BGE 101 IV 350 - Zürcher Abhörfall | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
83. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes |
vom 31. Oktober 1975 |
i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen T. | |
Regeste |
Art. 7 des BG betr. den Telegrafen- und Telefonverkehr bestimmt lediglich, unter welchen Voraussetzungen die Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe von Bundesrechts wegen einem Gesuch der kantonalen Strafbehörden um Abhören von Telefongesprächen entsprechen müssen. Vom zuständigen kantonalen Recht hängt es ab, ob diese Zwangsmassnahme überhaupt angeordnet werden darf. | |
Sachverhalt | |
A.- T. wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 13. September 1974 der Zuhälterei, der wiederholten Hehlerei, des versuchten Betrugs und der Anstiftung zu falschem Zeugnis schuldig erklärt und zu 30 Monaten Gefängnis sowie zu bedingt aufgeschobener Landesverweisung für 10 Jahre verurteilt.
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Für den Schuldspruch wegen Zuhälterei stellte das Obergericht u.a. auf Telefonabhörprotokolle ab, ausgenommen solche, die Gespräche enthielten, welche T. mit seinem Verteidiger geführt hatte.
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C.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, den Entscheid des Kassationsgerichtes aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2 | |
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§ 104 StPO-ZH ermächtigt die Strafbehörden, Telegramme und andere "Sendungen" zu beschlagnahmen. Nach der für den Kassationshof verbindlichen Auslegung durch die Vorinstanz (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP) schliesst diese Vorschrift aber nicht das Abhören von Telefongesprächen in sich, ebensowenig wie eine andere Rechtsregel des kantonalen Rechts.
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Erwägung 3 | |
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Es ist davon auszugehen, dass die Telefonüberwachung durch die PTT unter den hier gegebenen Umständen ein Akt der Rechts- bzw. Amtshilfe einer Verwaltungsstelle des Bundes an die Strafbehörden des Kantons Zürich war (vgl. BGE 79 IV 180 ff.).
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Die Zulässigkeit einer Rechtshilfe richtet sich in erster Linie nach dem massgebenden kantonalen Strafprozessrecht (BGE 79 IV 183 E. 3). Dass ein Kanton berechtigt ist, mit Wirkung für seine Gerichte zu bestimmen, mit welchen Zwangs- und Beweismitteln die Wahrheit erforscht werden darf, folgt aus seiner Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiete des Prozessrechtes (Art. 64bis Abs. 2 BV, Art. 365 StGB). Das massgebende kantonale Recht kann im vorliegenden Fall nur jenes des Kantons Zürich sein; denn dort ist das Strafverfahren hängig und dort befanden sich die überwachten Telefonanschlüsse. Nach diesem Recht war aber, wie das Kassationsgericht für den Kassationshof verbindlich festgestellt hat, diese Beweiserhebung unzulässig.
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Erwägung 4 | |
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Auch die Gesetzgebungsarbeiten geben keine Anhaltspunkte. Sie nehmen wiederholt auf BGE 79 IV 180 Bezug. Für die Revision von 1968 gab er sogar den eigentlichen Anstoss. Es ging lediglich darum, die Abhörung einzuschränken. Den Kantonen hiefür eine gesetzliche Grundlage, die ihnen nach dem Präjudiz fehlte, zu geben, stand nicht zur Diskussion.
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Bei der zweiten Revision ging es um die parlamentarische Immunität, also wiederum nicht darum, das Abhören von Telefongesprächen als strafprozessuale Institution generell zu regeln. Doch kam die Frage in diesem Zusammenhang zur Sprache. Zwar fand der Bundesrat, im Gegensatz zur Kommission, Art. 7 TVG, da er der Bundesgesetzgebung angehöre, würde Art. 66 BStP und Art. 81 MStGO hinreichend ergänzen. Doch sei es aus Gründen der Rechtssystematik und der Klarheit gerechtfertigt, die Telefonüberwachung in diesen Bestimmungen ausdrücklich zu erwähnen und zu regeln. Für den Art. 66 BStP geschah es denn auch inzwischen bei Erlass des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (Ziff. 2 des Anhanges dazu). "Diejenigen Kantone" - fährt die Stellungnahme des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 25. August 1971 fort -, "die insbesondere in älteren Strafprozessordnungen keine Bestimmungen über die Telefonabhörung kennen, gingen offenbar ihrerseits auch von der Auffassung aus, dass das Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz ihre Strafprozessordnungen ergänze. Weil es sich hier um das Verhältnis zwischen eidgenössischem und kantonalem Recht handelt, ist eine Einladung an die betreffenden Kantone zur Ergänzung ihrer strafprozessualen Vorschriften durchaus geboten" (BBl 1971 II 482/483; auch 374, 381).
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Die Zweckmässigkeit allein, das Telefonabhören prozessual zu vereinheitlichen, genügt aber nicht, diese Rechtsänderung auf dem Wege der Rechtsprechung zu vollziehen. Dazu bedarf es eines Aktes des Bundesgesetzgebers.
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Aus der Abgrenzung von Bundes- und kantonalem Recht, dem anwendbaren Recht in Rechtshilfeverfahren im allgemeinen, dem Wortlaut und der systematischen Stellung des Art. 7 TVG sowie der bisherigen Entwicklung der Bundesgesetze ergibt sich somit, dass Art. 7 TVG die Gesetzgebungsbefugnis der Kantone betreffend Telefonüberwachung beschränkt, für die kantonalen Strafbehörden aber keine gesetzliche Grundlage schafft, die Überwachung anzuordnen.
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Entscheid: | |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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