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Informationen zum Dokument  BGer 5C.152/2005  Materielle Begründung
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BGer 5C.152/2005 vom 21.10.2005
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5C.152/2005 /bnm
 
Urteil vom 21. Oktober 2005
 
II. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
 
Gerichtsschreiber von Roten.
 
Parteien
 
Erbengemeinschaften E.________, bestehend aus:
 
Parteien
 
1. M.________,
 
2. N.________,
 
Beklagte und Berufungsklägerinnen,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Dufner,
 
gegen
 
K.________,
 
Klägerin und Berufungsbeklagte,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Otmar Kurath,
 
Gegenstand
 
Grunddienstbarkeit; Ablösung eines Wegrechts gegen Entschädigung,
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 28. Oktober 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der Dorfteil "D.________" liegt im Osten der Gemeinde G.________ und wird am Dorfausgang durch die Flurstrasse Parzelle Nr. 41 begrenzt, die von Norden - ab der S.________ Strasse - nach Süden verläuft und knapp siebzig Meter lang ist. An ihrem südlichen Endpunkt beginnt ein Fuss- und Fahrwegrecht von drei Metern Breite, das im Grundbuch gegenseitig zu Gunsten und zu Lasten mehrerer, aneinander grenzender Parzellen eingetragen ist. Das Wegrecht führt zunächst auf der Grenze der Parzellen Nrn. 286 / 401 in südwestlicher Richtung und folgt dann westwärts den Grenzen der Parzellen Nrn. 437 / 401, 436 / 401 und 436 / 419, wo es ohne Verbindung mit den weiter westlich gelegenen Strassen im Dorfteil "D.________" endet.
 
Eigentümerin der Parzelle Nr. 401 ist heute K.________ (fortan: Klägerin). Ab der Flurstrasse Parzelle Nr. 41 bis auf den Vorplatz ihres Hauses auf der Parzelle Nr. 401 besteht das Wegrecht in einem befestigten Natursträsschen. Danach führt es auf bzw. entlang den erwähnten Parzellengrenzen über Wiesland, das im Bereich der Parzelle Nr. 419 seit je her landwirtschaftlich genutzt wird.
 
Eigentümerinnen der Parzelle Nr. 436 sind heute die Erbengemeinschaften der Ehegatten E.________, bestehend aus M.________ und N.________ (hiernach: Beklagte). Ihr mit einem Wohnhaus überbautes Grundstück liegt gegenüber den Nachbarparzellen Nrn. 437, 401 und 419 erhöht. An seinen Grenzen besteht eine steile, mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Böschung von rund fünf Metern Höhe, an deren Fuss das Wegrecht durchführt. Nebst dem Wegrecht ab der Flurstrasse Parzelle Nr. 41 aus dem Osten verfügen die Beklagten über eine Zufahrt nach Westen in die Strasse Parzelle Nr. 38 im Dorfteil "D.________".
 
B.
 
Über die Benützung des Wegrechts auf und entlang den gemeinsamen Parzellengrenzen kam es zwischen den Eigentümerinnen der Parzellen Nrn. 401 und 436 zum Streit. Anlass war offenbar, dass die Mutter der Beklagten jeweilen quer über die Parzelle Nr. 437 zur Flurstrasse Parzelle Nr. 41 spazierte und hierfür ein aus den Grundbuchplänen hervorgehendes Fusswegrecht beanspruchte. Als Eigentümerin auch der Parzelle Nr. 437 bestritt die Klägerin dieses Recht, das auf ihr Betreiben hin - mangels rechtlicher Grundlage - von Amtes wegen aus den Grundbuchplänen entfernt wurde. In der Folge bestanden die Beklagten auf der Freihaltung des bisher wenig genutzten Wegrechts auf und entlang den gemeinsamen Parzellengrenzen in der ganzen Breite von drei Metern.
 
Mit Einreichung der Weisung vom 2. November 2001 verlangte die Klägerin die Löschung des Wegrechts mangels Interesses der berechtigten Parzelle Nr. 436, eventuell die gerichtliche Ablösung des Wegrechts gegen angemessene Entschädigung. Widerklageweise beantragten die Beklagten, das Fuss- und Fahrwegrecht sei mit näher beschriebenem Inhalt und Umfang gerichtlich festzustellen und der Klägerin unter Strafandrohung zu befehlen, die ganze Wegrechtsfläche in einer Breite von drei Metern dauernd freizuhalten.
 
Das Bezirksgericht B.________ hiess die Klage gut und wies die Widerklage ab. Es stellte fest, dass das im Grundbuch eingetragene Fuss- und Fahrwegrecht zu Gunsten der Parzelle Nr. 436 und zu Lasten der Parzellen Nrn. 401 und 437 für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren habe, und berechtigte die Klägerin, die Dienstbarkeit im Grundbuch löschen zu lassen (Urteil vom 25. September 2003). Das Obergericht des Kantons Thurgau hielt die von den Beklagten dagegen eingelegte Berufung teilweise für begründet und berechtigte die Klägerin, das Wegrecht gegen Zahlung einer Entschädigung an die Beklagten von Fr. 5'000.-- im Grundbuch löschen zu lassen. Die Widerklage wurde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte (Urteil vom 28. Oktober 2004).
 
C.
 
Mit eidgenössischer Berufung beantragen die Beklagten zur Hauptsache, die Klage abzuweisen. Das Obergericht hat in seinen Gegenbemerkungen auf Abweisung der Berufung geschlossen. Eine Berufungsantwort ist bei der Klägerin nicht eingeholt worden. Die gleichzeitig gegen das nämliche Urteil des Obergerichts erhobene staatsrechtliche Beschwerde der Beklagten hat die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte (5P.210/2005).
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Nach Art. 736 ZGB kann der Belastete die Löschung einer Dienstbarkeit verlangen, wenn diese für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren hat (Abs. 1). Ist ein Interesse des Berechtigten zwar noch vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden (Abs. 2). Unter dem Interesse für das berechtigte Grundstück bzw. dem Interesse des Berechtigten versteht die Rechtsprechung das Interesse des Eigentümers des berechtigten Grundstücks an der Ausübung der Dienstbarkeit gemäss deren Inhalt und Umfang. Dabei ist vom Grundsatz der Identität der Dienstbarkeit auszugehen, der besagt, dass eine Dienstbarkeit nicht zu einem andern Zweck aufrecht erhalten werden darf als jenem, zu dem sie errichtet worden ist (für die weiteren Einzelheiten: BGE 130 III 554 E. 2 S. 556). Das Bezirksgericht ist davon ausgegangen, das Wegrecht habe die Erschliessung der Parzelle der Beklagten zur landwirtschaftlichen Nutzung bezweckt. Mit der Überbauung sei dieser landwirtschaftliche Erschliessungszweck praktisch vollständig dahingefallen, weshalb die Löschung des Wegrechts zu bewilligen sei. Das Obergericht ist zwar ebenfalls davon ausgegangen, das Wegrecht bezwecke, das Grundstück der Beklagten zu erschliessen bzw. den Zugang zu ihm zu gewährleisten, hat dabei aber offengelassen, ob der Zweck des Wegrechts bei der Begründung auf landwirtschaftliche Bedürfnisse begrenzt gewesen sei. Nach Auffassung des Obergerichts hat das Wegrecht seinen Hauptzweck mit dem Bau der vier Meter breiten Zufahrtsstrasse, die die Parzelle der Beklagten mit der Erschliessungsstrasse Parzelle Nr. 38 verbindet, verloren. Das Obergericht hat alsdann die von den Beklagten behaupteten verbleibenden Interessen am Wegrecht geprüft, die auch im vorliegenden Verfahren streitig sind (E. 2-4 hiernach). Es hat angenommen, das noch vorhandene Interesse der Beklagten am Wegrecht sei unverhältnismässig gering und gegen eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- ablösbar (E. 5 und 6 hiernach).
 
2.
 
Die Beklagten bestreiten die obergerichtliche Annahme, das Wegrecht habe seine Zugangs- oder Erschliessungsfunktion mit dem Bau der vier Meter breiten Zufahrtsstrasse, die ihre Parzelle mit der Strasse Parzelle Nr. 38 verbindet, verloren. Sie berufen sich auf ein Projekt, im hinteren Teil ihres Grundstücks eine Doppelgarage zu bauen, sobald die - zur Zeit landwirtschaftlich genutzte - Parzelle Nr. 419 überbaut werde. Mit Blick auf dieses Projekt bestehe nach wie vor ein Interesse an der Erschliessung nach Osten zur Flurstrasse Parzelle Nr. 41 über die Parzelle Nr. 419 und die Parzellen der Klägerin Nrn. 401 und 437 (Ziff. 1.5 S. 9 ff. der Berufungsschrift).
 
2.1 Nach der Praxis des Bundesgerichts rechtfertigt die Erschliessung durch eine öffentliche Strasse die Löschung eines bestehenden privaten Wegrechts dann, wenn die öffentliche Strasse den mit dem privaten Wegrecht gewährleisteten Zweck vollumfänglich erfüllt und die bisherige private Wegverbindung nicht vorteilhafter ist als die neu erstellte öffentliche. Entscheidend ist somit nicht der Umstand allein, dass das beklagtische Grundstück an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen ist, sondern ob die Beklagten deswegen ein vernünftiges Interesse am Wegrecht, so wie es konkret vereinbart worden ist, verloren haben (BGE 130 III 554 E. 3.3 S. 559 ff.). Dabei führt fehlendes Interesse im Zeitpunkt des Einreichens des Aufhebungsbegehrens nicht in jedem Fall zur Löschung des Wegrechts. Es ist vielmehr zu beachten, dass das Interesse durch eine Veränderung der Gegebenheiten wieder aufleben kann. Rein theoretische Möglichkeiten einer künftigen Veränderung der Verhältnisses genügen zur Aufrechterhaltung des Wegrechts freilich nicht. Es müssen mit einer gewissen Intensität Anhaltspunkte für eine solche Entwicklung vorhanden sein (BGE 130 III 393 E. 5.1 S. 393 f.).
 
2.2 Das Obergericht ist davon ausgegangen, das Wegrecht habe Zugangs- bzw. Erschliessungsfunktion, und zwar unabhängig davon, ob nun der Zweck des Wegrechts bei der Begründung auf landwirtschaftliche Bedürfnisse begrenzt gewesen sei. Die Verbindung des beklagtischen Grundstücks zur Strasse Parzelle Nr. 38 erfülle in Bezug auf die Erschliessung den mit dem Wegrecht gewährleisteten Zweck vollumfänglich und sei im Vergleich zum Wegrecht mindestens gleichwertig. In Beurteilung der künftigen Entwicklung hat das Obergericht ein genügendes Interesse verneint, das eine Aufrechterhaltung des Wegrechts rechtfertigen könnte. Es hat ausführlich begründet, dass und weshalb das Garagenprojekt der Beklagten nicht mehr unter den ursprünglichen Zweck des Wegrechts falle. Abgesehen davon - so hat das Obergericht weiter dargelegt - würde das Garagenprojekt wohl bereits aus öffentlich-rechtlichen Gründen scheitern: Zum einen angesichts der konkreten Erschliessungsplanung in diesem Gebiet, und zum andern deswegen, weil die Zufahrt der geplanten Garage über das umstrittene Wegrecht zusätzlich über eine Flurstrasse (Parzelle Nr. 41) führen müsste (E. 2b/bb/bbb S. 11 f.). Letztere Urteilserwägung steht vor dem Hintergrund des klägerischen Einwands, die Flurstrasse (Parzelle Nr. 41) sei von Gesetzes wegen ausschliesslich landwirtschaftlichen Zwecken gewidmet (E. 5 S. 6 des obergerichtlichen Urteils).
 
2.3 Was die Beklagten dagegenhalten, gestattet keine abweichende Beurteilung. Auf mehreren Seiten befassen sie sich mit der - vom Obergericht offen gelassenen - Frage, ob die Vertragsparteien bei Begründung des Wegrechts nur von einer landwirtschaftlichen Nutzung oder auch von einer baulichen Nutzung ausgegangen seien. Sie widersprechen damit einerseits der verbindlichen Feststellung des Obergerichts, wonach sich aus den Akten keine Anhaltspunkte ergäben, die auf die - von den Beklagten behaupteten - subjektiven Überlegungen der ursprünglichen Vertragsparteien zu schliessen erlaubten (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 130 III 554 E. 3 S. 556 ff.). Andererseits und entscheidend findet sich in den Vorbringen der Beklagten keinerlei Auseinandersetzung mit der obergerichtlichen Zusatzbegründung, wonach das Garagenprojekt wohl bereits aus öffentlich-rechtlichen Gründen scheitern dürfte. In ihrer Berufungsschrift verlieren die Beklagten dazu kein Wort und legen namentlich nicht dar, dass und inwiefern die Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Vorschriften als bundesrechtswidrig erscheinen könnte, wenn es darum geht, die künftige Verwirklichung des angeblichen Bauvorhabens zu beurteilen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 116 II 745 E. 3 S. 748 f.; 131 III 115 E. 3.4 S. 120). Insoweit kann auf die Berufung nicht eingetreten werden. Es ist von der obergerichtlichen Annahme auszugehen, dass das Garagenprojekt der Beklagten kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Wegrechts begründet.
 
3.
 
Die Beklagten erneuern vor Bundesgericht ihren Einwand, als Eigentümerinnen des berechtigten Grundstücks bestehe ihr Interesse an der Ausübung des Wegrechts auch darin, dass sie zur Flurstrasse Parzelle Nr. 41 gelangen könnten, an der sie wegberechtigt und unterhaltspflichtig seien (Ziff. 1.4 S. 7 ff. der Berufungsschrift). Das Obergericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Bei der Errichtung des Wegrechts sei es darum gegangen, das westlich der dienstbarkeitsbelasteten Parzelle(n) liegende Grundstück zu erschliessen. Es sei um die Erschliessung der heutigen Parzelle Nr. 436 und nicht umgekehrt um die Erschliessung der Flurstrasse Parzelle Nr. 41 von der Parzelle Nr. 436 aus gegangen. Indem die Parzelle Nr. 436 mittlerweile über die Strasse Parzelle Nr. 38 von Westen her erschlossen sei, falle das Interesse an ihrer Erschliessung über den Flurweg und über das Wegrecht dahin (E. 2b/bb/ccc S. 12 f.).
 
Der Zweck des Wegrechts hat vorliegend unangefochten darin bestanden, das Grundstück der Beklagten von der öffentlichen S.________ Strasse her zu erschliessen. Zu diesem "Vorteil" (Art. 730 Abs. 1 ZGB) ihres Grundstücks sind alle dazwischen liegenden Parzellen mit einem Wegrecht belastet worden. Die einzelnen Wegrechte auf den einzelnen Parzellen haben je für sich allein keinen eigenständigen Zweck, sondern wollen in ihrer Aneinanderreihung gewährleisten, dass das berechtigte Grundstück von der öffentlichen Strasse her erreichbar ist. Der massgebliche Zweck des Wegrechts besteht somit nicht darin, die einzelne Parzelle, sondern den ganzen Weg über sämtliche Parzellen bis zur öffentlichen Strasse in beiden Richtungen begehen und befahren zu können. Abweichendes ergibt sich auch aus der Unterhaltspflicht auf der einzelnen belasteten Parzelle nicht. Ihre Regelung berührt das Dienstbarkeitsverhältnis, d.h. die dingliche Rechtsstellung der Beteiligten nicht. Sie ist mit dem Wegrecht akzessorisch verbunden, aber nicht sein Inhalt, und stellt keine weiterdauernde Belastung dar, sollte das Wegrecht zu Gunsten des Grundstücks der Beklagten auf den Parzellen Nrn. 401 und 437 aufgehoben werden. Das Wegrecht kann diesfalls auf den anderen Parzellen nicht mehr gemäss seinem Zweck ausgeübt und im Verfahren nach Art. 976 ZGB gelöscht werden, womit auch die akzessorische Unterhaltspflicht entfällt (vgl. Liver, Zürcher Kommentar, 1980, N. 17 zu Art. 736 und N. 77-79 zu Art. 741 ZGB; Steinauer, Les droits réels, II, 3.A. Bern 2002, N. 2267a S. 385 und N. 2283a S. 391; vgl. für Flurwege, z.B. Kreisschreiben für den Kanton Zürich: ZBGR 65/1984 S. 325 ff., S. 327 Ziff. 2.2).
 
Der Einwand der Beklagten erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Die Wegrechtsberechtigung an einer einzelnen Parzelle und die damit verbundene Unterhaltspflicht vermitteln kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Wegrechts als Verbindung zwischen der öffentlichen Strasse und dem berechtigten Grundstück.
 
4.
 
Ihr Interesse an der Aufrechterhaltung des Wegrechts sehen die Beklagten zur Hauptsache darin, dass sich nur vom Wegrecht her die Böschung an der Grenze ihres Grundstücks sinnvoll unterhalten lasse. Das Wegrecht, das am Fusse der steilen, mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen, rund fünf Meter hohen Böschung durchführe, habe seit je her den Zugang zu diesem Grenzbereich des Grundstücks gewährleisten wollen. Dieses Interesse schliesse - entgegen der obergerichtlichen Auffassung (E. 2b/bb/ddd S. 13 f.) - eine Ablösung des Wegrechts aus (Ziff. 1.3 S. 5 ff. der Berufungsschrift).
 
4.1 Für den Entscheid über die Frage, ob und in welchem Umfang ein Interesse im Sinne von Art. 736 ZGB noch besteht, ist vom Grundsatz der Identität der Dienstbarkeit auszugehen, der besagt, dass eine Dienstbarkeit nicht zu einem andern Zweck aufrecht erhalten werden darf als jenem, zu dem sie errichtet worden ist (E. 1 hiervor). Lässt sich der ursprüngliche Zweck der Dienstbarkeit weder aus der Eintragung im Grundbuch noch durch Feststellung des wirklichen Willens der ursprünglichen Vertragsparteien ermitteln, so ist zu prüfen, ob er auf Grund des Erwerbsgrundes oder anhand der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks bestimmt werden kann. Erst wenn diese objektivierte Beurteilung, die das Bundesgericht als Rechtsfrage auf Berufung hin überprüft, zu keinem schlüssigen Ergebnis führt, darf auf die Art abgestellt werden, wie die Dienstbarkeit während längerer Zeit ausgeübt worden ist (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 und 3.2 S. 556 ff.). Das Obergericht hat den Zweck auf Grund der Entstehungsgeschichte des Wegrechts - Begründung und spätere Bereinigungen - sowie anhand der Bedürfnisse der herrschenden Grundstücke festgelegt. Es hat damit eine Rechtsfrage beantwortet, so dass der von den Beklagten in diesem Zusammenhang angerufene Art. 8 ZGB keine Bedeutung hat (BGE 127 III 248 E. 3a S. 253).
 
4.2 Das Obergericht ist unangefochten davon ausgegangen, das Wegrecht habe Zugangs- bzw. Erschliessungsfunktion. Es sollte damit die Erreichbarkeit des Grundstücks der Beklagten von der öffentlichen S.________ Strasse her gewährleistet werden. Dieser Zugang hat ursprünglich der landwirtschaftlichen Nutzung und nach der Überbauung des Grundstücks seiner baulichen Nutzung gedient. Dass bei der landwirtschaftlichen Nutzung das Kulturland im Vordergrund steht, liegt auf der Hand. Mit dem Obergericht ist aber anzunehmen, dass das Wegrecht auch dazu gedient hat, um zur unproduktiven Böschung zu gelangen und um von dort aus wenigstens im Frühjahr und/oder im Herbst die Böschung zu pflegen, damit sich Bäume und Sträucher nicht in das wertvolle Kulturland ausbreiten könnten. Dieselben Überlegungen gelten für die spätere bauliche Nutzung. Im Vordergrund ist dabei naturgemäss die Nutzung der ebenen bzw. ausgeebneten Grundstücksfläche gestanden und nicht der Grenzbereich mit der Böschung, der oftmals aus rechtlichen und hier sicher aus topographischen Gründen nicht oder nur schwer hätte überbaut werden können. Mit dem Obergericht ist aber wiederum anzunehmen, dass das Wegrecht den Zugang zur Böschung gewährleistet hat, damit dort Unterhaltsarbeiten im bisherigen Umfang haben vorgenommen werden können. Die obergerichtliche Beurteilung des Zwecks anhand der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks erweist sich insgesamt nicht als bundesrechtswidrig.
 
4.3 Die gegenteiligen Behauptungen der Beklagten, wonach die Gewährleistung von Unterhaltsarbeiten an der Böschung eine eigenständige Bedeutung gehabt habe und nicht bloss ein Nebenzweck des Wegrechts gewesen sei, vermögen nicht zu überzeugen. Die Beklagten machen geltend, auf Grund einer objektivierten Auslegung des Begründungsaktes (kläg.act. 3 und 5a) und der Grundstücksteilung aus dem Jahre 1972 (kläg.act. 7) käme beiden Wegrechten zu Gunsten ihres Grundstücks je eigenständige Bedeutung zu.
 
Die angerufenen Belege vermögen die Auslegung nicht zu stützen. Dem kläg.act. 7 betreffend "Grundstückteilung" lässt sich entnehmen, dass am 24. August 1972 von der Parzelle Nr. 39 - unter anderem - neu die Parzelle Nr. 436 der Beklagten abgetrennt wurde und wegen der Grundstücksteilung bestehende Dienstbarkeiten zu bereinigen waren. Die fraglichen Wegrechte nach Osten zum Flurweg Parzelle Nr. 41 und nach Westen zur Strasse Parzelle Nr. 38 wurden also vor der Schaffung der beklagtischen Parzelle Nr. 436 begründet. Dass das Grundstück der Beklagten ein Wegrecht nach Osten und Westen erhalten hat, ist damit lediglich die gesetzliche Folge der Teilung des berechtigten und hier gleichzeitig belasteten Grundstücks Nr. 39 gewesen. Gemäss Art. 743 und Art. 744 ZGB besteht die Dienstbarkeit nach der Teilung des berechtigten bzw. belasteten Grundstücks in der Regel zu Gunsten bzw. zu Lasten aller Teile weiter (je Abs. 1); sie wird nur auf denjenigen Teilen gelöscht, auf denen sie - wie hier z.B. auf der verkleinerten Parzelle Nr. 39 - nicht mehr ausgeübt werden kann bzw. nicht mehr lastet (je Abs. 2 und 3).
 
Entgegen der Darstellung der Beklagten verdeutlichen die angerufenen Belege, dass zu Gunsten ihres Grundstücks keine neuen Wegrechte begründet, sondern lediglich schon bestehende Wegrechte nach gesetzlicher Vorschrift infolge Teilung des Stammgrundstücks auf sie übertragen worden sind. Der Zweck der Wegrechte lässt sich deshalb nicht unmittelbar aus den genannten Belegen ermitteln. Das Obergericht hat hierzu vielmehr berechtigterweise auf die Bedürfnisse der herrschenden Grundstücke abgestellt. Sonach hat das Wegrecht eben nur den Nebenzweck gehabt, die Zufahrt zur Böschung an der Grenze der beklagtischen Parzelle Nr. 436 zu gewährleisten, damit dort ein- bis zweimal im Jahr Unterhaltsarbeiten durchgeführt werden konnten (E. 4.2 soeben).
 
5.
 
Das Obergericht ist davon ausgegangen, alles Interesse der Beklagten am Wegrecht sei nicht verschwunden, auch wenn das noch bestehende im Vergleich zum früheren Interesse am Wegrecht, als ihm noch Erschliessungsfunktion für die ganze Parzelle zugekommen sei, marginal sei und sich das noch vorhandene gegenüber dem ursprünglichen Interesse somit ausserordentlich stark vermindert habe. Dieses Interesse vermöge auf Grund seiner unverhältnismässig geringen Bedeutung zwar nicht die Dienstbarkeit aufrecht zu erhalten, führe aber zu deren Ablösung gegen Entschädigung im Sinne von Art. 736 Abs. 2 ZGB (E. 2b/bb/ddd und E. 2c S. 14 f.). Die Beklagten wenden ein, das Obergericht habe die auf dem Spiele stehenden Interessen nicht oder nur unzureichend gegeneinander abgewogen (Ziff. 1.6 S. 12 f. der Berufungsschrift).
 
5.1 Nach Art. 736 Abs. 2 ZGB ist zu prüfen, ob ein Interesse der Berechtigten zwar noch vorhanden, aber im Vergleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung ist. In diesem Fall kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden. Das Bundesgericht hat anerkannt, dass Art. 736 Abs. 2 ZGB auch dann Anwendung findet, wenn das nach wie vor vorhandene Interesse des Berechtigten durch eine entsprechende Zunahme der Belastung auf der andern Seite unverhältnismässig gering geworden ist. Es muss daher stets eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht auf Berufung hin beantworten kann (BGE 107 II 331 E. 4 und 5 S. 338 ff.; 130 III 554 E. 6, nicht veröffentlicht).
 
5.2 Das Obergericht ist nicht von einer Zunahme der Belastung, sondern von einer Abnahme des Interesses der Beklagten ausgegangen, das im Vergleich zur Belastung der Klägerin von unverhältnismässig geringer Bedeutung sei. Die Beurteilung kann nicht beanstandet werden. Es ist zu beachten, dass die Beklagten widerklageweise begehrt haben, die Klägerin müsse das Wegrecht auf der ganzen Breite von drei Metern dauernd freihalten. Dieser von ihnen eingeforderten Belastung steht ihr Interesse gegenüber, das Wegrecht ein- bis zweimal im Jahr zum Wegführen von Schnittgut aus dem Böschungsunterhalt zu benutzen. Die Interessenabwägung durfte unter diesem Gesichtswinkel zu Gunsten der Klägerin ausfallen.
 
5.3 Die Beklagten werfen dem Obergericht vor, es habe nicht berücksichtigt, dass das Wegrecht auch zu Gunsten der Parzelle Nr. 419 bestehe, die über das Wegrecht erschlossen werden würde, sobald ein Bauvorhaben auf der Parzelle Nr. 419 realisiert werde. Der Einwand ist nicht stichhaltig. Wenn unangefochten bereits das Garagenprojekt aus öffentlich-rechtlichen Gründen scheitern dürfte, so muss das erst recht für eine künftige Neuüberbauung der ganzen Parzelle Nr. 419 und deren Erschliessung über die Flurstrasse Parzelle Nr. 41 gelten. Auf Gesagtes kann verwiesen werden (E. 2 hiervor). Insgesamt erscheint die obergerichtliche Annahme nicht als bundesrechtswidrig, die Voraussetzungen für eine Ablösung des Wegrechts gegen Entschädigung seien erfüllt.
 
6.
 
Für die Festsetzung der Entschädigung nach Art. 736 Abs. 2 ZGB hat das Obergericht auf die zutreffenden Grundsätze verwiesen (E. 2c/bb S. 15): Massgebend ist allein die Veränderung der Vermögenslage auf Seiten des Dienstbarkeitsberechtigten. Der zu ersetzende Schaden kann sich, wenn es sich um eine Grunddienstbarkeit handelt, vorab in einer Verkehrswerteinbusse des herrschenden Grundstücks äussern; er kann aber auch, je nach Art und Inhalt der Dienstbarkeit, zusätzlich oder ausschliesslich in einem persönlichen Vermögensnachteil des Berechtigten bestehen (BGE 102 Ib 173 E. 2 S. 176 f.; 121 II 436 E. 8 S. 445 f.). Ein allfälliger Schaden soll hier im angeblichen Mehraufwand bestanden haben, der dadurch entsteht, dass die Böschung nicht mehr von dem an ihrem Fuss gelegenen Wegrecht aus, sondern nach dessen Aufhebung vom Grundstück der Beklagten aus - gleichsam von oben her - bewirtschaftet werden muss.
 
Das Obergericht hat dazu festgehalten, die Parteien äusserten sich nicht zur Höhe einer allfälligen Entschädigung und der von den Beklagten in der Beweisantretungsschrift bezifferte Betrag sei weit überrissen und nicht nachvollziehbar. In seinem Urteil über die staatsrechtliche Beschwerde der Beklagten hat das Bundesgericht dargelegt, dass die obergerichtliche Würdigung nicht als willkürlich erscheine und dass es weder den verfassungsmässigen noch den aus Art. 8 ZGB ableitbaren Beweisführungsanspruch verletze, wenn über einen nicht substantiiert vorgetragenen Sachverhalt kein Beweisverfahren durchgeführt werde (E. 4 des Beschwerdeurteils). Soweit die Beklagten hier eine Verletzung ihres Anspruchs auf Zulassung zum Beweis im Sinne von Art. 8 ZGB geltend machen, muss ihre Berufung abgewiesen werden. In Anbetracht dessen ist auch der auf die Rechtsanwendung bezogene Einwand unbegründet (Ziff. 2 S. 13 ff. der Berufungsschrift). Die vom Obergericht zutreffend aufgezeigten Rechtssätze können nicht von Amtes wegen angewendet werden, wenn ihr Tatbestand nicht ausreichend behauptet ist (vgl. BGE 115 II 464 E. 1 S. 465).
 
Dass das Obergericht gleichwohl ("ex aequo et bono") eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- zuerkannt hat, ist unter diesen Umständen nicht zum Nachteil der Beklagten geschehen. Es kann ergänzt werden (Art. 64 Abs. 2 OG), dass die Klägerin in ihrer Duplik vor Obergericht gemäss Protokoll hat vortragen lassen, sie habe selbstverständlich nichts dagegen, wenn das "Zeugs" - das abgeholzte und auf der Parzelle Nr. 419 liegende Buschwerk - prekaristisch über die Parzelle Nr. 401 geholt werde (act. 23). Die Berufung der Beklagten bleibt auch in diesem Punkt erfolglos.
 
7.
 
Aus den dargelegten Gründen muss die Berufung abgewiesen werden, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beklagten werden damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beklagten unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 21. Oktober 2005
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
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