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Informationen zum Dokument  BGer 2C_911/2021  Materielle Begründung
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BGer 2C_911/2021 vom 02.02.2022
 
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2C_911/2021
 
 
Urteil vom 2. Februar 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Bundesrichter Beusch,
 
Bundesrichterin Ryter,
 
Gerichtsschreiber Seiler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________ und B.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Gemeinde U.________,
 
Kantonale Steuerverwaltung Freiburg,
 
Rue Joseph-Piller 13, 1700 Freiburg.
 
Gegenstand
 
Liegenschafts- und Kirchensteuern des Kantons Freiburg, Steuerperioden 2015 - 2017,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
 
des Kantons Freiburg, Steuergerichtshof,
 
vom 7. Oktober 2021 (604 2021 25).
 
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
Die Gemeinde U.________/FR stellte B.A.________ und A.A.________ am 23. Juni 2016 (Steuerjahr 2015), am 15. Februar 2018 (Steuerjahr 2016) und am 26. März 2019 (Steuerjahr 2017) Gemeindesteuern (Einkommens- und Liegenschaftssteuern) und Kirchensteuern in Rechnung. Dagegen erhobene Einsprachen wies die Gemeinde mit Einspracheentscheid vom 25. Januar 2021 ab, soweit sich die Ehegatten A.________ gegen die Erhebung der Liegenschafts- und Kirchensteuern zur Wehr setzten. Im Übrigen trat die Gemeinde auf die Einsprache nicht ein. Gegen den Einspracheentscheid führten die Ehegatten A.________ Beschwerde beim Kantonsgericht Freiburg (Steuergerichtshof). Sodann stellten sie Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und den Ausstand des gesamten Steuergerichtshofs. Das Kantonsgericht wies diese Gesuche mit Zwischenentscheiden vom 11. März 2021 betreffend unentgeltliche Rechtspflege und vom 30. Juni 2021 betreffend Ausstand ab. Diese Zwischenentscheide wurden von den Ehegatten A.________ nicht angefochten. Mit Urteil vom 7. Oktober 2021 wies das Kantonsgericht die Beschwerde der Ehegatten A.________ ab. Dagegen erheben die Ehegatten A.________ mit Schreiben vom 14. November 2021 Beschwerde beim Bundesgericht.
 
 
2.
 
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid einer oberen kantonalen Instanz in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Die weiteren Eintretensvoraussetzungen (Art. 42, Art. 89 Abs. 1 und Art. 100 Abs. 1 BGG) geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
 
 
3.
 
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Liegenschafts- und Kirchensteuern für die Steuerperioden 2015-2017. Die Beschwerdeführer stellen vor Bundesgericht zahlreiche Anträge, die über diesen Streitgegenstand hinausgehen (u.a. Einrichtung einer "neutralen Steueraufsicht" über die Gemeinde, Angleichung der Steuersätze für natürliche und juristische Personen auf dem Gemeindegebiet, Opferentschädigungsforderungen für erlittenen Vandalismus). Der Streitgegenstand kann im Laufe des Rechtsmittelverfahrens jedoch nur eingeschränkt (minus), nicht aber ausgeweitet (plus) oder geändert (aliud) werden (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.1). Auf diese Anträge ist dementsprechend nicht einzutreten. Dasselbe gilt, soweit die Beschwerdeführer geltend machen, Mitglieder der Vorinstanz seien befangen gewesen. Insoweit hätten sie bereits den separaten Zwischenentscheid der Vorinstanz vom 30. Juni 2021 über den Ausstand der Gerichtsmitglieder anfechten müssen (Art. 92 Abs. 2 BGG). Anders verhält es sich in Bezug auf die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege, welche die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechten können (Art. 93 Abs. 3 BGG).
 
 
4.
 
Die Beschwerdeführer rügen, die Vorinstanz habe Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 29 Abs. 4 der Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai 2004 (KV/FR; SR 131.219) verletzt, indem sie ihnen die unentgeltliche Rechtspflege verweigert habe. Zudem beantragen sie sinngemäss die unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht.
 
4.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 29 Abs. 4 KV/FR steht der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege unter der Bedingung, dass das Rechtsbegehren der bedürftigen Partei nicht als aussichtslos erscheint. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Begehren als aussichtslos anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie - zumindest vorläufig - nichts kostet. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Prozessaussichten, wobei die Verhältnisse im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs massgebend sind (BGE 142 III 138 E. 5.1; 139 III 475 E. 2.2; 138 III 217 E. 2.2.4; Urteil 2C_1020/2019 vom 31. März 2020 E. 3.2).
 
4.2. Die Vorinstanz hat das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege unter anderem deshalb abgewiesen, weil sie das Begehren der Beschwerdeführer für aussichtslos hielt. Die Beschwerdeführer bringen nichts vor, was die Beurteilung der Prozesschancen durch die Vorinstanz als unrichtig erscheinen liesse.
 
 
5.
 
Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, die Gemeinde habe die Einspracheverfahren verzögert, ist ihnen mit der Vorinstanz entgegen zu halten, dass sie sich gegenüber der Gemeinde nie nach dem Stand der Verfahren erkundigt und sich auch nie über die lange Verfahrensdauer beschwert haben. Die Beschwerdeführer haben sich die lange Verfahrensdauer somit zumindest zum Teil selbst zuzuschreiben. Die Zinsfolgen, die sich aus der langen Verfahrensdauer ergeben, hätten die Beschwerdeführer vermeiden können, indem sie die in Rechnung gestellten Steuern provisorisch und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt hätten. Sofern die Rüge der Verletzung des Beschleunigungsgebots (Art. 29 Abs. 1 BV) den gesteigerten Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG überhaupt gerecht wird, ist sie also unbegründet.
 
 
6.
 
In Bezug auf die Liegenschaftssteuer rügen die Beschwerdeführer, diese Steuer sei fakultativ. Wenn diese Steuer bei ihnen, nicht aber auf anderen Liegenschaften wie etwa jenen der reformierten Kirche erhoben werde, stelle dies eine Verletzung der Rechtsgleichheit dar.
 
Es ist zweifelhaft, ob die Rüge der Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots (Art. 8 BV) den gesteigerten Anforderungen für Verfassungsrügen nach Art. 106 Abs. 2 BGG gerecht wird. Jedenfalls ist sie offensichtlich unbegründet. Die Liegenschaftssteuer nach Art. 13 des Gesetzes über die Gemeindesteuern des Kantons Freiburg vom 10. Mai 1963 (GStG/FR; SGF 632.1) ist nur in dem Sinne fakultativ, als der Kanton es den Gemeinden freistellt, ob sie eine solche Steuer erheben wollen. Entschliesst sich eine Gemeinde, eine solche Steuer zu erheben, muss sie den Kreis der steuerpflichtigen Personen im Einklang mit den bundes- und kantonalrechtlichen Vorgaben ziehen. Nach Art. 2 Abs. 1 GStG/FR zieht die Befreiung von der Kantonssteuer grundsätzlich die Befreiung von der Gemeindesteuer - und damit von der Liegenschaftssteuer - nach sich. Einige der juristischen Personen, die von der Kantonssteuer befreit sind (vgl. Art. 16 und 97 des Gesetzes über die direkten Kantonssteuern des Kantons Freiburg vom 6. Juni 2000 [DStG/FR; SGF 631.1]), unterliegen jedoch ganz oder teilweise der Liegenschaftssteuer (vgl. Art. 2 Abs. 2-5 GStG/FR). Es ist daher fraglich, inwieweit juristische Personen in Bezug auf die Liegenschaftssteuer effektiv anders behandelt werden als die Beschwerdeführer. Auf jeden Fall ist die Situation der Beschwerdeführer aber nicht vergleichbar mit derjenigen einer juristischen Person, die nach Art. 97 DStG/FR aufgrund ihres Zwecks oder ihrer Natur von der Steuer befreit ist.
 
 
7.
 
In Bezug auf die Kirchensteuern machen die Beschwerdeführer geltend, dass sie in den betroffenen Steuerperioden nicht der protestantisch reformierten Kirche respektive der römisch katholischen Kirche angehört hätten. Die entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz seien unrichtig. Zudem verletze die Erhebung von Kirchensteuern bei ihnen die verfassungsmässig garantierte Glaubens- und Religionsfreiheit (Art. 15 BV; Art. 15 KV/FR). Schliesslich sei auch die Rechtsgleichheit verletzt, wenn die Beschwerdeführer Kirchensteuern entrichten müssen, während die "B.________" gemäss einem aktuellen Urteil der Vorinstanz hiervon befreit seien.
 
7.1. Für die Kirchensteuerpflicht ist entscheidend, ob die Beschwerdeführer im streitbetroffenen Zeitraum der Konfession einer anerkannten Kirche angehörten (vgl. Art. 13 Abs. 1 und 2 lit. a des Gesetzes über die Beziehungen zwischen den Kirchen und dem Staat des Kantons Freiburg vom 26. September 1990 [KSG/FR; SGF 190.1]). Die Bedingungen der Zugehörigkeit und die Modalitäten des Austritts werden - unter Vorbehalt anderslautender Bestimmungen des Bundesrechts (Art. 49 BV) - durch das jeweilige Kirchenstatut geregelt (Art. 9 KSG/FR).
 
7.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Beschwerdeführer nicht bestritten hätten, in den Steuerjahren 2015 bis 2017 der römisch-katholischen respektive der evangelisch-reformierten Kirche angehört zu haben und der Austritt des Beschwerdeführers aus der römisch-katholischen Kirche aktenkundig erst am 27. Dezember 2018 erklärt worden sei.
 
7.3. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich, es sei denn, sie wäre offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Die Beschwerdeführer machen geltend, in ihren Steuererklärungen für die streitbetroffenen Steuerperioden ihren Status mit "konfessionslos" bzw. "andere" beschrieben zu haben. Damit ist aber nicht belegt, dass die Beschwerdeführer im relevanten Zeitraum tatsächlich nicht (mehr) der römisch-katholischen respektive der evangelisch-reformierten Kirche angehörten und deshalb keiner Kirchensteuerpflicht unterlagen. Dafür hätten die Beschwerdeführer vielmehr aufzeigen müssen, dass sie nach dem jeweiligen Kirchenstatut der betreffenden Kirche entweder niemals angehört hatten oder rechtzeitig und unter Einhaltung der formellen Anforderungen (vgl. Art. 8 ff. des Statuts der katholischen kirchlichen Körperschaften des Kantons Freiburg vom 14. Dezember 1996 [SGF 191.0.11]; Art. 12 der Kirchenverfassung der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Freiburg vom 1. Januar 1998 [SGF 192.11]) aus der Kirche ausgetreten waren. Dies gelingt den Beschwerdeführern offensichtlich nicht.
 
7.4. Die Beschwerdeführer meinen, die Konfessionszugehörigkeit hänge davon ab, ob man einen Mitgliedsvertrag mit der Kirche geschlossen habe. Ob diese Ansicht zutrifft, ist zumindest zweifelhaft. Jedenfalls handelt es sich bei den Voraussetzungen der Konfessionszugehörigkeit aber um kantonales Recht (vgl. oben E. 7.1), dessen Verletzung das Bundesgericht nach Art. 95 BGG nicht frei, sondern nur in Zusammenhang mit Verletzungen des Bundesrechts (insb. Willkürverbot gem. Art. 9 BV) und verfassungsmässigen Rechten überprüfen kann, wobei für Verfassungsrügen die gesteigerten Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG gelten. Inwiefern Bundesrecht oder verfassungsmässige Rechte verletzt werden sollen, wenn für die Konfessionszugehörigkeit kein Mitgliedschaftsvertrag vorausgesetzt wird, erklären die Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht ersichtlich. Weiterungen hierzu erübrigen sich.
 
7.5. Die Rüge der Verletzung der Glaubens- und Religionsfreiheit (Art. 15 BV; Art. 15 KV/FR) begründen die Beschwerdeführer nicht näher. Diese Rüge genügt den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG folglich nicht und ist nicht zu hören.
 
7.6. Offensichtlich unbegründet ist schliesslich die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV). Das von den Beschwerdeführern angeführte Urteil der Vorinstanz betraf die Befreiung eines Vereins von den Gewinn- und Kapitalsteuern des Bundes und des Kantons aufgrund des gemeinnützigen Zwecks des Vereins (vgl. Urteil des Kantonsgerichts Freiburg 604 2014 107 und 604 2014 108 vom 15. März 2016). Es erschliesst sich dem Bundesgericht nicht, inwiefern die Situation der Beschwerdeführer mit der Situation dieses Vereins vergleichbar sein soll.
 
 
8.
 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit die gestellten Anträge überhaupt zulässig sind. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das (sinngemässe) Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht des Kantons Freiburg, Steuergerichtshof, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 2. Februar 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler
 
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