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Informationen zum Dokument  BGE 71 IV 82 - Gewerbsmässiger Diebstahl  Materielle Begründung
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Regeste:
Sachverhalt:
A.
B.
C.
D.
Erwägungen:
Erwägung 1
1. Einfacher Diebstahl ist wahlweise mit Zuchthaus bis zu fü ...
Erwägungen 2
2. Sie ist nicht falsch entschieden worden. Wie das Bundesgericht ...
Dispositiv
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Jana Schmid, A. Tschentscher  
 
20. Urteil des Kassationshofes
 
vom 25. Mai 1945 i.S. Salzmann gegen Staatsanawaltschaft des Kantons Zürich.  
 
BGE 71 IV, 82 (82)Regeste:
 
Art. 137 Ziff. 2 Abs. 3 StGB (gewerbsmässiger Diebstahl).  
1. Die Frage der Gewerbsmässigkeit des Diebstahls braucht nur entschieden zu werden, wenn sie für die Strafzumessung von Bedeutung ist oder mit der Bejahung der Gewerbsmässigkeit erreicht werden soll, dass die Strafe auch allfällige nicht bekannte Teilhandlungen des Gewerbes als eines Kollektivdeliktes abgelte (Erw. 1).  
2. Begriff der Gewerbsmässigkeit des Diebstahls (Erw. 2).  
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Maria Salzmann stahl ihrem Freunde Fritz K. von anfangs 1942 bis Mitte Februar 1943 wiederholt aus seiner Brieftasche und seiner Wohnung Geld, insgesamt rund 5000.-. Als K. diese Diebstähle entdeckte, drohte er ihr mit Anzeige, falls sie fortfahre. Auf dies hin verlegte sie ihre Tätigkeit in die Wohnungen der Hausgenossen. So stahl sie im Jahre 1943 jeweilen unter wiederholten Malen insgesamt dem Jakob B. Fr. 100.-, dem Hans R. Fr. 100.- bis 340.- und dem Hans B. Fr. 250.-. Als diese Taten im Hause ruchbar wurden, begann sie in den Wohnungen von Freundinnen und Bekannten zu stehlen. Sie stahl der Berta L. im März 1944 Fr. 15.-, der Ida S. im folgenden Monat Fr. 20.-, der Hermine S. im Frühling 1944 einmal Fr. 5.- und einmal Fr. 20.- und der Berta S. vom Januar bis AugustBGE 71 IV, 82 (82) BGE 71 IV, 82 (83)1944 zweimal je Fr. 5.-  und einmal Fr. 20.-. Maria Salzmann war voll zurechnungsfähig. Sie hatte das Geld nicht nötig; sie stahl, um es zu gegebener Zeit zu einer angenehmen Lebensführung verwenden zu können.
1
 
B.
 
Am 8. März 1945 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich Maria Salzmann in Anwendung von Art. 137 Ziff. 1 und 2 Abs. 3 StGB wegen gewerbsmässigen Diebstahls zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis. Es stützte sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach Gewerbsmässigkeit in der mit der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, verbundenen Vielheit der Begehung liegt (BGE 70 IV 17). Es nahm an, die Angeklagte habe einen Teil ihrer Taten auf Grund selbständiger Willensentschlüsse wiederholt, einen Teil dagegen auf Grund einer einheitlichen Willensentschlusses fortgesetzt. Sie habe jede sich bietende Gelegenheit benutzt, um durch Diebstähle zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen.
2
 
C.
 
Die Verurteilte hat die Nichtigkeitsbeschwerde erklärt mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit es sie ohne Annahme der Gewerbsmässigkeit des Diebstahls neu beurteile. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nicht der Erwerb, der ja bei jedem Diebstahl schon begriffsmässig vorliege, kennzeichne den mehrfachen Diebstahl als gewerbsmässigen. Sonst wäre jeder fortgesetzte Diebstahl notwendigerweise auch gewerbsmässig begangen. Entscheidend sei vielmehr, ob der Dieb das Stehlen wie einen Beruf betreibe und betreiben wolle. Die Beschwerdeführerin bestreitet, diesen Willen gehabt zu haben, denn die Mittel für ihren Lebensunterhalt seien ihr aus dem Einkommen ihres Ehemannes immer reichlich zugeflossen. Auch die Art der Begehung stehe der Annahme der Gewerbsmässigkeit im Wege. Die Täterin sei nicht wie ein Gewerbetreibender ausgezogen, um ihre Taten zu begehen, sondern habe nur gestohlen, wenn man aus ganz besonderen Gründen zusammengekommen sei. GrundlageBGE 71 IV, 82 (83) BGE 71 IV, 82 (84)der Diebstähle bei K. sei dessen Verliebtheit gewesen; K. habe sie in Versuchung geführt, und nur wenn diese über sie gekommen sei, habe sie bei bestimmten Gelegenheiten gestohlen. Die Diebstähle bei den Hausgenossen seien auf der Grundlage der gemeinsamen Hausbewohnung und des nachbarlichen Verhältnisses erfolgt. Dabei habe die Beschwerdeführerin ausgesprochen ungeschickt gehandelt, während die Ausübung eines Gewerbes eine gewisse Geschicklichkeit erfordere. Wer das Stehlen zum Berufe mache, nehme zudem nicht nur so wenig und immer bei den nahen gleichen Leuten. Die Diebstähle bei Freundinnen und Bekannten seien auf der Grundlage der Freundschaft und Bekanntschaft erfolgt. Auch hier seien nur kleine Beträge gestohlen worden. Gegen die Gewerbsmässigkeit spreche sodann die Art der Verwendung des gestohlenen Geldes. Ein gewerbsmässiger Dieb wisse von vornherein eine Verwendung für das Geld, sei es für den Lebensunterhalt oder für eine Kapitalanlage oder einen Kauf usw., verhalte sich nicht so planlos wie die Beschwerdeführerin, welche das Geld so auf die Seite gelegt habe, dass sie ständig in der Lage gewesen seien, es zurückzugeben. Die Beschwerdeführerin bestreitet ferner, dass sie zu einem Erwerbseinkommen habe kommen wollen. Es liege bei ihr eine psychische Konstellation vor, die nicht auf ein solches Einkommen, sondern auf das Wegnehmen an sich gerichtet gewesen sei. Das Beiseitelegen des Gestohlenen sei ein Kennzeichen dafür, dass sie das Geld nicht als Einkommen betrachtete, sondern es planlos anhäufte.
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D.
 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde.
4
 
Erwägungen:
 
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
5
 
Erwägung 1
 
1. Einfacher Diebstahl ist wahlweise mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren und mit Gefängnis bedroht (Art. 137 Ziff. 1 StGB), gewerbsmässiger wahlweise mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Gefängnis nicht unter drei MonatenBGE 71 IV, 82 (84) BGE 71 IV, 82 (85)(Art. 137 Ziff. 2 StGB). Da sich die beiden Strafrahmen überschneiden, hat die Frage, ob ein Dieb gewerbsmässig gestohlen habe, praktische Bedeutung nur, wenn das Gericht je nach der Antwort eine Strafe aussprechen will, welche aus dem einen oder dem anderen Rahmen herausfällt, ferner wenn es, obwohl im einen und im anderen Rahmen bleibend, sich doch von der Enge oder Weite des einen oder anderen bei der Ausmessung der Strafe beeinflussen lassen will, endlich wenn mit der Bejahung der Gewerbsmässigkeit in verfahrensrechtlicher Hinsicht erreicht werden soll, dass die Strafe ausser den bekannten auch allfällige nicht bekannte Teilhandlungen des Gewerbes als eines Kollektivdeliktes abgelte. Im vorliegenden Falle lassen die Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht schliessen, dass die Vorinstanz die Frage der Gewerbsmässigkeit in der einen oder anderen Richtung als entscheidend betrachtet habe. Insbesondere konnte die ausgesprochene Strafe sowohl nach Ziffer 1 als auch nach Ziffer 2 des Art. 137 verhängt werden, und in den Erwägungen über ihre Zumessung wird die Gewerbsmässigkeit nicht berührt. Die erwähnte Frage hätte daher offen bleiben dürfen.
6
 
Erwägungen 2
 
2. Sie ist nicht falsch entschieden worden. Wie das Bundesgericht bereits in der Sache Weber vom 22. September 1944 ausgeführt hat, zeichnet die Gewerbsmässigkeit das Verbrechen aus, weil der Täter es als Mittel zur Erzielung von Einnahmen betrachtet und dadurch die dem Gewerbebetrieb eigene Bereitschaft offenbart, gegen unbestimmt viele zu handeln, wo immer sich passende Gelegenheit bietet. Diese Bereitschaft, in Verbindung mit der Absicht, das Verbrechen zur Verdienstquelle zu machen, lässt den Täter, der sich wiederholt vergeht, als besonders strafwürdig erscheinen (BGE 79 IV 135). Dabei kommt nichts darauf an, ob der Täter die Einnahmen zum einzigen oder doch hauptsächlichen oder regelmässigen Erwerb machen will; eine Tätigkeit kann auch als Nebenberuf, saisonmässig oder überhaupt bloss bei GeleBGE 71 IV, 82 (85)BGE 71 IV, 82 (86)genheiten bestimmter Art ausgeübt werden und dennoch die Natur eines Gewerbes haben. Unerheblich ist ferner ob der Gewerbetreibende mit jedem oder nur mit Leuten bestimmter Kreise Geschäfte macht. Daher spielt es keine Rolle, dass die Beschwerdeführerin nicht bei jedermann und auf jede Art Diebstähle begangen, sondern zunächst nur den Freund, dann die Hausgenossen und schliesslich Freundinnen und Bekannte bestohlen hat. Ob diese Besonderheit ihres Gewerbes auf Erwägungen praktischer Natur (Leichtigkeit der Begehung, geringere Gefahr, entdeckt zu werden, usw.) zurückzuführen ist oder ihren Grund in den persönlichen Beziehungen zu den Bestohlenen hatte, etwa weil die Beschwerdeführerin diesen Personen "auf Grundlage" der Verliebtheit, der gemeinsamen Hausbewohnung, der Freundschaft, der Bekanntschaft weniger Rücksicht zu schulden glaubte, kann dahingestellt bleiben. Sie hat sich darauf verlegt, beim Freunde, bei Hausgenossen, Freundinnen und Bekannten bei jeder geeigneten Gelegenheit zu stehlen, ähnlich wie der Gewerbetreibende jede Gelegenheit, welche ihm passt, zum Erwerbe benutzt. Um dieser Bereitschaft zur steten Wiederholung willen droht das Gesetz dem gewerbsmässigen Dieb höhere Strafe an. Gleichgültig ist ihm, ob der Dieb kaufmännisch rechnet, überlegt, plant und organisiert, so etwa wenn er Waren stiehlt und verkauft, oder ob er planlos nimmt, wo, wie, wann und was ihm gerade passt. Auch darnach frägt es nicht, ob der Täter geschickt oder ungeschickt vorgeht, im einzelnen Falle viel oder wenig nimmt und was er mit dem Gestohlenen bezweckt, ob er beispielsweise daraus sein Leben fristen oder sich Vergnügen gönnen will, oder ob er das Diebsgut gewinnbringend anzulegen oder es zu horten gedenkt. Das sind Fragen, von denen ja auch nicht abhängt, ob eine erlaubte Tätigkeit als Gewerbe im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs gewürdigt werden kann. Und wenn die Beschwerdeführerin endlich behauptet, es sei ihr nicht um den Erwerb, sondern ums WegnehmenBGE 71 IV, 82 (86) BGE 71 IV, 82 (87)an sich zu tun gewesen, so übersieht sie, dass die Absicht der (unrechtmässigen) Bereicherung begrifflich jedem Diebstahl eigen ist. Schon die unbestrittene Auffassung des Obergerichts, dass Diebstahl vorliegt, enthält die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin durch ihre Taten hat bereichern wollen. Es ist ihr somit um den Erwerb zu tun gewesen, was das angefochtene Urteil noch ausdrücklich und verbindlich sagt.
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Dispositiv
 
Demnach erkennt der Kassationshof:
8
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.BGE 71 IV, 82 (87)
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