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Informationen zum Dokument  BGer 2C_1032/2021  Materielle Begründung
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BGer 2C_1032/2021 vom 14.03.2022
 
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2C_1032/2021
 
 
Urteil vom 14. März 2022
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Bundesrichterin Ryter,
 
Gerichtsschreiber Zollinger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.A.________,
 
handelnd durch seine Eltern B.A.________ und C.A.________,
 
2. D.D.________,
 
handelnd durch seine Mutter E.D.________,
 
3. F.F.________,
 
handelnd durch ihre Eltern G.F.________ und H.F.________,
 
4. I.I.________,
 
handelnd durch seine Mutter J.I.________,
 
5. K.K.________,
 
handelnd durch seine Eltern L.K.________ und M.K.________,
 
6. N.N.________,
 
handelnd durch seine Eltern O.N.________ und P.N.________,
 
7. Q.Q.________,
 
handelnd durch ihre Eltern R.Q.________ und S.Q.________,
 
8. T.T.________,
 
handelnd durch ihre Mutter A1.T.________,
 
9. B.B1.________,
 
handelnd durch ihre Eltern C1.B1.________ und D1.B1.________,
 
10. E.E1.________,
 
handelnd durch seine Mutter F1.E1.________,
 
11. G.G1.________,
 
handelnd durch seine Mutter H1.G1.________,
 
12. I.I1.________,
 
handelnd durch seine Eltern J1.I1.________ und K1.I1.________,
 
13. L.L1.________,
 
handelnd durch ihre Mutter M1.L1.________,
 
14. N.N1.________,
 
handelnd durch ihre Eltern O1.N1.________ und P1.N1.________,
 
15. Q.Q1.________,
 
handelnd durch seine Mutter R1.Q1.________,
 
16. S.S1.________,
 
handelnd durch seinen Vater T1.S1.________,
 
17. A.A2.________,
 
handelnd durch ihren Vater B2.A2.________,
 
Beschwerdeführer,
 
alle vertreten durch Fürsprecher Philipp Kruse,
 
gegen
 
Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 18, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Maskentragpflicht 5. und 6 Primarschulstufe,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 3. November 2021 (7H 21 160).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
Am 17. März 2021 erliess die Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern das "Rahmenschutzkonzept Volksschulen" in der Version Nr. 9. Darin wurde einleitend festgehalten, dass dieses Rahmenschutzkonzept für den Unterricht an den Volksschulen vorgebe, was in den Schulen beachtet werden müsse. Die Schulleitungen seien für die Umsetzung des Schutzkonzepts verantwortlich und erliessen wo nötig lokale Vorschriften zum Betrieb. Ziffer 1.1 des Konzepts sah alsdann vor, dass ab der 5. Primarklasse und in der Sekundarschule für die Schülerinnen und Schüler im Schulhaus - auch im Unterricht - eine Maskentragpflicht gelte. Die Maskentragpflicht betreffe im Grundsatz ebenfalls den regulär stattfindenden Sport- (Ziffer 6.2) und Musikunterricht (Ziffer 6.3) sowie die Tagesstrukturen (Ziffer 7).
2
B.
3
Mit Eingabe vom 19. April 2021 erhoben 28 Schülerinnen und Schüler mit Jahrgang von 2008 bis 2014 Verwaltungsbeschwerde beim Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern. Sie beantragten unter anderem, dass die im Rahmenschutzkonzept bezeichnete Maskentragpflicht für Primarschülerinnen und -schüler mangels Zuständigkeit der Dienststelle Volksschulbildung zum Erlass eigenständiger Massnahmen gemäss Art. 40 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) sowie infolge Verfassungswidrigkeit dieser Massnahmen ersatzlos und unverzüglich aufzuheben sei. Auf die Verwaltungsbeschwerde trat das Bildungs- und Kulturdepartement mit Entscheid vom 9. Juni 2021 nicht ein.
4
Gegen den Nichteintretensentscheid vom 9. Juni 2021 liessen A.A.________, D.D.________, F.F.________, I.I.________, K.K.________, N.N.________, Q.Q.________, T.T.________, B.B1.________, E.E1.________, G.G1.________, I.I1.________, L.L1.________, N.N1.________, Q.Q1.________, S.S1.________ und A.A2.________ sowie weitere zehn Schülerinnen und Schüler, gesetzlich vertreten durch deren Eltern oder Elternteile, am 12. Juli 2021 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern erheben. Das Verwaltungsgericht wies die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Urteil vom 3. November 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung erwog es im Wesentlichen, beim "Rahmenschutzkonzept Volksschulen" handle es sich um eine Verwaltungsverordnung ohne unmittelbare Aussenwirkung. Mit Blick auf die mittelbaren Aussenwirkungen sei es den betroffenen Personen möglich und zumutbar, die kritisierte Maskentragpflicht im Rahmen einer anfechtbaren Verfügung überprüfen zu lassen. Das Bildungs- und Kulturdepartement sei zu Recht auf die Verwaltungsbeschwerde nicht eingetreten.
5
C.
6
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Dezember 2021 gelangen A.A.________, D.D.________, F.F.________, I.I.________, K.K.________, N.N.________, Q.Q.________, T.T.________, B.B1.________, E.E1.________, G.G1.________, I.I1.________, L.L1.________, N.N1.________, Q.Q1.________, S.S1.________ und A.A2.________, gesetzlich vertreten durch deren Eltern oder Elternteile, an das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Urteils vom 3. November 2021. Es seien die im bezeichneten Rahmenschutzkonzept Nr. 9 verfügten Anordnungen bezüglich Maskenpflicht von Kindern in der 5. und 6. Primarschulstufe (Ziffern 1.1, 6.2, 6.3 und 7 des Konzepts) mangels Zuständigkeit der Dienststelle Volksschulbildung zum Erlass kantonal eigenständiger Massnahmen gemäss Art. 40 EpG für nichtig zu erklären. Es sei die im bezeichneten Rahmenschutzkonzept Nr. 9 angeordnete Maskenpflicht für Kinder in der 5. und 6. Primarschulstufe (Ziffern 1.1, 6.2, 6.3 und 7 des Konzepts) für rechts- respektive verfassungswidrig zu erklären.
7
Während das Bildungs- und Kulturdepartement sowie die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde beantragen, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. Die Beschwerdeführer replizieren mit Eingabe vom 3. Februar 2022.
8
 
Erwägungen:
 
1.
9
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 146 II 276 E. 1; 141 II 113 E. 1).
10
1.1. Die frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eingereichte Eingabe betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) und richtet sich gegen ein kantonal letztinstanzliches (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), verfahrensabschliessendes (Art. 90 BGG) Urteil eines oberen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG). Das Rechtsmittel ist als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, da kein Ausschlussgrund vorliegt (Art. 83 BGG). Die Beschwerdeführer, gesetzlich vertreten durch die Inhaber der elterlichen Sorge (vgl. Art. 304 Abs. 1 ZGB), sind bereits im vorinstanzlichen Verfahren als Parteien beteiligt gewesen und durch das angefochtene Urteil, das den Nichteintretensentscheid des Bildungs- und Kulturdepartements vom 9. Juni 2021 bestätigt, besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 lit. a und lit. b BGG).
11
1.2. Fraglich ist, ob die Beschwerdeführer in der vorliegenden Angelegenheit an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils noch ein schutzwürdiges Interesse haben (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG).
12
1.2.1. Das schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn die beschwerdeführende Person mit ihrem Anliegen obsiegt und dadurch ihre tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann. Das Rechtsschutzinteresse muss daher grundsätzlich aktuell sein. Das gilt auch für die abstrakte Normenkontrolle. Am aktuellen Rechtsschutzinteresse fehlt es, wenn der angefochtene Erlass inzwischen aufgehoben worden ist. Ausnahmsweise tritt das Bundesgericht unter Verzicht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses auf eine Beschwerde ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. BGE 147 I 478 E. 2.2; 146 II 335 E. 1.3; 139 I 206 E. 1.1).
13
Fällt das schutzwürdige Interesse im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt. Hat es bereits bei der Beschwerdeeinreichung gefehlt, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 137 I 23 E. 1.3.1).
14
1.2.2. Vorliegend beurteilte die Vorinstanz am 3. November 2021 einen Nichteintretensentscheid des Bildungs- und Kulturdepartements vom 9. Juni 2021. Der Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens beschränkte sich folglich auf die Eintretensfrage (vgl. E. 1 des angefochtenen Urteils; vgl. auch Urteile 2C_887/2017 vom 23. März 2021 E. 3; 2C_1036/2019 vom 19. Dezember 2019 E. 2.2; 1C_227/2018 vom 25. Januar 2019 E. 1.1). Die Vorinstanz bestätigte den Nichteintretensentscheid des Departements und wies die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit sie darauf eintrat. Sie erwog hierbei im Wesentlichen, es bestehe kein Anfechtungsobjekt, da das Rahmenschutzkonzept lediglich eine Verwaltungsverordnung sei, die sich an die Schulleitungen und an die Bildungskommissionen richte. Das Konzept entfalte bloss mittelbar eine Aussenwirkung (vgl. E. 6 des angefochtenen Urteils).
15
Die Maskentragpflicht an den Luzerner Primarschulen wurde per 2. Februar 2022 - mithin nach der Einreichung des bundesgerichtlichen Rechtsmittels - aufgehoben (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG). Damit sind die vorliegend umstrittenen Ziffern des Rahmenschutzkonzepts, die die Maskentragpflicht betreffen, mittlerweile nicht mehr wirksam. Die Beschwerdeführer haben demzufolge an der Beurteilung der Angelegenheit kein aktuelles Rechtsschutzinteresse mehr.
16
1.2.3. Zu prüfen bliebt, ob die Voraussetzungen vorliegen, damit auf das Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses ausnahmsweise verzichtet werden kann.
17
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eingehend geklärt ist, unter welchen Umständen eine Verwaltungsverordnung abstrakt angefochten werden kann und unter welchen Voraussetzungen auf ein Rechtsmittel gegen eine Verwaltungsverordnung im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle einzutreten ist (zur ständigen Rechtsprechung vgl. BGE 136 II 415 E. 1.1; vgl. zuletzt Urteil 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 1.5, nicht publ. in: BGE 147 I 150). Soweit die vorinstanzlich massgebende Eintretensfrage betreffend, stellen sich vorliegend keine Fragen, deren rechtzeitige Beantwortung im Einzelfall kaum je möglich wäre. Ausserdem fehlt es der vorliegenden Angelegenheit mit Blick auf die vorinstanzlich zu klärende Eintretensfrage an grundsätzlicher Bedeutung.
18
Sodann hat sich das Bundesgericht in materieller Hinsicht bereits einlässlich mit der Thematik der Maskentragpflicht an der Primarschule im Frühjahr 2021 befasst (vgl. Urteile 2C_183/2021 vom 23. November 2021, zur Publikation vorgesehen; 2C_228/2021 vom 23. November 2021). Es erwog unter anderem, dass die Maskentragpflicht ab dem 5. Schuljahr an der Primarschule angesichts der im massgebenden Zeitpunkt bestehenden Unsicherheiten über die Gefährlichkeit der neuen Virusvarianten und mit Blick auf das Ermessen, das den Behörden zukommt, gerechtfertigt und verhältnismässig war (vgl. Urteil 2C_183/2021 vom 23. November 2021 E. 7.4, zur Publikation vorgesehen). Insofern bestehen im Zusammenhang mit der materiellen Kritik der Beschwerdeführer an der Maskentragpflicht ab dem 5. Schuljahr an der Primarschule im Frühjahr 2021 keine Fragen (mehr), deren Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse läge.
19
Vor diesem Hintergrund besteht in der vorliegenden Angelegenheit keine Veranlassung, auf das Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses ausnahmsweise zu verzichten.
20
1.3. Da das aktuelle Rechtsschutzinteresse während des hängigen bundesgerichtlichen Verfahrens entfallen und auf dieses Erfordernis vorliegend nicht zu verzichten ist, fehlt es den Beschwerdeführern somit am schutzwürdigen Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheit ist als erledigt zu erklären.
21
Soweit die Beschwerdeführer "im Sinne einer Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 BGG" die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten rügen, wird weder dargetan noch ist im Lichte des bereits Dargelegten ersichtlich, weshalb ihnen noch ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils zukommt (Art. 115 lit. b BGG). Soweit die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt wären, ist auch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als erledigt zu erklären.
22
2.
23
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sind infolge Wegfalls des schutzwürdigen respektive rechtlich geschützten Interesses als gegenstandslos abzuschreiben.
24
2.1. Erklärt das Bundesgericht einen Rechtsstreit als erledigt, entscheidet es mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrunds (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP). Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen (vgl. BGE 142 V 551 E. 8.2; 125 V 373 E. 2a).
25
2.2. Angesichts der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Maskentragpflicht an der Primarschule im Frühjahr 2021 (vgl. Urteile 2C_183/2021 vom 23. November 2021, zur Publikation vorgesehen; 2C_228/2021 vom 23. November 2021) ist mutmasslich davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren unterlegen wären. Somit tragen die gesetzlichen Vertreter im Sinne von Art. 304 Abs. 1 ZGB der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).
26
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
2.
 
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den gesetzlichen Vertretern der Beschwerdeführer zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. März 2022
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger
 
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