BGer H 106/2003 | |||
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BGer H 106/2003 vom 21.08.2003 | |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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H 106/03
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Urteil vom 21. August 2003
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I. Kammer
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Besetzung
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Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiber Grunder
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Parteien
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D.________, 1942, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Stauffer, Pfrundweg 14, 5000 Aarau,
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gegen
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Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
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(Entscheid vom 13. März 2003)
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Klage vom 23. Oktober 2002 reichte die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn gegen D.________ ein Schadenersatzbegehren nach Art. 52 AHVG ein. Die Beklagte liess ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung stellen, welches das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wegen fehlender Bedürftigkeit abwies (Entscheid vom 13. März 2003).
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B.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ die Aufhebung des kantonalen Zwischenentscheids und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im vor- und letztinstanzlichen Verfahren beantragen. Mit einer weiteren Eingabe vom 21. April 2003 werden verschiedene neue Beweismittel eingereicht, welche Aufwendungen für den Liegenschaftsunterhalt und die Berufsausübung belegen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er ist daher selbstständig beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anfechtbar (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115; RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 154 Erw. 1).
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1.2 Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Versicherungsgericht sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 100 V 62 Erw. 2).
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1.3 Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen). Daher sind die mit Eingabe vom 21. April 2003 aufgelegten Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
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2.
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2.1 Gemäss Art. 61 Abs. 1 Satz 1 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem Recht, das bestimmten bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So sieht lit. f dieser Bestimmung vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet sein muss (Satz 1). Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Satz 2). Mit Inkraftsetzung des neuen Rechts ist Art. 85 Abs. 2 lit. f Sätze 1 und 2 AHVG aufgehoben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich inhaltlich nichts geändert, sodass die zu alt Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG ergangene Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist (BBl 1999 V 4627; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, Art. 61 Rz. 86 ff.; Ulrich Meyer-Blaser, La LPGA - les règles de procédure judiciaire, in: Kahil-Wolff (Ed.), La partie générale du droit des assurances sociales, Institut de recherches sur le droit de la responsabilité civile et des assurances, Colloque de Lausanne 2002, S. 32 und 34; derselbe, Die Rechtspflegebestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, in: Haftung und Versicherung HAVE, Heft 5/2002, S. 333 f.).
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2.2 Die Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung muss nach der Rechtsprechung gleich ausgelegt werden wie die Bedürftigkeit nach Art. 152 Abs. 1 OG (RKUV 2000 Nr. K 119 S. 154, 1996 Nr. U 254 S. 208 Erw. 2; Urteil E. vom 25. September 2000, C 62/00). Als bedürftig gilt eine Person, wenn sie ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie nötigen Lebensunterhalts nicht in der Lage ist, die Prozesskosten zu bestreiten (BGE 124 I 98 Erw. 3b). Abzustellen ist sowohl auf die Einkommens- als auch die Vermögensverhältnisse. Von einem Grundeigentümer kann verlangt werden, einen Kredit auf sein Grundstück aufzunehmen, soweit dieses noch belastet werden kann (BGE 119 Ia 11 ff.).
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3.
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3.1 Die Vorinstanz ermittelte einen prozessualen Notbedarf von Fr 7'925.20, dem sie ab September bis Dezember 2002 erzielte Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von monatlich durchschnittlich Fr. 5'522.50 sowie Einnahmen aus der Vermietung eines Teils (5-Zimmer Wohnung) einer im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft von Fr. 2'880.- (Mietzins ohne Nebenkosten) gegenüberstellte.
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3.2 Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, hat die Vorinstanz hinsichtlich der auf der Ausgabenseite zu berücksichtigenden Beiträge an die Sozialversicherungen den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Gemäss einer Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn vom 26. Februar 2003 hatte die Versicherte Akontobeiträge für die Periode vom 1. Juli bis 31. Dezember 2002 in Höhe von Fr. 1'918.80 (inkl. Verwaltungskosten) zu bezahlen. Die Auslagen sind dementsprechend um monatlich Fr. 319.80, abzüglich des im angefochtenen Entscheid angerechneten Betrages von Fr. 106.25, zu erhöhen, was zu einem prozessualen Notbedarf von Fr. 8'138.75 führt.
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3.3 Auf der Einnahmenseite hat das kantonale Gericht nicht berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin auch Arbeitslosenentschädigung bezogen hatte, wie namentlich aus der Bescheinigung der Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn vom 8. Januar 2003 für die im Jahre 2002 ausgerichteten Leistungen und dem im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Gesuch zur Erlangung der unentgeltlichen Rechtspflege hervorgeht. Deshalb ist auch in diesem Punkt von einer offensichtlich unrichtigen und unvollständigen Feststellung des Sachverhalts auszugehen. Der erwähnten Bescheinigung der Arbeitslosenversicherung ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin in den Monaten September bis Dezember 2002, mithin im Zeitraum, auf welchem die vorinstanzliche Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit beruht, Kompensationszahlungen entsprechend 26 Taggeldern bezogen hatte. Nach der einzigen in den Akten vorhandenen monatlichen Abrechnung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn für Januar 2003 hatte die Beschwerdeführerin Anspruch auf ein Taggeld von 70 % des versicherten Verdiensts von Fr. 8'900.-. Von September bis Dezember 2002 erfolgten demnach Kompensationszahlungen von Fr. 7'464.60 (26 x Fr. 287.10) oder durchschnittlich von Fr. 1'866.15 monatlich. Vermindert um die Beiträge an die Sozialversicherungen (AHV/IV/EO und NBU) in Höhe von 7,99 % und an die berufliche Vorsorge von Fr. 49.20 vereinnahmte die Beschwerdeführerin somit durchschnittlich Entschädigungen der Arbeitslosenkasse von Fr. 1'667.-. Die Einnahmen betrugen damit insgesamt Fr. 10'069.50.
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3.4 Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe die Wohnung in ihrer Liegenschaft nur befristet (vom 15. Juli 2002 bis Ende Februar 2003) zu einem Mietzins von Fr. 3'600.- (inkl. Nebenkosten) vermieten können. Die tatsächlichen Einnahmen lägen beträchtlich tiefer. Nach den in diesem Punkt verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz beträgt die monatliche Hypothekarzinslast Fr. 3'942.70 und der Unterhaltsbedarf Fr. 897.20. Unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung ist festzustellen, dass diese Aufwendungen den wirtschaftlichen Verhältnissen und persönlichen Bedürfnissen der Beschwerdeführerin nicht angemessen sind (vgl. BGE 119 III 70 Erw. 3 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat den gesamten geltend gemachten Liegenschaftsaufwand von Fr. 4'839.90 berücksichtigt, dem sie Einnahmen aus der Vermietung der 5-Zimmer Wohnung von Fr. 2'880.- gegenüberstellte; eine Vermietung ist weiterhin möglich und zumutbar. Indem sie der Beschwerdeführerin im Ergebnis Wohnkosten von 1'960.- zubilligte, hat sie das ihr zustehende Ermessen bei der Festsetzung des prozessualen Notbedarfs weder überschritten noch missbraucht.
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3.5 Zusammengefasst stehen einem prozessualen Notbedarf von Fr. 8'138.75 Einnahmen in Höhe von Fr. 10'069.50 gegenüber, was die Annahme von Bedürftigkeit ausschliesst. Der kantonale Entscheid ist daher nicht zu beanstanden.
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4.
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Gemäss Praxis (RKUV 2000 Nr. KV 119 S. 157 Erw. 4) werden in Verfahren, welche die Frage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Gerichtsverfahren zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben. Mangels Bedürftigkeit ist auch das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren abzuweisen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 152 Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 21. August 2003
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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