VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_48/2010  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_48/2010 vom 31.03.2010
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_48/2010
 
Urteil vom 31. März 2010
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
 
Gerichtsschreiber Rapp.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ (Ehemann),
 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hollinger,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Z.________ (Ehefrau),
 
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Ehescheidung,
 
Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG gegen das Urteil vom 12. November 2009 des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
X.________ (geb. 1941) und Z.________ (geb. 1952) heirateten am xxxx 1970 in Rohrschach SG. Aus dieser Ehe ging ein heute mündiges und selbständiges Kind hervor.
 
Die Parteien sind u.a. Gesamteigentümer infolge einfacher Gesellschaft einer Liegenschaft in A.________.
 
B.
 
Am 20. Juni 2008 wurde die Ehe der Parteien vom Gerichtspräsidenten von A.________ geschieden. Dabei wurde Z.________ verpflichtet, X.________ aus Güterrecht Fr. 18'658.85 zu bezahlen (Dispositiv Ziff. 4.1), der Saldo des gemeinsamen Kontos ihr zugewiesen (Dispositiv Ziff. 4.2), es wurde festgestellt, dass der Ehefrau bezüglich der Liegenschaften [recte: Liegenschaft] in A.________ ein Eigengutsanspruch von Fr. 50'000.--, dem Ehemann bezüglich der Liegenschaften in Kroatien ein solcher von Fr. 10'000.-- und der restliche Wert dieser Liegenschaften den Parteien je zur Hälfte zustehe (Dispositiv Ziff. 4.3) sowie dass die Parteien beim heutigen Besitzstand güterrechtlich auseinandergesetzt seien (Dispositiv Ziff. 4.4). Soweit weitergehend, wurden die Begehren der Parteien abgewiesen (Dispositiv Ziff. 5).
 
C.
 
In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Appellationen der Parteien hob das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 12. November 2009 Dispositiv Ziff. 4 und 5 des Urteils des Gerichtspräsidenten auf. Es überwies die Liegenschaft in A.________ ins Alleineigentum der Ehefrau, nahm davon Vormerk, dass diese die auf der Liegenschaft lastende Hypothekarschuld zur alleinigen Verzinsung und Abzahlung übernimmt, und wies das Grundbuchamt A.________ zur Eintragung dieses Eigentumsübergangs an (Dispositiv Ziff. 1.2). Im Übrigen wies es die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Sinne der Erwägungen und bezüglich des Anspruchs gemäss Art. 124 ZGB an die Vorinstanz zurück (Dispositiv Ziff. 1.3).
 
D.
 
Gegen dieses Urteil erhebt X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) am 15. Januar 2010 Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt, in Aufhebung von dessen Ziff. 1.2 sei die Liegenschaft in A.________ nach Bezahlung des Betrages von Fr. 112'696.20 durch Z.________ (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) an ihn in ihr Alleineigentum zu überweisen, es sei davon Vormerk zu nehmen, dass diese die auf der Liegenschaft lastende Hypothekarschuld zur alleinigen Verzinsung und Abzahlung übernehme, und das Grundbuchamt A.________ zur Eintragung dieses Eigentumsübergangs nach Vorlage eines schriftlichen Beleges betreffend Bezahlung des entsprechenden Betrages anzuweisen, eventualiter sei Ziff. 4 des Urteils des Gerichtspräsidiums A.________ aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
 
In der Sache wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Angefochten sind Fr. 30'000.-- übersteigende güterrechtliche Folgen eines kantonal letztinstanzlichen Ehescheidungsurteils; die Voraussetzungen nach Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 75 Abs. 1 BGG sind gegeben.
 
1.2 Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Zuweisung der Liegenschaft an die Beschwerdegegnerin zu alleinigem Eigentum. Auch anerkennt er die Höhe der von der Vorinstanz auf Fr. 112'696.20 festgelegten Entschädigung. Er macht jedoch geltend, die Zuweisung der Liegenschaft und die Bezahlung der Entschädigung müssten gleichzeitig erfolgen.
 
1.3
 
1.3.1 Im Ehescheidungsverfahren gilt der Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429; 130 III 537 E. 5.2 S. 546 f., mit Hinweisen). Nach diesem Grundsatz hat der Richter, welcher eine Ehescheidung ausspricht, im betreffenden Urteil gleich auch über die sich daraus ergebenden Nebenfolgen zu befinden (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429; 113 II 97 E. 2 S. 98 f.). Hingegen kann die güterrechtliche Auseinandersetzung ausnahmsweise in ein separates Verfahren verwiesen werden, sofern die Regelung der übrigen Nebenfolgen nicht von deren Ergebnis abhängig ist.
 
Der Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils verbietet einer Rechtsmittelinstanz indes nicht, lediglich über einen Teil der strittigen Fragen zu befinden und im Übrigen die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, da das Verfahren erst abgeschlossen ist, wenn sämtliche Nebenfolgen der Scheidung geregelt sind (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429; Urteile 5A_27/2008 vom 20. Mai 2008 E. 2; 5C.47/2005 vom 8. April 2005 E. 2.2.1.2).
 
1.3.2 Der angefochtene Entscheid bezieht sich ausschliesslich auf die güterrechtliche Auseinandersetzung sowie die Frage der Entschädigung nach Art. 124 ZGB. Im Urteilsdispositiv wird zudem nur ein Aspekt des Güterrechts, die Zuweisung der Liegenschaft, geregelt. Die damit in engem Zusammenhang stehende Entschädigung von Fr. 112'696.20 wird lediglich in den obergerichtlichen Erwägungen genannt und bildet Gegenstand der Rückweisung an die erste Instanz. Daher ist der obergerichtliche Entscheid nicht in sich geschlossen und bildet - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - keinen anfechtbaren Teilentscheid i.S.v. Art. 91 BGG. Vielmehr handelt es sich um einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 BGG.
 
1.4
 
1.4.1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, welche nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen, ist die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Dabei obliegt es dem Beschwerdeführer, darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 134 III 426 E. 1.2 in fine S. 429; 133 III 629 E. 2.3.1 S. 632, E. 2.4.2 S. 633).
 
1.4.2 Ob die Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, kann vorliegend jedoch offen bleiben: Wie bereits dargelegt, anerkennt der Beschwerdeführer die Zuweisung der Liegenschaft an die Beschwerdegegnerin zu alleinigem Eigentum sowie die Höhe der Entschädigung von Fr. 112'696.20 und verlangt lediglich eine Zug-um-Zug-Abwicklung dieser beiden Leistungen (s. oben, E. 1.2). Da der vorliegend angefochtene Entscheid erst mit dem Endentscheid in Rechtskraft erwächst und vorerst nicht vollstreckt werden kann, sondern in die güterrechtliche Auseinandersetzung einfliessen wird, hat der Beschwerdeführer an der Änderung oder Aufhebung des Entscheids kein aktuelles und praktisches Interesse und ist damit gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG zur Beschwerde in Zivilsachen nicht berechtigt (zu diesem Erfordernis vgl. Urteile 4A_331/2008 vom 15. September 2008 E. 2.1.1; 5A_229/2007 vom 31. August 2007 E. 2).
 
2.
 
Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, muss sie als von Anfang an aussichtslos bezeichnet werden, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG). Folglich ist das betreffende Gesuch abzuweisen, und die Gerichtskosten sind entsprechend dem Verfahrensausgang dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. März 2010
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
 
Hohl Rapp
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).