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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Rainer M. Christmann | |||
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StGB § 261 Abs. 2 Nr. 1 |
2. Strafsenat |
Urteil |
vom 4. Juli 2001 g.St.u.a. |
- 2 StR 513/00 - |
Landgericht Frankfurt am Main |
Aus den Gründen: | |
I. | |
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Geldwäsche jeweils zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und sie im übri ![]() ![]() | 1 |
II. | |
Die Angeklagten sind als Rechtsanwälte in einer von ihnen 1986 gegründeten Sozietät in Frankfurt am Main tätig. 1994 vertraten die Angeklagte St. die damalige Beschuldigte D. B. und der Angeklagte St. deren Ehemann H. B. Gegen beide Mandanten wurde wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Betruges im Zusammenhang mit sogenannten Letter-Geschäften des "European Kings Club e. V." (EKC) ermittelt. Die Eheleute B. waren - zusammen mit weiteren gesondert Verfolgten - Führungsmitglieder des EKC. Sie vertrieben seit 1992 Broschüren, in denen Geldanlegern für Letter-Käufe sichere Gewinne von mindestens 71 % Jährlich versprochen wurden, obwohl sie als Verantwortliche des EKC wußten, daß die dafür erforderlichen Renditen nicht zu erzielen und die versprochenen Gewinnauszahlungen nur im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems durch Einzahlungen neuer Letter-Käufer möglich waren. Der EKC erlangte dadurch - bis zum Zusammenbruch des Systems Anfang 1995 - insgesamt knapp zwei Milliarden DM, von denen an die Anleger nur etwa 1,5 Milliarden DM zurückflossen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Wahlverteidiger nahm jeder der Angeklagten im Dezember 1994 Bargeld in Höhe von 200.000 DM als Honorarvorschuß entgegen. Nach den Feststellungen des Landgerichts wußten und billigten die Angeklagten bei der Annahme der Beträge, daß es sich dabei um Geld aus den Letter-Geschäften des EKC handelte, dessen System den Angeklagten bekannt war. Sie wußten auch, daß sich die Verantwortlichen des EKC seit Jahren zusammengeschlossen hatten, um durch die auf unbestimmte Zeit angelegten Letter-Verkäufe eine ständige Einnahmequelle zu erzielen. Auf diesen Feststellungen beruht der Schuldspruch. ![]() | 2 |
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III. | |
Die Revisionen der Angeklagten
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Die Verurteilung wegen vorsätzlich begangener Geldwäsche nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB begegnet keinen Bedenken. Die Verfahrensrügen greifen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen nicht durch. Auch die Sachrüge ist nicht begründet.
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1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die den Angeklagten am 8. Dezember 1994 und 23. Dezember 1994 jeweils als Honorarvorschuß übergebenen Geldbeträge von ihren Mandanten aus gewerbsmäßig und bandenmäßig betriebenen Anlagebetrügereien erlangt waren und die Angeklagten dies wußten. Seine Überzeugung, daß die Angeklagten Kenntnis von der Herkunft der Gelder hatten, hat das Landgericht u.a. darauf gestützt, daß die Angeklagten bereits seit 1992 in die gegen die Mandanten betriebenen Verfahren - zunächst noch gegen den Vorgängerverein German Kings Club - eingeschaltet waren, die Renditeversprechungen sowohl des German Kings Club als auch des European Kings Club völlig unrealistisch waren, die für Anlagegeschäfte nicht vorgebildeten Mandanten ihnen mehrfache Fragen nach dem Anlagekonzept und den getätigten Investitionen nicht beantworten konnten, daß die gegen die Mandanten geführten Ermittlungen im September 1994 zu Haftbefehlen geführt hatten sowie auf die Umstände der Bargeldübergaben von jeweils 200.000 DM und die außergewöhnliche Höhe der Honorare. Diese Beweiswürdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie ist weder unklar noch lückenhaft oder widersprüchlich. Die dagegen vorge ![]() ![]() | 6 |
2. Die Annahme bemakelten Geldes als Strafverteidigerhonorar in Kenntnis seiner Herkunft unterfällt § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB.
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Die Revisionen vertreten die Auffassung, daß ein Verteidiger sich durch Annahme von Honorargeldern, die aus einer Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB herrühren, grundsätzlich nicht strafbar macht. Für diese Ansicht können sie sich auf Teile der Literatur und der Rechtsprechung stützen, die eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift insbesondere wegen der Auswirkungen auf das Institut der Wahlverteidigung und auf das Verteidigerverhältnis für erforderlich halten (Übersicht über den Meinungsstand mit jeweiligen Nachweisen: Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 261 Rn. 31 f.). Dabei werden verschiedene Lösungsmodelle diskutiert. So wird eine restriktive Auslegung unter Heranziehung des Gesichtspunkts der Sozialadäquanz (Bottermann, Untersuchungen zu den grundlegenden Problematiken des Geldwäschetatbestandes auch in seinen Bezügen zum Geldwäschegesetz S. 67 f. m.w.N.; Salditt StraFo 1992, 121 f.; Rengier, Strafrecht BT S. 295; ablehnend Barton StV 1993, 156 f., 159) gefordert, eine verfassungskonforme Auslegung (HansOLG Hamburg ![]() ![]() | 8 |
Demgegenüber halten die Revisionen eine so weitgehende Einschränkung für nicht gerechtfertigt. Der besonderen Situation des Strafverteidigers müsse aber dadurch Rechnung getragen werden, daß er die vom Mandanten abgegebene Schilderung zu der diesem vorgeworfenen Katalogtat "so lange als wahr behandeln (dürfe), als sie nicht vom Mandanten selbst als unwahr bezeichnet oder durch rechtskräftiges Urteil widerlegt ist".
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Dem folgt der Senat nicht.
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a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 261 Abs. 2 StGB sind weder Strafverteidiger als Täter noch Strafverteidigerhonorare als Objekte des Geldwäschetatbestands ausgenommen. Der mit dem Gesetz verfolgte Zweck einer weitgehenden Isolierung des Straftäters gestattet eine Ausnahmeregelung für Strafverteidiger nicht. Die Gesetzgebungsgeschichte spricht - wie im übrigen auch von den Befürwortern einer Straffreiheit überwiegend eingeräumt wird - gegen eine solche Ausnahme.
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Im Gesetzgebungsverfahren wurde für den Gesetzentwurf des Bundesrats vom 25. Juli 1991 zum Gesetz zur Bekämpfung des Illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) von den Vertretern des Deutschen Anwaltsvereins auf mögliche Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis der in § 53 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO aufgeführten Berufsträger zu ihren Mandanten hingewiesen (Salditt, Stellungnahme des Strafrechtsausschusses des DAV S. 204 f. der Anlage ![]() ![]() | 12 |
Schließlich lassen auch die Regelungen des Geldwäschegesetzes, das in § 3 Abs. 1 keine Ausnahme für die Identifizierungspflicht für Rechtsanwälte bei der Führung eines Anderkontos vorsieht, den Willen des Gesetzgebers erkennen, den rechtsberatenden Berufen keine Sonderstellung einzuräumen (BTDrucks. 11/7663 S. 49; Bottke wistra 1995, 121, 127).
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b) Die Strafbarkeit der Annahme von Verteidigerhonorar in Kenntnis seiner bemakelten Herkunft verstößt nicht gegen höherrangiges Recht oder Art. 6 MRK.
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aa) Das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts, sich anwaltlich auf dem Gebiet der Strafverteidigung zu betätigen, ist nicht berührt. Bei einer Regelung, die die Berufsausübung nur mittelbar beeinträchtigt, ist ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nur dann gegeben, wenn die Bestimmung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen läßt (BVerfGE 70, 191 [214]). Das ist hier nicht der Fall (Hefendehl, a.a.O. S. 165; Burger/Peglau wistra 2000, 161, 162; anders Müther ![]() ![]() | 15 |
Damit kann auch der Einwand, mit der Erfassung der bemakelten Strafverteidigerhonorare als Geldwäsche werde den Rechtsanwälten letztlich die Möglichkeit der Wahlverteidigung bei Katalogtaten genommen und ihnen hierdurch die wirtschaftliche Basis ihres Berufs beschnitten, nicht durchgreifen. Aus einer möglicherweise unzulänglichen Honorierung der Pflichtverteidigung kann ein Recht des Verteidigers auf Honorierung aus illegalen Mitteln nicht abgeleitet werden. § 261 StGB stellt im übrigen nicht auf eine Strafverteidigung wegen einer Katalogtat ab, sondern auf die Herkunft der zur Honorierung verwendeten Gegenstände aus einer solchen Tat. Das Verbot, als Entgelt für eine Dienstleistung Mittel anzunehmen, die aus einer Katalogtat des Mandanten oder eines Dritten herrühren, gilt allgemein und ist nicht auf die Verteidigung gegen den Vorwurf einer Katalogtat be ![]() ![]() | 16 |
Eine vermehrte Anordnung von Pflichtverteidigungen würde auch nicht - wie ebenfalls eingewandt wird (HansOLG Hamburg a.a.O. S. 679; Müther Jura 2001, 318, 32 1; Matt, unveröffentlichtes Referat für den Strafrechtsausschuß der BRAK vom 21.6.1999) - die Freiheit der Advokatur bedrohen. Denn die damit verbundenen staatlichen Eingriffsmöglichkeiten in die Tätigkeit eines bestellten Verteidigers sind gering. Wäre es im übrigen tatsächlich so, daß die wirtschaftliche Existenz der Strafverteidiger weitgehend davon abhinge, auch inkriminterte Honorargelder anzunehmen, wäre die Unabhängigkeit der Anwaltschaft schon heute aus einer ganz anderen Richtung, nämlich durch ihre wirtschaftliche Abhängigkeit vom organisierten Verbrechen gefährdet.
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bb) Ebenso wie für den Verteidiger kein Recht auf Honorierung mit bemakelten Geldern besteht, gibt es auch für den Beschuldigten kein Recht auf Wahlverteidigung unter Einsatz illegal erworbener Mittel. Zwar steht jedem Beschuldigten das Recht zu, sich des Beistands seines Verteidigers oder mehrerer Verteidiger seiner Wahl zu bedienen. Dieses durch § 137 StPO, das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 2, 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK verbürgte Recht setzt aber voraus, daß der Mandant das Honorar für einen oder mehrere Wahlverteidiger aufbringen kann. Verfügt er nicht über ausreichende Mittel, hat er den Anspruch auf Pflichtverteidigung. Ein Beschuldigter, der lediglich über bemakelte Vermögenswerte verfügt, ist einem mittellosen Beschuldigten gleichzustellen (Schaefer/Wittig NJW 2000, 1387 f.; Reichert a.a.O. S. 316 f.; Burger/Peglau a.a.O. S. 161, 164; Grüner/Wasserburg GA 2000, 430f.). Damit sind seine Rechte ausreichend gewahrt. Die Pflichtverteidigung ist keine Verteidigung minderer ![]() ![]() | 18 |
cc) Dann ist aber auch nicht zu erkennen, daß das verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Mandanten und Strafverteidiger dadurch ausgehöhlt würde, daß der Verteidiger bei wahrheitsgemäßer Angabe des Mandanten über die Herkunft seiner Honorarzahlung die Fortführung als Wahlmandat ablehnen könnte (so aber Barton a.a.O. S. 162; HansOLG Hamburg a.a.O. S. 676). Daß ein Verteidiger ein Mandat auch aus wirtschaftlichen Gründen ablehnen kann, folgt aus der Vertragsfreiheit (dazu auch Grüner/Wasserburg a.a.O. S. 436).
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Die Gefahr, daß ein Wechsel von der Wahlverteidigung zur Pflichtverteidigung eine "Signalwirkung" hätte (so HansOLG Hamburg a.a.O. S. 676; Hamm a.a.O. S. 636 f.; Bernsmann a.a.O. S. 40, 41), ein vermögender Beschuldigter damit gleichsam zur Selbstbelastung genötigt werde, erscheint angesichts der Häufigkeit der Pflichtverteidigung in Fällen schwerer Kriminalität, die unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen etwa auch dann anzuordnen ist, wenn sich der Beschuldigte selbst nicht um einen Verteidiger bemüht, fernliegend. Wollte man daraus, daß ein Pflichtverteidiger für den Beschuldigten auftritt, Schlüsse auf dessen Schuld ziehen, wäre auch das Vorliegen einer Wahlverteidigung bei einem Beschuldigten, der über keine erkennbaren legalen Geldquellen verfügt, als belastend anzusehen. Der Umstand allein, ob ein Pflicht- oder ein Wahlverteidiger auftritt, erlaubt keine tragfähigen Schlußfolgerungen.
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Für fernliegend hält der Senat die ebenfalls beschworene Gefahr (HansOLG Hamburg a.a.O. S. 676), daß der Verteidiger geneigt sein könnte, möglichst wenig von seinem Mandanten zu erfahren, um nicht ihm angebotene Honorare zurückweisen zu müssen, und er deshalb an einer effektiven Verteidigung gehindert sein kann. ![]() ![]() | 21 |
Dies gilt auch für den Einwand, ein Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Mandanten könne sich nicht entwickeln, wenn letzterer Belastungszeuge im Verfahren gegen den Verteidiger werden kann (Bernsmann a.a.O. S. 40, 4 1). Wenn der Verteidiger damit rechnet, daß die Honorarzahlung aus unsauberen Quellen kommt, hat er es in der Hand, durch einen Beiordnungsantrag die denkbare Konfliktsituation zu beseitigen.
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Dabei kann es allerdings nicht darauf ankommen, ob der Verteidiger diese Kenntnis durch ein ihm gegenüber abgelegtes Geständnis oder aus anderen Umständen erlangt hat. Das Wissen von der Herkunft aus Straftaten kann sich aus einer Vielzahl von Indizien ergeben; Beweisregeln für oder gegen eine solche Kenntnis bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Revisionen folgt auch nicht etwa aus der als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips verfassungsrechtlich garantierten und in Artikel 6 Absatz 2 MRK konstituierten Unschuldsvermutung, die für den beschuldigten Mandanten gegenüber dem Staat bis zum Nachweis seiner Schuld streitet, daß der Verteidiger solange von der Unschuld seines Mandanten überzeugt sein darf oder gar muß, bis der Beschuldigte ihm gegenüber gestanden hat. Der Verteidiger ist im Strafprozeß verpflichtet, alles zu tun, was dem Mandanten in gesetzlich nicht zu beanstandender Weise nützt. Er ist daher berechtigt, u.U. auch wider besseres Wissen mit prozessual zulässigen Mitteln auf Freispruch seines Mandanten hinzuwirken. Eine Unschuldsvermutung des Inhalts, daß die prozessuale Vermutung zugunsten des Beschuldigten unmittelbar materiell zugunsten seines Verteidigers wirkt, gibt es weder für § 261 Abs. 2 StGB noch für §§ 257, 259 StGB (Tröndle/Fischer a.a.O. 261 Rn. 34).
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dd) Nicht von der Hand zu weisen ist, daß das Verteidigungsverhältnis gestört sein kann, wenn gegen den Verteidiger - während des gegen seinen Mandanten geführten Verfahrens - wegen des Verdachts, Honorargelder in Kenntnis ihrer inkriminierten Herkunft angenommen zu haben, ermittelt wird und gegen ihn strafprozessuale Maßnahmen ergriffen werden (HansOLG Ham ![]() ![]() | 24 |
Eine Ermittlungsimmunität für das laufende Verfahren, wie sie teilweise gefordert wird (Grüner/Wasserburg a.a.O. S. 443 f.), kommt daher nicht in Betracht. Sie könnte dazu führen, daß wichtige Ermittlungsansätze verloren, Sicherstellungen nach § 111b StPO ins Leere gehen und der der Geldwäsche beschuldigte Verteidiger aus Eigeninteresse an einer möglichst langen Verfahrensdauer geneigt sein könnte, das Verfahren zu verzögern. Ermittlungen gegen der Geldwäsche verdächtige Rechtsanwälte würden auf Dauer erschwert oder unmöglich, wenn ein entsprechender Anfangsverdacht im Hinblick auf eine Mehrzahl sich überschneidender und einander nachfolgender Mandatsverhältnisse bestünde. Der Täter hätte es dann in der Hand, Umfang und Zeitpunkt der gegen ihn zu führenden Ermittlungsmaßnahmen selbst zu steuern.
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ee) Die beiläufige Erwägung in BGHSt 45, 235 [248] steht nicht entgegen, da die Angeklagten als Zahlungsempfänger im vorliegenden Fall gerade nicht gutgläubig waren.
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3. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Strafaufhebungsgrundes nach § 261 Abs. 9 StGB zutreffend verneint. Auch im übrigen weist das Urteil, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. ![]() | 27 |
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Die Revision der Staatsanwaltschaft
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Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit es sich dagegen wendet, daß die Angeklagten im Zusammenhang mit den Vorgängen der Kautionszahlungen freigesprochen worden sind, im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Das Landgericht hat die Inempfangnahme der freigegebenen Kautionen im Frühjahr 1995 nicht als strafbare Geldwäsche angesehen. Dies hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
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Zu einer Prüfung des als Begünstigung angeklagten Tatgeschehens auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt war das Landgericht verpflichtet. Die bei der zugelassenen Anklageerhebung (Bedenken gegen die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses bestehen nicht) vorgenommene Beschränkung nach § 154a StPO steht dem nicht entgegen. Wie sich aus der Anklageschrift in Verbindung mit der Abschlußverfügung ergibt, sollten lediglich Konkursdelikte aus der Verfolgung dieser Tat ausgeschieden werden. Zudem konnte das Landgericht auch ohne förmlichen Beschluß (BGHR StPO § 154a Abs. 3 Wiedereinbeziehung 3) etwa ausgeschiedene Gesetzesverletzungen wiedereinbeziehen und zum Gegenstand seiner Urteilsfindung machen.
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Das Landgericht hat zwar im Ergebnis zutreffend eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint, aber es - rechtsfehlerhaft - unterlassen, die Voraussetzungen des § 261 Abs. 1 StGB zu prüfen.
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a) Das Landgericht ist der Auffassung, daß eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB für die Inempfangnahme der Kautionsbeträge deshalb ausscheide, weil es sich bei den Kautionen nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht mehr um die Vermögensvortelle gehandelt habe, die an die Stelle der Betrugsbeute getreten waren. Damit hat das Landgericht allerdings schon den Begriff des Herrührens verkannt, der nach der gesetzgeberischen Intention bewußt weit auszulegen ist und mit dem gerade auch eine Kette von Verwertungshandlungen erfaßt werden soll, bei der der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird. Dies war hier bei der Hinterlegung der Kautionen mit Geldern, die aus den Betrugstaten erlangt waren, der Fall. Begrenzt wird die Kette der Verwertungs ![]() ![]() | 33 |
b) Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, daß § 261 Abs. 6 StGB nicht eingreift, wenn eine Tathandlung nach § 261 Abs. 1 StGB gegeben ist. Bei gleichzeitiger Tatbestandserfüllung nach § 261 Abs. 1 und Abs. 2 StGB kommt - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 261 Abs. 6 StGB § 261 Abs. 2 StGB nicht etwa eine Sperrwirkung zu (anders für den Fall des Gefährdens oder Vereitelns des Auffindens: Maiwald in FS für Hirsch S.631, 642 f.). Auch wenn nicht selten durch eine Handlung beide Tatbestände objektiv erfüllt sein werden, erfordert die innere Tatseite der Tathandlungen des § 261 Abs. 1 StGB ein Mehr gegenüber dem bloßen Verschaffen im Sinne von § 261 Abs. 2 StGB (Ruß in LK StGB 11. Aufl. § 261 Rn. 12 f.; 26). Der Anwendungsbereich beider Vorschriften ist daher nicht deckungsgleich (vgl. auch BTDrucks. 12/989 S. 27, 12/3533 S. 13: Absatz 2 kommt auch die Funktion eines Auffangtatbestands gegenüber Absatz 1 zu, sofern ein Vereitelungs- oder Gefährdungsvorsatz nicht nachweisbar ist oder ein Verbergen oder Verschleiern nicht vorliegt).
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In Betracht kommt hier die Gefährdung oder Vereitelung der Sicherstellung. Die von den Mandanten aus den Betrugstaten erlangten Geldscheine unterlagen zwar nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht dem Verfall, wohl aber der Sicherstellung nach § 111b Abs. 1, 2 und 5 StPO. Da die Sicherstellung auch Surrogate nach § 73 Abs. 2 StGB und Wertersatz nach § 73a StGB erfassen kann, entfiel diese Möglichkeit auch nicht durch die zwischenzeitlichen im Namen der Angeklagten erfolgten Hinterlegungen. Mit den Auszahlungen an die Angeklagten in Verbindung mit den zur Sicherung der Honorarforderungen erfolgten "Abtretungen" ![]() ![]() | 35 |
V. | |
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
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1. Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, ob sich die Angeklagten durch die Einzahlungen der Kautionen im eigenen Namen im September 1994 strafbar gemacht haben. Zwar scheidet eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche aus, weil gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Betrug erst durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 als Katalogtat in den § 261 Abs. 1 StGB aufgenommen wurde. Mit der Hinterlegung im eigenen Namen haben die Angeklagten aber jedenfalls objektiv eine tatbestandsmäßige Begünstigungshandlung (§ 257 StGB) begangen. Wären die Angeklagten als Eigenhinterleger anzusehen, hätten nur sie einen Anspruch auf Rückzahlung gegen die Staatskasse gehabt, eine Pfändung dieses Rückzahlungsanspruchs durch die Geschädigten wäre nicht möglich gewesen, allenfalls eine Pfändung eines etwaigen Rückzahlungsanspruchs der Mandanten gegen die Angeklagten. Allerdings folgt noch nicht ohne weiteres aus der Angabe des Namens des Verteidigers im Hinterlegungsantrag, daß der Verteidiger und nicht der Beschuldigte in diesem Sinne Hinterleger war. Der Hinterlegungsvertrag ist vielmehr im Zusammenhang mit dem gegen den Beschuldigten ergangenen Haftverschonungsbeschluß auszulegen (vgl. auch BGH Rpfleger 1955, 187; OLG Stuttgart Justiz 1988, 373). Selbst wenn diese - vom Landgericht unterlassene - Auslegung des Hinterlegungsvertrags, zu dem bisher keine näheren Feststellungen getroffen wurden, hier dazu führte, daß die von den Angeklagten vertretenen Mandanten als Hinterleger anzusehen sind, waren die Angaben im Hinterlegungsantrag - Hinterlegung nicht im Namen der Mandanten, sondern im eigenen Namen, Bezeichnung der Angeklagten als Empfangsberechtigte - geeignet, die Herkunft der Gelder aus betrügerisch erlangten Mitteln der Mandanten gegenüber deren ![]() ![]() | 37 |
Die Einzahlungen der Kautionen im September 1994 - die im Anklagesatz und im wesentlichen Ergebnis allerdings ohne Angabe, in wessen Namen sie erfolgten, geschildert sind - sind von dem angeklagten Tatgeschehen auch umfaßt. Eine solche Begünstigungshandlung wäre jedenfalls dann, wenn sie von vornherein mit der Absicht verbunden gewesen sein sollte, sich aus den Kautionssummen eine Befriedigung oder Sicherung des Honoraranspruchs zu verschaffen, erst mit der "Abtretung" - auf deren Sinn und Zweck und die damit verbundenen Vorstellungen der Parteien vom neuen Tatrichter näher einzugehen sein wird (sie war gegenüber der Hinterlegungsstelle nur erforderlich, wenn nicht die Angeklagten sondern die Beschuldigten Hinterleger waren) - und der Auszahlung der Sicherheiten beendet gewesen, so daß schon materiellrechtlich eine Tat vorläge.
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Unabhängig davon sind hier die Ein- und Auszahlungsvorgänge - trotz des zeitlichen Abstands - jedenfalls als eine geschichtliche Tat im Sinne von § 264 StPO anzusehen. Eine prozessuale Tat im Sinne von § 264 StPO liegt vor, wenn die Vorgänge innerlich derart unmittelbar miteinander verknüpft sind, daß der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann und ihre Aburteilung in verschiedenen Verfahren einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (ständige Rechtsprechung, BGHSt 45, 221 f. m.w.N.). Verändert sich das Bild des Geschehens, auf das die Anklage hinweist, kommt es darauf an, ob die Nämlichkeit der Tat trotz dieser Veränderung noch gewahrt ist (BGHSt 32, 215 [218]).
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Hier liegt eine wesentliche Änderung des Tatbildes zwischen den Einzahlungs- und Auszahlungsvorgängen nicht vor. Die Identität des Tatobjekts und der Personen, denen die Hilfe geleistet werden sollte, ist gewahrt. Sowohl die in der Anklage umschrie ![]() ![]() | 40 |
2. Der neue Tatrichter wird ggf. auch zu prüfen haben, ob sich die Angeklagten die Kautionssummen bereits durch die unmittelbar vor der Hinterlegung erfolgte Annahme der Gelder im Sinne von § 259 StGB verschafft haben. Dies kann dann in Betracht kommen, wenn sie bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Erlangung zur Sicherung oder Befriedigung ihrer Honorarforderung erstrebten. ![]() | 41 |
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