VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 1P.641/2005  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 1P.641/2005 vom 10.10.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.641/2005 /gij
 
Urteil vom 10. Oktober 2005
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Haag.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch seine Beiständin,
 
Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Hermann Götz-Strasse 24, Postfach, 8401 Winterthur,
 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach, 8023 Zürich,
 
Obergericht des Kantons Zürich, Revisionskammer, Hirschengraben 13/15, Postfach, 8023 Zürich.
 
Gegenstand
 
Wideraufnahme eines Strafverfahrens,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, Revisionskammer, vom 23. August 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
In einem seit dem 10. November 1987 hängigen Scheidungsverfahren kamen X.________ und Y.________ überein, dass die Klägerin die Liegenschaft Kat. Nr. 3818 in Regensdorf/Adlikon zu Eigentum übernehme und der Beklagte die Liegenschaft bis zum 31. März 1999 verlasse. Mit Urteil vom 7. September 1998 genehmigte das Obergericht des Kantons Zürich die Vereinbarung. Das Urteil erwuchs am 23. Juni 1999 in Rechtskraft (Urteil des Bundesgerichts 5C.237/1998 vom 23. Juni 1999). Da sich Y.________ in der Folge weigerte, aus der Liegenschaft auszuziehen, wurde im November/Dezember 2000 die gerichtliche Ausweisung verfügt. Nachdem Y.________ auch der Aufforderung, die Liegenschaft bis 20. April 2001 zu verlassen, keine Folge leistete, stellte X.________ am 25. April 2001 Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs. Am 6. Juli 2001 wurde die Liegenschaft zwangsweise geräumt.
 
B.
 
Bereits am 12. Februar 2001 hatte Y.________ Strafantrag gegen X.________ wegen Sachbeschädigung und Haufriedensbruchs eingereicht. Er warf ihr vor, sie sei während seiner Ferienabwesenheit in die Liegenschaft in Adlikon eingedrungen und habe die Schlosszylinder ausgebohrt und ausgewechselt. Die anschliessende Strafuntersuchung stellte die Bezirksanwaltschaft I für den Kanton Zürich am 25. Mai 2004 ein. Gegen diese Einstellungsverfügung wurde kein Rechtsmittel ergriffen.
 
C.
 
Mit Urteil des Obergerichts vom 30. Mai 2002 wurde Y.________ vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB freigesprochen. Eine dagegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 20. Dezember 2002 ab, soweit es darauf eintreten konnte.
 
Ein erstes Revisionsgesuch von X.________ gegen den Freispruch wies das Obergericht am 21. Dezember 2004 ab. Die Abweisung eines zweiten Revisionsgesuchs von X.________ beschloss das Obergericht am 23. August 2005.
 
D.
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 27. September 2005 beantragt X.________ im Wesentlichen, der Beschluss der Revisionskammer des Obergerichts vom 23. August 2005 sei aufzuheben. Sie rügt die Verletzung der Art. 8, 9, 29 und 30 BV sowie der Art. 6 und 7 EMRK. Auf die Begründung ihrer Rügen wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die Rechtsmittelbelehrung in E. 6 des angefochtenen Entscheids, mit welcher die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde als unzulässig bezeichnet worden sei, sei willkürlich. Das Obergericht hat in der genannten Erwägung ausgeführt, sein Revisionsentscheid sei nicht mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde anfechtbar, da die Wiederaufnahme zufolge widersprechender Urteile keinen Revisionsgrund gemäss Art. 397 StGB darstelle. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, sie habe in ihrem zweiten Revisionsgesuch nicht die Wiederaufnahme aufgrund widersprechender Urteile verlangt, sondern die Revisionsgründe der Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen und des glaubwürdigen Geständnisses sowie andere Tatsachen und Beweismittel im Sinne von § 443 der kantonalen Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919 (StPO) angerufen.
 
Das Obergericht hat sich im angefochtenen Entscheid (S. 4 ff.) mit den von der Beschwerdeführerin genannten Revisionsgründen auseinandergesetzt und eine Revision abgelehnt. Dieser Entscheid, auf den hier verwiesen werden kann (Art. 36a Abs. 3 OG), verletzt die angerufenen verfassungsmässigen Rechte nicht. Mit dem Obergericht ist hier festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin unter verschiedenen Titeln Widersprüche zwischen dem Entscheid des Obergerichts vom 30. Mai 2002 und dem Einstellungsbeschluss der Bezirksanwaltschaft vom 25. Mai 2004 zum Anlass nimmt, das Vorliegen gesetzlicher Revisionsgründe zu behaupten. Es erscheint indessen verfassungsrechtlich haltbar, dass das Obergericht trotz der festgestellten Widersprüche das Vorliegen der geltend gemachten Revisionsgründe verneint hat. Die Argumentation der Beschwerdeführerin in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde führt, soweit sie überhaupt den Anforderungen an die Begründung dieses Rechtsmittels entspricht (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Hinweisen), zu keinem anderen Ergebnis.
 
Durfte das Obergericht somit das Vorliegen von Revisionsgründen verneinen, so ist auch nicht zu beanstanden, dass es in E. 6 seines Entscheids die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ausschloss. Das Bundesgericht hat keinen Anlass, die Eingabe der Beschwerdeführerin als Nichtigkeitsbeschwerde zu behandeln, da die bundesrechtlichen Revisionsgründe gemäss Art. 397 StGB hier offensichtlich nicht vorliegen.
 
2.
 
Nach diesen Erwägungen ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen (Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sowie der I. Strafkammer und der Revisionskammer des Obergerichts des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Oktober 2005
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).