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Informationen zum Dokument  BGer 5D_191/2021  Materielle Begründung
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BGer 5D_191/2021 vom 29.03.2022
 
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5D_191/2021
 
 
Urteil vom 29. März 2022
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
 
Gerichtsschreiberin Lang.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Reber,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Entschädigung unentgeltliche Rechtspflege,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 7. September 2021 (KES 21 330).
 
 
Sachverhalt:
 
A.
1
In einem Kindesschutzmassnahmeverfahren gewährte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Oberaargau (KESB) der Mutter mit Entscheid vom 7. Februar 2020 die unentgeltliche Rechtspflege und ordnete dieser Rechtsanwältin A.________ als unentgeltliche Anwältin bei. Das Kindesschutzmassnahmeverfahren endete am 28. Januar 2021. Daraufhin reichte Rechtsanwältin A.________ der KESB eine Honorarnote ein. Sie machte einen Zeitaufwand von 35.08 Stunden geltend und forderte eine "Normalgebühr" von Fr. 8'770.-- bzw. ein amtliches Honorar von Fr. 7'016.-- nebst Auslagen von Fr. 988.80 und 7.7 % Mehrwertsteuer. Weil die KESB den Stundenaufwand als zu hoch betrachtete und daher beabsichtigte, den Zeitaufwand pauschal um 20 % zu kürzen, lud sie Rechtsanwältin A.________ zu einer Stellungnahme ein. Zusammen mit ihrer Eingabe reichte diese am 26. Februar 2021 eine überarbeitete Honorarnote ein und machte aufgrund eines Zeitaufwandes von 35.58 Stunden eine "Normalgebühr" von Fr. 8'895.-- bzw. ein amtliches Honorar von Fr. 7'116.-- geltend, nebst Auslagen von Fr. 990.80 und 7.7 % Mehrwertsteuer. Mit Entscheid vom 31. März 2021 legte die KESB das amtliche Honorar auf Fr. 5'600.-- zuzüglich Auslagen von Fr. 990.80 und 7.7 % Mehrwertsteuer von Fr. 507.50 fest. Das volle Honorar ("Normalgebühr") bestimmte sie auf Fr. 7'000.-- (zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer) und den nachforderbaren Betrag auf Fr. 1'507.80.
2
B.
3
Gegen diesen Entscheid erhob Rechtsanwältin A.________ mit anwaltlicher Vertretung am 3. Mai 2021 Beschwerde beim Kindes- und Erwachsenenschutzgericht des Obergerichts des Kantons Bern, welches das Rechtsmittel mit Entscheid vom 7. September 2021 abwies.
4
C.
5
Rechtsanwältin A.________ (Beschwerdeführerin) wendet sich mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 9. Oktober 2021 an das Bundesgericht. Sie beantragt, das volle Honorar auf Fr. 10'647.00 (bestehend aus Honorar von Fr. 8'895.--, Auslagen von Fr. 990.80 und 7.7 % Mehrwertsteuer von Fr. 761.20.--) bzw. das amtliche Honorar auf Fr. 8'731.-- (bestehend aus amtlichem Honorar von Fr. 7'116.--, Auslagen von Fr. 990.80 und 7.7 % Mehrwertsteuer von Fr. 624.20) festzusetzen; den nachforderbaren Betrag beziffert sie auf Fr. 1'916.--. Ausserdem sei ihr für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'215.95 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) auszurichten. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
6
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
7
 
Erwägungen:
 
 
1.
 
1.1. Streitig ist die Festsetzung der Entschädigung der Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin in einem Kindesschutzmassnahmeverfahren. Der öffentlich-rechtliche Entschädigungsanspruch bezieht sich auf das Tätigwerden in einer Streitsache, die der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 Bst. b Ziff. 6 BGG) unterliegt. Der Entscheid betreffend die Festsetzung der Entschädigung beschlägt demnach eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 Bst. b BGG; Urteile 5D_163/2019 vom 24. Februar 2020 E. 1.1; 5A_1007/2018 vom 26. Juni 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen).
8
1.2. Der öffentlich-rechtliche Entschädigungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistands ist im Verhältnis zum Zivilprozess in der Hauptsache kein Nebenpunkt. Anders als im Streit um die Prozesskosten ist deshalb der Grundsatz der Akzessorietät zur Hauptsache für die Streitwertberechnung nicht anwendbar (Urteil 5D_7/2019 vom 5. August 2019 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 145 III 433; zit. Urteile 5D_163/2019 E. 1.2; 5A_1007/2018 E. 2.2). Im konkreten Fall besteht die Beschwerdeführerin darauf, dass das amtliche Honorar nicht wie von der Vorinstanz entschieden auf Fr. 7'098.30 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer), sondern auf Fr. 8'731.-- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu bestimmen sei. Die für die Beschwerde in Zivilsachen massgebliche Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG) ist offensichtlich nicht erreicht. Dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellen würde (Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG) wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) ist daher das zutreffende Rechtsmittel.
9
1.3. Das Obergericht hat als obere kantonale Instanz auf Rechtsmittel hin entschieden (Art. 114 i.V.m. Art. 75 BGG). Die Beschwerdeführerin hat am obergerichtlichen Verfahren teilgenommen; der angefochtene Entscheid trifft diese in ihren rechtlich geschützten Interessen (Art. 115 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 117 i.V.m Art. 90 BGG). Die rechtzeitig erhobene (Art. 117 i.V.m. Art. 100 Abs. 1 BGG) Beschwerde steht damit offen.
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1.4. Anfechtungsobjekt ist der Entscheid des Obergerichts vom 7. September 2021 (Art. 114 i.V.m. Art. 75 BGG). Soweit die Beschwerdeführerin unmittelbar das Verfahren vor der KESB beanstandet bzw. deren Entscheid rügt, ist darauf nicht einzutreten.
11
2.
12
Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin muss in ihrer Eingabe präzise angeben, welche verfassungsmässigen Rechte verletzt worden sind, und im Einzelnen substanziiert darlegen, worin die Verletzung besteht. Eine Überprüfung von Amtes wegen, wie sie dem Bundesgericht hinsichtlich des Gesetzes- und Verordnungsrechts des Bundes zusteht (Art. 106 Abs. 1 BGG), findet nicht statt. Das Bundesgericht untersucht deshalb nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale Entscheid verfassungsmässig ist. Es prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und soweit möglich belegte Rügen. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 145 II 32 E. 5.1; 134 II 244 E. 2.2; 133 II 396 E. 3.2). In tatsächlicher Hinsicht legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Auch diesbezüglich kann das Bundesgericht nur dann korrigierend eingreifen, wenn die Beschwerdeführerin eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte dartut (Art. 118 Abs. 2 i.V.m. Art. 116 BGG).
13
Wer sich auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) berufen will, kann sich demnach nicht darauf beschränken, die Sach- oder Rechtslage aus seiner Sicht darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Vielmehr ist anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darzutun, inwiefern das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 137 V 57 E. 1.3; 136 I 49 E. 1.4.1; 134 II 244 E. 2.2). Willkür liegt zudem nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE 145 II 32 E. 5.1; 143 I 321 E. 6.1; 141 I 49 E. 3.4; 134 I 140 E. 5.4). Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, begründet keine Willkür (BGE 145 II 32 E. 5.1; 144 I 113 E. 7.1; 137 I 1 E. 2.4; je mit Hinweisen).
14
 
3.
 
3.1. Die KESB ging von der Honorarnote der Beschwerdeführerin vom 26. Februar 2021 aus. Sie störte sich hauptsächlich an den insgesamt 92 Telefonaten, welche die Beschwerdeführerin innert eines Jahres mit ihrer Klientin geführt habe und einen Zeitaufwand von rund 12 Stunden ausmachten. Sodann könne die Teilnahme an Standortgesprächen und Besprechungen im B.________ nicht im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege entschädigt werden. Im Ergebnis erachtete die KESB eine Kürzung des Aufwandes um 20 %, d.h. auf 28 Stunden, als gerechtfertigt. Sie multiplizierte diese Anzahl Stunden mit Fr. 200.-- und setzte das amtliche Honorar auf Fr. 5'600.-- und das volle Honorar auf Fr. 7'000.-- (je zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer) fest.
15
 
3.2.
 
3.2.1. Das Obergericht erachtete die pauschale Kürzung des geltend gemachten Honorars als nicht angezeigt (E. 16.2 des angefochtenen Entscheids), und schritt - was die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht zu erkennen vermag - zu einer eigenständigen Berechnung des Honoraranspruchs.
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3.2.2. Unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 2 der Verordnung über die Bemessung des Parteikostenersatzes (Parteikostenverordnung, PKV; BSG 168.811) ging das Obergericht für das massgebliche Verfahren von einem erstinstanzlichen Honorarrahmen von Fr. 400.-- bis Fr. 11'800.-- aus. Sodann hielt es dafür, im Verfahren seien der gebotene Zeitaufwand, die Bedeutung der Sache für die Parteien und die Schwierigkeit des Falles durchschnittlich gewesen. Daraus schloss es, dass die KESB mit der Bestimmung des vollen Honorars auf Fr. 7'000.-- den Honorarrahmen zu 58 % ausgeschöpft habe, was nicht unangemessen sei.
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Hinsichtlich des amtlichen Honorars erwog das Obergericht, für die Berechnung desselben sei in einem ersten Schritt der gebotene Zeitaufwand zu bestimmen. Konkret habe es zu überprüfen, ob der von der Rechtsanwältin geltend gemachte Zeitaufwand den gesetzlichen Kriterien entspreche, also geboten gewesen sei. Sei dies nicht der Fall, habe es den Zeitaufwand nach unten zu korrigieren. Der so eruierte gebotene Zeitaufwand sei alsdann gestützt auf Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte (EAV; BSG 168.711) mit dem Stundenansatz von Fr. 200.-- zu multiplizieren.
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Das Obergericht prüfte die in der Honorarnote vom 26. Februar 2021 angegebenen Positionen, erachtete den Aufwand in vier Fällen als zu hoch (zwei Telefonate vom 20. Februar 2020; Telefonate vom 6. März bis 14. April 2020; drei Telefonate vom 8. Mai 2020; drei Telefonate vom 6. bis zum 8. Oktober 2020) und in fünf Fällen als gänzlich unberechtigt (drei Telefonate vom 11. bzw. 12. Februar 2020; ein Telefonat und das Studium eines Entscheids am 5. März 2020; Gespräch im B.________ am 23. September 2020 sowie Begleitung an ein Standortgespräch im B.________ am 2. Oktober 2020; fünf Telefonate vom 29. Oktober bis 11. November 2020; Telefonate vom 18. Dezember 2020) und reduzierte den geltend gemachten Aufwand von 35 Stunden und 35 Minuten um 6 Stunden und 45 Minuten (davon 3 Stunden und 40 Minuten Telefongespräche) auf 28 Stunden und 50 Minuten. Es stellte fest, dies entspreche beinahe der von der KESB festgesetzten Entschädigung. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mehrere Posten bei den geltend gemachten Auslagen hätten abgezogen werden müssen, und dass das volle Honorar ebenfalls bestätigt werde, sei der Entscheid der KESB zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.
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4.
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Unter drei Titeln wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Teilgehalt der Begründungspflicht vor.
21
 
4.1.
 
4.1.1. Mit Bezug auf die von der KESB kritisierte Dauer der Telefonate habe sie vor Obergericht umfangreiche Ausführungen gemacht, die Anzahl und Dauer der Telefonate mit der Klientin korrigiert und auf ihre standesrechtliche Verpflichtung hingewiesen, sämtliche Kontaktaufnahmen der Klientschaft entgegenzunehmen, auch wenn es sich um einen Fall von unentgeltlicher Rechtspflege handle. Schliesslich habe sie geltend gemacht, dass aufgrund der COVID-Pandemie die Besprechungen der umfangreichen und komplexen Gutachten telefonisch hätten stattfinden müssen. Diese Rügen behandle das Obergericht überhaupt nicht.
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4.1.2. Ein Teilaspekt des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) ist die Pflicht des Gerichts, seinen Entscheid gehörig zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass das Gericht sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Partei über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (BGE 143 III 65 E. 5.2 mit Hinweisen).
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4.1.3. Das Obergericht hat die Überlegungen genannt, von denen es sich hat leiten lassen (vgl. E. 3.2). Mit Bezug auf die hier aufgeworfenen Themen ist es seiner Begründungspflicht nachgekommen.
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4.2. Der Vorwurf, das Obergericht setze sich mit ihrem Einwand, wonach die pauschale Kürzung des Aufwandes um 20 % unzulässig sei, nicht auseinander, weshalb ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt werde, trifft offensichtlich nicht zu, hat es doch selber ausdrücklich erklärt, eine pauschale Kürzung sei nicht zulässig (vgl. E. 3.2.1).
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4.3. Schliesslich hält die Beschwerdeführerin dem Obergericht vor, sich nicht mit ihrer Rüge, wonach ihr die Teilnahme an Gesprächen im B.________ und an Standortgesprächen in der Vergangenheit von der KESB ohne Weiteres vergütet worden sei und die KESB mit der Kürzung dieses Aufwandes gegen das Gebot von Treu und Glauben verstosse, befasst zu haben.
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4.3.1. Das Obergericht erwog in diesem Zusammenhang, es sei der KESB insoweit zuzustimmen, als die anwaltliche Unterstützung bei dem Gespräch im B.________ vom 23. September 2020 nicht erforderlich gewesen sei. Auch die Begleitung an ein Standortgespräch sei für die anwaltliche Prozessführung nicht erforderlich. In der Folge kürzte das Obergericht den geltend gemachten Aufwand um insgesamt 200 Minuten. Mit der Rüge der Verletzung des Gebots von Treu und Glauben setzt es sich tatsächlich nicht auseinander.
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4.3.2. Eine allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs kann im Verfahren vor Bundesgericht geheilt werden, wenn ausschliesslich Rechtsfragen streitig sind, die das Bundesgericht mit freier Kognition beurteilen kann und der Beschwerdeführerin durch die Heilung kein Nachteil erwächst (BGE 147 IV 340 E. 4.11.3).
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Der von der Beschwerdeführerin angerufene Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens bilden Ausprägungen des in Art. 9 und Art. 5 Abs. 3 BV verankerten Gebots von Treu und Glauben. Das Bundesgericht kann die hier aufgeworfene Rechtsfrage frei prüfen, weshalb es die an sich festgestellte Verletzung des rechtlichen Gehörs im bundesgerichtlichen Verfahren heilen kann.
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4.3.3. Das Gebot von Treu und Glauben kennt mehrere Ausprägungen: Im vorliegenden Fall stehen der Grundsatz des Vertrauensschutzes einerseits und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens andererseits im Vordergrund. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes gebietet ein loyales und vertrauenswürdiges Verhalten im Rechtsverkehr und verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (Vertrauensgrundlage), sofern sich dieses auf eine konkrete, die betreffende Person berührende Angelegenheit bezieht. Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens untersagt Behörden, von einem Standpunkt, den sie in einer bestimmten Angelegenheit einmal eingenommen haben, ohne sachlichen Grund abzuweichen. Die Abgrenzung zwischen den beiden Ausprägungen ist zwar umstritten, doch müssen in beiden Fällen die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein. Verlangt wird, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Ferner darf die relevante Rechtslage seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren haben. Keinen Vertrauensschutz geniessen die Rechtsuchenden, wenn sie bzw. ihre Rechtsvertreter den Fehler erkannten oder bei zumutbarer Sorgfalt hätten erkennen müssen. Schliesslich scheitert die Berufung auf Treu und Glauben, wenn ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (zum Ganzen: Urteil 2C_706/2018 vom 13. Mai 2019 E. 3.1 mit Hinweisen).
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4.3.4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens beziehen sich - anders als der Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht - stets und ausschliesslich auf ein bestimmtes Verfahren; d.h. die geforderte Vertrauensgrundlage muss sich aus dem Verfahren selbst ergeben. Daher kann die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass die KESB ihr in
31
 
5.
 
5.1. Sodann wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht vor, die falschen gesetzlichen Grundlagen angewendet zu haben. Namentlich sei die PKV für die Bemessung des amtlichen Honorars vor der KESB nicht anwendbar. Sie führt aber nicht aus, welches die ihrer Ansicht nach zutreffenden gesetzlichen Grundlagen für die Bemessung der Entschädigung als amtliche Anwältin sind und inwiefern die Anwendung der aus Sicht der Beschwerdeführerin massgeblichen Gesetzesbestimmungen zwingend zum geforderten Honorar geführt hätte, und kommt insofern ihrer Begründungspflicht nicht nach. Auf die nicht rechtsgenüglich begründete Rüge ist nicht einzutreten (E. 2).
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5.2. Lediglich der guten Ordnung halber sei Folgendes ausgeführt: Art. 112 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21), auf den die KESB verwiesen hat und sich die Beschwerdeführerin bezieht, verweist mit Bezug auf die Entschädigung amtlich beigeordneter Anwältinnen und Anwälte auf die "besonderen Bestimmungen der Anwaltsgesetzgebung". Die Anwaltsgesetzgebung wiederum besteht soweit für den vorliegenden Sachzusammenhang relevant aus dem Kantonalen Anwaltsgesetz (KAG; BSG 168.11), der Parteikostenverordnung (PKV; vgl. den Verweis auf Art. 41 KAG im Ingress) und der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte (EAV; vgl. den Verweis auf Art. 42 Abs. 4 KAG im Ingress). Art. 42 Abs. 1 KAG verpflichtet den Kanton, "den amtlich bestellten Anwältinnen und Anwälten eine angemessene Entschädigung [zu bezahlen], die sich nach dem gebotenen Zeitaufwand bemisst". Gemäss Art. 42 Abs. 4 KAG regelt der Regierungsrat den Stundenansatz durch Verordnung, und gemäss Art. 1 EAV beträgt dieser Fr. 200.--. Für die Bestimmung des sog. vollen Honorars ("Normalgebühr"), das nach kantonalbernischer Praxis zu bestimmen ist, um den sog. nachforderbaren Betrag daraus abzuleiten, ist offensichtlich auf die PKV abzustellen.
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5.3. Soweit die Beschwerdeführerin gleichsam eventualiter beanstandet, es bleibe letztlich unklar, ob das Obergericht Art. 5 Abs. 3 oder Art. 11 Abs. 1 PKV angewendet habe, hat sie zwar recht; da aber beide Bestimmungen den gleichen Tarifrahmen (von Fr. 400.-- bis Fr. 11'800.--) erwähnen, ist nicht ersichtlich, wie sich die Behebung des Mangels auf das Ergebnis auswirken könnte; Willkür ist nicht dargetan.
34
6.
35
Ferner wendet die Beschwerdeführerin ein, die Aufzählung des aus Sicht des Obergerichts nicht gebotenen Aufwands vermöge die von der KESB begangene Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht zu heilen. Weil die KESB den Aufwand pauschal reduziert habe, hätte das Obergericht die Sache zur Neubeurteilung an die KESB zurückweisen müssen, und zwar umso mehr als diese im oberinstanzlichen Verfahren auf eine Vernehmlassung verzichtet habe. Um mit diesem Argument durchzudringen, müsste die Beschwerdeführerin darlegen, dass und weshalb die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs im oberinstanzlichen Verfahren nicht geheilt werden konnte, sowie dass und weshalb das Obergericht keinen reformatorischen Entscheid hätte fällen dürfen. Das tut sie nicht, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
36
7.
37
Ausserdem wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht Willkür in der Sachverhaltsfeststellung vor.
38
7.1. In Ziff. 16.2.3 des angefochtenen Entscheids führt das Obergericht aus, am 5. März 2020 würden 25 Minuten Zeitaufwand für ein Telefonat mit der Klientin und das Studium eines Entscheids geltend gemacht. In den Akten datiere kein Entscheid mit diesem Datum, weshalb der geltend gemachte Aufwand nicht zu berücksichtigen sei.
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7.2. Die Beschwerdeführerin entgegnet, der fragliche Entscheid sei am 4. März 2020 erlassen und ihr selber am 5. März 2020 zugestellt worden. Die telefonische Information habe nach Erhalt und Studium des Entscheids stattgefunden. Damit sei die Streichung des Aufwands willkürlich.
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7.3. Wie es sich damit genau verhält, kann letztlich offen bleiben, denn: Die Kantone haben hinsichtlich der Stundenansätze für die unentgeltliche Rechtsvertretung eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Um vor der Verfassung standzuhalten, muss sich die Entschädigung für einen amtlichen Anwalt in der Grössenordnung von Fr. 180.-- pro Stunde (zuzüglich Mehrwertsteuer) bewegen (BGE 141 I 124 E. 3.2; 137 III 185 E. 5.4; 132 I 201 E. 8.6 und 8.7; Urteile 5D_118/2021 vom 15. Oktober 2021 E. 5.3
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Vorliegend haben die kantonalen Instanzen die Beschwerdeführerin für 28 Stunden zu einem Stundenansatz von Fr. 200.--, total Fr. 5'600.-- entschädigt. Rechnet man die zu Unrecht abgezogenen 25 Minuten hinzu und multipliziert man den gebotenen Aufwand mit dem verfassungsmässig garantierten Stundenansatz von Fr. 180.--, ergibt dies eine Summe von Fr. 5'130.--. Nachdem die Beschwerdeführerin ein Honorar von Fr. 5'600.-- (nebst Auslagen und Mehrwertsteuer) erhalten hat, liegt jedenfalls im Ergebnis keine Willkür vor (E. 2).
42
8.
43
Schliesslich hält die Beschwerdeführerin das Vorgehen des Obergerichts, das Aufwandblatt nach einzelnen Positionen zu durchsuchen und jene zu streichen, deren Inhalt sich nicht aus den amtlichen Akten ergebe, für willkürlich. Im Laufe eines Mandatsverhältnisses stellten sich naturgemäss ständig neue Fragen, welche die Rechtsvertretung mit der Klientschaft besprechen müsse. Diese Gesprächsinhalte unterlägen einerseits dem Anwaltsgeheimnis und mündeten andererseits nicht immer in einer sofortigen Eingabe an die Behörde, welche sich dann in den Akten wiederfinde. Da weder die KESB noch das Obergericht im Vorfeld zum jeweiligen Kostenentscheid der Beschwerdeführerin die einzelnen Positionen, die als nicht geboten erachtet werden, aufgeführt hätten, habe sie die Positionen auch nicht belegen resp. begründen können. Es sei an dieser Stelle festzuhalten, dass im Laufe des Verfahrens vor der KESB diverse Anträge gestellt worden seien (Beweisanträge, Antrag auf Verlegung in Mutter-Kind-Heim, Gutachtensanträge) und die beiden Gutachten sowie diverse Berichte von der Beiständin und der KITA hätten besprochen werden müssen. Im Laufe des Aufenthaltes des Kindes in der KITA seien zudem abermals die Besuchszeiten und -modalitäten angepasst worden, was zu einem erhöhten Besprechungsaufwand mit der Klientin geführt habe. Auch wenn auf der Honorarnote der Beschwerdeführerin alle drei Kriterien standardmässig als durchschnittlich taxiert worden seien, sei es für die KESB und, nach entsprechendem Aktenstudium, auch für das Obergericht ohne Weiteres ersichtlich gewesen, dass es sich beim betreffenden Verfahren nicht um ein durchschnittliches KESB-Verfahren gehandelt habe.
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Mit diesen Ausführungen legt die Beschwerdeführerin lediglich ihre Sicht der Dinge dar. Sie sind zwar vom Ansatz her nachvollziehbar, hingegen durch nichts belegt und daher als rein appellatorisch zu qualifizieren; sie erfüllen die an die Begründungsdichte gestellten Anforderungen nicht. Darauf ist nicht einzutreten.
45
9.
46
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. Für eine Ausrichtung einer Parteientschädigung für das oberinstanzliche Verfahren bleibt kein Raum. Die Beschwerdeführerin unterliegt und wird kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).
47
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. März 2022
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Herrmann
 
Die Gerichtsschreiberin: Lang
 
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