BGer 2C_346/2021 | |||
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BGer 2C_346/2021 vom 06.10.2021 | |
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2C_346/2021 |
Urteil vom 6. Oktober 2021 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Beusch, Hartmann,
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Gerichtsschreiber Quinto.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.A.________, Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Pfau,
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gegen
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Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau.
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Gegenstand
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Familiennachzug,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 5. März 2021 (WBE.2020.276).
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Sachverhalt: | |
A.
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A.a. B.A.________ (geb. 1986), Staatsangehöriger von Nordmazedonien, reiste im Jahr 1992 im Alter von fast sechs Jahren mit seiner Mutter in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung, welche regelmässig verlängert wurde. Am 6. März 2000 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt.
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A.b. In den Jahren 2006 und 2007 ergingen drei Strafbefehle gegen B.A.________, nämlich wegen Sachbeschädigung und geringfügigen Diebstahls (2006; bestraft mit bedingter Gefängnisstrafe von zehn Tagen und Busse von Fr. 500.--), grober Verkehrsregelverletzung (2006; Überschreitung Höchstgeschwindigkeit; bedingte Gefängnisstrafe von drei Tagen und Busse von Fr. 800.--) und einfacher Verkehrsregelverletzung (2007; Busse von Fr. 60.--). Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 24. Juni 2010, bestätigt durch das bundesgerichtliche Urteil 6B_823/2010 vom 25. Januar 2011, wurde B.A.________ wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, schwerer Körperverletzung, qualifizierter einfacher Körperverletzung, mehrfacher Übertretung des BetmG und Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einer Busse von Fr. 2'000.-- verurteilt; die versuchte vorsätzliche Tötung und Körperverletzung wurde am 8. Juli 2007 begangen. Eine weiterer Strafbefehl gegen B.A.________ erging am 12. Juli 2010 wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und trotz Führerausweisentzug (bedingt vollziehbare Geldstrafe von 90 Tagessätzen à Fr. 90.--).
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A.c. Das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (Migrationsamt) widerrief mit Verfügung vom 15. August 2011 die Niederlassungsbewilligung von B.A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg, was letztinstanzlich durch das bundesgerichtliche Urteil 2C_995/2013 vom 24. April 2014 bestätigt wurde.
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A.d. Am 6. April 2013 heiratete B.A.________ seine Freundin B.________ (nach der Heirat: A.A.________), welche die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt. Nach seiner bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug am 22. Mai 2014, unter Ansetzung einer Probezeit bis zum 22. September 2015, reiste B.A.________ am 27. Juli 2014 aus der Schweiz aus. Das (damalige) Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration) belegte ihn mit Verfügung vom 20. Juni 2014 mit einem dreijährigen Einreiseverbot (vom 1. August 2014 bis 31. Juli 2017).
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B.
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Die Ehefrau von B.A.________ stellte am 17. Mai 2017 für Letzteren ein Gesuch um Familiennachzug. Dieses wurde schliesslich mit Einspracheentscheid vom 4. Juni 2018, welcher unangefochten in Rechtskraft erwuchs, abgewiesen. Am 5. Mai 2019 stellte A.A.________ erneut ein Gesuch um Familiennachzug für ihren Ehemann. Dieses wurde mit Verfügung des Migrationsamts vom 4. März 2020 abgewiesen. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel erwiesen sich als erfolglos (Einspracheentscheid vom 8. Juli 2020; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 5. März 2021).
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C.
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A.A.________ (Beschwerdeführerin) beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 26. April 2021 die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Das Familiennachzugsgesuch sei gutzuheissen und das Migrationsamt sei zu verpflichten, dem Ehegatten der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
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Die Vorinstanz und der Rechtsdienst des Migrationsamts (Einspracheinstanz) beantragen vernehmlassungsweise die Abweisung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, während das Staatssekretariat für Migration auf eine Vernehmlassung verzichtet hat.
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Erwägungen: | |
1.
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Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Ein solcher besteht allerdings im vorliegenden Fall grundsätzlich gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AIG (Familiennachzug zu Schweizer Bürgerin) sowie Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV (Schutz des Familienlebens). Ob die erforderlichen Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist praxisgemäss eine Frage der materiellen Beurteilung; für das Eintreten genügt, dass - wie hier - ein potentieller Anspruch auf Familiennachzug bzw. Aufenthalt in der Schweiz in vertretbarer Weise dargetan wird (BGE 139 I 330 E. 1.1). Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG), ist auf die frist- und formgerecht (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.
| 12 |
2.
| 13 |
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2).
| 14 |
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich, wobei das Bundesgericht nur bei einer willkürlichen oder rechtsverletzenden vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung, deren Korrektur entscheidrelevant sein kann, eingreift (Art. 95, Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Entsprechende Rügen unterstehen der qualifizierte Rüge und Begründungspflicht. Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. E. 2.1 oben; BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).
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3.
| 16 |
Vorliegend ist unbestritten, dass B.A.________ mit seiner Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe einen Grund für den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung gesetzt hatte (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG [Verurteilung zu einer langjährigen Freiheitsstrafe]), damit auch kein Anspruch auf Familiennachzug mehr bestand (Art. 51 Abs. 1 lit. b AIG) und er die Schweiz im Jahr 2014 zu verlassen hatte (vgl. lit. A.b /c oben). Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ob die Beschwerdeführerin aufgrund der Interessenabwägung (dazu E. 4.3 ff., E. 4.6 unten) zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AIG und Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV über einen Anspruch auf Familiennachzug verfügt bzw. B.A.________ wiederum Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hat.
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4.
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4.1. Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) verschafft praxisgemäss keinen Anspruch auf Einreise und Anwesenheit oder auf einen bestimmten Aufenthaltstitel im Land. Er hindert die Konventionsstaaten nicht daran, die Anwesenheit auf ihrem Staatsgebiet zu regeln und den Aufenthalt ausländischer Personen unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und Privatlebens gegebenenfalls auch wieder zu beenden (BGE 144 I 91 E. 4.2 mit Hinweisen). Verfügt ein Ausländer über nahe Verwandte mit einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz und wird die intakte familiäre Beziehung tatsächlich gelebt, kann es Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV verletzen, wenn ihm die Anwesenheit und damit das Familienleben vereitelt wird, soweit die intakten, engen persönlichen und familiären Beziehungen der Familienmitglieder nicht problemlos andernorts gelebt werden können (BGE 144 II 1 E. 6.1; 142 II 35 E. 6.1).
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4.2. Der Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt nicht absolut. Er kann eingeschränkt werden, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist, einem in Art. 8 Ziff. 2 EMRK genannten Zweck dient und zu dessen Realisierung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig erscheint. Die Konvention verlangt, dass die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am Erhalt des Anwesenheitsrechts und die öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung sorgfältig gegeneinander abgewogen werden (Art. 8 Ziff. 2 EMRK; EGMR-Urteil vom 8. November 2016 El Ghatet gegen Schweiz [Nr. 56971/10] § 53; BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 47; 139 I 330 E. 2.2). Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt - in seiner verfahrensrechtlichen Tragweite - als verletzt, wenn keine umfassende, faire Interessenabwägung erfolgt (EGMR-Urteil vom 8. November 2016 El Ghatet gegen Schweiz [Nr. 56971/10] § 47; Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 4.1 und 4.2.1; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.2).
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4.3. Praxisgemäss verunmöglicht eine strafrechtliche Verurteilung die Erteilung einer (neuen) Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich nicht ein für alle Mal. Soweit der Betroffene, gegen den eine Entfernungsmassnahme ergriffen wurde, weiterhin in den Kreis der nach Art. 42 ff. AIG nachzugsberechtigten Personen fällt und es seinen hier anwesenden nahen Angehörigen - wie vorliegend der Beschwerdeführerin (vgl. E. 5.2.3 angefochtenes Urteil) - unzumutbar ist, ihm in die Heimat zu folgen und dort das Familienleben zu pflegen, ist eine Neubeurteilung angezeigt, falls der Betroffene sich seit der Verurteilung bzw. Strafverbüssung bewährt und sich für eine angemessene Dauer in seiner Heimat klaglos verhalten hat, so dass eine Integration in die hiesigen Verhältnisse nunmehr absehbar erscheint und eine allfällige Rückfallgefahr vernachlässigt werden kann. Das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr verliert an Bedeutung, soweit die Entfernungsmassnahme gegen die fehlbare Person ergriffen, durchgesetzt und für eine der Schwere der Tat angemessene Zeitdauer aufrechterhalten wurde (Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.1 mit Hinweisen; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.3 mit Hinweisen).
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4.4. Der Zeitablauf, verbunden mit der Deliktsfreiheit, kann mithin dazu führen, dass die Interessenabwägung anders auszufallen hat als zum Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung, der Entlassung aus dem Strafvollzug oder der Rechtskraft des Wegweisungsentscheids. Damit wird insbesondere den sich aus dem konventions- und verfassungsrechtlichen Anspruch auf Achtung des Familienlebens ergebenden Gesichtspunkten Rechnung getragen, wonach die seit der Tat verflossene Zeit und das bisherige Verhalten des Ausländers in der Interessenabwägung bezüglich der Aufrechterhaltung der aufenthaltsbeendenden Massnahme mitzuberücksichtigen sind. Bei der prognostischen Einschätzung des Rückfallrisikos ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer diese wiegt, desto höhere Anforderungen sind an das Fehlen einer Rückfallgefahr zu stellen. Je länger ein Straftäter umgekehrt deliktsfrei gelebt hat, umso eher lässt sich ihm wieder Vertrauen entgegenbringen und kann sich die Annahme rechtfertigen, dass es zu keinen weiteren (schweren) Straftaten mehr kommen wird (Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.1 mit Hinweisen; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.4 mit Hinweisen).
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4.5. Wann die Neubeurteilung zu erfolgen hat, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Das Bundesgericht berücksichtigt dabei, dass die Regelhöchstdauer des Einreiseverbots nach Art. 67 Abs. 3 AIG fünf Jahre beträgt und diese nur bei Vorliegen einer ausgeprägten Gefahr ("menace caractérisée") für die öffentliche Sicherheit und Ordnung überschritten werden darf. Hat sich der Betroffene während fünf Jahren bewährt, ist es regelmässig angezeigt, den Anspruch auf Familiennachzug neu zu prüfen. Eine frühere Beurteilung ist möglich, soweit das Einreiseverbot - wie vorliegend (drei Jahre; vgl. lit.ˇ A.d oben) - von Beginn an unter fünf Jahren angesetzt wurde (Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.2 mit Hinweisen; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.5 mit Hinweisen). Die Frist von fünf respektive drei Jahren läuft grundsätzlich ab Rechtskraft des Widerrufsentscheids und der tatsächlichen Ausreise des Betroffenen (Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.2; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.5; 2C_1224/2013 vom 12. Dezember 2014 E. 5.1.2). Besteht ein Anspruch auf Neubeurteilung, heisst dies nicht, dass die neue Bewilligung auch erteilt werden muss. Die Gründe, welche zum Widerruf geführt haben, verlieren ihre Bedeutung grundsätzlich nicht; die Behörde hat vielmehr eine neue umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, in welcher der Zeitablauf in Relation gesetzt wird zum allenfalls nach wie vor bestehenden öffentlichen Interesse an der Fernhaltung (Urteil 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 3.3 mit Hinweisen)
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4.6. Bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK, aber auch nach Art. 96 AIG, sind unter anderem folgende Kriterien zu berücksichtigen: Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener begangen wurde; Aufenthaltsdauer des Betroffenen in der Schweiz; Nationalität der verschiedenen Beteiligten; der seit der Tat vergangene Zeitraum; das Verhalten des Ausländers während diesem; die familiäre Situation des Betroffenen; die Dauer seiner Ehe und andere Hinweise auf die Qualität des Ehelebens; ob die Ehegattin bei Eingehung der Beziehung Kenntnis von der Straftat hatte; die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland (Urteile 2C_484/2020 vom 19. Januar 2021 E. 4.4.2; 2C_714/2020 vom 25. November 2020 E. 3.2; 2C_935/2017 vom 17. Mai 2018 E. 4.2).
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5.
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5.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 42 Abs. 1 AIG und von Art. 8 EMRK. Sie macht im Wesentlichen eine unvollständige und willkürliche Interessenabwägung geltend. Die Vorinstanz habe in Bezug auf die massgebende Tat vom Juli 2007 weder das zum Tatzeitpunkt junge Alter (21 Jahre) von B.A.________ noch den Zeitablauf seit der Tat berücksichtigt. Fast 14 Jahre nach der Tat könne nicht mehr von einem grossen bis sehr grossen öffentlichen Interesse ausgegangen werden. Auch sei es willkürlich, wenn bezüglich Bewährung von B.A.________ erst auf die Zeit ab dem 23. September 2015 (Ablauf Bewährungsfrist) abgestellt werde. Die Zeit ab Tatbegehung müsse ebenfalls berücksichtigt werden. Ausserdem habe die Vorinstanz bei der Interessenabwägung nicht berücksichtigt, dass B.A.________ nach der Untersuchungshaft im Mai/Juni 2011 seine Lehre als Spengler erfolgreich abgeschlossen habe, ihm sein damaliger Arbeitgeber auch heute noch eine neue Anstellung als Spengler anbieten würde, er während rund drei Jahren freiwillig psychologische Betreuung in Anspruch genommen habe, die Genugtuungs- und Schadenersatzansprüche aus dem damaligen Strafverfahren vollständig beglichen habe und schuldenfrei sei. Damit seien Umstände zugunsten einer erfolgreichen Integration in der Schweiz nicht gewürdigt worden. Auch lasse die Vorinstanz unberücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin und B.A.________ bereits vor der Heirat während mehrerer Jahre ein Paar gewesen seien.
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5.2. Im vorinstanzlichen Urteil sind die letztgenannten Tatsachen betreffend die geltend gemachten, erfolgsversprechenden Integrationsaussichten nur als Position der Beschwerdeführerin wiedergegeben (E. 1.2 angefochtenes Urteil), aber anschliessend nicht in Abrede gestellt worden. Aus E. 5.1.4.3 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass B.A.________ über eine Berufsausbildung als Spengler verfügt. Demzufolge ist von den genannten Tatsachen auszugehen. Die Vorinstanz berücksichtigt diese jedoch nicht. Sie stellt auf die Bewährungsdauer ab, wobei sie diesbezüglich erst die Zeit ab dem 23. September 2015 (ab Ende der strafrechtlichen Bewährungsfrist nach bedingter Entlassung aus dem Strafvollzug) berücksichtigt. Unbestritten ist, dass B.A.________ zwei Mal aufgrund Suspendierung des Einreiseverbots ein je sechswöchiger Aufenthalt in der Schweiz ermöglicht und er sich nach Ablauf der Einreisesperre regelmässig während drei Monaten in der Schweiz aufgehalten hat. Während diesen Aufenthalten und seinem Aufenthalt in Nordmazedonien ist er straffrei geblieben. Negativ ins Gewicht fällt gemäss Ansicht der Vorinstanz, dass B.A.________ seit seiner Einreise in Nordmazedonien nie richtig habe Fuss fassen können. Soweit Arbeit vorhanden sei, arbeite er als Spengler, müsse aber von seiner in der Schweiz lebenden Familie und seiner Ehefrau finanziell unterstützt werden. Demnach habe er sich in seinem Heimatland wirtschaftlich und sozial nicht hinreichend bewährt, weshalb auch eine Integration in der Schweiz nicht problemlos möglich sei. Die eheliche Beziehung zu seiner Ehefrau wird dagegen als sehr stabil, intakt und eng und in diesem Sinne positiv gewürdigt und auch berücksichtigt, dass die entsprechende Beziehung bereits während sieben Jahren vor der Eheschliessung bestand. Das private Interesse der Ehegatten, in der Schweiz zusammen zu leben, wird deshalb als sehr gross qualifiziert. Die Vorinstanz kommt jedoch zum Schluss, dass eine Bewährungsfrist von knapp fünfeinhalb Jahren zu kurz sei, woran der Zeitpunkt der Tatbegehung im Jahre 2007 nichts ändere. Eine Verweigerung des Familiennachzugs sei erst ab Mitte 2023 nicht mehr gerechtfertigt.
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5.3. | |
5.3.1. Die Interessenabwägung der Vorinstanz erweist sich aus folgenden Gründen als konventions- und bundesrechtswidrig: Die massgebliche Straftat ereignete sich anlässlich eines Geplänkels zwischen verschiedenen Festbesuchern - welche unter anderem der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind - in dessen Rahmen B.A.________ mit einem Maurerhammer auf eine Person einschlug, welche lebensgefährliche Verletzungen davontrug (vgl. Urteil 6B_823/2010 vom 25. Januar 2011 E. 1.1). Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende Rechtsgutverletzung. Allerdings ist aufgrund der Umstände davon auszugehen, dass es sich bei dieser Straftat um einen einmaligen Vorgang handelte und B.A.________ aus der Sanktion seine Lehren gezogen hat. Dabei ist entgegen der Vorinstanz zu berücksichtigen, dass er zum Tatzeitpunkt erst 21 Jahre alt und noch entsprechend unreif war, sodass noch die Möglichkeit einer positiven zukünftigen Entwicklung bestand und besteht.
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5.3.2. Auch ist entgegen der Vorinstanz der seit der Tat verflossene Zeitraum zu berücksichtigen. Dieser beläuft sich zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils auf rund 14 Jahre und liegt damit deutlich über dem Zeitraum bei vergleichbaren bzw. entspricht dem Zeitraum bei gravierenderen Fällen (vgl. Urteile 2C_817/2012 vom 19. Februar 2013 E. 3.1/3.2.6 [8 Jahre, wobei nach 10 bis 11 Jahren mit einer Wiedererteilung der Aufenthaltsbewilligung zu rechnen sei]; 2C_935/2017 vom 17. Mai 2018 E. 5.1, 5.3 und 5.5.3 [7 Jahre seit massgeblicher Tat, wobei mit einer Wiedererteilung der Aufenthaltsbewilligung nach 9 Jahren zu rechnen sei]; Urteil 2C_299/2017 vom 11. Januar 2018 E. 4.5.2 [Verweigerung der Wiedererteilung 12 Jahre nach der letzten Straftat bei einer Freiheitsstrafe von acht Jahren; vgl. auch Urteil 2C_935/2017 vom 17. Mai 2018 E. 4.3.4]). Gemäss der Vorinstanz wäre gar erst ab Mitte 2023 mit einer Wiedererteilung der Aufenthaltsbewilligung zu rechnen (vgl. E. 5.4 angefochtenes Urteil), wodurch die Zeitspanne ab Tatzeitpunkt rund 16 Jahre betragen würde. B.A.________ wäre dann rund 37 Jahre alt. Damit schiesst die Vorinstanz über das Ziel hinaus.
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5.3.3. Die Vorinstanz misst dem Umstand, dass B.A.________ in Nordmazedonien bisher nicht richtig Fuss fassen konnte, grosses Gewicht zu, und schliesst daraus auf negative Integrationsaussichten in der Schweiz. Das greift zu kurz, insbesondere nachdem die Vorinstanz gleichzeitig feststellt, B.A.________ spreche nicht mazedonisch, nur mässig albanisch und seine Familie (Eltern, Geschwister, Ehefrau) lebe in der Schweiz (vgl. E. 5.1.4.3 angefochtenes Urteil). Bei dieser Ausgangslage ist angesichts des Umstandes, dass der Ehefrau die Ausreise nach Nordmazedonien nicht zumutbar ist, der Fokus darauf zu legen, wie die Chancen für eine erfolgreiche Integration von B.A.________ in der Schweiz stehen. Dazu hat sich die Vorinstanz nicht geäussert. Da B.A.________ in der Schweiz die Schulen besucht hat und sozialisiert wurde, hier eine Berufsausbildung (als Spengler) erworben hat und im Beruf tätig war, die finanziellen Folgen der massgeblichen Straftat abgetragen hat und in der Schweiz über ein tragfähiges, familiäres bzw. soziales Netz verfügt, bestehen jedenfalls gute Chancen für eine erfolgreiche Reintegration in der Schweiz. Das Rückfallrisiko ist deshalb unter Beachtung aller Umstände als gering einzustufen und die konkrete Bewährungsdauer erweist sich damit als angemessen. Eine bei dieser Ausgangslage wie von der Vorinstanz vorgenommene Ausrichtung auf eine Integration in Nordmazedonien trägt den spezifischen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts zu wenig Rechnung.
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5.3.4. Nachdem die Vorinstanz selbst davon ausgeht, dass das private Interesse der Ehegatten an einem Zusammenleben in der Schweiz sehr gross ist (vgl. E. 5.2.3 angefochtenes Urteil), überwiegt dieses das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung von B.A.________, welches sich aufgrund der konkretem Umstände nicht mehr als sehr gross erweist. Das vorinstanzliche Urteil verletzt damit das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV.
| 31 |
5.4. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Das Migrationsamt ist anzuweisen, B.A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
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6.
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Bei diesem Verfahrensausgang werden für das bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Zwecks Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen der kantonalen Rechtsmittelverfahren wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 67, Art. 68 Abs. 5 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 5. März 2021 wird aufgehoben. Das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau wird angewiesen, B.A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
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2.
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Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Der Kanton Aargau hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
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4.
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Die Sache wird zwecks Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen der kantonalen Rechtsmittelverfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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5.
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Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 6. Oktober 2021
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Quinto
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