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Informationen zum Dokument  BGE 125 V 218  Materielle Begründung
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Regeste
Aus den Erwägungen:
5. a) Unter der Herrschaft des bis 31. Dezember 1994 gültig  ...
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33. Auszug aus dem Urteil vom 15. Juni 1999 i.S. L. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
 
 
Regeste
 
Art. 9 Abs. 1, 2 und 3 AHVG; Art. 17, Art. 23 Abs. 1 und 4 AHVV; Art. 18 Abs. 2 Satz 3 DBG: Abgrenzung Geschäfts-/Privatvermögen.  
 
BGE 125 V, 218 (219)Aus den Erwägungen:
 
5. a) Unter der Herrschaft des bis 31. Dezember 1994 gültig gewesenen Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt] (bis 1982 Wehrsteuer) folgte das Eidg. Versicherungsgericht zuerst der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 82 I 178 Erw. 2), wonach ein Gebäude, das zugleich privaten und geschäftlichen Zwecken dient, entsprechend seiner überwiegenden Zweckbestimmung unaufgeteilt entweder als Privat- oder als Geschäftsvermögen zu qualifizieren ist. Nachdem das Bundesgericht seine Rechtsprechung geändert hatte (BGE 92 I 49), wich das Eidg. Versicherungsgericht vom Grundsatz der einheitlichen Erfassung gemischt genutzter Liegenschaften wieder ab (EVGE 1967 S. 83). Fortan war gemäss der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts bei gemischt genutzten Liegenschaften nach dem Verhältnis, in welchem die private und geschäftliche Zweckbestimmung zueinander stehen, in der Regel eine Wertzerlegung vorzunehmen. Lediglich die Erträgnisse aus dem geschäftlichen Teil waren in die Beitragsberechnung miteinzubeziehen. Die ungeteilte Zuweisung einer Liegenschaft zum Geschäfts- oder Privatvermögen kam nur dann in Betracht, wenn die private Zweckbestimmung im Verhältnis zur geschäftlichen oder umgekehrt diese im Verhältnis zu jener völlig belanglos war (BGE 111 V 84 Erw. 2b).
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b) Nach Art. 18 Abs. 2 Satz 3 des seit 1. Januar 1995 geltenden Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) gelten als Geschäftsvermögen alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen. Nach dieser Bestimmung sind Vermögenswerte entweder ganz dem Geschäftsvermögen oder ganz dem Privatvermögen zuzuweisen. Für gemischt genutzte Liegenschaften ist nunmehr die Präponderanzmethode vorgeschrieben und nicht mehr die BGE 125 V, 218 (220)Wertzerlegungsmethode massgebend (ASA 61 S. 507; AGNER/JUNG/STEINMANN, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, S. 67 f. N. 5 f. zu Art. 18 DBG). Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Präponderanzmethode auch im AHV-Recht anwendbar sei.
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c) Wie das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zu Recht darauf hinweist, ist im AHV-Recht der Begriff des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit mit demjenigen der direkten Bundessteuer in Übereinstimmung gebracht worden (vgl. auch KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., S. 198 N. 8.3). Art. 17 AHVV verweist denn auch ausdrücklich auf Art. 18 Abs. 2 DBG. Ob mit dieser Begriffsbestimmung gleich die Präponderanzmethode ins AHV-Recht mitübernommen worden ist, wie das BSV weiter geltend macht, kann offen bleiben. Jedenfalls ist es mit Blick auf Art. 23 Abs. 1 AHVV, wonach die kantonalen Steuerbehörden das für die Berechnung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer ermitteln, ausgeschlossen, dass im AHV-Recht eine vom direkten Bundessteuerrecht abweichende Regelung Anwendung finden könnte. Auch bemerkt das BSV im Übrigen zutreffend, dass sich die Ausgleichskassen vor beinahe unüberwindlichen praktischen Schwierigkeiten befänden, wenn sie das Einkommen weiterhin nach der Wertzerlegungsmethode zu ermitteln hätten, nachdem die Steuerbehörden dieses Verfahren aufgegeben haben. In allen Fällen, wo fundiertes Einkommen fliesse, müssten sie prüfen, ob und wieweit dieses aus Geschäftsvermögen stamme. Damit würde die Einkommensermittlung - entgegen der vom Gesetzgeber vorgenommenen Aufgabenzuweisung (vgl. Art. 9 Abs. 3 AHVG) - zu einem beträchtlichen Teil den Ausgleichskassen überantwortet, womit diese überfordert wären.
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Nach dem Gesagten erweist sich die bisherige Rechtsprechung zur Wertzerlegung bei gemischt genutzten Liegenschaften (vgl. Erw. 5a) aufgrund des vom Gesetzgeber im Bundessteuerrecht vollzogenen Wechsels zur Präponderanzmethode insofern als hinfällig, als ein Sachverhalt unter der Herrschaft des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer zu beurteilen ist. Mangels Übergangsbestimmung zum Zeitpunkt des Methodenwechsels ist die Präponderanzmethode in der ersten Steuerperiode nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer anwendbar. Massgeblich für diese neue Zuordnung sind dabei, weil die Jahre 1993/94 die Berechnungsgrundlage für die unter dem neuen Recht BGE 125 V, 218 (221)stehende Steuerperiode 1995/96 bilden, die Verhältnisse am 1. Januar 1993 (AGNER/JUNG/STEINMANN, a.a.O., S. 68 N. 6 zu Art. 18 DBG; vgl. auch ASA 61 S. 508).
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