BGer 6F_20/2020 | |||
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BGer 6F_20/2020 vom 27.08.2020 |
6F_20/2020 |
Urteil vom 27. August 2020 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
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als präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichterin van de Graaf,
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Bundesrichterin Koch,
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Gerichtsschreiber Traub.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Gesuchsteller,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
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Gesuchsgegnerin,
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Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer.
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Gegenstand
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Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Juni 2020 (6B_280/2020).
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Erwägungen: | |
1. Am 19. August 2016 sprach das Obergericht des Kantons Zürich A.________ der versuchten Nötigung, der Urkundenfälschung und der Drohung schuldig. Unter anderem von den Vorwürfen einer versuchten Nötigung und der mehrfachen, teilweise versuchten Verletzung des Bankgeheimnisses und der mehrfachen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses sprach es ihn frei und stellte ein weiteres Verfahren betreffend mehrfacher Verletzung des Bankgeheimnisses ein. Es belegte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten.
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Am 10. Oktober 2018 wies das Bundesgericht die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ab, soweit es darauf eintrat. Die Beschwerde von A.________ hiess das Bundesgericht teilweise gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde von A.________ ab, soweit auf sie einzutreten war (vereinigte Streitsache Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen A.________ [Verfahren 6B_1314/2016] und A.________ gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich [6B_1318/2016]).
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Am 29. November 2019 erliess das Obergericht einen neuen Berufungsentscheid.
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Gegen den Entscheid vom 29. November 2019 erhob A.________ am 3. März 2020 Beschwerde. Das Bundesgericht wies das Rechtsmittel ab, soweit darauf einzutreten war (Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020).
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A.________ reicht einen mit "Ausstandsbegehren" betitelten Schriftsatz vom 6. Juli 2020 ein. Darin beantragt er, der am Urteil vom 17. Juni 2020 beteiligte Präsident der Strafrechtlichen Abteilung sowie der Gerichtsschreiber seien für die Beurteilung der Beschwerde vom 3. März 2020 "zwingend und rückwirkend als nicht rechtmässig urteilende Personen" zu bezeichnen, da gegen sie der Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit bestehe. Das Urteil vom 17. Juni 2020 (6B_280/2020) sei aufzuheben und von "unbefangenen und unvoreingenommenen Richtern, die nicht dieser Abteilung angehören, neu und insbesondere auf die Gesamtverfahrenslänge sowie die zugrundeliegenden extremen weiteren Verfahrensverzögerungen als Noven zu beurteilen". Es sei ihm Gelegenheit zu geben, die Beschwerde vom 3. März 2020 zu ergänzen. Der Eingabe sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Schliesslich beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege.
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2. | |
2.1. In seiner Eingabe vom 6. Juli 2020 verlangt der Gesuchsteller einerseits den Ausstand des Präsidenten der Strafrechtlichen Abteilung und des an den Urteilen 6B_1314+1318/2016 vom 10. Oktober 2018 und 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 beteiligten Gerichtsschreibers, anderseits die Aufhebung des Urteils 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 und eine Neubeurteilung der Beschwerde gegen den obergerichtlichen Entscheid vom 29. November 2019. Er bringt u.a. vor, die Sachdarstellung im Urteil vom 10. Oktober 2018 sei falsch und irreführend; weiter trage die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts eine grosse und direkte (Mit-) Verantwortung für massive verfahrenstechnische Unzulänglichkeiten und eine extrem überlange Dauer der Verfahren 6B_1314+1318/2016, so hätte etwa die "überlange" Beschwerdeschrift der Oberstaatsanwaltschaft nicht akzeptiert werden dürfen. Der Gesuchsteller begründet das Ausstandsbegehren überdies mit "weitere[n] bundesgerichtliche[n] Urteile[n], insbesondere das Bundesgerichtsurteil 6B_222/2017" (vom 17. März 2017) sowie mit den Urteilen 6B_1223/2017 vom 12. Dezember 2017 und 6B_193/2015 vom 16. März 2015, mit welchen seine Beschwerden abgewiesen worden seien, sowie mit einer sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abweisenden Verfügung vom 19. Januar 2017 im Verfahren 6B_1318/2016.
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Insgesamt liege damit bezogen auf das Verfahren 6B_280/2020 bei objektiver Betrachtung der Umstände und Sachverhalte der Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit vor; der Spruchkörper des Urteils vom 17. Juni 2020 bestehe nur aus Richtern der (vorbefassten) Strafrechtlichen Abteilung.
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In der Sache macht der Gesuchsteller geltend, bis jetzt sei nichts rechtskräftig geworden, da das obergerichtliche Urteil vom 19. August 2016 mit bundesgerichtlichem Urteil vom 10. Oktober 2018 vollständig aufgehoben worden sei.
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2.2. Die Eingabe vom 6. Juli 2020 enthält einerseits das Ersuchen, das Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 sei im Sinn von Art. 121 lit. a BGG (Verletzung von Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand) zu revidieren. Anderseits ist sie als Ausstandsgesuch hinsichtlich des vorliegenden Revisionsverfahrens 6F_20/2020 aufzufassen.
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3. Soweit der Gesuchsteller seine Ausstandsbegehren im vorliegenden Revisionsverfahren gegen den Präsi denten der Strafrechtlichen Abteilung und einen Gerichtsschreiber auf deren Mitwirkung am Verfahren 6B_1314+1318/2016 (Urteil vom 10. Oktober 2018) stützen will, ist darauf hinzuweisen, dass sich damit kein Ausstandsgesuch begründen lässt (Art. 34 Abs. 2 BGG; BGE 114 Ia 278 E. 1). Die Beteiligung am Urteil, gegen das sich das Revisionsgesuch richtet, schliesst eine Mitwirkung im Revisionsverfahren nicht aus (allgemein Urteil 6B_1114/2017 vom 7. Dezember 2017 E. 2.2, publ. in: RtiD 2018 II 162; im Hinblick auf Art. 34 BGG Urteil 2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 1.2.2; zum Ganzen Urteil 6F_39/2018 vom 22. Januar 2019 E. 3).
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Das Ausstandsgesuch ist offensichtlich unbegründet.
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4. Entscheide des Bundesgerichts werden am Tag ihrer Ausfällung rechtskräftig (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Die Eingabe vom 6. Juli 2020 ist als Revisionsgesuch gegen das Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 entgegenzunehmen.
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Wie aus dem Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 hervorgeht, erschliesst sich der Gegenstand des nach der Rückweisung neu erlassenen Urteils des Berufungsgerichts vom 29. November 2019 anhand der Erwägungen im Rückweisungsentscheid vom 10. Oktober 2018. Das Verfahren wurde nur insoweit neu in Gang gesetzt, als es notwendig war, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen. Die übrigen Punkte sind rechtskräftig entschieden (a.a.O. E. 1.2). Das Bundesgericht hob das angefochtene Urteil vom 19. August 2016 nur auf, was Modalitäten der Herausgabe beschlagnahmter Dateien anbelangte. Dies allein konnte Gegenstand des im Verfahren 6B_280/2020 angefochtenen Urteils vom 29. November 2019 sein, nebst der aufgrund der Rückweisung zu aktualisierenden Kostenregelung und allfälligen anderen originären Bestandteilen des nach der Rückweisung neu erlassenen Urteils. Die Möglichkeit, wiederum Beschwerde in Strafsachen zu führen, war auf diese Gegenstände begrenzt. Die übrigen waren bereits rechtskräftig (a.a.O. E. 1.3).
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Der Gesuchsteller nimmt diese Erläuterung nicht zur Kenntnis; er scheint weiterhin davon auszugehen, dass die im Verfahren 6B_1314+1318/2016 strittigen Punkte im neuen Berufungsurteil - und dann im Beschwerdeentscheid des Bundesgerichts - erneut aufgegriffen werden konnten. Das trifft nach dem Gesagten nicht zu. Ausserhalb der im Urteil 6B_280/2020 vom 17. Juni 2020 E. 1.3 bezeichneten Bereiche, die nicht Gegenstand der nunmehrigen Ausführungen des Gesuchstellers sind, stellte sich die Frage nach einer Vorbefassung und Befangenheit von vornherein nicht, weil es keine Beurteilungsspielräume mehr gab, in denen sich jene manifestieren konnten.
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Im Rahmen seiner weiteren Kritik bezieht sich der Gesuchsteller auf keinen gesetzlichen Revisionsgrund, und zeigt auch nicht auf, inwieweit das bundesgerichtliche Urteil 6B_280/2020 Anlass für eine Revision biete. Soweit er stattdessen frühere Urteile des Bundesgerichts und des Obergerichts kritisiert, welche seiner Auffassung nach auf willkürlichen Annahmen beruhen, ist dies mit dem Wesen und der Tragweite der Revision nach Art. 121 ff. BGG nicht vereinbar. Die Revision dient nicht dazu, bereits Erwogenes einer neuerlichen Diskussion zuzuführen. Sie eröffnet dem Gesuchsteller auch nicht die Möglichkeit, einen Entscheid, den er für unrichtig hält, neu beurteilen zu lassen (Urteil 6F_39/2018 vom 22. Januar 2019 E. 5 mit Hinweisen).
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Das Revisionsgesuch ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
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5. Mit Erlass dieses Urteils wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
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6. Das kombinierte Revisions- und Ausstandsgesuch ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Dem Gesuchsteller sind reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Das Ausstandsgesuch wird abgewiesen.
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2. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit auf es einzutreten ist.
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3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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4. Dem Gesuchsteller werden Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- auferlegt.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 27. August 2020
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied : Der Gerichtsschreiber:
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Jacquemoud-Rossari Traub
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