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Informationen zum Dokument  BGE 124 V 150  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz den Verkauf d ...
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26. Auszug aus dem Urteil vom 30. April 1998 i.S. K. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
 
 
Regeste
 
Art. 9 Abs. 1 AHVG; Art. 17, 22 Abs. 1 und 2 AHVV: zur Rechtsbeständigkeit von Beitragsverfügungen als urteilsähnlichen Verwaltungsakten.  
 
Sachverhalt
 
BGE 124 V, 150 (151)A.- a) Der 1932 geborene K. ist von Beruf Architekt und Allein- oder Miteigentümer mehrerer Liegenschaften. Im Jahre 1969 hatte er zusammen mit A. das Grundstück G. in Z. von 3'146 m2 im Gesamteigentum gekauft, dieses in der Folge mit einem Doppel-Mehrfamilienhaus überbaut und im Jahre 1982 den Anteil von A. erworben. Seit dem 1. Januar 1979 ist K. als nebenberuflich selbständigerwerbender Liegenschaftshändler der Ausgleichskasse des Kantons Zürich angeschlossen. Mit Verfügungen vom 1. Juni 1984 setzte die Ausgleichskasse die AHV/IV/EO-Beiträge für die Jahre 1979 bis 1985 fest. Auf Beschwerde hin anerkannte die Kasse während des Verfahrens mit Verfügung vom 28. August 1985 u.a., dass die Liegenschaft G. neben zwei weiteren Grundstücken zum Privatvermögen gehöre, weshalb sie die angefochtenen Beitragsverfügungen aufhob. Am 30. August 1988 veräusserte K. die Liegenschaft G. zum Preis von 2,7 Mio. Franken. Den Erlös verwendete er seinen Angaben zufolge für den Kauf einer selbstgenutzten Wohnliegenschaft.
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b) Am 25. März 1992 meldete das Kantonale Steueramt der Ausgleichskasse im Zusammenhang mit dem Liegenschaftenhandel von K. einen Verlust von 9'285 Franken im Jahre 1987 und ein Einkommen von 1'451'250 Franken im Jahre 1988 sowie ein am 1. Januar 1989 im Betrieb investiertes Eigenkapital von 1'150'000 Franken. Gestützt darauf setzte die Ausgleichskasse mit Verfügungen vom 29. Juni 1992 das beitragspflichtige jährliche Durchschnittseinkommen für die Beitragsperiode 1990/1991 auf 661'900 Franken und die jährlichen Sozialversicherungsbeiträge (inkl. Verwaltungskosten) auf Fr. 64'137.60 fest.
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B.- Beschwerdeweise liess K. sinngemäss beantragen, die beiden Beitragsverfügungen seien aufzuheben; eventuell sei die Sache zur Neubemessung des beitragspflichtigen Einkommens an die Ausgleichskasse zurückzuweisen. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde nach Edition der Akten der Bundes- (Periode 1989/1990) und der Grundstückgewinnsteuer teilweise gut und wies die Sache zur Neufestsetzung der Beiträge im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück (Entscheid vom 4. Juli 1997).
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BGE 124 V, 150 (152)C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K. den im kantonalen Verfahren gestellten Hauptantrag erneuern.
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Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für Sozialversicherung äussert sich nicht zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Aus den Erwägungen:
 
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a) Anordnungen der Verwaltung, die über einen abgeschlossenen Sachverhalt befinden, werden, weil sie insofern mit gerichtlichen Urteilen vergleichbar sind, urteilsähnliche Verfügungen genannt (GYGI, Zur Rechtsbeständigkeit von Verwaltungsverfügungen, in: ZBl 83/1982 S. 159). Der Umstand, dass urteilsähnliche Verfügungen einen zeitlich abgeschlossenen Sachverhalt regeln, hat zur Folge, dass sie mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft auch nur bezüglich dieses Sachverhaltes rechtsbeständig werden.
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Ändert nach dem Erlass der ursprünglich rechtsfehlerfreien urteilsähnlichen Verfügung der rechtserhebliche Sachverhalt, so wird nicht auf die ursprüngliche Verfügung zurückgekommen und diese angepasst (materiell revidiert), sondern es wird eine neue Verfügung für den neuen, wiederum zeitlich abgeschlossenen Sachverhalt erlassen. Denn nur Dauerverfügungen können von einer Sachverhaltsänderung betroffen werden und sind der Anpassung an eine zeitliche Entwicklung zugänglich (Gygi, a.a.O., S. 167).
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Ist die ursprüngliche urteilsähnliche Verfügung rechtsfehlerhaft, so hindert deren Rechtsbeständigkeit die Verwaltung nicht, den Sachverhalt künftig rechtskonform zu würdigen. In Grenzfällen, in denen die Rechtsfehlerhaftigkeit nicht klar zu Tage tritt, ist der Sachverhalt auch für die Zukunft nur mit Zurückhaltung anders zu würdigen. Dies gebietet auch der Grundsatz der Verfahrensökonomie (vgl. ZAK 1989 S. 440 Erw. 2b).
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BGE 124 V, 150 (153)Soll dagegen auf den formell rechtskräftigen Entscheid zurückgekommen werden, so ist dies nur unter den Voraussetzungen der Wiedererwägung oder der prozessualen Revision zulässig. In diesem Sinne hat das Eidg. Versicherungsgericht bezüglich des für die Zukunft wirkenden Wechsels des Beitragsstatuts in der AHV entschieden (BGE 121 V 5 Erw. 6).
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b) Gemäss Art. 22 AHVV in der bis 31. Dezember 1994 gültig gewesenen, im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung, wird der Jahresbeitrag für eine Beitragsperiode von zwei Jahren festgesetzt (Abs. 1). Der Beitrag wird in der Regel auf der Basis des durchschnittlichen reinen Erwerbseinkommens einer zweijährigen Berechnungsperiode bemessen, die das zweit- und drittletzte Jahr vor der Beitragsperiode umfasst und jeweils einer Berechnungsperiode der direkten Bundessteuer entspricht (Abs. 2). Die Beitragsverfügung regelt entsprechend der ordentlichen Steuerveranlagung der direkten Bundessteuer einen zeitlich abgeschlossenen Sachverhalt in der Vergangenheit mit einer einmaligen Rechtsfolge. Es handelt sich also um eine urteilsähnliche Verfügung.
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Die Verwaltung hat mit ihrer urteilsähnlichen Anordnung vom 28. August 1985 das Grundstück G. entsprechend den aufgehobenen Verfügungen für die Jahre 1979 bis 1985 dem Privatvermögen zugeordnet. Im Lichte der in Erw. 7a dargelegten Grundsätze verbietet es dieser Entscheid nicht, die Liegenschaft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse ab 1986 im Hinblick auf die Unterscheidung Geschäfts-/Privatvermögen neu und von ihm abweichend zu qualifizieren.
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