BGE 92 I 480 - Kantonale Bundesrechtskonformität | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
78. Auszug aus dem Urteil |
vom 8. Juni 1966 |
i.S. Ackermann gegen Luzern, Kanton und Regierungsrat. | |
Regeste |
Befugnis einer Kantonsregierung, kantonale gesetzgeberische Erlasse auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen: |
1. Die Verfassung des Kantons Luzern (insbesondere § 53 Abs. 6) überträgt dem Regierungsrat keine solche Befugnis (Erw. a). |
2. Eine solche Befugnis lässt sich auch nicht aus einem allgemeinen Grundsatz des schweizerischen Staatsrechtes ableiten (Erw. b). | |
Sachverhalt | |
Dr. August Ackermann ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 2033 des Grundbuchs Luzern, linkes Ufer, mit einer Bodenfläche von 955,7 m2 und einem Wohnhaus. Der bisherige Katasterwert betrug Fr. 64 000.--; er wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1965 auf Fr. 70 400.-- erhöht. Eine Einsprache gegen die Erhöhung wurde vom Schatzungsamt des Kantons Luzern am 8. Juli 1965 abgewiesen. Dr. Ackermann erhob darauf Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Luzern mit der Begründung, die Erhöhung der Katasterschatzung seines Grundeigentums sei verfassungswidrig, weil das Dekret des Grossen Rates vom 21. Dezember 1964 entgegen § 41 der Kantonsverfassung (KV) in Kraft gesetzt worden sei und weil für einen Erlass von dieser Tragweite ein blosses Dekret "offenbar" nicht genüge (§ 11 KV).
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Der Regierungsrat ist auf den Rekurs nicht eingetreten (Entscheid vom 11. November 1965). Diesen Entscheid ficht Dr. Ackermann mit staatsrechtlicher Beschwerde an. Das Bundesgericht weist sie ab.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
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Auf eidgenössischer Ebene gilt: Was das Volk ausdrücklich oder stillschweigend auf Grund des fakultativen Referendums beschlossen hat, ist mangels ausdrücklicher Bestimmung von keiner Behörde zu überprüfen (vgl. Art. 113 Abs. 3 BV). Im Urteil der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichtes vom 9. September 1953 in Sachen Graber, Frey-Fürst und Lütolf gegen Grossen Stadtrat von Luzern wird ausgeführt, nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre (BGE 48 I 596, 68 I 29; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 63-65 und die dort angeführte weitere Literatur) seien die kantonalen rechtsanwendenden Behörden (Gerichte und Verwaltungsbehörden) allgemein an die formell rechtsgültig zustandegekommenen kantonalen Gesetze als Akte einer ihnen übergeordneten Gewalt gebunden. Dies gelte auch für den Kanton Luzern. An dieser Betrachtungsweise ist hinsichtlich der Befugnis des Regierungsrates uneingeschränkt festzuhalten, da die Regierung bei ihrer starken Beteiligung an der Gesetzgebung andernfalls fast als Richter in eigener Sache urteilen müsste. Das seither ergangene Schrifttum hat nichts hervorgebracht, was die bisherige Auffassung als überholt erscheinen liesse. Im Gegenteil bemerkte IM HOF (Die Entscheidungsbefugnisse des basel-städtischen Verwaltungsgerichts, 1954, S. 110), die Verfassung erlaube es der Verwaltung nicht, Gesetze unvollzogen zu lassen, die sie für verfassungswidrig halte.
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Richtig ist allerdings, dass die kantonalen Gerichte und Verwaltungsbehörden kantonale Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Bundesrecht zu prüfen haben (vgl. BGE 82 I 219, Urteil der staatsrechtlichen Kammer vom 7. Juli 1965 i.S. Hofmann gegen Regierungsrat des Kantons Zug, Erw. 1). Dies ergibt sich jedoch aus der Natur des Bundesstaates und dem Vorrang des Bundesrechtes vor dem kantonalen (vgl. BRIDEL, Précis de droit constitutionnel et public suisse, II/21).
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Richtig ist auch, dass einzelne Gerichte verschiedener Kantone die Befugnis für sich in Anspruch nehmen, die kantonalen Gesetze akzessorisch aufihre Übereinstimmung mit der Kantonsverfassung zu prüfen. Dies trifft beispielsweise für die Cour de justice civile des Kantons Genf (vgl. BGE 34 I 343; BIERT N., Die Prüfung der Verfassungsmässigkeit der Gesetze durch den Richter, S. 60/1), für die Steuerrekurskommission des Kantons Solothurn (vgl. BGE 90 I 239) und - mit Vorbehalten - für das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (vgl. ZBl 1965 S. 335 und 1966 S. 176) zu. Dieselbe Ansicht vertreten GYGI und STUCKI für die Gerichte des Kantons Bern (Handkommentar zum bernischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, 1962, N. 6 zu Art. 16/II) und IMBODEN für die des Kantons Basel-Land (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 2. Aufl. 1964, S.
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Erwägung 3 | |
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