BGer 6S.174/2005 | |||
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BGer 6S.174/2005 vom 19.07.2005 | |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6S.174/2005 /gnd
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Urteil vom 19. Juli 2005
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Kassationshof
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
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Gerichtsschreiber Borner.
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Parteien
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X.________, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau.
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Gegenstand
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Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz,
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Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 2. Strafkammer,
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vom 31. März 2005.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ schloss im Dezember 2001 mit einem Ehepaar einen Mietvertrag ab über das Mietobjekt "Einfamilienhaus ... Gränichen mit Nebengebäude" zur Benützung als Wohn- und Geschäftslokal. Der Mietvertrag erstreckt sich auf 8 Parzellen, die nicht an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossen sind. Zu Gunsten der vermieteten Parzelle, auf welcher sich das Wohnhaus befindet, ist ein Quellenrecht zu Lasten einer Waldparzelle eingetragen, die im Eigentum der Ortsbürgergemeinde Gränichen steht.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau wirft X.________ vor, in der Zeit vom 15. August 2003 bis zum 23. September 2003 als Vermieter dem Mieterehepaar Trinkwasser abgegeben zu haben, das eine über der Toleranz liegende Anzahl aerober Keime sowie einen unangenehmen Geruch aufgewiesen habe. Zudem habe er es unterlassen, das Trinkwasser zu kontrollieren.
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B.
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Das Bezirksgericht Aarau sprach X.________ am 20. Oktober 2004 vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz (Art. 48 Abs. 1 lit. a und g LMG) frei.
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Auf Berufung der Staatsanwaltschaft sprach das Obergericht des Kantons Aargau X.________ am 31. März 2005 der erwähnten Widerhandlung schuldig und büsste ihn mit Fr. 400.--.
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C.
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X.________ führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das LMG freizusprechen.
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Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist ein kassatorisches Rechtsmittel. Der Beschwerdeführer kann nur beantragen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit er einen Freispruch begehrt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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2.
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Strafbar im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. a LMG (SR 817.0) macht sich, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften über den hygienischen Umgang mit Lebensmitteln zuwiderhandelt. Art. 15 LMG ("Hygiene") hält fest, dass wer Lebensmittel herstellt, behandelt, lagert, transportiert oder abgibt, dafür zu sorgen hat, dass diese unter anderem sauber und geordnet gelagert und so abgegeben werden, dass sie nicht von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder sonstwie nachteilig beeinflusst werden können.
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Art. 23 LMG ("Selbstkontrolle") bestimmt, dass wer Lebensmittel abgibt, im Rahmen seiner Tätigkeit dafür sorgen muss, dass die Waren den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Er muss sie entsprechend der "guten Herstellungspraxis" untersuchen oder untersuchen lassen. Gemäss Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG macht sich unter anderem strafbar, wer vorsätzlich oder fahrlässig Lebensmittel so abgibt, dass sie nicht den Anforderungen des Lebensmittelgesetzes entsprechen.
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Im Anhang 2 zur Hygieneverordnung (SR 817.051) sind die Toleranzwerte für unbehandeltes Trinkwasser an der Fassung mit 100 aeroben, mesophilen Keimen pro ml und im Verteilnetz mit 300/ml festgelegt (lit. B S. 14).
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2.1 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz war den Vertragsparteien klar, dass das fragliche Anwesen mit Trinkwasser aus der benachbarten Quelle versorgt wird. Dieser Feststellung widerspricht der Beschwerdeführer mit seinem Einwand, er sei nicht verpflichtet gewesen, den Mietern Wasser abzugeben. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1 BStP).
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Sein Argument, die Mieter hätten ihrer Pflicht zur regelmässigen Spülung und Reinigung der Wasserzufuhr nicht genügt, geht an der Sache vorbei. Die Vorinstanz hält nämlich fest, die Verunreinigung des Wassers sei nicht etwa auf ein Verhalten der Mieter zurückzuführen. Um die Verunreinigung zu beheben, hätte zunächst der auf Gemeindegebiet gelegene Weiher trocken gelegt und anschliessend die Quellfassung saniert werden müssen (angefochtener Entscheid S. 7).
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Dass derart aufwändige Sanierungsarbeiten mit geschätzten Kosten von Fr. 20'000.-- bis 30'000.-- (kantonale Akten, act. 38 und 41) unter die vom Mieter vorzunehmenden "notwendigen Unterhaltsarbeiten" (Ziff. 9 des Mietvertrags) fallen würden, macht selbst der Beschwerdeführer nicht geltend. Bestand somit keine anders lautende vertragliche Abmachung, bezeichnet die Vorinstanz den Beschwerdeführer als Inhaber des Quellenrechts zu Recht auch als Unterhaltsverpflichteten (Art. 741 Abs. 1 ZGB).
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2.2 Durch das Überlassen der Mietsache stellte der Beschwerdeführer den Mietern Trinkwasser zur Verfügung, was die Vorinstanz zu Recht unter das Abgeben von Trinkwasser subsumiert. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist das zur Verfügung Stellen ein aktives Tun. So hat er unter anderem das Wasser bis aufs Anwesen geleitet und den Mietern Zugang zum Wasser verschafft. Dabei verhält es sich wie bei öffentlich zugänglichen Brunnen, wo sich die Leute mit Trinkwasser selbst bedienen. Hier käme auch niemand auf die Idee, dieses zur Verfügung Stellen von Trinkwasser nicht als Abgabe zu beurteilen und damit von der Lebensmittelgesetzgebung auszunehmen.
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2.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, nicht er als Vermieter, sondern die Mieter hätten den unmittelbaren Besitz an der Anlage zur Trinkwasserversorgung ausgeübt. Damit liege aber Eigengebrauch vor, der nicht unter das LMG falle.
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Entscheidend in diesem Zusammenhang sind nicht so sehr die sachenrechtlichen Besitzes- und Eigentumsverhältnisse, sondern wer verpflichtet ist, die Quelle zu unterhalten. Wie die Vorinstanz zutreffend annimmt, war dies der Beschwerdeführer. Deshalb ist nicht von Bedeutung, dass die Parzelle, auf welcher die Quelle entspringt, im Eigentum der Ortsbürgergemeinde Gränichen steht. Im Übrigen sind die Mieter nur unmittelbare Besitzer der gemieteten Parzellen, nicht jedoch der Parzelle mit der Quelle. Die Mieter waren somit Konsumenten im Sinne des Lebensmittelgesetzes.
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2.4 Der Beschwerdeführer beanstandet zu Recht, beim abgegebenen Wasser handle es sich um Trinkwasser gemäss Art. 275 Abs. 1 LMV und nicht um Quellwasser gemäss Art. 277 ff. LMV.
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Art. 278 Abs. 1 LMV bestimmt, dass Quellwasser unter anderem die für Trinkwasser geltenden Reinheitsanforderungen erfüllen muss. Wie zu zeigen sein wird, hat die Vorinstanz den Beschwerdeführer lediglich verurteilt, weil er Bestimmungen betreffend das Trinkwasser verletzt hat. Dass sie zusätzlich auf Bestimmungen betreffend das Quellwasser verweist, spielt deshalb im Ergebnis keine Rolle.
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2.5 Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass das vom Beschwerdeführer abgegebene Trinkwasser den lebensmittelrechtlichen Anforderungen nicht entsprach, und verweist dabei unter anderem auf die Wasserprobe vom 23. September 2003 (angefochtener Entscheid S. 6 f. Ziff. 4a). Daraus geht hervor, dass das Wasser im Wohnhaus 524 aerobe Keime/ml aufwies und faulig roch, dass beim Brunnen hinter dem Haus die Keime sehr zahlreich und mithin nicht mehr auszählbar waren sowie dass das Wasser bereits beim Einlauf der Quelle 183 aerobe Keime/ml anzeigte und faulig roch (kantonale Akten, act. 5).
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Nachdem die Hygieneverordnung die Toleranzwerte für Trinkwasser mit 300 bzw. 100 aeroben Keimen/ml bestimmt (E. 2 Abs. 3) und genusstaugliches Trinkwasser bezüglich Geruch einwandfrei sein muss (Art. 275a Abs. 2 lit. c LMV), ist angesichts der zitierten Wasserprobe unerfindlich, wie der Beschwerdeführer behaupten kann, dem Urteil sei auch nicht sinngemäss zu entnehmen, inwiefern er den Vorschriften über den hygienischen Umgang mit Lebensmitteln zuwidergehandelt hätte.
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2.6 Die Pflicht des Beschwerdeführers, das Trinkwasser zu kontrollieren, ergibt sich aus Art. 23 LMG. Danach wird, wer Lebensmittel abgibt, ausdrücklich verpflichtet, diese auf die gesetzlichen Anforderungen zu untersuchen oder untersuchen zu lassen. Dieser Pflicht kam der Beschwerdeführer nicht nach.
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2.7 Nach dem Gesagten steht die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Widerhandlung gegen Art. 48 Abs. 1 lit. a und g LMG im Einklang mit Bundesrecht. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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3.
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Da der Beschwerdeführer in der Sache unterliegt, hat er die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, sowie der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Juli 2005
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Im Namen des Kassationshofes
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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