BGer 6B_1415/2021 | |||
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BGer 6B_1415/2021 vom 09.03.2022 | |
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6B_1415/2021 |
Urteil vom 9. März 2022 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
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Bundesrichterin van de Graaf,
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nebenamtlicher Bundesrichter Kölz,
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Gerichtsschreiberin Rohrer.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Statthalteramt des Bezirks Dietikon,
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Bahnhofplatz 10, Postfach, 8953 Dietikon,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Einsprache gegen Strafbefehl; Rückzug; Nichteintreten auf Beschwerde,
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Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 11. November 2021 (UH210383-O/U/HON).
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Erwägungen: | |
1.
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Mit Strafbefehl vom 21. Juni 2021 auferlegte das Statthalteramt des Bezirks Dietikon A.________ wegen unrechtmässigen Erwirkens wirtschaftlicher Hilfe in Anwendung von § 48a Abs. 1 und § 18 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14. Juni 1981 (LS 851.1) eine Busse von Fr. 2'000.--. Gegen diesen Strafbefehl erhob der Verteidiger von A.________ Einsprache. Mit Verfügung vom 13. September 2021 stellte das Statthalteramt fest, dass der Strafbefehl vom 21. Juni 2021 rechtskräftig sei, da A.________ trotz Vorladung nicht zum Einvernahmetermin vom 1. September 2021 erschienen sei und seine Einsprache deshalb als zurückgezogen gelte. Auf die vom Verteidiger von A.________ dagegen erhobene Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Verfügung vom 11. November 2021 wegen Verspätung nicht ein.
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A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, die Verfügung des Obergerichts vom 11. November 2021 sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Weiter sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren zu gewähren.
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2.
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Beschwerden an das Bundesgericht sind hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann. Dafür muss in der Beschwerdeschrift unter Bezugnahme auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt werden, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 140 III 115 E. 2 S. 116, 86 E. 2 S. 89; 134 II 244 E. 2.1).
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Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist nach Art. 80 BGG der Nichteintretensentscheid des Obergerichts vom 11. November 2021. Dagegen ist die Beschwerde von vornherein unzulässig, soweit sie sich gegen den Strafbefehl des Statthalteramts vom 21. Juni 2021 und die Verfügung vom 13. September 2021 richtet. Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner Strafbarkeit und zu seinem Nichterscheinen zum Einvernahmetermin vom 1. September 2021 ist nicht einzugehen.
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3. | |
3.1. Die Vorinstanz begründet das Nichteintreten auf die Beschwerde zusammengefasst damit, die Verfügung des Statthalteramts vom 13. September 2021 sei mit eingeschriebener Post an den Verteidiger des Beschwerdeführers gesandt und diesem am 16. September 2021 zur Abholung (innert sieben Tagen) bis zum 23. September 2021 gemeldet worden. Sie gelte damit gemäss Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO als am 23. September 2021 zugestellt, da der Verteidiger des Beschwerdeführers mit einer Zustellung habe rechnen müssen, und zwar unabhängig davon, dass die Aufbewahrungsfrist der Post vom Verteidiger bis am 14. Oktober 2021 verlängert worden sei. Die Beschwerdefrist habe somit am 24. September 2021 zu laufen begonnen und am 4. Oktober 2021 geendet, womit sich die Beschwerde vom 22. Oktober 2021 als verspätet erweise.
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3.2. Dieser Entscheid ist nicht zu beanstanden.
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Der Beschwerdeführer hatte im kantonalen Verfahren B.________ als Verteidiger beigezogen. Insofern war das Statthalteramt gehalten, seine Verfügung vom 13. September 2021 in Nachachtung von Art. 87 Abs. 3 StPO an B.________ zuzustellen. Daran ändert nichts, dass dieser nicht als Rechtsanwalt zugelassen, sondern - wie in der Beschwerde geltend gemacht wird - juristischer Laie ist. § 11 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes des Kantons Zürich vom 17. November 2003 (LS 215.1) nimmt die nicht berufsmässige Verteidigung im Übertretungsstrafverfahren - wie in Art. 127 Abs. 5 StPO vorbehalten - vom Anwaltsmonopol aus.
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Im Übrigen ist die Zustellung durch eingeschriebene Postsendung nicht zu beanstanden (Art. 85 Abs. 2 StPO). Entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers war eine Zustellung mittels Gerichtsurkunde nicht erforderlich.
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Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat eine Verlängerung der postalischen Abholfrist sodann keinen Einfluss auf den Eintritt der Zustellfiktion gemäss Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO (so etwa Urteile 6B_1430/2020 vom 15. Juli 2021 E. 1.3; 6F_35/2020 vom 1. Februar 2021 E. 3; 6B_302/2020 vom 25. Juni 2020 E. 5.2; 6B_28/2020 vom 1. April 2020 E. 4, teils mit weiteren Hinweisen). Dass aus der Abholeinladung nicht ersichtlich war, um was für eine Sendung es sich konkret handelte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beschwerdefrist begann mit der Vorinstanz am 24. September 2021 zu laufen und endete am 4. Oktober 2021. Die am 22. Oktober 2021 der Post übergebene Eingabe des Verteidigers war damit verspätet. Das Fristversäumnis durch seinen Verteidiger wird dem Beschwerdeführer zugerechnet (siehe BGE 143 I 284 E. 1.3). Dass dem Verteidiger die Regel von Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO nicht bekannt gewesen sein mag, ist unerheblich (siehe Urteile 6B_1430/2020 vom 15. Juli 2021 E. 1.3; 6B_28/2020 vom 1. April 2020 E. 4).
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Von vornherein ohne Belang ist unter diesen Umständen, dass die Sendung letztlich nicht am 14. Oktober 2021, sondern erst am 15. Oktober 2021 abgeholt wurde.
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3.3. Die Vorinstanz ist auf das kantonale Rechtsmittel zu Recht nicht eingetreten und musste die darin aufgeworfenen Fragen des Beschwerdeführers daher nicht materiell prüfen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wie sie der Beschwerdeführer sinngemäss geltend macht, liegt nicht vor.
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4.
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Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und daher im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteienund dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. März 2022
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
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Die Gerichtsschreiberin: Rohrer
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