BGHSt 47, 243 - Subsidiarität der Unterschlagung | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Brian Valerius, A. Tschentscher | |||
§ 246 StGB ist nicht nur gegenüber Zueignungsdelikten subsidiär (im Anschluß an BGHSt 43, 237). |
StGB § 246 |
1. Strafsenat |
Urteil |
vom 6. Februar 2002 g.C. |
- 1 StR 513/01 - |
Landgericht Heidelberg |
Aus den Gründen: | |
Der Angeklagte wurde wegen Totschlags in Tatmehrheit mit Unterschlagung verurteilt. Hiergegen wenden sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft jeweils mit der Sachrüge.
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1. Der Angeklagte hat einen Landsmann erstochen und anschließend dessen Mobiltelefon und Geldbeutel an sich genommen. Unter Anwendung des Zweifelssatzes ist die Strafkammer davon ausgegangen, daß er sich erst zur Wegnahme entschlossen hat, als er sein Opfer erstochen hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei dieser Fallgestaltung Tateinheit zwischen dem Tötungsdelikt und dem Vermögensdelikt vor; der Zweifelssatz, der zur Verneinung von Mord aus Habgier führte, ist bei der Beurteilung der Konkurrenzen nochmals heranzuziehen (BGH bei Holtz MDR 1990, 676; BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 4 m.w.N.).
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Eine Verurteilung wegen Unterschlagung setzt nach der durch das 6. StrRG in § 246 StGB eingefügten Subsidiaritätsklausel voraus, daß die Tat nicht in anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist. Eine ("die") Tat in diesem Sinne liegt bei Tateinheit (§ 52 StGB) regelmäßig vor (vgl. Noak, Drittzueignung und 6. StrRG S. 109). Daß die Annahme von Tateinheit hier auf der Anwendung des Zweifelssatzes beruht, ist dabei ohne Belang.
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Der Senat hat erwogen, ob die Subsidiaritätsklausel hier deshalb nicht anwendbar ist, weil es sich bei der Vorschrift mit höherer Strafandrohung um Totschlag und nicht um ein Zueignungsdelikt handelt (hierfür etwa Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 246 Rdn. 29; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 246 Rdn. 32 jew. m.w.N.; in vergleichbarem Sinne auch Rudolphi in JZ 1998, 471, 472).
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Unbeschadet der Frage, ob ein derartiges Ergebnis zweckmäßig sein könnte, ist dies zu verneinen.
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a) Eine solche Einschränkung der Subsidiaritätsklausel wäre mit dem Wortlaut des Gesetzes, dessen möglicher Wortsinn die äußerste Grenze der Auslegung strafrechtlicher Bestimmungen zum Nachteil des Angeklagten markiert (BGHSt 43, 237, 238 m.w.N. zur identischen Subsidiaritätsklausel des § 125 StGB), unvereinbar. Daher gilt die Subsidiaritätsklausel des § 246 StGB für alle Delikte mit höherer Strafdrohung (ebenso Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. [Nachtrag, 38. Lieferung] § 246 Rdn. 9; Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 246 Rdn. 14; Sander/Hohmann NStZ 1998, 273, 276; Noak, a.a.O. S. 110; Wagner in FS für Grünwald S. 797, 800 ff.; vgl. auch Otto Jura 1998, 550, 551).
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b) Eine Gegenüberstellung der Subsidiaritätsklauseln, die durch das 6. StrRG in § 246 StGB und in § 265 StGB eingefügt worden sind, bestätigt dieses Ergebnis.
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§ 265 StGB enthält jetzt eine spezielle Subsidiaritätsklausel ("wenn die Tat nicht in § 263 mit Strafe bedroht ist"), deren Wortlaut demjenigen spezieller Subsidiaritätsklauseln anderer Strafbestimmungen (§§ 145, 145 d, 202, 218 c, 316 StGB) angeglichen ist. Die gleichzeitig in § 246 StGB eingefügte allgemeine Subsidiaritätsklausel kann danach nur so verstanden werden, daß sie auch allgemein gilt, Unterschlagung also hinter sämtlichen Vorschriften mit höherer Strafdrohung zurücktritt (Wagner a.a.O. S. 800).
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c) Der Senat verkennt bei alledem nicht, daß § 246 StGB nach den Materialien zum 6. StrRG alle Formen der rechtswidrigen Zueignung erfassen soll, die nicht einen mit schwerer Strafe bedrohten eigenständigen Straftatbestand erfüllen; beispielhaft sind Diebstahl, Raub, Erpressung und Hehlerei angeführt (BTDrucks. 13/8587, 43 f.; hierzu im einzelnen Wagner a.a.O. S. 797 f., 800). Danach läge die Annahme nahe, daß § 246 StGB nur hinter mit schwererer Strafe bedrohten Zueignungsdelikten subsidiär sein soll. Da ein solcher Wille des Gesetzgebers im Wortlaut des Gesetzes aber nicht zum Ausdruck gebracht ist (Kritik an der Gesetzesfassung etwa bei Otto a.a.O. und Wagner a.a.O. S. 810), kann er nicht Grundlage einer mit dem Wortlaut des Gesetzes unvereinbaren Auslegung des Gesetzes zum Nachteil des Angeklagten sein (vgl. BGHSt 42, 291, 293).
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