliesslich im Vermögen des Gläubigers bzw. des Aktionärs eintretende Schädigung ("dommage direct") (BGE 141 III 112 E. 5.2.1; BGE 132 III 564 E. 3.1.1; BGE 110 II 391 E. 1). Der Aktionär/Gläubiger allein ist klagelegitimiert innerhalb und ausserhalb des Konkurses (BGE 132 III 564 E. 3.2.1 mit Hinweis);
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(2) die mittelbare bzw. indirekte Schädigung, die primär im Vermögen der Gesellschaft und nur reflexartig - zufolge des Konkurses der Gesellschaft - im Vermögen des Gläubigers bzw. des Aktionärs eintritt ("dommage par ricochet [Reflexschaden]"). Die Gesellschaft ist klagelegitimiert (BGE 141 III 112 E. 5.2.2; BGE 132 III 564 E. 3.2.2 mit Hinweisen);
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(3) die Situation, in welcher sowohl die Gesellschaft als auch der Gläubiger und/oder Aktionär unmittelbar bzw. direkt geschädigt sind (BGE 141 III 112 E. 5.2.3; BGE 132 III 564 E. 3.1.3). Hinsichtlich dieser Konstellation hat das Bundesgericht die Klagebefugnis des direkt geschädigten Aktionärs bzw. Gläubigers - jedenfalls für bestimmte Fälle - insofern eingeschränkt, als dieser nur dann seinen direkten Schaden einklagen kann, wenn das Verhalten des Gesellschaftsorgans gegen aktienrechtliche Bestimmungen verstösst, die ausschliesslich dem Gläubiger- oder Aktionärsschutz dienen oder die Schadenersatzpflicht auf einem andern widerrechtlichen Verhalten des Organs im Sinne von Art. 41 OR oder einem Tatbestand der culpa in contrahendo gründet (BGE 141 III 112 E. 5.2.3; BGE 132 III 564 E. 3.2.3 mit Hinweisen). Wann diese Einschränkung überhaupt Anwendung findet, ist vorliegend umstritten (vgl. hiernach E. 3.2.2.2 ff.).
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3.2.1 Die Vorinstanz erwog, ausgehend von dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Schadenersatzanspruch sei deren Aktivlegitimation zu bejahen. Die durch die C. AG bzw. den Beschwerdegegner getätigten Transaktionen hätten sich direkt auf das Vermögen der Beschwerdeführerin ausgewirkt, womit der von ihr geltend gemachte Schaden als unmittelbarer Schaden im Sinne von BGE 132 III 564 E. 3.1.1 bis 3.1.3 zu qualifizieren sei. Strittig sei, ob nebst der Beschwerdeführerin auch die C. AG geschädigt sei. Generell berge jedes gläubigerschädigende Organverhalten eine latente Gefahr der Belangung der Gesellschaft mittels Schadenersatzklage. Würde aufgrund dieser latenten Gefahr nebst der unmittelbaren Schädigung des Gläubigers stets eine unmittelbare Schädigung der Gesellschaft bejaht, so wäre bei Vorliegen einer vertraglichen Beziehung eine unmittelbare und ausschliessliche Schädigung eines Gläubigers (gemäss der Konstellation 1) gar nicht mehr möglich. Denn der Gesellschaft entstünde stets auch ein direkter Schaden, weil sie aufgrund der Haftung für ihre Organe gegenüber dem Gläubiger dafür aufkommen müsse. Gegen die Bejahung einer direkten Schädigung der Gesellschaft (im Sinne der Konstellation 3) spreche, dass vorläufig für die Gesellschaft (hier die C. AG) nur die Gefahr einer Belangung bestehe. Konkret stehe die tatsächliche Schädigung unter der Bedingung einer Klageerhebung gegen die Gesellschaft mit erfolgreichem Ausgang. Für eine unmittelbare Schädigung spreche hingegen, dass ein Schadenersatzanspruch grundsätzlich mit der Entstehung des Schadens (vorliegend mit der Vornahme der angeblich pflichtwidrigen Transaktionen) begründet und fällig werde. Letztlich liess die Vorinstanz offen, ob auch die Gesellschaft (die C. AG) direkt geschädigt sei. Denn es handle sich bei der C. AG ohnehin nicht um eine konkursite Gesellschaft, weshalb die Beschwerdeführerin ihren unmittelbaren Schaden so oder anders direkt gegenüber den verantwortlichen Organen geltend machen könne. Im (dritten) Fall, wenn sowohl die Gesellschaft wie auch der Gläubiger unmittelbar geschädigt seien, müsse nämlich unterschieden werden, ob sich die Gesellschaft im Konkurs befinde oder aufrecht stehe. Für den Fall, dass die Gesellschaft aufrecht stehe, habe das Bundesgericht die Aktionärs- bzw. Gläubigerklage aus unmittelbarem Schaden nicht begrenzt.
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3.2.2.1 Er macht erstens geltend, wenn nur ein direkter Schaden der Beschwerdeführerin (Konstellation 1) vorläge, könnte die Beschwerdeführerin Ersatz lediglich auf der Grundlage von Art. 41 OR und nicht gestützt auf Art. 754 ff. OR fordern. Die Beschwerdeführerin habe ihre Klage zwecks Zuständigkeitsbegründung als Verantwortlichkeitsklage "verpackt". Die dadurch begründete Zuständigkeit des Handelsgerichts eröffne ihr aber nicht die Möglichkeit, ihren Anspruch (vor Handelsgericht) auf Art. 41 ff. OR zu stützen.
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3.2.2.2 Zweitens argumentiert der Beschwerdegegner, wenn ein Fall der Konkurrenz zwischen direktem Schaden der Gesellschaft und des Gläubigers (Konstellation 3) vorläge, hätte gemäss BGE 132 III 564 E. 3.2.3 sowie BGE 141 III 112 E. 5.2.3 stets die Klage der Gesellschaft Priorität, unabhängig davon, ob sich die Gesellschaft im Konkurs befinde oder nicht. Die Beschwerdeführerin könne also in jedem Fall nur dann auf Ersatz des direkten Schadens klagen, wenn sie ihre Klage mit Art. 41 OR, einer culpa in contrahendo oder einer ausschliesslich zum Schutz der Gläubiger konzipierten Bestimmung des Gesellschaftsrechts begründen könne.
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3.2.3 Wie die Vorinstanz zutreffend darlegte, sind typische Fälle der Konstellation 1 (direkter Schaden nur des Gläubigers) solche, in denen ein Gläubiger einer überschuldeten Gesellschaft einen Kredit gewährt, den er bei rechtzeitiger Überschuldungsanzeige nicht gewährt hätte. Hier ist die Gesellschaft nicht nur nicht geschädigt, vielmehr profitiert sie sogar von der zusätzlichen Liquidität (Urteil 4C.198/2000 vom 28. September 2000 E. 4b; vgl. auch den Hinweis auf diesen Entscheid in BGE 142 III 23 E. 4.2.2). Mit der Vorinstanz ist sodann davon auszugehen, dass auch vorliegend die Beschwerdeführerin direkt geschädigt wurde. Dies scheint auch nicht mehr bestritten zu sein. Die Vorinstanz liess, wie erwähnt, lediglich offen, ob auch die Gesellschaft (die C. AG) direkt geschädigt sei. Das ist zu bejahen. Schaden ist gleich wie im übrigen Haftpflichtrecht die Differenz zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte. Er kann in einer Vermehrung der Passiven, einer Verminderung der Aktiven oder in entgangenem Gewinn bestehen (BGE 145 III 225 E. 4.1.1 mit weiteren Hinweisen). Die Gesellschaft (die C. AG) haftet der Beschwerdeführerin für allfälliges pflichtwidriges Verhalten ihres Organs (Art. 55 Abs. 2 ZGB). Sie ist daher ebenfalls direkt geschädigt durch eine Erhöhung ihrer Verpflichtungen. Es liegt hier folglich die Konstellation 3 vor.
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3.2.3.1 Das Bundesgericht erwähnte in BGE 131 III 306 diesbezüglich Folgendes: Wenn nebst den Aktionären und Gesellschaftsgläubigern auch die konkursite Gesellschaft direkt geschädigt ist, kann die Individualklage der Aktionäre und Gläubiger in Konkurrenz zu den Ansprüchen der Gesellschaft treten. Nur für diesen Fall hat die Rechtsprechung die Klagebefugnis der Aktionäre und Gläubiger zur Verhinderung eines Wettlaufs zwischen der Konkursverwaltung und den direkt klagenden Gläubigern bzw. Aktionären zur Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen eingeschränkt (BGE 131 III 306 E. 3.1.2). Der Beschwerdegegner scheint davon auszugehen, dass das Bundesgericht in den beiden von ihm zitierten Entscheiden (BGE 132 III 564 E. 3.2.3 sowie BGE 141 III 112 E. 5.2.3) von dieser Aussage Abstand genommen hat.
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Das Bundesgericht hat sich in den beiden Entscheiden nicht explizit dazu geäussert, ob die Priorität der Klage der Gesellschaft in der Konstellation 3 (weiterhin) unabhängig davon gelten soll, ob sich die Gesellschaft im Konkurs befindet oder nicht. Vielmehr bezog sich die Formulierung auf eine Konkurrenz zwischen den Ansprüchen des direkt geschädigten Gläubigers und jenen der Gesellscha ft oder der Konkursverwaltung ("compétition entre les actions en responsabilité exercées respectivement par la société ou l'administration de la faillite et par les créanciers directement touchés"; BGE 141 III 112 E. 5.2.3; BGE 132 III 564 E. 3.2.3). Die Formulierung unterscheidet somit nicht zwischen der Gesellschaft und der Konkursverwaltung, womit prima facie abgeleitet werden könnte, die Einschränkung solle auch dann bestehen, wenn die Gesellschaft aufrecht stehe. Eine eigentliche Abkehr von der eingangs zitierten Aussage in BGE 131 III 306 lässt sich aus dieser Formulierung aber - wie nachfolgend dargelegt - nicht ableiten.
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In dem auch von der Vorinstanz angeführten BGE 141 III 112 erwog das Bundesgericht, es bestehe sowohl ein Direktschaden des Arbeitnehmers (Verlust des Versicherungsanspruchs zufolge Nichtbezahlung der Taggeld-Versicherungsprämien durch die Arbeitgeberin) als auch ein (Direkt-)Schaden der Gesellschaft/Arbeitgeberin (Haftung gegenüber dem Arbeitnehmer). Obwohl also eine Konkurenz zwischen dem Anspruch der Gesellschaft und jenem des direkt geschädigten Arbeitnehmers im Sinne der Konstellation 3 festgestellt werden könne, sei diese Konkurrenz aktuell nicht mehr von Bedeutung, da der Konkurs geschlossen und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht worden sei. Der Entscheid ging aber nicht weiter auf diesen Aspekt ein ("Quoi qu'il en soit [...]"), denn im konkreten Fall könne der Gläubiger seinen Anspruch auf Art. 159 StGB und Art. 87 Abs. 3 AHVG stützen, dabei handle es sich um Bestimmungen zum Schutz des Arbeitnehmers (Gläubigers). Dieser sei daher ohne weiteres aktivlegimitiert (BGE 141 III 112 E. 5.3.3 i.V.m. E. 6 [nicht publ.]). In einem kurz darauf ergangenen Entscheid, der allerdings nicht in Fünferbesetzung erging, führte das Bundesgericht erneut aus, mit der Priorität der Klage der Gesellschaft in der Konstellation, in der gleichzeitig ein direkter Gläubigerschaden vorliege (Konstellation 3), solle eine Konkurrenz zwischen der Gesellschaft einerseits und einzelnen Gläubigern um die meist begrenzten Ressourcen verhindert werden. Das Ziel dieser Rechtsprechung entfalle aber, wenn feststehe, dass die Gesellschaft nicht selber klage (Urteil 4A_26/2015 vom 21. Mai 2015 E. 5.2). In beiden vom Beschwerdegegner erwähnten Entscheiden ging es sodann darum, dass ein Konkurs eröffnet worden war, in der Folge aber trotzdem keine aktuelle Konkurrenzsituation mehr bestand. In der Kommentierung wurde die in BGE 141 III 112 angesprochene Erleichterung der Klagelegitimation für direkt geschädigte Gläubiger auch nach Konkurseröffnung mehrheitlich begrüsst. Eine Beschränkung auf Fälle, wo sich der Gläubiger auf spezifische Schutznormen, Art. 41 OR oder culpa in contrahendo stützen könne, sei in der Tat nur gerechtfertigt, wenn tatsächlich zufolge paralleler Ansprüche die Gefahr einer Konkurrenzierung zulasten der Gesellschaft bestehe (CEREGATO/BIERI, Aktivlegitimation des Gesellschaftsgläubigers zu Klagen gegen Gesellschaftsorgane im Konkurs der Gesellschaft, Schweizerische Zeitschrift für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht [GesKR] 2015 S. 295 ff., 300 f.; BUFF/VON DER CRONE, Aktienrechtliche Verantwortlichkeit im Konkurs: Einschränkung der Klageberechtigung, SZW 2015 S. 269 ff., 274 ff.; ablehnend: STOFFEL/CONSTANTIN, Le droit des sociétés 2015, SZW 2016 S. 322 ff., 325).
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Bei einer aufrecht stehenden Gesellschaft besteht erst Recht keine Konkurrenzsituation. Die Rechtfertigung für die Beschränkung der Klagelegitimation, dass die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger beeinträchtigt wären, weil die Konkursverwaltung bei Verantwortlichkeitsklagen regelmässig erst nach der zweiten Gläubigerversammlung aktiv werden kann, während direkt geschädigte Gläubiger sofort klagen könnten (BGE 122 III 176 E. 7c; BUFF/VON DER CRONE, a.a.O., S. 273), entfällt. In der Lehre wird denn auch - allerdings ohne weitere Begründung - ausgeführt, ausserhalb des Konkurses bestehe keine Einschränkung der Aktivlegitimation des Aktionärs bzw. des Gläubigers (vgl. PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 18 S. 2451 Rz. 242).
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Auch aufgrund der Art des Schadens besteht kein Grund für eine Priorisierung der Gesellschaft. Vielmehr führte hier eine (angeblich) widerrechtliche Handlung zu zwei Schadenersatzforderungen (eine gegen das Organ und eine gegen die Gesellschaft) für ein und denselben Schaden. Der Schaden der Gläubigerin ist also kein blosser Reflexschaden, der von ihr ausserhalb des Konkurses nicht geltend gemacht werden könnte. Zwischen beiden Schadenersatzforderungen besteht unechte Solidarität. Der Gläubiger als Geschädigter kann wählen, ob er gegen das Organ oder gegen die Gesellschaft vorgehen will. Falls die Gesellschaft in der Folge leisten muss, hat sie einen Rückgriffsanspruch gegenüber dem verantwortlichen Organ (Art. 51 Abs. 2 OR; BERNARD CORBOZ, Le dommage dans les actions en responsabilité contre les organes sociaux, in: Développements récents en droit commercial II, Flavio-Gabriel Chabot [Hrsg.], 2013, S. 93 ff., 101; wohl gleich: vON DER CRONE/CARBONARA/HUNZIKER, Aktienrechtliche Verantwortlichkeit und Geschäftsführung, 2006, S. 15).
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3.2.3.2 Es besteht somit keine Einschränkung in dem Sinne, dass die Beschwerdeführerin (als Gläubigerin) nur aktivlegitimiert wäre, wenn sie ihre Klage mit einer unerlaubten Handlung (Art. 41 OR), einer culpa in contrahendo oder einer Verletzung einer ausschlies s lich zum Schutz der Gläubiger konzipierten Bestimmung des Gesellschaftsrechts begründet (CEREGATO/BIERI, a.a.O., S. 300). Auch wenn diese Einschränkung nicht besteht, kann sich die Beschwerdeführerin aber nicht tel quel auf aktienrechtliche Bestimmungen berufen, die nur den Schutz der Gesellschaft bezwecken. Es ist zwar nicht erforderlich, dass sie sich auf eine ausschliesslich zum Schutz der Gläubiger konzipierte Bestimmung stützen kann, jedoch muss sie sich auf eine Bestimmung stützen können, die sowohl den Schutz der Gesellschaft wie auch den Schutz der Gläubiger bezweckt (Norm mit doppelter Schutzwirkung). Dazu gehören namentlich die Bilanzvorschriften und die Bestimmungen über das Verhalten bei eingetretener Überschuldung (BGE 128 III 180 E. 2c; BGE 127 III 374 E. 3c; BGE 125 III 86 E. 3b; BGE 122 III 176 E. 7c). Soweit sie sich auf Bestimmungen des Aktienrechts stützt, beruft sie sich einzig auf Art. 717 OR. Das Bundesgericht hat jedoch bereits zu aArt. 722 OR (jetzt Art. 717 OR) entschieden, dass die allgemeine Sorgfaltspflicht keine Bestimmung ist, die auch dem Gläubigerschutz dient, sondern die nur Pflichten gegenüber der Gesellschaft begründet (BGE 110 II 391 E. 2b; zustimmend: CHRISTA SOMMER, Die Treuepflicht des Verwaltungsrats gemäss Art. 717 Abs. 1 OR, 2010, S. 34; CLAUDE LAMBERT, Das Gesellschaftsinteresse als Verhaltensmaxime des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft, 1992, S. 225 f.; wohl auch: FREYMOND/ VOGT, Die Pflicht des Verwaltungsrates zur Verhinderung von Insiderdelikten, in: Strafrecht als Herausforderung, Jürg-Beat Ackermann [Hrsg.], 1999, S. 210 bei Fn. 176). Die Beschwerdeführerin ist daher grundsätzlich (vgl. aber nicht publ. E. 3.3) jedenfalls insoweit aktivlegitimiert, als sie einen Anspruch aus Art. 41 OR in Verbindung mit Bestimmungen des StGB geltend macht, die dem Gläubigerschutz dienen, namentlich Veruntreuung und ungetreue Geschäftsführung (ERIC HOMBURGER, Zürcher Kommentar, 1997, N. 799 zu Art. 717 OR; VITO ROBERTO, Haftpflichtrecht, 2. Aufl. 2018, S. 61 Rz. 05.67). Dies ist der Fall: Die Beschwerdeführerin berief sich gemäss den Feststellungen der Vorinstanz auf diese Strafnormen.BGE 148 III 1 (1)
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