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Informationen zum Dokument  BGer 4A_141/2011  Materielle Begründung
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BGer 4A_141/2011 vom 06.07.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4A_141/2011
 
Urteil vom 6. Juli 2011
 
I. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
 
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
 
Gerichtsschreiber Hurni.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Cyril Lauper,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
X.________ AG,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Raphaël Haas,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Unterrichtsvertrag,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 10. Dezember 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Die X.________ AG (Beschwerdegegnerin) ist u.a. im Bereich der Schulung und Ausbildung von Hotel- und Tourismus-Management-Fachleuten tätig. A.________ (Beschwerdeführerin) nahm im Jahr 2004 ein Studium bei der Beschwerdegegnerin auf. In den Jahren 2004 und 2005 besuchte sie den "Certificate"- und den "Diploma"-Kurs. Daneben absolvierte sie die entsprechenden Praktika. Im Januar 2007 vereinbarten die Parteien, dass die Beschwerdeführerin im ersten Semester 2007 den zweijährigen "Higher Diploma"-Kurs antreten könne. Dafür zahlte die Beschwerdeführerin Semestergebühren von Fr. 21'500.-- an die Beschwerdegegnerin, womit nebst dem Unterricht auch die von der Beschwerdegegnerin zur Verfügung gestellte Kost und Logis abgegolten waren. Für den Fall einer einseitigen Vertragsbeendigung durch den Studierenden nach Kursbeginn sahen die allgemeinen Vertragsbedingungen des "Higher Diploma"-Kurses vor, dass die bezahlten Semestergebühren nicht zurückerstattet werden.
 
Die Beschwerdeführerin trat den "Higher Diploma"-Kurs in der Folge nicht an und nahm ab Januar 2007 keine Leistungen der Beschwerdegegnerin mehr in Anspruch. Spätestens per Ende Mai 2007, d.h. nach dem vereinbarten Kursbeginn im Januar 2007, kündigte sie den Vertrag mit der Beschwerdegegnerin.
 
B.
 
B.a Am 27. November 2008 reichte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht Entlebuch Klage ein, mit der sie von der Beschwerdegegnerin die im Jahr 2007 bezahlten Semestergebühren im Betrag von Fr. 21'500.-- nebst Zins von 5% seit dem 15. Januar 2007 zurückforderte.
 
Mit Urteil vom 3. Dezember 2009 hiess das Amtsgericht die Klage gut und verurteilte die Beschwerdegegnerin zur Zahlung von Fr. 21'500.-- nebst Zins zu 5% seit dem 27. November 2008 an die Beschwerdeführerin.
 
Das Amtsgericht kam zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin den Vertrag mit der Beschwerdegegnerin gestützt auf Art. 404 Abs. 1 OR wirksam gekündigt hatte. Ob die Kündigung i.S. von Art. 404 Abs. 2 OR zur Unzeit erfolgte, prüfte das Amtsgericht nicht, da die Beschwerdegegnerin keinen konkreten Schaden behauptet habe. Die Einrede der Verjährung verwarf das Amtsgericht mit dem Hinweis auf die zehnjährige Verjährungsfrist gemäss Art. 127 OR.
 
B.b Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte die Beschwerdegegnerin Appellation beim Obergericht des Kantons Luzern ein, mit welcher sie die Abweisung der Klage beantragte.
 
Mit Urteil vom 10. Dezember 2010 hiess das Obergericht die Appellation gut und wies die Klage ab.
 
Das Obergericht kam zum Schluss, dass die Regelung von Art. 404 Abs. 1 OR bei Auftragsverhältnissen, bei denen die Parteien wie im vorliegenden Fall nicht in einem absoluten Vertrauensverhältnis stünden ("atypische" Aufträge), entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung keinen zwingenden Charakter habe. Ein jederzeitiges Auflösungsrecht widerspreche den Vertragsvorstellungen der Parteien und sei auch aus wirtschaftlicher Sicht fragwürdig. Zwar möge die ursprüngliche römischrechtliche Konzeption des unentgeltlichen Mandats eine weitgehende beidseitige Vertragsbeendigungsfreiheit der Parteien rechtfertigen. Beim entgeltlichen Auftrag gelte es aber die Kontinuitätsinteressen der Parteien zu berücksichtigen. Eine ausländische Studentin könne und müsse objektiv betrachtet nicht das Risiko auf sich nehmen, mitten in der Ausbildung von der Schule ohne Angabe von Gründen auf die Strasse gestellt zu werden. Ebensowenig sei es für die Schule sinnvoll, wenn eine Studentin den Vertrag während der Ausbildung jederzeit und für die Schule folgenlos beenden könnte. Beide Seiten hätten sich mit dem Vertragsabschluss auf eine bestimmte Dauer eingerichtet, was auf jeden Fall dem zwingenden Charakter des Art. 404 Abs. 1 OR entgegen stehe. Damit sei die von den Parteien getroffene Abrede, wonach das bezahlte Schulgeld bei einseitiger Vertragsbeendigung durch den Schüler nach Kursbeginn nicht zurückerstattet werde, wirksam. Da die Beschwerdeführerin den Vertrag nach Kursbeginn beendet habe, könne sie die bezahlten Semestergebühren somit nicht mehr zurückfordern.
 
C.
 
Mit Beschwerde in Zivilsachen bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Klage der Beschwerdeführerin vom 27. November 2008 gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 mit Hinweisen).
 
1.1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten, wie hier eine vorliegt, ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag wie in casu nicht, ist sie dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).
 
1.2 Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist sehr restriktiv auszulegen (BGE 133 III 493 E. 1.1). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4, 397 E. 1.2 S. 399; 133 III 493 E. 1 S. 494 ff., je mit Hinweisen). Die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4, 397 E. 1.2; 133 III 645 E. 2.4 S. 648 f.). Es ist erforderlich, dass die Frage von allgemeiner Tragweite ist (BGE 134 III 267 E. 1.2). Eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (BGE 134 III 354 E. 1.3).
 
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG), ansonsten die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig ist (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.1 und 645 E. 2.4).
 
1.3 Die Beschwerdeführerin behauptet, es stelle sich vorliegend die grundsätzliche Frage, ob das jederzeitige Beendigungsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR zwingender Natur sei oder ob dieses im Bereich atypischer Auftragsverhältnisse vertraglich wegbedungen werden könne. Das angefochtene Urteil, in welchem die Vorinstanz die zwingende Natur von Art. 404 Abs. 1 OR entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verneint habe, zeige, dass von einer einheitlichen Anwendung und Auslegung der genannten Norm keine Rede sein könne. Neben dem Luzerner Obergericht hätten in dieser Frage auch das Obergericht des Kantons Zürich und das Kantonsgericht Zug Urteile gefällt, die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abweichen. Es bestehe eine grosse Rechtsunsicherheit. Das Bundesgericht habe deshalb diese "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung endlich zu klären".
 
Das Bundesgericht hatte vor erst zwei Jahren im Urteil 4A_437/2008 vom 10. Februar 2009 zu prüfen, ob die Frage nach der zwingenden Natur des jederzeitigen Beendigungsrechts gemäss Art. 404 Abs. 1 OR eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG darstellt. Es führte dabei aus, dass in ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung an der zwingenden Natur des auftragsrechtlichen Beendigungsrechts festgehalten werde, und kam zum Schluss, dass sich eine erneute Überprüfung der seit Jahrzehnten konstanten Praxis nicht aufdränge (Urteil 4A_437/2008 vom 10. Februar 2009 E. 1.4 mit zahlreichen Hinweisen auf publizierte und unpublizierte Urteile). Die Frage nach der Rechtsnatur von Art. 404 Abs. 1 OR sei seit dem Grundsatzentscheid BGE 115 II 464 mehrfach aufgeworfen und eine erneute Überprüfung in Kenntnis der abweichenden Lehrmeinungen stets als entbehrlich betrachtet worden. Das Bundesgericht habe bisher an seiner Praxis festgehalten und insbesondere erwogen, dass diese Praxis zwar kritisiert werde, sich die Kritiker aber keineswegs darüber einig seien, wie eine geänderte Praxis aussehen müsste (Urteil 4A_437/2008 vom 10. Februar 2009 E. 1.6).
 
Diese Erwägungen treffen nach wie vor zu. Das Bundesgericht hat die Frage nach der Rechtsnatur von Art. 404 Abs. 1 OR beantwortet und ein Bedürfnis zur Überprüfung der klaren und konstanten Rechtsprechung zur zwingenden Natur von Art. 404 OR besteht auch dann nicht, wenn diese von kantonalen Gerichten im Einzelfall nicht befolgt werden sollte. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG wird vorliegend nicht aufgeworfen, weshalb auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten ist.
 
1.4 Demgegenüber erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, deren weitere Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, als zulässig (Art. 113 BGG), soweit rechtsgenügend begründete Verfassungsrügen erhoben werden.
 
1.5
 
1.5.1 Einziger Beschwerdegrund bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) ist die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung verfassungsmässiger Rechte jedoch nur, wenn diese Rüge gemäss den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG ausdrücklich vorgebracht und klar und detailliert begründet wird (BGE 136 I 332 E. 2.1; 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 133 III 439 E. 3.2 S. 444).
 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was die Beschwerdeführerin mit einer den genannten Anforderungen genügenden Begründung geltend zu machen hat (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 332 E. 2.2; 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).
 
1.5.2 Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin, soweit sie der Vorinstanz unter Verweis auf die "Zeugenprotokolle der 1. Instanz" vorwirft, diese habe ein Fehlverhalten der Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung willkürlich als "nicht erwiesen" erachtet, obwohl die Beschwerdeführerin von der Beschwerdegegnerin angeblich dazu aufgefordert worden sei, "gegenüber dem Amt für Migration wahrheitswidrige Angaben zu machen, weil sie sonst nach dem geltenden Ausländerrecht gar nicht am Unterricht hätte teilnehmen dürfen". Mit einem bloss pauschalen Verweis auf die durch die Vorinstanz zu edierenden "Akten" vermag die Beschwerdeführerin den Begründungsanforderungen an eine Sachverhaltsrüge nicht zu genügen. Darauf ist nicht einzutreten.
 
2.
 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz Willkür in der Rechtsanwendung vor (Art. 9 BV), indem diese sich über die seit dem Grundsatzentscheid BGE 115 II 464 E. 2 mehrfach bestätigte, klare bundesgerichtliche Rechtsprechung hinweggesetzt und den zwingenden Charakter des Art. 404 Abs. 1 OR für atypische Verträge verneint habe. Im erwähnten Grundsatzentscheid habe das Bundesgericht erwogen, dass Art. 404 Abs. 1 OR sowohl auf entgeltliche wie unentgeltliche, höchstpersönliche wie andere Auftragsverhältnisse zur Anwendung gelange und dass der klare Wortlaut des Gesetzes eine Differenzierung nicht zulasse. Eine Abwendung von dieser bundesgerichtlichen Praxis sei mit dem Willkürverbot nicht vereinbar. Bei richtiger Anwendung von Art. 404 Abs. 1 OR hätte die Vertragsbedingung, wonach das bezahlte Schulgeld bei Vertragsauflösung durch den Schüler nach Kursbeginn nicht zurückerstattet werde, keine Geltung beanspruchen und die Beschwerdeführerin somit die bezahlten Studiengebühren zurückfordern können.
 
2.1 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung dann vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 136 I 316 E. 2.2.2 S. 318 f.; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; je mit Hinweisen).
 
2.2 Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist das jederzeitige Beendigungsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR zwingender Natur und darf vertraglich weder wegbedungen noch eingeschränkt werden. Das Bundesgericht bestätigte diese Rechtsprechung in BGE 115 II 464 E. 2 ausdrücklich. Seit diesem Entscheid hat es stets klar und unmissverständlich an der zwingenden Natur von Art. 404 OR festgehalten (vgl. Urteile 4A_437/2008 vom 10. Februar 2009 E. 1.4; 4C.373/2006 vom 29. Januar 2007 E. 4.3; 4P.155/2004 vom 4. Oktober 2004 E. 2.2.7; 4C.447/2004 vom 31. März 2005 E. 5.4; 4C.43/2003 vom 24. April 2003 E. 2.1; 4C.464/1997 vom 25. August 1998 E. 6b; 4C.443/1996 vom 26. März 1997 E. 1a; 4C.342/1996 vom 3. März 1997 E. 4d; 4C.79/1994 vom 2. August 1994 E. 2a; 4C.479/1993 vom 17. Mai 1994 E. 4a; 4C.212/1991 vom 25. Februar 1992 E. 3b/bb).
 
Das Bundesgericht hat zudem festgehalten, dass das jederzeitige Beendigungsrecht sowohl für reine Auftragsverhältnisse als auch für gemischte Verträge gilt, für welche hinsichtlich der zeitlichen Bindung der Parteien die Bestimmungen des Auftragsrechts als sachgerecht erscheinen (BGE 115 II 464 E. 2a S. 466 mit Hinweis auf BGE 110 II 382 E. 2; 106 II 159 E. b; 104 II 115 f. E. 4). Dies gilt namentlich auch für den im Gesetz nicht definierten Unterrichts- bzw. Internatsvertrag, den das Bundesgericht als gemischten Vertrag qualifiziert, auf welchen hauptsächlich die Regeln des Auftragsrechts einschliesslich des jederzeitigen Beendigungsrechts gemäss Art. 404 Abs. 1 OR Anwendung finden (Urteil 4A_237/2008 vom 29. Juli 2008 E. 3.2 mit Hinweis auf AMSTUTZ/SCHLUEP, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 4. Aufl. 2007, N. 401, 408 der Einl. vor Art. 184 ff.).
 
2.3 Die Vorinstanz hat zunächst erwogen, dass zwischen den Parteien ein Unterrichtsvertrag zustande gekommen sei, auf den hauptsächlich Auftragsrecht zur Anwendung gelange. Dies steht im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Soweit die Vorinstanz demgegenüber die zwingende Natur des Art. 404 Abs. 1 OR davon abhängig machen will, ob zwischen den Parteien ein absolutes Vertrauensverhältnis besteht (wie z.B. zwischen einem Arzt und seinem Patienten oder zwischen einem Anwalt und seinem Klienten), weicht sie von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab, welche - wie die Beschwerdeführerin zutreffend einwendet - eine solche Differenzierung grundsätzlich nicht zulässt. Ein derartiges Abweichen von einer konstanten Rechtsprechung, an der das Bundesgericht durchaus im Bewusstsein der Kritik aus der Lehre festhält, lässt eine Willkür in der Rechtsanwendung im Prinzip als indiziert erscheinen.
 
Dagegen wendet die Beschwerdegegnerin ein, dass das Bundesgericht die Rechtfertigung der zwingenden Natur von Art. 404 Abs. 1 OR gerade darin sieht, dass der Beauftragte regelmässig eine ausgesprochene Vertrauensstellung einnimmt und es bei einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses keinen Sinn macht, den Vertrag noch aufrecht erhalten zu wollen (BGE 115 II 464 E. 2a S. 466; 104 II 108 E. 4 S. 115 f.). Das Bestehen eines derartigen Vertrauensverhältnisses hat die Vorinstanz im vorliegenden Fall jedoch ausdrücklich verneint und auch die Beschwerdeführerin stellt sich diesem Befund nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund weist die Beschwerdegegnerin auf einen grossen Teil der Lehre hin, welcher die Auffassung vertritt, dass das jederzeitige Beendigungsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR in Fällen, in denen wie vorliegend kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien besteht, nicht zwingender Natur sei und dementsprechend vertraglich wegbedungen bzw. eingeschränkt werden könne (vgl. ENGEL, Contrats de droit suisse, 2. Aufl., 2000, S. 508 ff.; HUGUENIN, Obligationenrecht, Besonderer Teil, 3. Aufl. 2008, N. 835; GEHRER/GIGER, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 8 zu Art. 404 OR; WERRO, Commentaire romand, N. 16 f. zu Art. 404 OR; MONDINI/LIATOWITSCH, Jederzeitige Kündbarkeit von Aufträgen schadet dem Dienstleistungsstandort Schweiz, AJP 2009, S. 299 f.; REBER, Art. 404 OR - ein erratischer Block aus dem Römischen Recht im heutigen Auftragsrecht, Thesen zur Kündigung des einfachen Auftrags, in: Festschrift für Bruno Huwiler zum 65. Geburtstag, 2007, S. 525 ff.). Ein weiterer Teil der Lehre geht bekanntlich noch weiter und qualifiziert das jederzeitige Beendigungsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR jedenfalls für entgeltliche Aufträge grundsätzlich als dispositiv (vgl. BÜHLER, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 63 zu Art. 377 OR; FELLMANN, in: Berner Kommentar, 4. Aufl. 1992, N. 132 f. zu Art. 404 OR; FRICK, Die Beendigung des einfachen Auftrages [Art. 404 und 405 OR], Diss. Basel 2005, S. 91; GAUCH, Der Auftrag, der Dauervertrag und Art. 404 OR, SJZ 2005, S. 520 ff., 524; HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Aufl. 2010, S. 338).
 
Diese Lehrmeinungen mögen zwar die Rechtsauffassung der Vorinstanz stützen, vermögen aber nichts daran zu ändern, dass die in obiger Erwägung 2.2 zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung in Kenntnis des überwiegenden Teils dieser doktrinären Stellungnahmen ergangen ist und sich die Vorinstanz trotzdem darüber hinweggesetzt hat.
 
2.4 Dennoch kann vorliegend offen bleiben, ob die Begründung des angefochtenen Entscheids willkürlich ist, da das vorinstanzliche Ergebnis auch bundesrechtskonform begründet werden kann und die Willkürrüge jedenfalls aus diesem Grund nicht verfängt:
 
Erfolgt die Auflösung des Auftrags zur Unzeit, so ist die zurücktretende Partei gemäss Art. 404 Abs. 2 OR zum Ersatz des der Gegenpartei verursachten Schadens verpflichtet. Die Annahme eines unzeitigen Widerrufs durch den Auftraggeber setzt voraus, dass der Beauftragte dazu keinen begründeten Anlass gegeben hat und die Vertragsauflösung für den Beauftragten hinsichtlich des Zeitpunkts und der von ihm getroffenen Dispositionen nachteilig ist (BGE 110 II 380 E. 3b S. 383; Urteil 4C.323/1999 vom 22. Dezember 1999 E. 1a/bb). Bei einem Unterrichtsvertrag ist der Widerruf in der Regel unzeitig, wenn er mitten im Semester erfolgt (vgl. AMSTUTZ/SCHLUEP, a.a.O., N. 408 der Einl. vor Art. 184 ff. OR). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es sodann zulässig, für den Fall eines Widerrufs zur Unzeit i.S. von Art. 404 Abs. 2 OR eine Konventionalstrafe vorzusehen. So hat das Bundesgericht die SIA-Norm 102 (1969) Art. 8.1, wonach der Architekt Anspruch auf das Honorar für die geleisteten Arbeiten sowie einen Honorarzuschlag hat, wenn der Bauherr dem Architekten ohne dessen Verschulden den Auftrag entzieht, im Falle eines unzeitigen Entzuges als wirksam erachtet (BGE 109 II 462 E. 4b, d S. 468 ff.; 110 II 380 E. 3a S. 383). Nebst einer positiven Leistung kann als Konventionalstrafe auch ein Rechtsverlust vereinbart werden (BGE 135 III 433 E. 3 S. 436 ff.).
 
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beschwerdeführerin den Unterrichtsvertrag spätestens per Ende Mai 2007, d.h. mitten im Semester beendet hat. Dass der Beschwerdegegnerin ein Fehlverhalten vorzuwerfen wäre, welche die Beschwerdeführerin zum Widerruf des Vertrags veranlasst hätte, ist gemäss der Vorinstanz nicht erstellt. Ein solcher Widerruf mitten im Semester kann damit grundsätzlich als unzeitig i.S. von Art. 404 Abs. 2 OR qualifiziert werden. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich die Abrede, wonach das bezahlte Schulgeld bei Vertragsauflösung durch die Schülerin nach Kursbeginn nicht zurückerstattet werde, als wirksame Konventionalstrafe auslegen, welche für den Fall einer wie hier vorliegenden unzeitigen Vertragsbeendigung vorsieht, dass die Schülerin den Anspruch auf Rückforderung des bezahlten Schulgelds verliert. Mit dieser Begründung hätte die Klage der Beschwerdeführerin auch abgewiesen werden können, ohne dass die zwingende Natur von Art. 404 Abs. 1 OR im Rahmen atypischer Auftragsverhältnisse hätte in Frage gestellt werden müssen. Der angefochtene Entscheid ist mithin im Ergebnis nicht willkürlich.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz sodann eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) sowie des Grundsatzes der Rechtssicherheit (Art. 5 Abs. 1 BV) vor, indem diese von einer konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sei und dafür weder vertretbare noch sachgerechte Gründe vorgebracht habe.
 
Eine rechtsanwendende Behörde verletzt den Gleichheitsgrundsatz, wenn sie zwei gleiche tatsächliche Situationen ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt (BGE 125 I 166 E. 2a mit Hinweisen). Dies trifft vorliegend nicht zu: Zwar weicht der angefochtene Entscheid in der Begründung vom Leitentscheid BGE 115 II 464 ab, lässt sich jedoch auch bundesrechtskonform begründen (oben E. 2.4). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes liegt damit nicht vor.
 
Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 5 BV rügt, verkennt sie, dass die in dieser Norm geregelten allgemeinen Verfassungsgrundsätze keine verfassungsmässigen Rechte darstellen (vgl. SCHOTT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 22 zu Art. 98 BGG; für das Verhältnismässigkeitsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 2 BV: BGE 134 I 153 E. 4.1 S. 156; für das Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 1 BV: Urteil 2C_268/2010 vom 18. Juni 2010 E. 2). Im Rahmen der hier anwendbaren Beschränkung der Beschwerdegründe auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nach Art. 116 BGG kann sich die Beschwerdeführerin nicht selbständig auf die Verletzung des Legalitätsprinzips bzw. den darin enthaltenen Grundsatz der Rechtssicherheit gemäss Art. 5 Abs. 1 BV berufen. Auf die entsprechende Rüge ist demnach nicht einzutreten.
 
4.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. Juli 2011
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Klett
 
Der Gerichtsschreiber: Hurni
 
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