BGHSt 35, 152 - Wegnahme einer Scheckkarte | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Rainer M. Christmann | |||
2. In vor dem Inkrafttreten des § 263a StGB (1. August 1986) begangenen Fällen erfüllt die unberechtigte Ansichnahme des Geldes aus einem Bankautomaten nach Benutzung von Scheckkarte und zugehöriger Geheimnummer den Tatbestand der Unterschlagung. |
StGB §§ 242, 246, 263a |
3. Strafsenat |
Beschluß |
vom 16. Dezember 1987 g.H. |
- 3 StR 209/87 - |
I. Amtsgericht Geldern |
II. Landgericht Kleve |
III. Oberlandesgericht Düsseldorf |
Gründe: | |
I. | |
Die Angeklagte entwendete Ende November/Anfang Dezember 1985 ihrem Bruder die durch einen Magnetstreifen codierte eurocheque-Karte. Diese ermöglicht dem Benutzer, von einem Geldautomaten bei Eingabe der dem Kontoinhaber persönlich zugeteilten Geheimnummer im Rahmen eines bestimmten Volumens Beträge bis zu 500 DM abzuheben. Die Angeklagte hob vom 2. bis 21. Dezember 1985 unter Verwendung von Scheckkarte und Geheimnummer Geldbeträge von jeweils nicht mehr als 500 DM, insgesamt in Höhe von 5.100 DM ab. Die Sparkasse Geldern belastete das Konto des Geschädigten mit den abgehobenen Beträgen.
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Das Amtsgericht Geldern verurteilte die Angeklagte wegen Diebstahls der Scheckkarte in Tateinheit mit Unterschlagung des aus dem Geldautomaten erlangten Geldes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Auf die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht Kleve den Schuldspruch dahin abgeändert, daß die Angeklagte wegen Diebstahls verurteilt wird, und die Berufung im übrigen verworfen. Es hat die Beschaffung der Scheckkarte und des Bargeldes als einen fortgesetzten Diebstahl angesehen und ausgeführt: Durch das Abheben des Geldes habe die Angeklagte keine Unterschlagung, sondern einen Diebstahl begangen. Da die gestohlene Scheckkarte noch keinen bestimmten Wert verkörpere, sei der Diebstahl des Geldes keine straflose Nachtat zum Diebstahl der Scheckkarte. Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Revision wendet sich die Angeklagte gegen die Auffassung des Landgerichts, die mißbräuchlichen Geldabhebungen seien neben dem Diebstahl der Scheckkarte als weitere Teilakte eines Diebstahls zu werten.
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Das Oberlandesgericht Düsseldorf möchte das Rechtsmittel verwerfen. Zwar sind seiner Ansicht nach die Ausführungen des Landgerichts zur rechtlichen Beurteilung des Tatverhaltens nicht frei von Rechtsfehlern. Diese führten jedoch nicht zur Aufhebung des Urteils, weil der Schuldspruch im Ergebnis zutreffe und sich die Rechtsfehler bei der Strafbemessung nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hätten. Zuzustimmen sei dem Landgericht, soweit es in der Wegnahme der Scheckkarte einen Diebstahl sehe. Die Geldabhebungen der Angeklagten seien aber keine Diebstahlsakte, die mit dem Diebstahl an der Scheckkarte in Fortsetzungszusammenhang ständen. Die Angeklagte habe sich lediglich eines Diebstahls der Scheckkarte schuldig gemacht. Denn sie habe sich mit der Wegnahme und Benutzung nicht nur die Substanz, sondern auch den typischen Sachwert zugeeignet. Weitere Feststellungen des Landgerichts zu der Frage, ob die Angeklagte die Scheckkarte nach mißbräuchlicher Benutzung ihrem Bruder habe zurückgeben wollen, seien nicht erforderlich, da der Diebstahl mit der Wegnahme der Scheckkarte vollendet gewesen sei. Die Geldabhebungen seien lediglich Verwertungshandlungen ohne eigenen strafrechtlichen Charakter. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Zueignung von qualifizierten Legitimationspapieren, kleinen Inhaberpapieren und Legitimationszeichen seien entsprechend anzuwenden. Die Angeklagte habe durch die Benutzung der entwendeten Scheckkarte nicht den Gewahrsam des Kreditinstituts an dem Geld aus dem Automaten gebrochen. Der objektive Erklärungswert des Bedienungsangebots eines Bankautomaten liege darin, daß der Geldabruf mit einer gültigen Scheckkarte unter Eingabe der zugehörigen Geheimnummer den Besitz und das Eigentum am Geld auch auf den unberechtigten Benutzer übertragen solle.
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An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Düsseldorf durch die Urteile der Oberlandesgerichte Hamburg vom 7. November 1986 (NJW 1987, 336) und Stuttgart vom 18. Dezember 1986 (NJW 1987, 666) sowie des 2. und 3. Strafsenats des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 14. und 20. November 1986 (NJW 1987, 665 und 663) gehindert.
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Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg a.a.O. waren jedenfalls vor Einfügung des § 263a StGB durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG) vom 15. Mai 1986 (BGBl I 721) die Wegnahme einer codierten eurocheque-Karte in der Absicht, sie dem Berechtigten nach Gebrauch zurückzugeben, sowie deren anschließende Benutzung zur Entnahme von Geldscheinen aus Bankautomaten nicht strafbar. Denn die codierte Scheckkarte verkörpere nicht den Wert des zugrundeliegenden Girokontos. Die Entnahme des Geldes aus dem Automaten sei weder Diebstahl noch Unterschlagung, weil das Kreditinstitut mit dem Aufstellen des Geldautomaten sein Einverständnis mit dem Übergang von Besitz und Eigentum erklärt habe. Der 2. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts a.a.O. bewertet die vorübergehende Wegnahme einer codierten Scheckkarte in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Hamburg a.a.O. als straflose Gebrauchsentwendung (furtum usus), sieht aber in der Entnahme der Scheine aus dem Geldautomaten auch dann einen Diebstahl - und zwar unter den Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB -, wenn ein unberechtigter Besitzer der Scheckkarte den Automaten unter Eingabe der zugehörigen Geheimnummer funktionsgerecht bedient. Denn die Kreditinstitute seien in diesem Fall mit der Entnahme des Geldes aus dem Automaten nicht einverstanden. Der 3. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts a.a.O. beurteilt in einem solchen Fall die Geldentnahme ebenfalls als Diebstahl, äußert aber Bedenken, ob die Voraussetzungen des Regelbeispiels nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB erfüllt sind, während das Oberlandesgericht Stuttgart a.a.O. eine Unterschlagung am abgehobenen Geld annimmt.
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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Sache daher dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfragen gemäß § 121 Abs. 2 GVG vorgelegt (NStZ 1987, 330).
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"1. Ist die Entwendung einer fremden codierten eurocheque-Karte in der Absicht, sich unbefugt mit ihrer Verwendung und unter Eingabe der dazugehörigen Geheimzahl am Bankautomaten Geldbeträge zu verschaffen, als vollendeter Diebstahl selbst dann anzusehen, wenn der Täter von vornherein die Karte nach der Abhebung dem Berechtigten zurückgeben will?
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2. Ist die dem Diebstahl einer codierten eurocheque-Karte nachfolgende Abhebung von Geldbeträgen am Bankautomaten als strafrechtlich nicht relevante Verwertungshandlung anzusehen oder ist sie als Diebstahl gemäß § 242, ggf. als besonders schwerer Fall des Diebstahls gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, oder als Unterschlagung gemäß § 246 StGB zu würdigen?"
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Nach Erlaß des Vorlegungsbeschlusses hat sich das Oberlandesgericht Koblenz der Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts angeschlossen, daß in den hier erörterten Fällen Diebstahl des unbefugt abgehobenen Geldes vorliegt (wistra 1987, 261).
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II. | |
Die Vorlegungsvoraussetzungen nach § 121 Abs. 2 GVG sind gegeben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf kann die Verurteilung der Angeklagten wegen Diebstahls der Scheckkarte nicht bestätigen, wenn deren Wegnahme in der Absicht, sie nach Gebrauch zurückzugeben, mit dem Oberlandesgericht Hamburg und dem Bayerischen Obersten Landesgericht als straflos anzusehen ist. Zwar hat sich im Vorlegungsfall der Tatrichter zu einem etwaigen Rückgabewillen der Angeklagten nicht geäußert. Das vorlegende Oberlandesgericht hält dies aber im Hinblick auf seinen Rechtsstandpunkt für unerheblich, weil es einen Diebstahl an der Scheckkarte auch bei Rückgabewillen der Angeklagten annehmen möchte. Seiner Auffassung, daß Geldabhebungen durch den unbefugten Benutzer einer fremden Codekarte weder den Tatbestand des Diebstahls noch den der Unterschlagung erfüllen, stehen die genannten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Stuttgart entgegen.
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III. | |
In der Sache vermag der Senat dem vorlegenden Oberlandesgericht weder bei der strafrechtlichen Beurteilung der Wegnahme der codierten Scheckkarte noch bei der Bewertung der damit ermöglichten Benutzung von Geldautomaten zu folgen.
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1. Wer dem Berechtigten eine codierte eurocheque-Karte wegnimmt, um sich unbefugt durch ihre Benutzung und die Eingabe der zugehörigen Geheimzahl Geld aus einem Bankautomaten zu verschaffen und sie danach dem Berechtigten zurückzugeben, handelt nicht in der Absicht, sich die Scheckkarte im Sinne des § 242 StGB zuzueignen. Er begeht insoweit lediglich eine straflose Gebrauchsanmaßung (furtum usus). Die strafrechtliche Beurteilung der Wegnahme einer codierten Scheckkarte richtet sich im wesentlichen nach den gleichen Kriterien, die für die Wegnahme eines Schlüssels gelten, wenn der Täter damit ein Behältnis öffnen und den Inhalt entwenden will (vgl. hierzu RGSt 40, 94 [98]; BGH MDR 1960, 689 Nr. 104; BGH bei Dallinger MDR 1967,13 Buchst. e; BGH NStZ 1981, 63). Diebstahl der Scheckkarte liegt daher nur vor, wenn der Täter den Berechtigten endgültig, also auch nach der unbefugten Benutzung, von der Verfügung über die Karte - z.B. durch Wegwerfen oder Behalten - ausschließen will.
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Die Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts, mit der Wegnahme der eurocheque-Karte habe sich die Angeklagte deren spezifischen Funktionswert (lucrum ex re) auch bei Rückgabewillen zugeeignet, wird der dogmatischen Struktur des § 242 StGB nicht gerecht. Diebstahl ist - anders als die Delikte des Betrugs, der Erpressung und der Untreue, die das Vermögen als Ganzes schützen - auf die Erlangung einer eigentümerähnlichen Verfügungsgewalt an einer bestimmten Sache gerichtet, und zwar ohne Rücksicht auf deren wirtschaftlichen Wert (BGH VRS 62, 274; RGSt 51, 97 [98]). Selbst sichere Erwerbsaussichten, die nur durch den Einsatz der wegzunehmenden Sache zu verwirklichen sind, können daher nicht Gegenstand eines Diebstahls sein. Die sichere Aussicht, durch die Benutzung von codierter Karte und Geheimnummer in der programmierten Höhe Geld aus dem Automaten zu erlangen, kann somit von § 242 StGB nur erfaßt sein, wenn der wirtschaftliche Wert dieser tatsächlichen Erwerbschance schon in der entwendeten Sache selbst verkörpert ist (zur sog. Vereinigungsformel der Rechtsprechung vgl. z.B. BGH NJW 1985, 812; BGH NStZ 1981, 63; BGHSt 24, 115 [119]; BGH GA 1969,306). Die Rechtsprechung hat dies z.B. für Sparkassenbücher (RGSt 22, 2 [3]: "als Beweisurkunde für die darin verbriefte Forderung und als Legitimationspapier für den jeweiligen Inhaber"), Biermarken (RGSt 40, 10 [13 f.]: "bestimmt und geeignet zu beweisen, daß der Kellner dafür den Bierpreis gezahlt und insoweit ein Guthaben gegenüber F. erworben hatte"), Gutscheine (RGSt 50, 254 [255]), Lebensmittelkarten (RGSt 51, 97 [98 f.] oder Benzinmarken (BGHSt 4, 236, [238, 240]) bejaht. Ein vergleichbarer Fall liegt bei der codierten Scheckkarte aus folgenden Gründen nicht vor:
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Der Berechtigte kann ohne Vorlage der Scheckkarte über sein Girokonto verfügen. Die Scheckkarte besagt auch nichts über den Guthabensstand des Kontos oder die Höhe des eingeräumten Dispositionskredits, so daß sie - anders als Sparkassenbücher, Biermarken pp. - keinen bestimmten Vermögenswert verlautbart. Sie verschafft allerdings die tatsächliche Möglichkeit, den von den Kreditinstituten garantierten Höchstbetrag aus den Geldautomaten abheben zu können, sofern zugleich die zugehörige Geheimnummer eingegeben wird. Da diese Zahl nicht auf der Karte vermerkt werden darf und gegenüber Dritten geheimgehalten werden muß (vgl. Nr. 2 der Sonderbedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten), verkörpert die Scheckkarte als solche, d.h. ohne die zugehörige Identifikationsnummer, nicht einmal eine - einem Schlüssel zu einem Geldtresor vergleichbare - tatsächliche Erwerbschance. Sie ist auch kein Legitimationspapier nach § 808 BGB; in ihr wird weder eine bestimmte Leistung versprochen noch ist die ausstellende Bank nur gegen Aushändigung der Karte zur Leistung aus dem Girokonto verpflichtet. Sie erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 807 BGB, weil die Bank, wie die Zuteilung der geheimzuhaltenden Identifikationsnummer zeigt, gerade nicht dem jeweiligen Inhaber zur Leistung verpflichtet sein will. In der Scheckkarte als Objekt des Diebstahls wird daher nur der Sachwert, nicht aber die durch sie und die Geheimzahl zu erlangende Geldsumme verkörpert.
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Ein Schuldspruch wegen Diebstahls der Scheckkarte setzt daher die vom Landgericht nicht getroffene und vom vorlegenden Oberlandesgericht für unerheblich gehaltene Feststellung voraus, daß die Angeklagte bei der Wegnahme der Karte in der Absicht gehandelt hat, sie ihrem Bruder auf Dauer zu entziehen.
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2. Der unbefugte Benutzer eines Geldautomaten hat sich in den erörterten Fällen vor dem Inkrafttreten des § 263a StGB am 1. August 1986 (2. WiKG Art. 12) nicht wegen Diebstahls, sondern wegen Unterschlagung des erlangten Geldes nach § 246 StGB strafbar gemacht (so neben OLG Stuttgart a.a.O. u.a. auch Dreher/Tröndle, StGB 43. Aufl. § 242 Rn. 19 a; Lackner, StGB 17. Aufl. § 242 Anm. 5 a bb; Ranft wistra 1987, 79, 82; a.A. und auch zum Streitstand insgesamt zuletzt Otto JR 1987, 221).
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a) In der funktionsgerechten Bedienung des Geldautomaten mittels codierter Scheckkarte und Eingabe der Geheimnummer liegt kein Diebstahl. Denn der Täter nimmt dem Kreditinstitut das Bargeld nicht weg.
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Wegnahme im Sinne des § 242 StGB ist der Bruch fremden und die Begründung eigenen Gewahrsams. Gewahrsamsbruch scheidet aus, wenn der bisherige Gewahrsamsinhaber seinen Gewahrsam an der Sache auf den Täter überträgt, ihm die Sache also übergibt. Das gilt auch dann, wenn der bisherige Gewahrsamsinhaber aufgrund eines Irrtums über die Berechtigung des anderen handelt (vgl. BGHSt 18, 221). Maßgebend dafür, ob die automatisierte Geldausgabe mehr als ein Übergeben durch den bisherigen Gewahrsamsinhaber (die Bank) oder mehr als ein Gewahrsamsbruch durch den neuen Gewahrsamsinhaber (den unberechtigten Benutzer) zu bewerten ist, ist das äußere Erscheinungsbild des Vorgangs, der den Gewahrsamswechsel ermöglicht (vgl. auch BGH NJW 1983, 2827).
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Gibt der Automat den gewünschten Geldbetrag entsprechend dem ihm vom Aufsteller eingegebenen Programm an den berechtigten Benutzer frei, so liegt dann die dem Aufsteller zurechenbare, für die Eigentumsverschaffung erforderliche Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB. Bei funktionsgerechter Bedienung verliert der der Programmierung entsprechende Vorgang der Geldausgabe nicht dadurch sein Erscheinungsbild als dem Aufsteller zurechenbarer Akt der Gewahrsamsübertragung, daß der Automat von einer unberechtigten Person bedient wird. Darauf, ob ein Vertreter der Bank dem Automatenbenutzer die Gelder nicht ausgehändigt hätte, wenn er dessen mangelnde Befugnis gekannt hätte, kommt es nicht an. Bei natürlicher Betrachtungsweise ist der vorliegende Sachverhalt im Hinblick auf die Art der Gewahrsamserlangung nicht anders zu beurteilen, als wenn ein Vertreter der Bank einen nachgeordneten Angestellten anweist, während seiner Abwesenheit einen Geldbetrag bis zu einer bestimmten Höhe demjenigen herauszugeben, der sich durch den Besitz einer gültigen Scheckkarte und die zugehörige Geheimnummer legitimiert. Die Ansichnahme des vom Angewiesenen ausgehändigten Geldes wäre nicht deshalb ein Gewahrsamsbruch des Täters, weil er sich die die Übergabe bewirkenden Identifikationsgegenstände unbefugt verschafft hat.
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Entgegen der Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts a.a.O. und des OLG Koblenz a.a.O. kann ein Gewahrsamsbruch an dem vom Automaten ausgegebenen Geld nicht schon damit begründet werden, daß der eigentliche oder wirkliche Wille der Kreditinstitute dahin geht, die Gelder nur dem befugten Automatenbenutzer zu überlassen. Allerdings trifft es zu, daß Gewahrsamsbruch schon dann angenommen werden kann, wenn der Gewahrsamsverschiebung der natürliche Beherrschungswille des bisherigen Gewahrsamsinhabers entgegensteht, gleichgültig, ob dieser in einer bestimmten Form erklärt worden ist oder nicht (vgl. Samson in SK, 3. Aufl. § 242 Rn. 42; Eser in Schönke/Schröder, StGB 22. Aufl. § 242 Rn. 29). So bricht ein Täter den Gewahrsam an einer dem Zugriff beliebiger Dritter preisgegebenen Sache, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß der bisherige Gewahrsamsinhaber die Wegnahme nur bestimmten Personen gestatten will, der Täter aber nicht zu diesem Personenkreis gehört. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ohne Überwachung ausgelegte, jedermann zugängliche Ware mitgenommen wird, ohne den Kaufpreis in ein dafür vorgesehenes Behältnis einzuwerfen. Gewahrsamsbruch liegt auch vor, wenn der Täter einen Koffer unbefugt, aber mit dem richtigen Schlüssel öffnet und Sachen daraus entwendet. Die automatisierte Geldausgabe unterscheidet sich von solchen Fällen dadurch, daß die Bank das in dem Automaten befindliche, durch besondere Vorrichtungen vor dem Zugriff Dritter geschützte Geld jedem durch eine gültige Scheckkarte und die zugehörige Geheimnummer ausgewiesenen Benutzer durch den ihr zurechenbaren, weil von ihr vorprogrammierten Freigabeakt gleichsam in die Hände gibt. Die Sachen werden nicht wie in den genannten Beispielen durch den Unbefugten von ihrem bisherigen Standort weggenommen, sondern durch den vom Unbefugten technisch korrekt bedienten Automaten aus dem gegen Diebstahl gesicherten Schutzbereich in das dem Unbefugten zugängliche offene Fach expediert.
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Dieser einen Gewahrsamsbruch verneinenden Beurteilung entspricht die rechtssystematische Einordnung des Geldautomaten-Mißbrauchs durch das 2. WiKG. Nach den Vorstellungen des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages soll der Mißbrauch codierter Scheckkarten von dem neuen den Computerbetrug betreffenden § 263a StGB erfaßt werden (BTDrucks. 10/5058 S. 30). Diese weitgehend dem Betrugstatbestand angepaßte Vorschrift greift ein, wenn ein Betrug nach früherem Recht wegen Fehlens der personenbezogenen Elemente der Täuschung, des Irrtums und der Vermögensverfügung ausscheiden mußte (vgl. Lackner a.a.O. § 263a Anm. 2). Der eigentliche Unrechtsgehalt des funktionsgemäßen Mißbrauchs von Geldautomaten liegt daher mehr in der Erschleichung einer Computerleistung als in einem Besitzerwerb durch Gewahrsamsbruch. Ein solcher liegt nur vor, wenn das Geld durch funktionswidrigen Eingriff in den automatisierten Geldausgabevorgang, also durch Manipulationen an dem Computer, erlangt wird (vgl. RGSt 34, 45; BGH MDR 1952, 563 und bei Dallinger MDR 1957, 141: Diebstahl aus einem Warenautomaten beim Einwurf von Falschgeld oder bei Benutzung eines Drahtes).
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b) Wer mit einer dem Berechtigten weggenommenen codierten Scheckkarte unbefugt unter Eingabe der zugehörigen Geheimzahl einen Geldautomaten betätigt, eignet sich das vom Automaten herausgegebene, im Eigentum der Bank verbliebene Geld mit der Besitzerlangung (vgl. BGHSt 4, 76 [77]) rechtswidrig zu und hat sich daher vor dem Inkrafttreten des § 263a StGB am 1. August 1986 wegen Unterschlagung des abgehobenen Geldes nach § 246 StGB strafbar gemacht.
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Daraus, daß der unbefugte Benutzer infolge des der Bank zurechenbaren automatisierten Geldausgabeverfahrens den Gewahrsam der Bank an dem Geld nicht bricht (siehe vorstehend unter Buchst. a), folgt nicht, daß die Bank mit der Eigentumsübertragung auf ihn einverstanden ist. Denn Gewahrsamsbruch ist ein tatsächlicher Vorgang, die Übereignung ein Rechtsgeschäft.
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Die Auslegung der allgemein geltenden Sonderbedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten und die Bewertung der zugrundeliegenden Interessen der Kreditinstitute und ihrer Kunden rechtfertigen nicht die Annahme, daß die Kreditinstitute auch dem unbefugten Benutzer der Scheckkarte das Eigentum an dem Geld aus dem Geldautomaten rechtsgeschäftlich übertragen wollen. Zwar ist die zum Eigentumsübergang nach § 929 Satz 1 BGB erforderliche Einigung zwischen dem bisherigen Eigentümer und dem Erwerber ein abstraktes Rechtsgeschäft, dessen Gültigkeit von der Wirksamkeit des Kausalgeschäfts grundsätzlich unabhängig ist. Bei der Auslegung, ob überhaupt eine auf Eigentumsübertragung gerichtete Willenserklärung des bisherigen Eigentümers vorliegt, können aber Ziele und Zwecke, die mit einem Eigentumsübergang intendiert sein könnten, nicht außer Betracht bleiben.
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Das Geldinstitut hat weder Grund noch Anlaß, das ihm gehörende im Automaten befindliche Geld demjenigen übereignen zu wollen, der sich unbefugt in den Besitz von Scheckkarte und Geheimnummer gesetzt hat; es sind keine Interessen, Belange oder Zwecke erkennbar, denen das Geldinstitut mit einer solchen Eigentumsübertragung Rechnung tragen wollte. Die Kreditinstitute nehmen den Automatenmißbrauch durch Unbefugte zwar in Kauf, um die Geldausgabe an Berechtigte aus Gründen der Rationalisierung des Geschäftsbetriebs und des besseren Kundendienstes automatisieren zu können. Aus der so motivierten Hinnahme des Mißbrauchs kann aber nicht geschlossen werden, daß die Geldinstitute den tatsächlichen Erfolg des Mißbrauchs - unberechtigte Erlangung des Besitzes am Geld - noch rechtlich vertiefen und erweitern wollen, indem sie dem unbefugten Besitzer zusätzlich das Eigentum übertragen. Soll das automatisierte Geldausgabeverfahren aufrechterhalten werden, so läßt sich bei Mißbrauch zwar die Geldausgabe nicht vermeiden, wohl aber ein rechtsgeschäftliches Angebot an den Unbefugten, anstelle der Bank Eigentümer zu werden.
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Daraus, daß die Kreditinstitute das wirtschaftliche Risiko des Mißbrauchs weitgehend auf den zur Benutzung berechtigten Kontoinhaber abgewälzt haben, ergibt sich nichts anderes. Abgesehen davon, daß auch dem Kreditinstitut bei Mißbrauch ein Restrisiko verbleibt (Bay0bLG NJW 1987) 665), indiziert eine Regelung über die Verteilung von Schadensfolgen (Nr. 6 der Sonderbedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten) nicht den Willen, den durch die Geldausgabe an den Unbefugten eingetretenen Schaden durch ein rechtsgeschäftliches Angebot zur Eigentumsübertragung vergrößern zu wollen, zumal dies gegen die Schutzpflichten des Kreditinstituts aus dem mit dem Kontoinhaber abgeschlossenen Vertrag verstoßen würde.
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Auch der Geschäftsverkehr hat keinen Anlaß anzunehmen, daß die Geldinstitute ihr Eigentum am Geld auf jeden beliebigen Benutzer des Automaten übertragen wollen ohne Rücksicht darauf, ob er sich die dafür nötige Scheckkarte und Geheimzahl unberechtigt verschafft hat oder nicht. Die Kreditinstitute heben in Nr. 2 ihrer Sonderbedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten die Verpflichtung des Kontoinhabers hervor, die ihm persönlich zugeteilte Identifikationsnummer geheimzuhalten, sie insbesondere nicht auf der eurocheque-Karte zu vermerken oder Dritten mitzuteilen. Damit kommt in einer dem Rechtsverkehr deutlich erkennbaren Weise der Wille zum Ausdruck, die Bedienung des Geldautomaten nicht - wie bei einem Warenautomaten (vgl. Jauernig, BGB 4. Aufl. 1987 § 929 Anm. 2a; Palandt/Heinrichs, BGB 46. Aufl. 1987 § 145 Anm. 4b) - jedermann, sondern nur dem Kontoinhaber zu erlauben, dem die Geheimzahl persönlich zugeteilt worden ist. Den Bedürfnissen des Geschäftsverkehrs entspricht es, den Mißbrauch von Geldautomaten zu erschweren und dessen rechtliche Folgen nicht unnötig durch Eigentumsübertragungen an Unbefugte zu erweitern. Die Vorschriften über den Eigentumserwerb durch gutgläubige Dritte (§§ 932, 935 BGB) reichen aus, um die wirtschaftliche Umlauffähigkeit des unbefugt erlangten Geldes zu gewährleisten.
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3. Eine Stellungnahme dazu, ob und ggf. inwieweit die unbefugte Bedienung eines Geldautomaten von dem neuen § 263a StGB erfaßt wird (vgl. hierzu Dreher/Tröndle a.a.O. 263a Rn. 8) und wie etwaige Konkurrenzverhältnisse zu beurteilen sind, ist durch die Entscheidung der Vorlegungsfragen nicht veranlaßt. Denn § 246 StGB enthält gegenüber § 263a StGB den milderen Strafrahmen, so daß die Angeklagte schon deswegen nicht aus dem zur Tatzeit noch nicht geltenden § 263a StGB bestraft werden kann (§ 2 Abs. 3 StGB).
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IV. | |
Die Vorlegungsfragen sind demnach wie aus der Beschlußformel ersichtlich zu beantworten.
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Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen.
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"Die Entwendung einer fremden codierten eurocheque-Karte in der Absicht, sich unbefugt mit ihrer Verwendung und unter Eingabe der dazugehörigen Geheimzahl am Bankautomaten Geldbeträge zu verschaffen, stellt einen straflosen furtum usus dar, wenn der Täter die Karte nach der Abhebung dem Berechtigten zurückgeben will. Wer mittels einer codierten eurocheque-Karte und der entsprechenden Code-Nummer, die er gegen den Willen des Berechtigten an sich gebracht hat, aus dem Geldautomaten eines Bankinstituts Geld entnimmt, erfüllt den Tatbestand des Diebstahls; ob ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegt, kann nicht allgemein entschieden werden, sondern ist Tatfrage."
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