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Informationen zum Dokument  EuGH Rs. C-189/03, Slg. 2004, S. I-9289 - Kommission ./. Niederlande – Private Sicherheitsdienste  Materielle Begründung
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Rechtlicher Rahmen
Das Vorverfahren
Zur Klage
Zur ersten und zur zweiten Rüge
Vorbringen der Parteien ...
Würdigung durch den Gerichtshof
Zur dritten Rüge
Vorbringen der Parteien ...
Würdigung durch den Gerichtshof
Kosten
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Michelle Ammann, A. Tschentscher  
 
Urteil
 
des Gerichtshofs (Erste Kammer)  
vom 7. Oktober 2004  
In der Rechtssache  
-- C-189/03 --  
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 5. Mai 2003,  
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und W. Wils als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Klägerin,  
gegen  
Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster, C. Wissels und N. A. J. Bel als Bevollmächtigte, Beklagter,  
erlässt  
Der Gerichtshof (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), der Richter A. Rosas und S. von Bahr sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters K. Lenaerts, Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2004
 
unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien,  
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Juni 2004, folgendes  
 
Urteil
 
1. Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 49 EG sowie aus den Richtlinien 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. L 19, S. 16), und 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) verstoßen hat, dass es im Rahmen des Gesetzes über private Sicherheitsdienste und Detekteien Vorschriften erlassen hat, nach denen
1
    -- Unternehmen, die in den Niederlanden Dienstleistungen erbringen wollen, einer Erlaubnis bedürfen, deren Erteilung kostenpflichtig ist, ohne dass dabei die Verpflichtungen berücksichtigt werden, denen ein ausländischer Dienstleistungserbringer bereits im Niederlassungsmitgliedstaat unterliegt,
    -- die Führungskräfte dieser Sicherheitsdienste über eine Erlaubnis verfügen müssen, die ebenfalls kostenpflichtig ist,
    -- die Bediensteten dieser Unternehmen, die vom Niederlassungsmitgliedstaat in die Niederlande abgeordnet werden, im Besitz eines von den niederländischen Behörden ausgestellten Ausweises sein müssen,
    -- die Bediensteten über ein von einer niederländischen Einrichtung erteiltes Diplom verfügen müssen und an Installateure von Alarmanlagen hinsichtlich der beruflichen Qualifikation Anforderungen gestellt werden, ohne dass die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen berücksichtigt werden.
2
 
Rechtlicher Rahmen
 
2. Die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste und Detekteien wird in den Niederlanden durch das Wet particuliere beveiligingsorganisaties en recherchebureaus (Gesetz über private Sicherheitsdienste und Detekteien) vom 24. Oktober 1997 (Staatsblad 1997, S. 500, im Folgenden: Gesetz von 1997), die Regeling particuliere beveiligingsorganisaties en recherchebureaus (Durchführungsverordnung über private Sicherheitsdienste und Detekteien) vom 3. März 1999 (Stcrt. 1999, S. 60, im Folgenden: Verordnung vom 3. März 1999) und das Circulaire particuliere beveiligingsorganisaties en recherchebureaus (Verwaltungsrundschreiben über private Sicherheitsdienste und Detekteien) vom 16. März 1999 (Stcrt. 1999, S. 60) geregelt.
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3. Nach Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes von 1997 ist die Tätigkeit privater Sicherheitsdienste und Detekteien verboten, sofern keine Erlaubnis des zuständigen Ministers erteilt wurde. Artikel 2 Absatz 2 bestimmt u. a.:
4
    "Sicherheitsdiensten oder Detekteien kann durch den Minister eine Befreiung von diesem Verbot erteilt werden, wenn die Natur der Tätigkeiten nicht die Anwendung der durch oder kraft Artikel 6 bis 10 aufgestellten Regeln erforderlich macht."
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4. Nach Artikel 7 Absatz 1 dieses Gesetzes ist für die Einstellung von Führungskräften durch private Sicherheitsdienste ebenfalls eine Erlaubnis des zuständigen Ministers erforderlich.
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5. Nach Artikel 9 Absatz 8 des Gesetzes von 1997 haben die privaten Sicherheitsdienste und Detekteien dafür Sorge zu tragen, dass ihre Bediensteten bei der Ausübung entsprechender Tätigkeiten einen Ausweis (legitimatiebewijs) bei sich tragen, der nach einem vom zuständigen Minister bestimmten Muster ausgestellt wird. Gemäß Artikel 7 Absatz 2 des Gesetzes von 1997 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung vom 3. März 1999 wird durch diesen Ausweis bestätigt, dass das Unternehmen die erforderliche behördliche Erlaubnis erhalten hat, um den Inhaber des Ausweises einzustellen.
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6. Schließlich legt der zuständige Minister nach Artikel 8 des Gesetzes von 1997 für bestimmte Kategorien fest, welche Anforderungen an die Ausbildung der Beschäftigten von privaten Sicherheitsdiensten und Detekteien gestellt werden. Nur Personen, die die entsprechenden Anforderungen erfüllen, dürfen mit der Wahrnehmung der Aufgaben dieser Unternehmen betraut werden. Artikel 8 Absatz 2 bestimmt:
8
    "...Der Minister kann eine Befreiung von dieser Bestimmung erteilen."
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7. Artikel 8 des Gesetzes von 1997 wird u. a. durch die Artikel 5 und 11 der Verordnung vom 3. März 1999 präzisiert. Nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung dürfen die privaten Sicherheitsdienste nur solche Personen mit Überwachungstätigkeiten betrauen, die im Besitz eines besonderen Diploms, des Diploma Algemeen Beveiligingsmedewerker, sind, das von zwei niederländischen Einrichtungen, der Stichting Vakexamens voor de Particuliere Beveiligingsorganisaties und der Stichting Ecabo, erteilt wird. Artikel 5 Absatz 5 erkennt eine Reihe anderer Diplome, die ebenfalls von niederländischen Einrichtungen erteilt werden, als gleichwertig an.
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8. Außerdem bestimmt diese Verordnung in Artikel 11 Absatz 1, dass private Sicherheitsdienste nur solche Personen mit der Installation von Alarmanlagen betrauen dürfen, die im Besitz eines vom zuständigen Minister anerkannten Diploms sind. Artikel 11 Absatz 2 zählt insgesamt vier solcher anerkannter Diplome auf, die alle von niederländischen Einrichtungen erteilt werden.
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Das Vorverfahren
 
9. Da die Kommission der Ansicht war, dass die sich aus den streitigen nationalen Bestimmungen ergebenden Anforderungen gegen Artikel 49 EG sowie gegen die Richtlinien 89/48 und 92/51 verstießen, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren ein.
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10. Nachdem die Kommission das Königreich der Niederlande zur Äußerung aufgefordert hatte, richtete sie am 11. Dezember 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an diesen Mitgliedstaat, in der sie ihn aufforderte, innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung der Stellungnahme die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dieser Richtlinie nachzukommen. Da das Königreich der Niederlande dieser Stellungnahme keine Folge leistete, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben
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Zur Klage
 
11. Die Kommission hat sich zur Begründung ihrer Klage ursprünglich auf vier Rügen betreffend die Voraussetzungen berufen, die das Königreich der Niederlande für die Ausübung der Tätigkeit eines privaten Sicherheitsdienstes in diesem Mitgliedstaat festgelegt hat.
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12. Diese Rügen betrafen
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    -- die Unvereinbarkeit der Voraussetzung, dass die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen privaten Sicherheitsdienste und Detekteien einer kostenpflichtigen Erlaubnis der niederländischen Behörden bedürften, ohne dass dabei die Verpflichtungen berücksichtigt würden, denen diese Unternehmen bereits im Herkunftsmitgliedstaat unterliegen, mit Artikel 49 EG;
    -- die Unvereinbarkeit der Voraussetzung, dass die Führungskräfte dieser Unternehmen einer vergleichbaren Erlaubnis bedürften, mit Artikel 49 EG;
    -- die Unvereinbarkeit der Voraussetzung, dass die Bediensteten dieser Unternehmen im Besitz eines von den niederländischen Behörden kostenpflichtig ausgestellten Ausweises (legitimatiebewijs) sein müssten, ohne dass berücksichtigt werde, dass sie bereits im Besitz eines von ihrem Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Personalausweises oder Reisepasses seien, mit Artikel 49 EG;
    -- die Unvereinbarkeit der Voraussetzung, dass die Bediensteten dieser Unternehmen im Besitz eines von einer niederländischen Einrichtung erteilten Diploms sein müssten und Installateure von Alarmanlagen über besondere Qualifikationen verfügen müssten, ohne dass die bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Qualifikationen berücksichtigt würden, mit Artikel 49 EG sowie den Richtlinien 89/48 und 92/51.
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13. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ihre Klage zurückgenommen, soweit sie die vierte Rüge betraf, hinsichtlich der ersten drei Rügen jedoch aufrechterhalten. Die geltend gemachte Vertragsverletzung ist also nur unter dem Gesichtspunkt des Artikels 49 EG zu prüfen.
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Zur ersten und zur zweiten Rüge  
Vorbringen der Parteien
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14. Die Kommission macht geltend, dass zwar möglicherweise der Schutz der Empfänger dieser Dienstleistungen bestimmte Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit in diesem Sektor rechtfertigen könne, dass aber die Erlaubnispflichtigkeit, die zum einen für die fraglichen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, die ihre Dienstleistungen in den Niederlanden erbringen wollten, und zum anderen für ihre Führungskräfte gelte, keine geeignete Maßnahme darstelle. Insbesondere berücksichtige die fragliche nationale Regelung nicht die Verpflichtungen, denen die Dienstleistungserbringer bereits in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat nachkommen müssten (vgl. Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-355/98, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I-1221), und habe ungerechtfertigte zusätzliche Kosten zur Folge (vgl. Urteil vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-43/93, Vander Elst, Slg. 1994, I-3803).
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15. Die niederländische Regierung bestreitet die Vertragsverletzung in diesen Punkten. Sie räumt zwar ein, dass die von der Kommission angeführten Voraussetzungen und Anforderungen geeignet seien, die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken, macht aber geltend, dass sie durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt seien, insbesondere durch das Erfordernis, die Empfänger der fraglichen Dienstleistungen und die Bürger vor möglichem Missbrauch zu schützen, der durch die privaten Sicherheitsdienste und Detekteien betrieben werden könnte. Diese Maßnahmen seien geeignet und angemessen, um diese Personen vor rechtswidrigen und unlauteren Praktiken zu schützen. In diesem Zusammenhang sei es insbesondere wichtig, die Beweggründe und die Vorgeschichte der Führungskräfte der Sicherheitsdienste und Detekteien zu prüfen; sonst sei die Untersuchung der Zuverlässigkeit der Unternehmen selbst nur wenig aussagekräftig. Außerdem seien die mit der Erteilung der verschiedenen Erlaubnisse und Bestätigungen verbundenen Kosten nicht überhöht.
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16. Zwar enthalte die niederländische Regelung keine besondere Bestimmung, in der ausdrücklich erwähnt sei, wie die Qualifikationen zu berücksichtigen seien, die ein privater Sicherheitsdienst oder eine seiner Führungskräfte in ihrem Niederlassungsmitgliedstaat erworben hätten, doch könne diese Qualifikation im Rahmen eines Antrags auf ministerielle Erlaubnis nach Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes von 1997 berücksichtigt werden. Solange auf Gemeinschaftsebene eine Harmonisierung der von den fraglichen Unternehmen zu erfüllenden Verpflichtungen fehle, sei in der Praxis die Feststellung sehr schwierig, inwiefern die unterschiedlichen Verpflichtungen, die von den verschiedenen Mitgliedstaaten auferlegt würden, den sich aus der niederländischen Regelung ergebenden Anforderungen entsprächen.
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Würdigung durch den Gerichtshof  
17. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes stellt eine nationale Regelung, die die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Artikel 49 EG dar (vgl. u. a. Urteile Vander Elst, Randnr. 15, und Kommission/Belgien, Randnr. 35).
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18. Der Gerichtshof hat in Bezug auf Regelungen, die den von der Kommission mit ihrer ersten Rüge beanstandeten Regelungen entsprechen, und angesichts eines dem Verteidigungsvorbringen der niederländischen Regierung ähnlichen Vorbringens entschieden, dass eine solche Beschränkung nicht gerechtfertigt sein kann, weil sie, indem sie eine Berücksichtigung der Verpflichtungen ausschließt, denen der grenzüberschreitende Dienstleister in seinem Herkunftsmitgliedstaat unterliegt, jedenfalls über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Zweckes, eine strenge Kontrolle dieser Tätigkeiten zu gewährleisten, erforderlich ist (Urteile Kommission/Belgien, Randnrn. 36 bis 38, und vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-171/02, Kommission/Portugal, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60). Dasselbe gilt für die mit der zweiten Rüge der Kommission beanstandete Regelung, nämlich die Voraussetzung, dass die Führungskräfte der betreffenden Unternehmen im Besitz einer Erlaubnis sein müssen.
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19. Die niederländische Regierung konnte das Bestehen der von ihr behaupteten Verwaltungspraxis, wonach im Rahmen von Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes von 1997 die vom Herkunftsmitgliedstaat vorgesehenen Verpflichtungen berücksichtigt würden, nicht mit hinreichender Präzision nachweisen. Jedenfalls kann nach ständiger Rechtsprechung eine bloße Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, nicht als rechtswirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag angesehen werden (vgl. u. a. Urteil vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-358/98, Kommission/Italien, Slg. 2000, I-1255, Randnr. 17).
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20. Folglich ist die Voraussetzung, dass private Sicherheitsdienste und Detekteien sowie deren Führungskräfte nach geltendem niederländischem Recht im Besitz einer Erlaubnis sein müssen, nicht durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt, soweit die Verpflichtungen nicht berücksichtigt werden, denen diese Unternehmen und Personen bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat unterliegen.
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21. Nach alledem sind die ersten beiden Rügen der Kommission begründet.
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Zur dritten Rüge  
Vorbringen der Parteien
27
22. Nach Ansicht der Kommission stellt die Verpflichtung, dass die Bediensteten der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen privaten Sicherheitsdienste und Detekteien im Besitz eines von den niederländischen Behörden ausgestellten Ausweises sein müssten, auch eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dieser Unternehmen dar. Diese Voraussetzung sei unverhältnismäßig, da diese abgeordneten Bediensteten jedenfalls bereits im Besitz eines vom Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Personalausweises oder Reisepasses seien (vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 40).
28
23. Außerdem werde diese Verpflichtung von den niederländischen Behörden allgemein angewandt, ohne dass vom Herkunftsmitgliedstaat durchgeführte vorherige Kontrollen berücksichtigt würden.
29
24. Die niederländische Regierung macht geltend, dass diese Verpflichtung eine wichtige Garantie dafür darstelle, die Qualität und die Zuverlässigkeit der von den betreffenden Unternehmen erbrachten Dienstleistungen sicherzustellen. Diese Garantie sei vor allem für die Bürger wichtig, die mit dem Handeln der Beschäftigten dieser Unternehmen konfrontiert würden. In dem Ausweis sei nicht nur die Identität seines Inhabers angegeben, sondern auch, dass er befugt sei, in den Niederlanden die Tätigkeiten eines Sicherheitsdienstes oder einer Detektei auszuüben, während ein Reisepass oder ein Personalausweis keinen Hinweis auf die Befugnisse des Betroffenen enthielten. Daher sei nur der Ausweis ein geeignetes und angemessenes Mittel, um die Bürger gegen etwaige rechtswidrige Eingriffe zu schützen.
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25. Jedenfalls sei auch eine Befreiung durch den Minister nach Artikel 8 Absatz 2 des Gesetzes von 1997 möglich.
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26. Außerdem dienten die für die Erteilung eines Ausweises erhobenen Beträge nur dazu, die dadurch entstehenden Kosten zu decken, und seien nicht überhöht.
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Würdigung durch den Gerichtshof  
27. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich hierzu, dass die Verpflichtung der Bediensteten eines privaten Sicherheitsdienstes und einer Detektei, im Besitz eines Ausweises sein zu müssen, der von den Behörden des Mitgliedstaats ausgestellt wurde, in dem die Dienstleistung erbracht wird, ebenfalls als Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs anzusehen ist, soweit die mit der Ausstellung eines solchen Ausweises verbundenen Formalitäten die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen verteuern können (vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 39).
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28. Zu der Frage, ob diese Maßnahme durch die von der niederländischen Regierung geltend gemachte Notwendigkeit des Schutzes der Bürger gerechtfertigt sein kann, führt die Kommission zu Recht aus, dass die Beschäftigten der betreffenden Unternehmen, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, jedenfalls im Besitz eines Personalausweises oder eines Reisepasses sein müssen und dass diese Dokumente zur Bestimmung ihrer Identität ausreichen (vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 40).
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29. Die niederländische Regierung hat außerdem vorgetragen, dass der streitige Ausweis nicht nur der Identifizierung der betreffenden Person, sondern auch der Legitimation diene, soweit in ihm der Umfang der Befugnisse des Betroffenen bestätigt werde. Unter diesem Aspekt kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Besitz eines solchen Ausweises eine geeignete Maßnahme ist, um das Vertrauen der Bürger in die Bediensteten der privaten Sicherheitsdienste und Detekteien zu stärken.
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30. Der Ausweis soll zwar die Befugnisse und die berufliche Zuverlässigkeit der Bediensteten von Sicherheitsdiensten und Detekteien aus anderen Mitgliedstaaten, die in den Niederlanden Dienstleistungen erbringen, bestätigen, doch stellt eine solche Anforderung eine Beschränkung dar, die über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderlich ist, soweit sie die im Herkunftsmitgliedstaat bereits durchgeführten Kontrollen und Überprüfungen nicht berücksichtigt, die die Befugnisse und die berufliche Zuverlässigkeit bestätigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Portugal, Randnr. 66).
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31. In Bezug auf die von der niederländischen Regierung angeführte Befreiung durch den Minister geht, wie die Generalanwältin in den Nummern 54 bis 58 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, aus Artikel 8 Absatz 2 des Gesetzes von 1997 nicht ausdrücklich hervor, dass die Befreiungsmöglichkeit, die im Ermessen der Verwaltung steht, auch und in jedem Fall für die Anerkennung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen beruflichen Qualifikationen im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des streitigen Ausweises gilt. Die Tatsache, dass der Besitz eines solchen Ausweises verlangt wird, kann damit also nicht gerechtfertigt werden.
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32. Daraus folgt, dass die dritte Rüge der Kommission ebenfalls begründet ist, soweit für die streitige Anforderung nicht die Kontrollen berücksichtigt werden, denen die Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat unterliegen.
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33. Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 49 EG verstoßen hat, dass es im Rahmen des Gesetzes von 1997 Vorschriften erlassen hat, nach denen
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    -- Unternehmen, die in den Niederlanden Dienstleistungen erbringen wollen, sowie deren Führungskräfte einer Erlaubnis bedürfen, deren Erteilung kostenpflichtig ist, ohne dass dabei die Verpflichtungen berücksichtigt werden, denen ein ausländischer Dienstleistungserbringer bereits im Niederlassungsmitgliedstaat unterliegt, und
    -- die Bediensteten dieser Unternehmen, die vom Niederlassungsmitgliedstaat in die Niederlande abgeordnet werden, im Besitz eines von den niederländischen Behörden ausgestellten Ausweises sein müssen, soweit für die streitige Anforderung nicht die Kontrollen berücksichtigt werden, denen die Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat unterliegen.
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Kosten
 
34. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs der Niederlande beantragt hat und dieses im Rahmen der ersten drei Rügen der Kommission mit seinem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihm die entsprechenden Kosten aufzuerlegen. In Bezug auf die vierte Rüge, die die Kommission in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, haben die Parteien keine Kostenanträge gestellt. Insoweit ist demnach Artikel 69 § 5 Absatz 3 der Verfahrensordnung anzuwenden, wonach jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Dem Königreich der Niederlande sind folglich drei Viertel der Kosten der Kommission aufzuerlegen; im Übrigen trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.
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Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
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1. Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 49 EG verstoßen, dass es im Rahmen des Gesetzes über private Sicherheitsdienste und Detekteien vom 24. Oktober 1997 Vorschriften erlassen hat, nach denen  
-- Unternehmen, die in den Niederlanden Dienstleistungen erbringen wollen, sowie deren Führungskräfte einer Erlaubnis bedürfen, deren Erteilung kostenpflichtig ist, ohne dass dabei die Verpflichtungen berücksichtigt werden, denen ein ausländischer Dienstleistungserbringer bereits im Niederlassungsmitgliedstaat unterliegt, und  
-- die Bediensteten dieser Unternehmen, die vom Niederlassungsmitgliedstaat in die Niederlande abgeordnet werden, im Besitz eines von den niederländischen Behörden ausgestellten Ausweises sein müssen, soweit für die streitige Anforderung nicht die Kontrollen berücksichtigt werden, denen die Erbringer grenzüberschreitender Dienstleistungen bereits in ihrem Herkunftsmitgliedstaat unterliegen.  
2. Das Königreich der Niederlande trägt drei Viertel der Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Im Übrigen trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.  
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