BGE 105 IV 218 - Bodenseefischerei | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes |
vom 7. Mai 1979 |
i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau | |
Regeste |
Bodenseefischerei. Verhältnis der Vorschriften über die Maschenweite. |
Art. 1 Abs. 6 des BRB vom 12. September 1967 über die Bodenseefischerei, der die 1967 abgeänderte Vorschrift der Bregenzer-Übereinkunft über die Mindestmaschenweite der Fanggeräte ins Landesrecht aufnahm, wird durch die Delegationsnorm des Art. 30 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei von 1888 gedeckt und ist trotz der in Art. 4 der Verordnung zum Fischereigesetz von 1973 abweichend geregelten Maschenweite im Anwendungsbereich der Bregenzer-Übereinkunft (Bodensee) weiterhin rechtsgültig. | |
Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2 | |
2.- Der Beschwerdeführer hatte zum Fischen u.a. 2 Netze mit einer Maschenweite von 30 mm und einer Höhe von 240 cm, 1 Netz mit einer Maschenweite von 30 mm und einer Höhe von 230 cm, 1 Netz mit einer Maschenweite von 29 mm und einer Höhe von 200 cm und
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1 Netz mit einer Maschenweite von 29 mm und einer Höhe von 240 cm verwendet. Er anerkennt, mit dem Gebrauch der beiden letztgenannten Netze gegen Art. 2 Abs. 1 der Bregenzer-Übereinkunft verstossen zu haben, der eine Mindestmaschenweite von 30 mm vorschreibe. Dagegen bestreitet er, sich mit der Verwendung der übrigen Netze strafbar gemacht zu haben. Die einzige Vorschrift, welche eine Mindestmaschenweite von 32 mm und eine Netzhöhe von 200 cm vorsehe, sei der Art. 1 Abs. 6 des BRB von 1967 über die Bodenseefischerei. Dieser Beschluss sei jedoch gesetzwidrig und stimme mit dem delegierenden Erlass nicht überein. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lasse sich der BRB weder auf Art. 12 Abs. 2 der sogenannten Luzerner-Übereinkunft noch auf Art. 30 FG/1888 oder auf Art. 9 FG/1973 abstützen.
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Erwägung 3 | |
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b) Art. 30 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei von 1888 ermächtigte den Bundesrat, in Grenzgewässern, für welche keine Konventionen mit Nachbarstaaten bestehen, die Anwendung einzelner Bestimmungen des Fischereigesetzes zu suspendieren.
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Die Voraussetzungen dieser Ermächtigung waren zur Zeit des Erlasses des BRB von 1967 nicht gegeben, denn es bestand damals die Bregenzer-Konvention mit der in Art. 2 enthaltenen Bestimmung über die Maschenweite von Netzen. Der Bundesrat konnte also seinen Beschluss nicht unmittelbar auf Art. 30 Abs. 2 FG/ 1888 gestützt haben.
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Hatte demnach der Bundesrat die Schweiz im Sinne des Beschlusses der Bevollmächtigtenkonferenz vom 2. März 1967 völkerrechtlich verpflichtet, so war ihm auch geboten, die landesrechtliche Durchführung des Staatsvertrages durch Erlass innerstaatlicher Normen zu sichern (Art. 102 Ziff. 8 BV; VEB 1962/1963, S. 17; M. BOEHRINGER, Ausführung und Vollzug von Staatsverträgen durch bundesrechtliche Verordnungen, Diss. Bern 1970, S. 57). Dass dies auf dem Verordnungsweg geschah, ist nicht zu beanstanden, zumal die Festsetzung der Maschenweite ihrer Natur nach in die Ausführungsgesetzgebung gehört (s. Art. 9 FG/1973).
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Erwägung 4 | |
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Zutreffend ist, dass mit dem Erlass des FG/1973 das Gesetz des Jahres 1888 aufgehoben wurde (Art. 57 FG/1973). Damit ist aber weder die Bregenzer-Übereinkunft noch die Konvention, durch welche die Übereinkunft teilweise revidiert wurde, noch der zur Durchführung der Revision ergangene BRB von 1967 aufgehoben worden. Abgesehen davon, dass es sehr fraglich ist, ob der Grundsatz lex posterior derogat legi priori auch im Verhältnis des neuen Gesetzes zum älteren Staatsvertrag gilt (bejaht: BGE 59 II 337 f.; offen gelassen: BGE 94 I 678; verneint: BGE 76 IV 49, 93 II 197; zur Lehre s. BOEHRINGER, a.a.O., S. 43), wäre diese Regel jedenfalls hier nicht wirksam, weil auch das neue FG in Art. 5 den Bundesrat zum Abschluss zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Fischerei in schweizerischen Grenzgewässern ermächtigt und ausdrücklich vorsieht, dass solche Konventionen vom FG abweichende Bestimmungen enthalten können. Was aber für das Verhältnis der Bregenzer-Übereinkunft zum FG/1973 gilt, muss selbstverständlich auch für ihr Verhältnis zur Verordnung vom 8. Dezember 1975 gelten. Wenn deshalb Art. 4 Abs. 3 FV eine Mindestmaschenweite von 30 mm vorschreibt, so berührt das die abweichende Bestimmung des BRB von 1967 nicht. Diese hat für den Anwendungsbereich der Bregenzer-Übereinkunft weiterhin Bestand.
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