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Informationen zum Dokument  BGer 7B.22/2000  Materielle Begründung
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BGer 7B.22/2000 vom 09.02.2000
 
[AZA 0]
 
7B.22/2000/min
 
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER
 
************************************
 
9. Februar 2000
 
Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichter Weyermann,
 
Bundesrichterin Nordmann und Gerichtsschreiber Schett.
 
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In Sachen
 
A.S.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Bühler, Denkmalstrasse 2, Postfach 6453, 6000 Luzern 6,
 
gegen
 
den Entscheid vom 21. Dezember 1999 des Obergerichts des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs,
 
betreffend
 
Lastenverzeichnis; Fristansetzung zur Klage, hat sich ergeben:
 
A.- Im Grundpfandverwertungsverfahren gegen die X.________, betreffend das Grundstück Nr. ..., GB Horw, erstellte das Konkursamt Hochdorf namens des Betreibungsamtes Horw am 12. Mai 1999 das Lastenverzeichnis. Darin wurde der diese Liegenschaft betreffende Mietvertrag zwischen der X.________ und A.S.________ vom 26. September 1998 mit einer Mietdauer bis 31. März 2004 unter der Rubrik "Andere Lasten" ins Lastenverzeichnis aufgenommen. Der Bestand dieses Mietvertrages wurde von der Steuerverwaltung des Kantons Luzern namens des Steueramtes der Stadt Luzern und der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer im Sinne von Art. 140 Abs. 2 SchKG bestritten. Das Konkursamt Hochdorf setzte A.S.________ am 27. Mai 1999 gestützt auf Art. 140 Abs. 2 und Art. 107 SchKG eine zwanzigtägige Frist, um auf Feststellung ihres Anspruchs zu klagen.
 
Gegen diese Verfügung reichte A.S.________ am 7. Juni 1999 beim Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Land Beschwerde ein. Mit Entscheid vom 17. August 1999 wies der Amtsgerichtspräsident die Beschwerde ab. Der von A.S.________ am 2. September 1999 eingereichte Beschwerde-Weiterzug hatte vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern keinen Erfolg. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs wies das Konkursamt Hochdorf an, hinsichtlich des im Lastenverzeichnis aufgeführten Mietvertrages vom 26. August 1998 die Frist zur Klage der Beschwerdeführerin neu anzusetzen.
 
B.- A.S.________ hat den obergerichtlichen Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Kantons Luzern vom 21. Dezember 1999 mit Beschwerde vom 20. Januar 2000 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Sie beantragt, ihre Beschwerde sei gutzuheissen und demzufolge seien die Entscheide der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission vom 21. Dezember 1999 bzw. des Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Land vom 17. August 1999 aufzuheben. Eventualiter begehrt sie, der Beschwerdegegner 1 (Konkursamt Hochdorf) bzw. 3 (Betreibungsamt Horw) seien anzuweisen, den Beschwerdegegnern 3 (Staat und Stadt Luzern) im Grundpfandverwertungsverfahren betreffend Grundstück Nr. .../GB Horw hinsichtlich des Mietvertrags vom 26. August 1998 Frist zur Klage anzusetzen. Sodann ersucht sie, der vorliegenden Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung dergestalt zu erteilen, dass der Beschwerdeführerin während des vorliegenden Verfahrens keine Frist zur Klage neu anzusetzen sei, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdegegner.
 
Dem Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde mit Präsidialverfügung vom 25. Januar 2000 entsprochen. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.
 
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
 
zieht in Erwägung:
 
________________________________________
 
1.- a) Auf die Beschwerde kann von vornherein nicht eingetreten werden, insoweit damit auch der Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Land aufgehoben werden soll. Anfechtungsobjekt gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG ist allein der Entscheid der oberen Aufsichtsbehörde.
 
b) Die Begründung einer Beschwerde im Sinne von Art. 19 Abs. 1 SchKG muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein; eine Verweisung auf beiliegende Akten wie auf Rechtsschriften im kantonalen Verfahren ist unbeachtlich (BGE 106 III 40 E. 1 S. 42 mit Hinweis). Unzulässig ist der Verweis der Beschwerdeführerin auf den "Kontoauszug Kreditor A.S.________" und den Entscheid vom 10. November 1997.
 
2.- Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 140 SchKG, da nicht ersichtlich sei, inwiefern Staat und Stadt Luzern Beteiligte im Sinne dieser Bestimmung seien. Sie seien weder Pfändungsgläubiger noch Inhaber von Rechten. Der Einwand geht völlig fehl. Gemäss den kantonalen Akten haben Staat und Stadt Luzern gegenüber B.S.________ Ausstände für Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Luzern in Millionenhöhe geltend gemacht und in diesem Zusammenhang das auf den Namen der X.________ im Grundbuch eingetragene Grundstück Nr. .../GB Horw und sich dort befindliche Vermögenswerte verarrestieren lassen. Wie dem angefochtenen Urteil zudem entnommen werden kann, sind auf dem genannten Grundstück Verfügungsbeschränkungen zu Gunsten von Staat und Stadt Luzern vorgemerkt und im Lastenverzeichnis aufgenommen.
 
Gemäss Art. 37 Abs. 1 VZG ist das Lastenverzeichnis sämtlichen Gläubigern, zu deren Gunsten das Grundstück gepfändet ist, mitzuteilen mit dem Hinweis auf ihr Bestreitungsrecht (Art. 37 Abs. 2 VZG). Staat und Stadt Luzern sind somit klarerweise zur Bestreitung des Mietvertrages vom 26. September 1998 legitimiert.
 
3.- a) Die Beschwerdeführerin führt aus, die Praxis des Bundesgerichts betreffend den Doppelaufruf werde von ihr nicht in Zweifel gezogen. Es widerspreche jedoch dem Gesetzeswortlaut, einen Mietvertrag, auch wenn er nicht im Grundbuch vorgemerkt sei, unter Zuweisung eines Ranges ins Lastenverzeichnis aufzunehmen; insbesondere nicht gestützt auf Art. 140 SchKG dürften nicht vorgemerkte Mietverträge im Lastenverzeichnis aufgeführt werden können und dürfen.
 
Die Rügen sind unbegründet. In BGE 125 III 123 E. 1d ist entschieden worden, dass der Doppelaufruf sowohl bei vorgemerkten als auch bei nicht eingetragenen, langfristigen Mietverträgen zulässig sei. Dass es vorliegend um einen Vorrang von einem Mieter mit einem langfristigen Mietvertrag gegenüber einem prioritären Grundpfandgläubiger (in der Zwangsvollstreckung) gehen soll, wie die Beschwerdeführerin sinngemäss ausführt, ist denn aus dem angefochtenen Urteil gar nicht ersichtlich. Das Konkursamt Hochdorf hat den Mietvertrag zwischen der X.________ und der Beschwerdeführerin vom 26. September 1998 mit einer Mietdauer bis 31. März 2004 ins Lastenverzeichnis aufgenommen. Dies wurde der Stadt und dem Kanton Luzern mitgeteilt, und es wurde ihnen eine Frist von zehn Tagen gesetzt, um den aufgenommenen Anspruch zu bestreiten (Art. 140 Abs. 2 SchKG; Art. 37 Abs. 1 und 2 VZG).
 
Da sie dies taten, setze in der Folge das Konkursamt der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 140 Abs. 2 und Art. 107 SchKG eine zwanzigtägige Frist, um auf Feststellung ihres Anspruchs zu klagen; und dagegen hat die Beschwerdeführerin bei der unteren Aufsichtsbehörde Beschwerde eingereicht. Unbegründet ist deshalb deren Auffassung, Staat und Stadt Luzern hätten Beschwerde führen müssen. Nicht rechtsgenügend begründet (Art. 79 Abs. 1 OG) ist der weitere Vorwurf, Mieter mit längerfristigem Mietvertrag würden klar benachteiligt gegenüber Mieter ohne längerfristigen Verträgen.
 
b) Ferner wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz eine Verletzung von Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 5 SchKG vor, denn Gegenstand eines entsprechenden Anspruches gemäss Ziff. 3 dieser Norm könne nur ein Anspruch sein, der an sich im Grundbuch eingetragen sein sollte oder sein müsste. Vorliegend gehe es nicht um ein Grundpfandrecht, sondern um einen Mietvertrag. Von einer Bundesrechtsverletzung kann keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass im vorliegenden Fall ein Grundstück bzw. eine Herrschaftsvilla zur Verwertung gelangt, für die ein Mietvertrag behauptet wird, welcher nicht im Grundbuch vorgemerkt ist. Handelt es sich um ein im Grundbuch eingetragenes Recht, dessen Bestand oder Rang vom Eintrag abhängt, so ist die Klägerrolle demjenigen zuzuweisen, der eine Abänderung oder die Löschung des Rechts verlangt. Ergibt sich das bestrittene Recht weder aus dem Grundbuch noch unmittelbar kraft Gesetzes, so wird der Ansprecher aufgefordert, binnen zwanzig Tagen auf Feststellung des von ihm behaupteten Rechts zu klagen (Amonn/Gasser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Auflage, Bern 1997, § 24 Rz 31 ff., insbesondere Rz 36, S. 191).
 
Gestützt darauf hat die Vorinstanz völlig zu Recht sich auf Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 berufen. Falsch wäre indessen, wenn sie sich dabei auf Ziff. 2 dieser Bestimmung abgestützt hätte, wie die Beschwerdeführerin meint (vgl. dazu Amonn/Gasser, a.a.O., Rz 37). Dabei ist der Einwand ohne Belang, das Konkursamt Hochdorf habe mit Schreiben vom 27. Mai 1999 ausgeführt, Staat und Stadt Luzern würden die Forderung der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 140 SchKG bestreiten.
 
Dass damit nur der behauptete Mietvertrag gemeint sein kann, welcher gemäss Art. 104 Abs. 1 VZG bei der Verwertung durch einen Doppelaufruf zu berücksichtigen ist, und welcher deshalb ins Lastenverzeichnis aufgenommen werden muss (vgl. dazu Lorandi, Mietverträge im Konkurs des Vermieters, in: Mietrechtspraxis 3/98, S. 125), liegt klar auf der Hand. Eine Forderung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG liegt somit klarerweise nicht vor. Dass die kantonalen Richter schliesslich sich für die Parteirollenverteilung von Art. 107 Abs. 5 SchKG haben leiten lassen, ist ebenfalls bundesrechtskonform, denn dies ist in Art. 39 VZG ausdrücklich vorgeschrieben.
 
c) Nach dem Ausgeführten hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie gestützt auf den nicht im Grundbuch vorgemerkten Mietvertrag der Beschwerdeführerin Frist zur Klage angesetzt hat.
 
4.- Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Da der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt wurde, wird das Konkursamt Hochdorf angewiesen, der Beschwerdeführerin die Frist zur Klage gemäss Art. 140 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 5 SchKG neu anzusetzen (BGE 123 III 330).
 
5.- Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung bezahlt werden (Art. 62 Abs. 1 GebVSchKG).
 
Demnach erkennt
 
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
 
_________________________________________
 
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.- Das Konkursamt Hochdorf wird angewiesen, im Grundpfandverwertungsverfahren betreffend Grundstück Nr. .../GB Horw, der Beschwerdeführerin hinsichtlich des im Lastenverzeichnis aufgeführten Mietvertrages vom 26. August 1998 die Frist zur Klage nach Art. 140 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 5 SchKG neu anzusetzen.
 
3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Bühler, Denkmalstrasse 2, Postfach 6453, 6000 Luzern 6, den Beschwerdegegnern (Staat und Stadt Luzern, vertreten durch das Steueramt der Stadt Luzern sowie durch die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer, 6002 Luzern, diese vertreten durch Rechtsanwalt Pius Huber, c/o Steuerverwaltung des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern), dem Konkursamt Hochdorf, Hübelistrasse 18, 6020 Emmenbrücke 2, dem Betreibungsamt Horw, Schulhaus Hofmatt, Postfach 163, 6048 Horw, und dem Obergericht des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt.
 
______________
 
Lausanne, 9. Februar 2000
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
 
Der Präsident:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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