Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat seine auf Billigkeitserwägungen beruhende Entscheidung in der Annahme getroffen, daß keine zwingenden verfahrensrechtlichen Grundsätze im Wege stünden, auch im Falle einer nicht rechtzeitig begründeten Revision ein vom Instanzgericht übersehenes Verfahrenshindernis zu berücksichtigen und das Verfahren einzustellen. Dieser Annahme kann der Senat nicht zustimmen. Kein Gericht kann seinen eigenen einmal gefällten Urteilsspruch ändern, wenn es ihn nachträglich als fehlerhaft erkennt. Nur ein zulässiges und wirksam angebrachtes Rechtsmittel verleiht dem übergeordneten Gericht die Befugnis, ein angefochtenes Urteil zu überprüfen und erforderlichenfalls in seinen Bestand einzugreifen. Diese verfahrensrechtlichen Grundsätze gelten für alle Verfahrensarten. Sie werden nicht dadurch berührt, daß der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Revision in Strafsachen und damit die Befugnis des Rechtsmittelgerichts zur Nachprüfung des angefochtenen Urteils nicht nur von der Einlegung des Rechtsmittels, sondern außerdem von einer binnen bestimmter Frist und in besonderer Form anzubringenden Begründung abhängig macht. Sie werden auch nicht dadurch außer Geltung gesetzt oder eingeschränkt, daß er in den §§ 319 und 346 StPO die Befugnis zur Verwerfung unzulässiger Rechtsmittel teilweise den Instanzgerichten über
trug, um die Rechtsmittelgerichte zu entlasten. Im Gegenteil wird die Unverbrüchlichkeit dieser Grundsätze durch beide Regelungen noch bestärkt und bestätigt. Zusätzliche gesetzliche Erschwerungen eines Rechtsmittels können ihrer Zweckbestimmung nach nicht die entgegengesetzte Wirkung haben, Eingriffe in den Bestand des angefochtenen Urteils zu erleichtern, nämlich auch in den Fällen möglich zu machen, in denen die Sache nicht durch ein zulässiges Rechtsmittel zur sachlichen Nachprüfung dem Rechtsmittelgericht unterbreitet worden ist. Die den Instanzgerichten verliehene, auf bestimmt bezeichnete Fälle beschränkte Befugnis, unzulässige Rechtsmittel zu verwerfen, zeigt einmal an, daß sich die Befassung dieser Gerichte mit ihren eigenen Urteilen auf die bloße Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels beschränkt und in dieser begrenzten Abwehrfunktion erschöpft. Sie bestätigt zum anderen, daß der Gesetzgeber die Zulässigkeit des Rechtsmittels als eine immer für sich im voraus zu klärende Voraussetzung dafür ansieht, daß das Rechtsmittelgericht das angefochtene Urteil überprüfen und es ändern oder aufheben darf, falls es Rechtsfehler feststellen muß, auf denen das Urteil beruht oder beruhen kann. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Art des Rechtsfehlers an. Zwar bestehen Unterschiede insofern, als das Revisionsgericht einen sachlichen Rechtsfehler schon auf die rechtzeitige allgemeine Sachrüge hin berücksichtigen darf und muß, einen Verfahrensfehler jedoch nur unter der Voraussetzung, daß er in der Revisionsbegründung rechtzeitig, formgerecht und zutreffend gerügt worden ist, während es das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung oder das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses ohne jede ausdrückliche oder allgemeine Rüge von Amts wegen beachten muß. In jedem Falle ist aber die Berücksichtigung eines Rechtsfehlers daran geknüpft, daß das Rechtsmittelgericht überhaupt in zulässiger Weise mit der Sache selbst befaßt wird. Das kann bei der Revision nur durch die rechtzeitige Einlegung
und durch die in rechter Form und Frist erklärte Begründung des Rechtsmittels geschehen. Nicht nur die verspätet ausgesprochene Einlegung, sondern auch die nicht in rechter Form oder Frist erklärte Be
gründung macht die Revision als solche unzulässig (§ 346 Abs. 1 StPO). Mit der rechtzeitigen Einlegung der Revision allein ist die Sache noch nicht dem Revisionsgericht in der Weise unterbreitet, daß es in der Lage wäre, irgendeinen Rechtsfehler zu berücksichtigen und zum Anlaß zu einem Eingriff in den Bestand des Urteils zu nehmen. Erst die außerdem in rechter Form und Frist erklärte Begründung gibt ihm die Befugnis dazu. Die bei der Verwerfung von Rechtsmitteln durch das Instanzgericht gegebenen besonderen Rechtsbehelfe der §§ 319 Abs. 2 StPO und 346 Abs. 2 StPO ändern daran nichts. Sie haben nur die Wirkung, daß die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels die zunächst in begrenztem Umfänge vom Instanzgericht zu entscheiden war, nunmehr vom Rechtsmittelgericht selbst entschieden werden muß. Kommt es dabei zu dem Ergebnis, daß das Instanzgericht das Rechtsmittel innerhalb der ihm durch die §§ 319 Abs. 1 oder 346 Abs. 1 StPO verliehenen Befugnis zutreffend als unzulässig beurteilt hat, so muß es diese Entscheidung über das Rechtsmittel bestätigen. Ergibt sich, daß das Rechtsmittel aus einem anderen als vom Instanzgericht angenommenen Grunde oder aus einem überhaupt nur vom Rechtsmittelgericht zu beurteilenden Grunde - etwa wegen eines Rechtsmittelverzichts - unzulässig ist, so hat es die Entscheidung des Instanzgerichts über das Rechtsmittel aufzuheben und die Verwerfung in eigener Zuständigkeit auszusprechen. Führt die Prüfung endlich dazu, daß die im § 319 Abs. 1 oder § 346 Abs. 1 StPO umschriebenen Voraussetzungen der Verwerfung nicht vorlagen und die Unzulässigkeit auch aus keinem anderen Grunde gegeben ist, so muß das Rechtsmittelgericht nun allerdings zur Überprüfung des angefochtenen Urteils selbst schreiten. Doch ist es dann nicht der Rechtsbehelf des § 319 Abs. 2 oder des § 346 Abs. 2 StPO, sondern das als zulässig erkannte Rechtsmittel selbst, welches das Rechtsmittelgericht zur Nachprüfung des angefochtenen Urteils und zu etwaigen Eingriffen in dessen Bestand legitimiert. Die Rechtsbehelfe des § 319 Abs. 2 und des § 346 Abs. 2 StPO können demnach für sich allein genommen nicht bewirken, daß ein dem angefochtenen Urteil anhaftender Mangel zu
einem Eingriff in den Bestand des Urteils führt. Ob es sich dabei um einen sachlichen Rechtsfehler, einen Verfahrensfehler oder die Nichtbeachtung eines Verfahrenshindernisses durch das Instanzgericht handelt, begründet in dieser Hinsicht keinen Unterschied.