BGE 94 I 513 - Steueramt Rorschach | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
72. Urteil |
vom 18. Dezember 1968 |
i.S. X. gegen St. Gallen, Kanton und Verwaltungsgericht | |
Regeste |
Veranlagungsverjährung bei periodischen Steuern. |
Aus den Vorschriften über die Veranlagungsperiode ist, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht abzuleiten, dass die Veranlagung im Laufe der Veranlagungsperiode vorzunehmen oder doch einzuleiten sei, ansonst sie verwirke (Erw. 1, 2). |
Analoge Anwendung der Vorschriften über die Bezugsverjährung auf die Veranlagungsverjährung (Erw. 3). |
Treu und Glauben im öffentlichen Recht. |
Unmittelbar aus Art. 4 BV folgender Anspruch des Bürgers auf vertrauenswürdiges, gewissenhaftes Verhalten der Verwaltungsbehörden und auf Schutz des berechtigten Vertrauens auf behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden. Freie Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts inbezug auf die Frage, ob dieser Anspruch verletzt sei. (Erw. 4 a). |
Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf die Geltendmachung von Steueransprüchen nach Ablauf der Veranlagungsperiode (Erw. 4 b). | |
Sachverhalt | |
A. | |
Das st. gall. Gesetz vom 17. April 1944 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
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Art. 11 Abs. 1: Die Steuern werden für das Kalenderjahr geschuldet. Der Steueranspruch entsteht zu Beginn des Steuerjahres.
| 2 |
Art. 62: Die Steuerpflichtigen werden auf ihr Begehren oder von Amtes wegen veranlagt.
| 3 |
Der Steuerpflichtige hat das Veranlagungsbegehren innert der Frist einzureichen, die jedes Jahr öffentlich bekanntgegeben wird. Er ist zur Einreichung eines Veranlagungsbegehrens verpflichtet, wenn er der Steuerpflicht erstmals unterliegt oder wenn sich sein Einkommen oder Vermögen erheblich vermehrt hat...
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Die Veranlagung von Amtes wegen kann jederzeit auf Anordnung des Steuerkommissärs oder der kantonalen Steuerverwaltung erfolgen. Jeder Steuerpflichtige ist in der Regel alle vier Jahre neu zu veranlagen. Der Regierungsrat kann die gleichzeitige Veranlagung der Steuerpflichtigen eines ganzen Gebietes oder Wirtschaftszweiges verfügen.
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Art. 97: Die rechtskräftigen Steuerforderungen verjähren in fünf Jahren nach ihrer Fälligkeit. Die Verjährung wird durch jede Bezugshandlung unterbrochen und ruht, solange der Steuerpflichtige in der Schweiz keinen Wohnsitz hat oder sein Aufenthalt unbekannt ist.
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B. | |
Der in Cham (Kt. Zug) wohnhafte X. kaufte im Juni 1959 eine Liegenschaft in der Gemeinde Rorschach (Kt. St. Gallen). Im Laufe des Jahres 1960 erhielt er vom Steueramt Rorschach eine Rechnung für die Staats- und Gemeindesteuern 1959/60. Mit Schreiben vom 12. Januar 1961 teilte das Steueramt Rorschach demjenigen von Cham mit, dass es für 1961/62 eine Steuerausscheidung verlange und um rechtzeitige Übermittlung des Ausscheidungsplans ersuche. Entsprechende Ausscheidungsbegehren stellte es am 24. Januar 1963 für die Steuerjahre 1963/64 und am 19. Januar 1965 für die Steuerjahre 1965/66. Es erhielt hierauf die Ausscheidungspläne für 1961/62 und 1963/64 am 12. Juni 1964 und denjenigen für 1965/66 am 15. April 1966.
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Am 4. und 8. August 1966 eröffnete das Steueramt Rorschach X. die Staats- und Gemeindesteuereinschätzungen für die Steuerjahre 1961 bis 1964. Die Steuern für diese vier Jahre machten zusammen Fr. 7227.10 aus. X. erhob Einsprache und nach deren Abweisung Rekurs, im wesentlichen mit der Begründung, es gehe nicht an, ihn lange nach Ablauf der jeweiligen Veranlagungsperiode noch zu veranlagen. Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen wies den Rekurs am 23. August 1967 ab.
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Hiegegen führte X. Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses hiess die Beschwerde am 13. März 1968 in dem Sinne teilweise gut, dass es feststellte, der Staats- und Gemeindesteueranspruch für 1961 könne zufolge Verjährung nicht geltend gemacht werden. Die Erwägungen dieses Entscheids lassen sich wie folgt zusammenfassen: Das StG regle im Art. 97 ausschliesslich die Verjährung rechtskräftiger Steuerforderungen und enthalte keine Regel, dass der Steueranspruch unabhängig von der Durchführung der Veranlagung verjähre. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebiete indes zwingend, dem Bestand öffentlich-rechtlicher Ansprüche zeitliche Schranken zu setzen. Habe der Gesetzgeber dies unterlassen, so habe der Richter eine jenes Gebot erfüllende Regel aufzustellen. Im vorliegenden Falle kämen zwei Lösungen in Frage; man könne das Recht, eine Veranlagung einzuleiten, befristen oder den noch nicht veranlagten Steueranspruch der Verjährung unterstellen. Von diesen beiden Lösungen verdiene die Anspruchsverjährung den Vorzug, da sie einfacher und klarer sei, zur Verjährungsvorschrift des Art. 97 StG passe und einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Fiskus und des Steuerpflichtigen schaffe (wird näher ausgeführt). Die Verjährungsfrist könne in Analogie zu Art. 97 StG auf 5 Jahre festgesetzt werden und beginne mit der Fälligkeit der Forderung (Art. 128 Ziff. 1, 130 Abs. 1 OR, BGE 85 I 183). Der Stadtrat von Rorschach habe in den Jahren 1961 bis 1964 mit Ermächtigung des Regierungsrates jeweils angeordnet, dass die Steuern am 31. Juli fällig werden. Es sei daher anzunehmen, dass die Verjährungsfrist für die Steuer jedes Jahres von diesem Tage an laufe, gleichgültig ob für sie Rechnung gestellt worden sei oder nicht. Dann sei die Verjährung für die vom Beschwerdeführer geforderten Steuern der Jahre 1962 bis 1964 durch die Zustellung der Veranlagungen am 4. bzw. 8. August 1966 unterbrochen worden und habe von da an neu zu laufen begonnen. Dagegen sei die Steuer für 1961 in diesem Zeitpunkt verjährt gewesen. Zu prüfen bleibe, ob die Geltendmachung der nicht veranlagten Steuern für 1962 bis 1964 gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstosse, der in Art. 2 Abs. 1 StG ausdrücklich verankert sei, aber schon aus Art. 4 BV folge. Ein solcher Verstoss hätte die Verwirkung des Steueranspruchs zur Folge. Für eine Verwirkung bestehe indes neben der verhältnismässig kurzen Verjährungsfrist grundsätzlich kein Raum. Dieser ausserordentliche Rechtsbehelf dürfe nur mit grosser Zurückhaltung und wenn besondere Umstände es rechtfertigen, gewährt werden. Die Steuerbehörde müsste die Durchführung der Veranlagung hinterhältig verzögert haben. Hiefür beständen jedoch keine Anhaltspunkte; vielmehr scheine Nachlässigkeit die Ursache der Verspätung zu sein. Solche blosse Untätigkeit führe nicht zur Verwirkung. Ebensowenig ginge es an, im langen Zuwarten mit der Veranlagung einen stillschweigenden Verzicht auf die Steuerforderung zu erblicken; dieser Schluss würde sich mit der zwingenden Natur des Steueranspruchs nicht vertragen.
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C. | |
Gegen diesen Beschwerdeentscheid des Verwaltungsgerichts hat X. staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, ihn insoweit aufzuheben, als er den Beschwerdeführer für 1962 bis 1964 als steuerpflichtig erkläre. Er macht Verletzung des Art. 4 BV geltend.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
2.- Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid angenommen, dass das StG in dieser Beziehung eine Lücke aufweise, und es hat diese durch analoge Anwendung des Art. 97 ausgefüllt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist dieses Vorgehen willkürlich. Er leitet aus Art. 62 StG ab, dass die Steuerbehörden während der dort festgelegten Veranlagungsperiode mit der Veranlagung fertig zu werden oder doch zu beginnen haben. Ferner macht er unter Hinweis auf BGE 90 I 25 ff. geltend, bei periodischen Steuern habe auch beim Fehlen positiver Gesetzesvorschriften eine Veranlagung innert nützlicher Frist zu erfolgen und habe eine ungebührlich lange und durch nichts entschuldbare Verzögerung, wie sie hier vorliege, die Verwirkung des Steueranspruchs zur Folge.
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Das StG enthält in den Art. 62 und 63 Vorschriften über die "Zeit der Veranlagung". Nach Art. 63 sind Kapitalgesellschaften und Genossenschaften jährlich von Amtes wegen zu veranlagen. Für die übrigen Steuerpflichtigen unterscheidet Art. 62 zwischen der Veranlagung auf eigenes Begehren und von Amtes wegen. Abs. 3, der die hier allein interessierende Veranlagung von Amtes wegen regelt, schreibt vor, dass jeder Steuerpflichtige in der Regel mindestens alle vier Jahre neu zu veranlagen sei, und ermächtigt den Regierungsrat, die gleichzeitige Veranlagung eines ganzen Gebietes oder Wirtschaftszweiges zu verfügen. Gestützt darauf hat der Regierungsrat für den ganzen Kanton einen zweijährigen Veranlagungsturnus eingeführt (Art. 46 VV). Diese Ordnung ist, trotz des nicht völlig klaren Randtitels "Zeit der Veranlagung", offenbar dahin zu verstehen, dass damit die sog. Veranlagungsperiode festgelegt wird, d.h. die Zeit, für welche eine Veranlagung vorzunehmen und verbindlich ist. Dagegen erscheint es als zweifelhaft, ob damit auch die Zeit bestimmt werde, in welcher die Veranlagung zu erfolgen hat oder doch einzuleiten ist und zwar mit der Wirkung, dass eine spätere Veranlagung nicht mehr zulässig wäre. Eine solche Ordnung wäre, wie in BGE 90 I 23 ausgeführt wurde, durchaus ungewöhnlich und nur anzunehmen, wenn dafür besondere Anhaltspunkte bestünden. Hieran fehlt es; der Umstand allein, dass das StG, wie die meisten kantonalen Steuergesetze, keine Veranlagungsverjährung vorsieht, rechtfertigt es noch nicht und bildet jedenfalls keinen zwingenden Grund dafür, in der in Art. 62 enthaltenen Regelung der Veranlagungsperiode eine Befristung des Rechts zur Einleitung der Veranlagung zu erblicken. Wenn der angefochtene Entscheid annimmt, dass das StG die Veranlagungsverjährung nicht regle und inbezug auf sie eine Lücke aufweise, so kann diese Auslegung des StG und insbesondere seines Art. 62 zum mindesten nicht als schlechthin unhaltbar, geradezu willkürlich bezeichnet werden. In diesem Sinne hat das Bundesgericht in BGE 90 I 23 Erw. 2 b bereits inbezug auf die in § 66 Abs. 1 des aarg. StG enthaltene Bestimmung über die Veranlagungsperiode entschieden.
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Der Beschwerdeführer leitet aus diesem Urteil zu Unrecht ab, dass eine Veranlagung auch bei Fehlen positiver Gesetzesbestimmungen innert nützlicher Frist zu erfolgen habe und eine Verzögerung, wie sie hier vorliege, die Verwirkung des Steueranspruchs zur Folge haben müsse. Das Bundesgericht hat dort zunächst dargelegt, was gegen die Annahme spreche, die Bestimmung über die Veranlagungsperiode regle auch die Veranlagungsverjährung; ferner hat es erklärt, dass und weshalb die Berufung des Beschwerdeführers auf die namentlich von BLUMENSTEIN vertretene Periodizitätslehre zur Begründung der Rüge der Willkür nicht genüge, sondern dass darzutun gewesen wäre, inwiefern die davon abweichende Betrachtungsweise des aargauischen Obergerichts schlechthin unhaltbar sei. Die weiteren Ausführungen legen im Sinne einer zusätzlichen Begründung dar, dass das Recht zur Besteuerung selbst dann nicht verwirkt wäre, wenn man sich der Auffassung von BLUMENSTEIN anschlösse, da ein wesentlicher Teil der Veranlagung noch in der Steuerperiode vorgenommen worden sei und der Steuerbehörde nicht vorgeworfen werden könne, mit der endgültigen Veranlagung ungebührlich lange zugewartet zu haben. Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Falle nicht zutreffen, ändert nichts daran, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, Art. 62 StG regle die Veranlagungsverjährung nicht, dem Vorwurfe der Willkür standhält.
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Erwägung 3 | |
3.- Enthält das StG keine Vorschrift über die Veranlagungsverjährung, so fragt sich, wie diese Lücke auszufüllen und die Geltendmachung von Steueransprüchen, dem Gebot der Rechtssicherheit entsprechend, zeitlich zu begrenzen sei. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage sorgfältig geprüft und ist dabei zum Schlusse gekommen, die Gesetzeslücke sei am besten nicht durch Befristung des Rechts zur Einleitung der Veranlagung, sondern durch Verjährung des noch nicht veranlagten Steueranspruchs auszufüllen; sodann hat es angenommen, dass die Verjährungsfrist in Analogie zu Art. 97 StG auf 5 Jahre festzusetzen sei und mit der Fälligkeit der Steuer beginne, die für die in Frage stehenden Einkommens- und Vermögenssteuern jeweils am 31. Juli des betreffenden Steuerjahres eingetreten sei. Die Beschwerde setzt sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander. Sie beanstandet lediglich die Annahme einer Gesetzeslücke als willkürlich, versucht aber für den Fall, dass diese Annahme haltbar sein sollte, mit keinem Worte darzutun, dass und aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht diese Lücke in unhaltbarer, willkürlicher Weise ausgefüllt habe. Von Willkür kann auch nicht die Rede sein. Art. 11 Abs. 1, wonach die Steuern für das Kalenderjahr geschuldet werden und "der Steueranspruch zu Beginn des Steuerjahres entsteht", gestattet durchaus den Schluss, dass dieser Anspruch nicht nur unabhängig von der Veranlagung entsteht, sondern auch vor dieser fällig werden und verjähren kann. Die in Art. 97 StG für rechtskräftige Steuerforderungen festgesetzte Verjährungsfrist von 5 Jahren analog auf die Verjährung noch nicht veranlagter periodischer Steuern anzuwenden, erscheint gerechtfertigt, entspricht diese Frist doch der nach Art. 128 Ziff. 1 OR für Ansprüche auf periodische Leistungen geltenden Verjährungsfrist (BGE 85 I 183). Einleuchtend sind schliesslich auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts über den Zeitpunkt der Fälligkeit des noch nicht veranlagten Steueranspruchs und über den Beginn der Verjährung, aus denen sich ergibt, dass die Steuern für die Jahre 1962 bis 1964 am 4. bzw. 8. August 1966, als die Veranlagungen für diese Jahre dem Beschwerdeführer eröffnet wurden, noch nicht verjährt waren.
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Erwägung 4 | |
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a) Nach Art. 2 Abs. 1 StG sind die Vorschriften des StG nach Treu und Glauben anzuwenden und zu erfüllen. Damit wurde ein allgemeiner Grundsatz in das StG aufgenommen, der in Art. 2 Abs. 1 ZGB für das Gebiet des Bundeszivilrechts aufgestellt ist und nach der Rechtsprechung und Lehre auch ohne ausdrückliche Vorschrift auf weiteren Rechtsgebieten gilt (MERZ N. 68 ff. zu Art. 2 ZGB). Er ist auch im Verwaltungsrecht zu beachten (BGE 91 I 136 mit Verweisungen, 91 I 320; IMBODEN a.a.O. Nr. 343-345) und bedeutet dort, dass der Rechtsverkehr zwischen Bürger und Verwaltung von gegenseitigem Vertrauen getragen sein muss und berechtigtes Vertrauen Schutz verdient. Soweit der Grundsatz eine Norm für das Verhalten der Behörden bildet, wird er in der Rechtslehre als Verfassungsprinzip bezeichnet (IMBODEN a.a.O. Nr. 211 III) und aus Art. 4 BV abgeleitet (GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts S. 220 ff. und 189 ff.). Das Bundesgericht als Staatsgerichtshof hat in einigen älteren Urteilen die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben in Steuersachen als Verstoss gegen Art. 4 BV und als Willkür betrachtet (BGE 34 I 28 und 625, 36 I 566). Nachdem es in der Folge den Grundsatz von Treu und Glauben währendlängerer Zeit in seinen Urteilen nicht mehr erwähnt hatte, hat es seine Geltung auch im öffentlichen Recht seit 1944 wiederholt anerkannt (BGE 72 I 81, 78 I 206, 88 I 147/8, 89 I 175 und 435, 91 I 320, 94 I 351) und gewisse Verstösse gegen ihn wiederum als Willkür und Verletzung des Art. 4 BV bezeichnet, so die einseitige Ausserkraftsetzung einer Steuervereinbarung (BGE 70 I 134) sowie das Nichteintreten auf ein im Vertrauen auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung zu spät eingereichtes kantonales Rechtsmittel (BGE 76 I 190, 77 I 274). Der Umstand, dass in diesen Fällen nicht eine kantonale Vorschrift in unhaltbarer Weise ausgelegt oder angewendet worden ist, zeigt, dass das Bundesgericht den Grundsatz von Treu und Glauben jeweils als einen unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden, für die gesamte staatliche Tätigkeit geltenden Grundsatz betrachtet hat. Gegen die ausdrückliche Anerkennung eines auf dem Gleichheitssatz beruhenden Anspruchs des Bürgers gegen die Verwaltung auf Schutz des berechtigten Vertrauens bestehen keine Bedenken; sie entspricht vielmehr der Entwicklung der Rechtsprechung. Das Bundesgericht hat dem in Art. 4 BV enthaltenen Gleichheitssatz von jeher eine weit über seinen Wortsinn hinausgehende Bedeutung beigemessen und darin die Grundlage des Rechtsstaates erblickt. Art. 4 BV bietet vor allem Schutz gegen willkürliche Rechtsanwendung, erfordert für Steuern und Abgaben eine gesetzliche Grundlage und gewährleistet dem Bürger in allen Streitsachen sowie im Verwaltungsverfahren ein Mindestmass an Verteidigungsrechten. Nach zahlreichen neuern Urteilen verbietet sodann Art. 4 BV jeden prozessualen Formalismus, der sich durch keine schutzwürdigen Interessen rechtfertigen lässt (BGE 93 I 213 Erw. 2 mit Verweisungen, 94 I 211). Ebenso notwendig aus dem Gesichtspunkt des Rechtsstaates und ebenfalls aus Art. 4 BV abzuleiten ist das Gebot eines gewissenhaften, vertrauenswürdigen Verhaltens der Verwaltungsbehörden (GIACOMETTI a.a.O. S. 289), dem ein Anspruch des Bürgers auf Schutz des berechtigten Vertrauens auf behördliche Zusicherungen und sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden entspricht. Folgt dieser Anspruch unmittelbar aus Art. 4 BV, so kommt seiner Anerkennung im kantonalen öffentlichen Recht keine selbständige Bedeutung mehr zu und ist die Frage, ob der Anspruch verletzt sei, gleich wie beim bundesrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör vom Bundesgericht frei zu prüfen.
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Die Sach- und Rechtslage unterscheidet sich wesentlich von den in der Beschwerde angerufenen Urteilen des Bundesgerichts. Im Falle BGE 34 I 15 ff. wie übrigens auch im Falle 34 I 615 ff. haben die Steuerbehörden in voller Kenntnis der Verhältnisse bewusst jahrzehntelang von der Erhebung von Steueransprüchen abgesehen und damit nach Treu und Glauben auf diese stillschweigend verzichtet. In BGE 50 I 146 ff. wurde die Frage des Verstosses gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht aufgeworfen und die angefochtene Besteuerung geschützt, während in BGE 50 I 355 ff. festgehalten wurde, dass die Steuerbehörde nicht bei einem passiven Verhalten stehen geblieben sei, sondern den Beschwerdeführer durch Erhebung einer Kurtaxe als am betreffenden Ort nicht wohnhaft und damit als nicht steuerpflichtig behandelt habe (S. 366/7), was die Erhebung einer auf der Annahme des Wohnsitzes beruhenden Steuer ausschliesse. Im vorliegenden Falle kann den Behörden ein solches widersprüchliches Verhalten ebensowenig vorgeworfen werden wie im Falle BGE 90 I 18 ff., auf den sich der Beschwerdeführer weiter beruft. Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben erweist sich damit als unbegründet.
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Entscheid: | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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