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Informationen zum Dokument  BGE 107 IV 77  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. B. fallen nach der vorläufigen Aktenlage strafbare Handlu ...
2. Im vorliegenden Fall ist die Untersuchung vor dem zurückg ...
3. Im vorliegenden Fall gebricht es an den zur Entscheidung der G ...
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23. Entscheid der Anklagekammer vom 7. April 1981 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
 
 
Regeste
 
Art. 264 BStP, Art. 351 StGB.  
 
Sachverhalt
 
BGE 107 IV, 77 (78)A.- Gegen den am 21. Juni 1962 geborenen, italienischen Staatsangehörigen B. wurde von der Jugendanwaltschaft Bülach wegen wiederholten Diebstahls, wiederholten Diebstahlsversuchs, Hehlerei, Betrugsversuchs, wiederholten Hausfriedensbruchs, wiederholter Entwendung von Motorfahrzeugen zum Gebrauch, wiederholten Führens ohne Führerausweis, Befahrens einer mit Fahrverbot belegten Strasse, Nichtanpassens der Geschwindigkeit und wiederholten verbotenen Glücksspiels, welche strafbaren Handlungen in der Zeit von August 1978 bis Anfang Juni 1980 verübt wurden, eine Untersuchung geführt. Als sich B. am 16. Juni 1980, fünf Tage vor seinem 18. Altersjahr zu einer abschliessenden Begutachtung in der Beobachtungsstation Bolligen (Kt. BE) einfinden sollte, riss er aus und konnte erst wieder am 5. Januar 1981 in Basel verhaftet werden. Anschliessend von der Kantonspolizei Zürich durchgeführte Einvernahmen des B. ergaben, dass dieser nach seinen Angaben auf der Flucht in verschiedenen Kantonen, insbesondere im Kanton Bern, erneut zahlreiche Eigentumsdelikte usw. begangen hatte.
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Nachdem die genannte Jugendanwaltschaft das Untersuchungsrichteramt Interlaken erfolglos ersucht hatte, hinsichtlich der von B. nach dem 16. Juni 1980 begangenen Straftaten ein Strafverfahren zu eröffnen und zumindest vorläufig den dortigen Gerichsstand anzuerkennen, stellte sie mit Bericht vom 28. Januar 1981 beim Jugendgericht des Bezirks Bülach den Antrag, B. wegen der vor seinem 18. Altersjahr verübten Verfehlungen gemäss Art. 91 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in einem Erziehungsheim unterzubringen. B. war zuvor bereits vorsorglich in die kantonale Arbeitserziehungsanstalt Uitikon eingewiesen worden.
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BGE 107 IV, 77 (79)B.- Der Generalprokurator des Kantons Bern ersucht die Anklagekammer des Bundesgerichts mit Eingabe vom 19. März 1981, die Strafbehörden des Kantons Zürich zur Verfolgung und Beurteilung aller B. zur Last gelegten Straftaten für berechtigt und verpflichtet zu erklären.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung des Gesuchs.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. B. fallen nach der vorläufigen Aktenlage strafbare Handlungen zur Last, die er teils vor, teils nach dem zurückgelegten 18. Altersjahr begangen hat. Nach Art. 1 Abs. 2 VStGB (1) ist in einem solchen Fall grundsätzlich das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar. Wird jedoch die Untersuchung vor dem zurückgelegten 20. Altersjahr des Täters eingeleitet und bedarf er voraussichtlich einer Massnahme des Jugendrechtes, so kann das Verfahren gegen Jugendliche angewendet werden. Entsprechend richtet sich die örtliche Zuständigkeit als eine Verfahrensfrage im ersteren Fall nach den Bestimmungen der Art. 346-350 StGB, im letzteren nach Art. 372 StGB. Indem der Bundesrat in Art. 1 Abs. 2 Satz 2 VStGB (1) die Anwendung des jugendrechtlichen Verfahrens in eine Kann-Vorschrift gefasst hat, hat er klarerweise der Berücksichtigung von Zweckmässigkeitsgründen den Weg geöffnet, wie sie auch der Rechtsprechung der Anklagekammer zugrundelagen, die jener gesetzlichen Ordnung vorausgegangen war (BGE 96 IV 23).
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2. Im vorliegenden Fall ist die Untersuchung vor dem zurückgelegten 18. Altersjahr des B. eingeleitet worden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob er voraussichtlich einer Massnahme des Jugendrechts bedürfe oder ob eine Strafe oder eine Massnahme des Erwachsenenrechtes Platz greifen solle. Die vorläufige Prüfung dieser Frage durch die Anklagekammer - der endgültige Entscheid muss dem Sachrichter vorbehalten bleiben - setzt indessen voraus, dass die Aktenlage im Zeitpunkt des Gerichtsstandsverfahrens zureichend Aufschluss gebe über das Verhalten des Täters vor und nach dem 18. Altersjahr, über seine Erziehung, seine Lebensverhältnisse und seinen körperlichen und geistigen Zustand (analog Art. 90 StGB). Nur wenn diese Entscheidungsgrundlagen vorliegen, kann darüber befunden werden, ob der Täter voraussichtlich einer Massnahme des Jugendrechtes oder einer Sanktion des Erwachsenenstrafrechts BGE 107 IV, 77 (80)bedarf. Welcher Kanton diese Untersuchung durchzuführen hat, sagt freilich Art. 1 VStGB (1) nicht. Grundsätzlich muss gelten, dass - solange die Frage der Zuständigkeit offen oder streitig ist - jeder Kanton verpflichtet bleibt, die sein Gebiet betreffenden Tatsachen soweit zu erforschen, als es der Entscheid über den Gerichtsstand erfordert (BGE 94 IV 47). Hat der Täter im Kanton, in dem er seinen Wohnsitz hat oder sich dauernd aufhält, strafbare Handlungen begangen, so wird es vor allem an den Behörden dieses Kantons sein, die persönlichen Verhältnisse des Täters abzuklären (analog Art. 372 StGB).
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3. Im vorliegenden Fall gebricht es an den zur Entscheidung der Gerichtsstandsfrage notwendigen Grundlagen. Zwar scheint die Jugendanwaltschaft Bülach das von ihr bezüglich der von B. vor dem 18. Altersjahr verübten strafbaren Handlungen eingeleitete Verfahren abgeschlossen zu haben, ohne dass indessen den Akten zu entnehmen wäre, dass sie die seinerzeit für nötig erachtete abschliessende Begutachtung des Täters namentlich auch hinsichtlich seiner Massnahmebedürftigkeit nachgeholt hätte. Zudem sind auch die von B. nach dem 18. Altersjahr begangenen strafbaren Handlungen ungenügend abgeklärt und bedürfen der weiteren Untersuchung, deren Ergebnisse für die Beurteilung der Täterpersönlichkeit unerlässlich und insbesondere auch für eine möglicherweise notwendige Begutachtung des B. abzuwarten sind. Die beteiligten Kantone werden deshalb ein jeder die sein Gebiet betreffenden und für die Bestimmung des Gerichtsstandes erforderlichen Tatsachen abklären und sich sodann miteinander über eine Regelung des Gerichtsstandes ins Benehmen setzen müssen. Sollte sich dannzumal keine Einigung ergeben, wird erst die Anklagekammer des Bundesgerichts angerufen werden können.
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Das vom Generalprokurator des Kantons Bern gestellte Gesuch um Bestimmung des Gerichtsstands im Kanton Zürich erweist sich als verfrüht und ist deshalb zur Zeit abzuweisen.
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Demnach erkennt die Anklagekammer:
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Das Gesuch des Generalprokurators des Kantons Bern wird zur Zeit abgewiesen.
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