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Informationen zum Dokument  BGer 2C_231/2009  Materielle Begründung
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BGer 2C_231/2009 vom 17.12.2009
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_231/2009
 
Urteil 17. Dezember 2009
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Müller, Präsident,
 
Bundesrichter Merkli, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Errass.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung.
 
Gegenstand
 
MWST; Eintauschgeschäfte, Margenbesteuerung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 11. März 2009.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ betreibt in A.________ eine Garage. Er ist seit dem 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen.
 
B.
 
Im März und April 2000 führte die ESTV eine Mehrwertsteuerkontrolle durch. Gestützt darauf forderte sie für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1999 Fr. 39'220.-- zuzüglich Verzugszins nach. Auf Einsprache hin reduzierte sie den Betrag auf Fr. 27'090.35. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab. Eine Beschwerde gegen den Einspracheentscheid wies das Bundesverwaltungsgericht ab.
 
C.
 
Vor Bundesgericht beantragt X.________, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 2009 sei aufzuheben und die ESTV (Hauptabteilung MWST) sei anzuweisen, "die auf Eintauschfahrzeuge aufgerechnete MWST, in Weiterführung bzw. als Abschluss des durch den Verwaltungsakt neu geschaffenen Sachverhaltes, als Vorsteuer zum Abzug zuzulassen". Ferner sei die Verordnung über die Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994 (MWSTV; AS 1994 1464 ff.) auf ihre Verfassungsmässigkeit, insbesondere in Bezug auf das treuwidrige Verhalten des Bundesrates, zu überprüfen. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung, die ESTV beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist dort mit seinen Begehren unterlegen. Er ist durch den angefochtenen Entscheid daher besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
 
1.2
 
1.2.1 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Trotzdem obliegt es dem Beschwerdeführer, sich in seiner Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Die Begründung muss dabei in der Rechtsschrift selbst enthalten sein; Verweise auf andere, insbesondere vor Vorinstanzen eingereichten Rechtsschriften, sind unbeachtlich (vgl. BGE 131 III 384 E. 2.3 S. 387 f.; 130 I 290 E. 4.10 S. 302, je mit Verweisen). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
 
1.2.2 Die Begründung des Beschwerdeführers vermag diesen Anforderungen nur zum Teil genügen. So erfüllt der generelle Verweis auf die in den Vorverfahren gemachten Einwände, soweit sie nicht bereits im Einspracheentscheid berücksichtigt wurden, diese Anforderungen nicht. Eine Auseinandersetzung mit dem vorinstanzlichen Entscheid mit Bezug auf die Frage, ob dieser in Übereinstimmung mit der MWSTV ergangen ist, hat der Beschwerdeführer zudem unterlassen. Ferner fehlt - mit Ausnahme der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben - eine Begründung darüber, inwiefern die MWSTV verfassungswidrig sein soll. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
 
2.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Rechtsverweigerung, eine Verletzung von Treu und Glauben sowie eine Rechtsverzögerung.
 
2.1
 
2.1.1 Der Beschwerdeführer beanstandet, dass "auf die Forderung, de[n] vorgenommene[n] Akt der Aufrechnung weiterzuführen und die nun aufgerechnete MWST als Vorsteuer auf dem Einkauf anzuerkennen bzw. die Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen vorzunehmen, da der Weiterverkaufserlös vollumfänglich versteuert sei", nicht eingetreten wurde. Dies stelle eine verfassungswidrige Rechtsverweigerung dar. Er legt dazu ein Schreiben seines Treuhänders vom 17. Mai 2000 an die ESTV bei; gelb hervorgehoben ist folgende Passage: "ebenfalls mit dem Nichteintreten auf Korrekturen zugunsten des Steuerpflichtigen".
 
2.1.2 Eine Rechtsverweigerung liegt dann vor, wenn eine Verwaltungsbehörde oder ein Gericht auf eine entsprechende Eingabe fälschlicherweise nicht eintritt oder eine solche ausdrücklich oder stillschweigend nicht an die Hand nimmt und behandelt, obwohl sie dazu verpflichtet wäre (vgl. BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9; 134 I 229 E. 2.3 S. 232).
 
2.1.3 Will der Beschwerdeführer mit dem beigelegten Schreiben andeuten, dass die ESTV nicht auf die beantragten Begehren eingetreten sei, so wäre das Bundesverwaltungsgericht und nicht das Bundesgericht die funktionell zuständige Instanz gewesen. Es ist daher nicht weiter darauf einzugehen.
 
Handelt es sich demgegenüber um eine Rüge, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache eingetreten sei, obschon dieses darüber befinden müsste, so ist sie unbegründet: Mit Beschwerde vom 14. Juni 2007 beantragte der Beschwerdeführer, "der Entscheid der ESTV [...] vom 15. Mai 2007 [...] sei aufzuheben und die ESTV [...] sei zu veranlassen, für die Lieferung vor allem an Private, trotz Verletzung von Formvorschriften, die Regeln der Margenbesteuerung anzuwenden". Das Bundesverwaltungsgericht setzte sich in seinem Entscheid vom 11. März 2009 in den Erwägungen 2 - 5.3 vertieft mit den Argumenten des Beschwerdeführers auseinander. Dass es schliesslich nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers entschieden hat, stellt - entgegen der impliziten Auffassung des Beschwerdeführers - keine Rechtsverweigerung dar.
 
2.2
 
2.2.1 Der Beschwerdeführer rügt ferner eine Verletzung von Treu und Glauben, da der Bundesrat entgegen den Ausführungen in den Abstimmungsunterlagen zur Finanzordnung von 1993 Fahrzeuge auch unter der MWSTV besteuert.
 
2.2.2 In den Erläuterungen zur Volksabstimmung vom 28. November 1993 hat der Bundesrat zum Bundesbeschluss vom 18. Juni 1993 über die Finanzordnung folgendes ausgeführt: "(...) im Unterschied zur WUST belastet sie [scil. die Mehrwertsteuer] aber Investitionsgüter wie Maschinen und Fahrzeuge sowie Betriebsmittel nicht mehr". In dem vom Beschwerdeführer zitierten Satz geht es somit um die Investitionsgüter. Dazu gehören auch Fahrzeuge. Nach dem Bundesbeschluss vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer (BB WUST; BS 6 173; AS 1950 1467; 1954 1316; 1958 471; 1959 1343, 1629, 1699; 1971 941; 1973 644, 1061; 1974 1857; 1982 142; 1987 2474; 1992 288) konnte der Grossist (d.h. der Händler oder Hersteller) Investitionsgüter nicht steuerfrei beziehen. Der Grossist kalkulierte deshalb die bereits entrichtete Steuer als Kostenelement in den Preis der Ware ein, welche anschliessend erneut der Warenumsatzsteuer unterlag. Die Endsteuerlast beim letzten Verbraucher war damit grösser. Man sprach in diesem Zusammenhang von der "taxe occulte" (vgl. dazu DIETER METZGER, Handbuch der Warenumsatzsteuer, Nachdruck 1992, Rn. 49; ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl. 2002, S. 213). Mit der Einführung der Mehrwertsteuer, welche im Gegensatz zur WUST eine Allphasensteuer ist (vgl. BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 212 [zur WUST], S. 215 [zur MWST]; siehe auch MARKUS REICH, Steuerrecht, 2009, S. 153) und welche auch Dienstleistungen neu einer Verkehrssteuer unterstellte, konnte die taxe occulte auf den Investitionsgütern abgeschafft werden (vgl. METZGER, a.a.O., Rn. 49). Auf diesen Punkt nimmt der Bundesrat mit seiner Aussage Bezug: Investitionsgüter wie Fahrzeuge sollen demnach nicht mehr doppelt besteuert werden. Mit der Mehrwertsteuer werden diese nun nicht mehr doppelt besteuert, da auf jeder Stufe nur noch der jeweilige Mehrwert erfasst wird. Der Bundesrat wurde damit - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht wortbrüchig. Insofern erübrigt sich die Beantwortung der Frage, ob dieser gegen Treu und Glauben gehandelt hat.
 
2.3 Der Beschwerdeführer rügt zudem die lange Verfahrensdauer und macht damit eine Rechtsverzögerung geltend. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 11. März 2009 festgehalten, dass "die Dauer des Verfahrens vor der ESTV nicht mehr als 'angemessen' im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV bezeichnet werden" könne. Es hat somit festgestellt, was der Beschwerdeführer vor Bundesgericht erneut beantragt. Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass eine Verjährung der Steuerforderung nicht gegeben sei und auch nicht behauptet werde. Der Beschwerdeführer bringt nun vor, dass "die berechtigte Frage einer Verjährung entgegen dem bestrittenen Urteil besteht und zu beantworten" sei. Ob es sich dabei um neue Tatsachen und Beweismittel handelt, welche nur so weit vorgebracht werden dürfen, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; dazu BGE 135 V 194 E. 2 und 3 S. 196 ff.), und ob damit ein aktuelles Rechtsschutzinteresse gegeben wäre, kann vorliegendenfalls offengelassen werden: Auch im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG hat der Beschwerdeführer darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Es genügt deshalb nicht, dass es sich allenfalls um eine "berechtigte Frage einer Verjährung" handelt. Der Beschwerdeführer hat darzulegen, warum diese nach Art. 72 MWSTV im vorliegenden Fall zutreffen sollte (Beginn und Ende der Verjährungsfrist unter Berücksichtigung der verschiedenen Unterbrüche). Indem er dies unterlassen hat, ist er seiner Begründungs- und Rügepflicht nicht nachgekommen (oben E. 1.2.1). Es ist deshalb darauf nicht näher einzutreten (Art. 42 BGG).
 
3.
 
3.1 Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird.
 
3.2 Dem Verfahrensausgang entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Dezember 2009
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
Müller Errass
 
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