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Informationen zum Dokument  BGer H 13/2005  Materielle Begründung
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BGer H 13/2005 vom 04.04.2005
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
H 13/05
 
Urteil vom 4. April 2005
 
III. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Jancar
 
Parteien
 
D.________, 1939, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne
 
(Entscheid vom 2. Dezember 2004)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1939 geborene D.________ arbeitete vom 2. April bis 11. November 1957 im Kurhotel X.________ und vom 15. Dezember 1957 bis 28. Mai 1958 im Hotel Y.________. Am 3. Februar 2004 meldete er sich bei der deutschen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zuhanden der Schweizerischen Ausgleichskasse (nachfolgend Ausgleichskasse) in Genf zum Bezug einer schweizerischen Altersrente an. Mit Verfügung vom 12. Juli 2004 verneinte die Ausgleichskasse diesen Anspruch, da D.________ nur für das Jahr 1958 sechs Monate Einkommen, Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften angerechnet werden könnten. Die einjährige Mindestbeitragsdauer sei demnach nicht erfüllt. Mit der hiegegen erhobenen Einsprache legte D.________ unter anderem Arbeitszeugnisse der Z.________ AG vom 11. November 1957 und des Hotels Y.________ vom 27. Mai 1958 auf. Im August 2004 erkundigte sich die Ausgleichskasse bei den Ausgleichskassen des Kantons Aargau, der GastroSuisse und der Hotela in Montreux, ob D.________ im Jahre 1957 auf den Lohnabrechnungen des Kurhotels X.________ aufgeführt sei. Die Nachforschungen blieben ergebnislos. Mit Entscheid vom 19. August 2004 wies die Ausgleichskasse die Einsprache ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beitragszeit sei mangels entsprechender Nachweise rechtsprechungsgemäss auf Grund von Tabellen des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) auf sechs Monate im Jahre 1957 festgelegt worden. Weitere Beitragszahlungen hätten nicht festgestellt werden können.
 
B.
 
Hiegegen erhob D.________ Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen (nachfolgend: Rekurskommission) und beantragte sinngemäss, es sei festzustellen, dass er auch von April bis November 1957 Beiträge geleistet habe. Mit Vernehmlassung schloss die Ausgleichskasse auf Abweisung der Beschwerde und brachte vor, im Einspracheentscheid sei irrtümlich ausgeführt worden, D.________ seien sechs Beitragsmonate für das Jahr 1957 angerechnet worden. Korrekterweise gelte dies für das Jahr 1958, wie in der Verfügung vom 12. Juli 2004 dargelegt worden sei. Mit Entscheid vom 2. Dezember 2004 wies die Rekurskommission die Beschwerde ab.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass er auch im Jahre 1957 Versicherungsbeiträge entrichtet habe und damit ein volles Beitragsjahr aufweise. Er legt neu ein Schreiben der Ausgleichskasse Hotela vom 13. Januar 2005 und die ihm von ihr zugestellte Beitragsabrechnung für das Jahr 1957 auf.
 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das BSV auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Im angefochtenen Entscheid wurde zutreffend erwogen, dass das am 1. Juni 2002 in Kraft getretene Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681), namentlich auch dessen Anhang II, der die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regelt, im vorliegenden Verfahren grundsätzlich zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt für das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 (BGE 130 V 335, 129 V 356 Erw. 1, 128 V 315). Soweit das FZA keine abweichenden Bestimmungen vorsieht, sind mangels einer einschlägigen gemeinschafts- bzw. abkommensrechtlichen Regelung die Ausgestaltung des Verfahrens sowie die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnung der schweizerischen Altersrente grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung (BGE 130 V 51 ff.; SVR 2004 AHV Nr. 16 S. 49).
 
Gestützt auf Art. 48 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, kann es die schweizerische Versicherung mit der Begründung, er habe der AHV während weniger als eines ganzen Jahres Beiträge (im Sinne von Art. 29 AHVG) entrichtet, ablehnen, einem in Deutschland wohnenden ausländischen Staatsangehörigen eine Altersrente zu gewähren (BGE 130 V 338 ff. Erw. 3 und 4).
 
1.2 Im Weiteren hat die Vorinstanz die für den Rentenanspruch und die -berechnung massgebenden, mit In-Kraft-Treten des ATSG unverändert gebliebenen Bestimmungen und Grundsätze (Art. 3 Abs. 2, Art. 21 Abs. 1 lit. a und Abs. 2, Art. 29, Art. 29bis Abs. 1, Art. 29ter und Art. 30ter AHVG; Art. 50 und Art. 140 Abs. 1 lit. d AHVV; BGE 130 V 341 Erw. 4.3, 107 V 16 Erw. 3b; Urteil K. vom 9. Februar 2005 Erw. 2, H 205/04, mit Hinweis) richtig wiedergegeben. Gleiches gilt zur Verjährung bzw. Verwirkung der Beiträge (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 AHVG; vgl. auch Art. 24 Abs. 1 ATSG; BGE 129 V 348 Erw. 4.2.2; Urteil B. vom 21. Januar 2005 Erw. 2.1.2, K 99/04).
 
Hinsichtlich der Berichtigung des individuellen Kontos hat die Vorinstanz Art. 141 Abs. 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 130 V 340 ff. Erw. 4.1-4.3, 117 V 261 ff., 110 V 97 Erw. 4; ZAK 1984 S. 178 Erw. 1 und S. 441) zutreffend dargelegt. Die seit 1. Januar 2003 in Kraft stehende Neufassung von Art. 141 Abs. 3 AHVV beinhaltet abgesehen von rein redaktionellen Abweichungen keine rechtlichen (inhaltlichen) Änderungen, weshalb die bisherige Rechtsprechung weiterhin Geltung hat.
 
2.
 
2.1 Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG).
 
Die dem Eidgenössischen Versicherungsgericht in Leistungsstreitigkeiten zustehende Kognition hat u.a. zur Konsequenz, dass auch neue, erstmals im letztinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Tatsachenbehauptungen und Beweismittel zu berücksichtigen sind (BGE 109 I b 248 f. Erw. 3b, 103 I b 196 Erw. 4a, 102 I b 127 Erw. 2a; RKUV 1988 Nr. K 769 S. 244 Erw. 5a). Das (Noven-)Recht, den rechtserheblichen Sachverhalt noch im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht durch neue Tatsachenbehauptungen und Beweismittel zu ergänzen, steht allerdings wie jede Rechtsausübung unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Ein solcher liegt namentlich dann vor, wenn es sich bei den neuen Beweismitteln um so genannte unechte Noven handelt, die vom Beschwerdeführer ohne weiteres bereits im vorinstanzlichen Rechtsmittelverfahren hätten eingebracht werden können und deren verspätete Auflage im letztinstanzlichen Verfahren einzig zum Zweck hat, Vorinstanz und Gegenpartei zu verunmöglichen, zur Rechtserheblichkeit, Beweistauglichkeit und Beweiskraft der neuen Beweismittel bereits im Zuge des erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens Stellung nehmen zu können (Urteil M. vom 24. Februar 2005 Erw. 2.1, U 270/04, mit Hinweis).
 
2.2 Der Beschwerdeführer hat mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde neu eine Beitragsabrechnung der Ausgleichskasse Hotela für das Jahr 1957 eingereicht. Dass er dies erst in diesem Zeitpunkt tat, kann ihm nicht zum Vorwurf gereichen, da es - aus nicht ersichtlichen Gründen - offenbar schwierig war, diese Urkunde beizubringen und es selbst der Beschwerdegegnerin trotz Nachfrage bei der Hotela vom 4. August 2004 nicht gelang, sie zu beschaffen.
 
3.
 
3.1 Verwaltung und Vorinstanz haben gestützt auf die Einträge im individuellen Konto (IK) für das Jahr 1958 eine gesamthafte Beitragsdauer von sechs Monaten festgestellt. Sie sind hiebei der durch die Rechtsprechung bestätigten Verwaltungspraxis gefolgt, wonach die Beitragszeiten der Jahre 1948 bis 1968 ausschliesslich auf Grund der vom BSV herausgegebenen Tabellen zur Ermittlung der mutmasslichen Beitragsdauer zu bestimmen sind (Anhang IX zur Wegleitung über die Renten [RWL] in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung; BGE 130 V 341 f. Erw. 4.3 mit Hinweisen). Dies ist unbestritten und nicht zu beanstanden.
 
3.2 Gemäss dem vom Beschwerdeführer im Einspracheverfahren aufgelegten Arbeitszeugnis der Z.________ AG vom 11. November 1957 war er vom 2. April 1957 bis 11. November 1957 im Kurhotel X.________ als commis de cuisine angestellt. Aus der letztinstanzlich eingereichten Beitragsabrechnung der Hotela geht hervor, dass er für diese Tätigkeit im Jahre 1957 Beiträge in Höhe von Fr. 133.- entrichtet hat. Damit ist den Beweisanforderungen des Art. 141 Abs. 3 AHVV Genüge getan.
 
Die Sache ist demnach an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie gestützt auf die im Jahre 1957 geleisteten Beiträge das erzielte Einkommen sowie unter Beizug der anwendbaren Tabelle (Erw. 3.1 hievor) die Beitragsdauer für das Jahr 1957 ermittle und hernach über den Rentenanspruch neu verfüge.
 
4.
 
Die Überprüfung des Umstandes, dass die der Ausgleichskasse Hotela für das Jahr 1957 entrichteten Beiträge nicht im Rahmen des Kontenzusammenrufs, sondern erst auf direkte Anfrage des Versicherten bekannt gegeben wurden, bleibt der Aufsichtsbehörde überlassen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 2. Dezember 2004 und der Einspracheentscheid vom 19. August 2004 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 4. April 2005
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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