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Informationen zum Dokument  BGer 1B_129/2022  Materielle Begründung
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BGer 1B_129/2022 vom 29.03.2022
 
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1B_129/2022
 
 
Urteil vom 29. März 2022
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiberin Sauthier.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland,
 
Büro B-8, Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster.
 
Gegenstand
 
Strafverfahren; Verlängerung der Sicherheitshaft,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 8. Februar 2022 (UB220013-O/U/AHA).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland führte gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen gewerbsmässigen Diebstahls und weiterer Delikte. A.________ wurde am 17. Dezember 2019 verhaftet und am 20. Dezember 2019 vom Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Uster in Untersuchungshaft versetzt. Das Zwangsmassnahmengericht verlängerte die Haft in der Folge mehrmals. Gegen die angeordnete Verlängerung der Untersuchungshaft bis zum 16. Dezember 2020 führte A.________ Beschwerde bis an das Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde am 18. November 2020 ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 1B_560/2020).
2
Am 29. März 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen A.________ beim Bezirksgericht Uster und beantragte gleichzeitig die Anordnung von Sicherheitshaft. Mit Verfügung vom 7. April 2021 versetzte das Zwangsmassnahmengericht A.________ bis zum 30. September 2021 in Sicherheitshaft. Mit Verfügung vom 14. September 2021 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Sicherheitshaft bis zum 13. März 2022. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Zürich am 5. Oktober 2021 teilweise gut und befristete die Sicherheitshaft bis zum 13. Januar 2022. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil 1B_571/2021 vom 10. November 2021 ab, soweit es darauf eintrat.
3
Mit Verfügung vom 12. Januar 2022 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Sicherheitshaft bis zum 20. Mai 2022 (Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht). Dagegen erhob A.________ am 20. Januar 2022 persönlich Beschwerde, welche die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Beschluss vom 8. Februar 2022 abwies.
4
B.
5
Mit Eingabe vom 7. März 2022 führt A.________ selbstständig Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und ersucht um Entlassung aus der Sicherheitshaft, allenfalls unter Anordnung von Ersatzmassnahmen.
6
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft liess sich nicht vernehmen.
7
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über die Verlängerung von Sicherheitshaft nach Anklageerhebung (Art. 220 Abs. 2 StPO). Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG gegeben. Der Beschwerdeführer nahm am Verfahren vor der Vorinstanz teil und befindet sich nach wie vor in Haft. Er ist deshalb nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde, unter Vorbehalt der nachstehenden Erwägung, grundsätzlich einzutreten.
8
1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Präsident der III. Strafkammer des Obergerichts Zürich sei an allen Verfügungen und Beschlüssen beteiligt. Es sei nicht realistisch, dass er alle Eingaben lese und mitentscheide. Dies erwecke den Eindruck, es würden "ohne Vorbehalt mit copy/paste einfach die Argumente der Vorinstanz und der Staatsanwälte" übernommen. Soweit der Beschwerdeführer damit sinngemäss ein Ausstandsgesuch stellt, ist darauf nicht einzutreten. Streitgegenstand ist vorliegend einzig die angeordnete Verlängerung der Sicherheitshaft.
9
2.
10
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Vorinstanz habe zu Unrecht den dringenden Tatverdacht (Art. 221 Abs. 1 StPO) und die Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) bejaht.
11
2.1. Das Bundesgericht hat die Anforderungen an den dringenden Tatverdacht im den Beschwerdeführer betreffenden Urteil 1B_560/2020 erläutert (E. 3). Darauf kann, wie bereits im den Beschwerdeführer betreffenden Urteil 1B_571/2021 ausgeführt (E. 2.1), in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (vgl. E. 3b des angefochtenen Entscheids) verwiesen werden. An dieser Beurteilung ändert die blosse Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich zum Zeitpunkt der mutmasslich deliktischen Handlungen nicht in der Schweiz aufgehalten, nichts. Damit vermag er die Rechtswidrigkeit der Bejahung eines dringenden Tatverdachts angesichts der vorhandenen DNA-Spuren, die dem Beschwerdeführer als Spurenverursacher zugeordnet werden konnten (vgl. Urteil 1B_560/2020 vom 18. November 2020 E. 3.2), nicht aufzuzeigen.
12
2.2. Hinsichtlich der Fluchtgefahr kann vorweg ebenfalls auf die beiden Urteile 1B_571/2021 und 1B_560/2020 verwiesen werden. Aus den vom Beschwerdeführer bereits im Beschwerdeverfahren 1B_571/2021 vorgebrachten Rügen bezüglich des besonderen Haftgrundes ergibt sich nicht, dass die Vorinstanz rechtswidrig von einer grossen Gefahr ausgegangen sei, er könnte fliehen. Seine erneute Kritik im Zusammenhang mit den von ihm bisher nicht vorgelegten Adressen seiner Schwester bzw. von anderen Personen, bei welchen er bei einer Haftentlassung angeblich wohnen könnte, vermag die betreffenden Erwägungen des Bundesgerichts, auf welche die Vorinstanz verwiesen hat (vgl. E. 3c des angefochtenen Entscheids), nicht in Frage zu stellen. Die Sachlage hat sich seit Ergehen des bundesgerichtlichen Entscheids 1B_571/2021 nicht zu seinen Gunsten geändert. Wenn die Vorinstanz weiterhin von einer grossen Fluchtgefahr ausgegangen ist, welcher durch Ersatzmassnahmen nicht begegnet werden kann, ist dies nicht zu beanstanden.
13
 
3.
 
3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet sodann erneut die Verhältnismässigkeit der Haft. Er macht wiederum geltend, es sei nicht "gerecht und plausibel", dass die Vorinstanz die Sicherheitshaft als verhältnismässig erachte, nur weil die Staatsanwaltschaft sieben Jahre Freiheitsstrafe beantrage.
14
3.2. Damit vermag der Beschwerdeführer allerdings nicht konkret aufzuzeigen, inwiefern die Bejahung der Verhältnismässigkeit der Haft und die Verweigerung von Ersatzmassnahmen in rechtswidriger Weise erfolgt sein sollte. Wie bereits im ihn betreffenden Urteil 1B_571/2021 festgehalten (E. 3.3), erweist sich die bisher erstandene Haft von unterdessen knapp 27 Monaten unter Berücksichtigung der ihm vorgeworfenen Straftaten, insbesondere des sehr hohen Deliktsbetrags von fast einer halben Million Franken und der damit zu erwartenden empfindlichen Strafe, noch nicht als unverhältnismässig lange. Sie ist denn auch noch nicht in grosse Nähe der im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wegen gewerbsmässigen Diebstahls und weiterer Delikte konkret zu erwartenden Freiheitsstrafe gerückt.
15
 
4.
 
4.1. Mit Verfügung vom 7. Januar 2022 hat das Bezirksgericht auf den 20. Mai 2022 zur Hauptverhandlung vorgeladen. Diese wird damit, entgegen der klaren Aufforderung des Bundesgerichts im den Beschwerdeführer betreffenden Urteil 1B_571/2021 vom 10. November 2021 E. 4.2, nicht mehr im 1. Quartal von 2022 stattfinden. Die Vorinstanz setzt sich im angefochtenen Entscheid nicht mit dieser bundesgerichtlichen Aufforderung auseinander und begründet auch nicht, weshalb es nicht möglich gewesen sei, der Aufforderung nachzukommen. Dies ist auch nicht erkennbar.
16
4.2. Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. Haftsachen müssen dabei gestützt auf Art. 31 Abs. 3-4 BV, Art. 5 Abs. 3-4 EMRK und Art. 5 Abs. 2 StPO mit besonderer Beschleunigung behandelt werden. Bei der Beurteilung, ob das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt wurde, sind die konkreten Umstände des Einzelfalles massgeblich. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Komplexität des Falles und das Verhalten des Betroffenen bzw. seines Anwalts (BGE 117 Ia 372 E. 3; Urteil 1B_22/2022 vom 8. Februar 2022 E. 2.2; je mit Hinweisen).
17
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt, wenn in einem weder besonders schwierigen noch komplexen Fall zwischen der Anklageerhebung und der erstinstanzlichen Hauptverhandlung mehr als sechs Monate liegen. Bei komplexen Straffällen ist es in der Regel mit der Rechtsprechung vereinbar, wenn zwischen der Anklageerhebung und der Hauptverhandlung ca. sechs bis acht Monate vergehen (vgl. Urteil 1B_120/2022 vom 24. März 2022 E. 4.5 mit Hinweisen).
18
4.3. Vorliegend wird die auf den 20. Mai 2022 angesetzte Hauptverhandlung mehr als 14 Monate nach der Anklageerhebung am 29. März 2021 stattfinden. Dies ist unter Berücksichtigung der oben erwähnten Rechtsprechung nicht vertretbar. Es ist daher eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen festzustellen. Diese ist im Urteilsdispositiv zu vermerken und bei den Kosten- und Entschädigungsfolgen zu berücksichtigen. Das Sachgericht wird der Verletzung zudem bei seiner Urteilsfindung in angemessener Weise Rechnung zu tragen haben.
19
5.
20
Die Beschwerde ist demnach teilweise gutzuheissen. Es wird eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen festgestellt (Art. 107 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 5 Abs. 2 StPO). Ausserdem ist die Kostenregelung im angefochtenen Entscheid aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
21
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, der keinen ausserordentlichen Aufwand darzutun vermag, hat praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. Art. 68 BGG; BGE 133 III 439 E. 4). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos.
22
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid vom 8. Februar 2022 des Obergerichts des Kantons Zürich wird insoweit abgeändert, als eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen festgestellt wird. In Bezug auf die Kostenregelung des vorinstanzlichen Verfahrens wird der Entscheid aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen.
 
3.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft See/Oberland, dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, und B.________ schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. März 2022
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Kneubühler
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier
 
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