Aus den Gründen:
| |
| 5 |
| 6 |
| 7 |
Die weitere Anwesenheit des Klägers beeinträchtigt nicht in diesem Sinne Belange der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger erfüllt zwar den Ausweisungstatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 2 AuslG. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, daß ihm die Aufenthaltserlaubnis versagt werden muß. Die Auffassung des Beklagten, es sei "nicht möglich anzunehmen, die Anwesenheit eines Ausländers, der erst nach nahezu zehnjährigem Aufenthalt erstmals und nur einmal wegen eines Vergehens verurteilt worden ist, beeinträchtige Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht, trifft nicht zu. Das Vorliegen eines Ausweisungstatbestandes ist weder Voraussetzung noch stets ausreichend, um eine Beeinträchtigung der Belange der Bundesrepublik Deutschland zu bejahen. Es liegt nichts dafür vor, daß von dem Kläger die Gefahr neuer Straftaten ausgeht. Eine Wiederholungsgefahr nimmt auch der Beklagte nicht an. Unter diesen Umständen kann der einmaligen fahrlässigen Verkehrsverfehlung, die dem Kläger als Führer eines Kraftfahrzeuges nach einem im wesentlichen beanstandungsfreien Aufenthalt von nahezu 10 Jahren während seiner Berufsausübung unterlaufen ist, nicht ein solches Gewicht beigemessen werden, daß ein weiterer Aufenthalt von vornherein aus Rechtsgründen ausgeschlossen wäre. Die für die ablehnende Entscheidung des Beklagten maßgebenden generalpräventiven Zwecke sind nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht so gewichtig, daß für ein Ermessen kein Raum mehr bliebe. Auch eine Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 AuslG wäre nach Sachlage mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.
| 8 |
| 9 |
| 10 |
| 11 |
| 12 |
Die Ausweisung eines strafgerichtlich verurteilten Ausländers aus generalpräventiven Gründen darf keine unverhältnismäßige Folge der Straftat sein (BVerfGE 50, 166 [176]). Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Ausländer schon lange Zeit im Bundesgebiet lebt (Beschlüsse vom 2. Februar 1979 -- BVerwG 1 B 238. 78 -- [a.a.O.], vom 8. März 1979 -- BVerwG 1 B 34. 78 -- [Buchholz, a.a.O. § 10 AuslG Nr. 60]). Entsprechendes hat für die ausländerbehördliche Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu gelten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist verletzt, wenn die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis verbundenen Nachteile außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg stehen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich auf Grund einer Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles. Dabei kommt, wie erwähnt, einem langen Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet und seiner damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Integration, die regelmäßig eine die Rückkehr erschwerende Lockerung der Bindungen zu seiner Heimat zur Folge hat, erhebliches Gewicht zu. Ist einem ausländischen Arbeitnehmer über lange Zeit ermöglicht worden, sich im Bundesgebiet eine wirtschaftliche Lebensgrundlage aufzubauen und diese zu festigen, und ist er vor allem infolge seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit in hiesigen Lebensverhältnissen verwurzelt, so darf ihm seine so geschaffene wirtschaftliche und soziale Existenz nur aus entsprechend gewichtigen Gründen genommen werden. Sie ist in einem sozialen Rechtsstaat schutzwürdig. Der gebotene Schutz muß bei Beachtung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und Sozialstaatsprinzips nicht ohne weiteres im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zurücktreten, wenn der Ausländer einmal strafrechtlich gefehlt hat. Das hat um so mehr zu gelten, wenn die  behördliche Maßnahme -- wie hier -- nicht weiteren Verfehlungen des Ausländers vorbeugen, sondern ausschließlich das künftige Verhalten anderer Ausländer beeinflussen soll.
| 13 |
Im Rahmen der erforderlichen Abwägung spricht gegen den Kläger, daß die Verkehrssicherheit einen hohen Rang hat und daß der Kläger seine Sorgfaltspflichten als Kraftfahrzeugführer erheblich verletzt und dadurch beträchtlichen Schaden verursacht hat. Demgegenüber fällt zugunsten des Klägers ins Gewicht, daß er sich vor dem Verkehrsdelikt während seines nahezu zehnjährigen Aufenthalts straffrei geführt hat. Nach einem so langen Aufenthalt ist regelmäßig anzunehmen, daß der ausländische Arbeitnehmer seine wirtschaftliche Lebensgrundlage im Bundesgebiet gefunden hat und in hiesigen Lebensverhältnissen verwurzelt ist. Das hat selbst dann zu gelten, wenn der Ausländer wie der Kläger von seiner Familie getrennt lebt. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß wegen der hohen Anforderungen, die der motorisierte Straßenverkehr heute vor allem in innerstädtischen Bereichen stellt, auch ein pflichtbewußter Kraftfahrer einmal in eine Situation geraten kann, in der er versagt. Seine Verfehlung mag zum Schutze der Verkehrsteilnehmer unter Umständen empfindliche Sanktionen und vorbeugende Maßnahmen erfordern. Ein einmaliger fahrlässiger Verkehrsverstoß der hier vorliegenden Art rechtfertigt aber grundsätzlich nicht die Zerstörung der während eines langen Aufenthalts geschaffenen wirtschaftlichen und sozialen Existenz. Die vom Amtsgericht F. abgeurteilte Straftat bildet keinen hinreichenden Anlaß, dem Kläger allein zur Abschreckung anderer Ausländer den weiteren Aufenthalt zu versagen. An dieser Beurteilung ändert nichts, daß der Kläger seinen Erlaubnisantrag erst einige Tage nach Ablauf der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Auch der Beklagte mißt diesem Umstand im Verhältnis zu dem Verkehrsverstoß kein Gewicht bei, wie sich aus dem Zusammenhang der Gründe des Widerspruchsbescheides und den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt.
| 14 |
Das öffentliche Interesse an der wirksamen Bekämpfung von Verkehrsdelikten wird nicht unangemessen zurückgestellt, wenn in Fällen wie dem vorliegenden die Aufenthaltserlaubnis nicht aus den vom Beklagten angeführten Gründen versagt wird. Die Auffassung des Senats hat nicht zu  Lasten der Interessen der Allgemeinheit einen Verzicht auf jegliche Generalprävention zur Folge. Ausländern, die schon lange Zeit im Bundesgebiet leben, droht bei strafbarem Verhalten wie jedem anderen Straftäter gerichtliche Bestrafung. Sie müssen ebenfalls mit Maßnahmen der Gefahrenabwehr rechnen. Ihnen droht außerdem in den Grenzen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 AuslG sowie die Nichtverlängerung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schließt auch nach langem Aufenthalt solche Maßnahmen nicht von vornherein aus. Das gilt vor allem dann, wenn von dem Ausländer eine hinreichende Gefahr neuer Straftaten ausgeht. Auch sind solche Maßnahmen zum Zwecke der Generalprävention nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Das Interesse des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt hat nicht schlechthin Vorrang. So kann die Abwägung bei Ausländern, denen nach ihrem Aufenthaltszweck nicht Gelegenheit gegeben werden soll, sich im Bundesgebiet eine Existenz zu schaffen, trotz langem Aufenthalts zu einem abweichenden Ergebnis führen. Ferner können bei Vorliegen mehrerer Verurteilungen die generalpräventiven Gründe im Rahmen der gebotenen Abwägung überwiegen. Entsprechendes kann insbesondere im Hinblick auf die Art und die Schwere der Straftat gelten. In den Fällen der Beteiligung am illegalen Rauschgifthandel kommt beispielsweise der Generalprävention besonderes Gewicht zu. Sie kann selbst dann Vorrang beanspruchen, wenn der Ausländer mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist (BVerfG, Beschluß vom 18. Juli 1979 -- 1 BvR 650/77 -- ), obwohl das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG grundsätzlich ausschließt, allein aus Gründen der Generalprävention einem Ausländer mit deutschem Ehegatten die Aufenthaltserlaubnis zu versagen oder ihn auszuweisen (BVerwGE 56, 246 [251 f.]; Beschlüsse vom 2. Februar 1979 -- BVerwG 1 B 238. 78 -- [a.a.O.], vom März 1979 -- BVerwG 1 B 34. 78 -- [a.a.O.]).
| 15 |
| 16 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). | |