BGE 73 IV 38 - Rechtsvorschlag an zuständigen Richter | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Simone Jampen, A. Tschentscher | |||
Entscheid |
vom 6. März 1947 |
i. S. Otto Bochsler & Cie. |
Wechselbetreibung: Wird der Rechtsvorschlag am letzten Tage der Frist statt an das Betreibungsamt an den zur Bewilligung zuständigen Richter aufgegeben, so gilt er dennoch als rechtzeitig, wenn der Richter, der ihn tags darauf erhält, ihn unverzüglich dem Betreibungsamt überweist (Art. 32, 178 Ziff. 2 und 3, 181 SchKG). | |
Sachverhalt | |
A. | |
Das Betreibungsamt St. Gallen stellte der Rekurrentin am 25. November 1946 zwei Zahlungsbefehle zur Wechselbetreibung zu. Die Rekurrentin erhob Rechtsvorschlag mit Eingaben vom 30. November "An den Präsidenten des Bezirksgerichtes von St. Gallen". Die durch Chargé-Express aufgegebene Sendung langte Montag, den 2. Dezember, 8 Uhr beim Adressaten an. Dieser gab sie nach Kenntnisnahme vom Inhalt unverzüglich an das im gleichen Gebäude befindliche Betreibungsamt weiter.
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B. | |
Dieses wies jedoch die beiden Rechtsvorschläge als verspätet zurück, da die Aufgabe bezw. Weiterleitung an die richtige Adresse erst nach Ablauf der fünftägigen Frist erfolgt sei. Die Beschwerde der Schuldnerin blieb in beiden kantonalen Instanzen erfolglos. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 8. Februar 1947 zieht sie an das Bundesgericht weiter, mit dem erneuten Antrag, die Rechtsvorschläge seien als rechtzeitig zu erachten und das Betreibungsamt anzuweisen, sie dem Richter zur Bewilligung vorzulegen.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
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Erwägung | |
In der Wechselbetreibung bedarf der Rechtsvorschlag der Bewilligung durch den Richter. Dass dem Betreibungsamt irgendwelche Vorprüfung zustehe, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Indessen schreibt das Gesetz die Einreichung beim Betreibungsamt vor, das seinerseits den Rechtsvorschlag dem Richter vorzulegen hat (Art. 178 Ziff. 3 und Art. 181 SchKG). Es erhebt sich die Frage, ob das Betreibungsamt nicht lediglich als Einreichungsstelle für den Richter vorgesehen sei, so dass die Einreichung unmittelbar beim Richter gleichfalls als zulässig zu gelten habe. Das ist jedoch nach der Praxis zu verneinen. Diese weist dem Betreibungsamt die Vorprüfung des Rechtsvorschlages auf die Wahrung der Einreichungsfrist zu, gerade aus der Erwägung, dass sonst nicht einzusehen wäre, wieso nicht die Einreichung beim Richter vorgeschrieben ist (BGE 55 III 50).
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Den Vorinstanzen ist also darin beizustimmen, dass die Adressierung an den Richter unrichtig war. Allein diese irrtümliche Adressierung an den immerhin örtlich und sachlich zum Entscheid über die Bewilligung dieser beiden Rechtsvorschläge zuständigen Richter ist unschädlich, nachdem der Richter die Eingaben nicht zurückgesandt, sondern sich bereitgefunden hat, sie für das Betreibungsamt an Hand zu behalten und unverzüglich an es weiterzuleiten, so dass das Amt nach Feststellung der Vorinstanz ungefähr gleichzeitig in den Besitz der Erklärungen gelangte, wie wenn diese an es selbst adressiert gewesen wären. Der Richter ist freilich nicht von Betreibungsrechts wegen zu solcher Besorgung verpflichtet und könnte auch nicht von den Betreibungsbehörden dazu angehalten werden. Tut er es aber in verständnisvoller Würdigung der Tatsache, dass die Einreichung beim Betreibungsamt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur zu Handen des Richters vorgeschrieben zu sein scheint, so besteht für die Betreibungsbehörden kein Grund, die Aufgabe an den betreffenden Richter nicht als taugliche Art der Adressierung anzusehen. Durch die unverzügliche Weiterleitung an das Betreibungsamt ist für ordnungsgemässe Registrierung und Vorprüfung des Rechtsvorschlages sowie Fortführung des Verfahrens gesorgt.
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Unter der Voraussetzung solcher Abwicklung ist also dem Schuldner der Irrtum in der Adressierung zugute zu halten, ähnlich wie die neuere Rechtsprechung die Einreichung des Rechtsvorschlages beim ersuchten statt beim ersuchenden Amte gelten lässt (BGE 70 III 48). Die Ernsthaftigkeit der vorliegenden Rechtsvorschlagserklärungen steht nach den Akten ausser Zweifel. Das Betreibungsamt hat sie nach dem Gesagten als rechtzeitig entgegenzunehmen und dem Richter zur Bewilligung vorzulegen.
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Nicht massgebend sind für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit eines Rechtsvorschlages die Anforderungen, welche die Gerichte an die Wahrung einer Klagefrist stellen. Schon deshalb steht BGE 53 III 184 der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen, ganz abgesehen davon, dass der Konkursverwaltung, bei der die betreffende Kollokationsklage gegen die Masse eingereicht wurde, lediglich Parteistellung zukam (Art. 240 SchKG) und dass sie die Klage an den Absender zurückwies, worauf dieser sie erst nach Ablauf der Klagefrist an das Gericht aufgab.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: | |
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