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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
2C_297/2018
Urteil vom 13. April 2018
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Kocher.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern.
Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Bern, Steuerperiode 2015, und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, vom 13. März 2018 (100.2017.102/103U).
Erwägungen:
1.
1.1. A.________ hat steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/BE. Aus der Steuerperiode 2015 bestehen rechtskräftig veranlagte Steuerschulden von Fr. 35.40 (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 1'724.85 (Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Bern), jeweils inklusive Verzugszins. Gemäss Betreibungsregisterauszug vom 6. Januar 2015 liegen gegen den Steuerpflichtigen sieben Verlustscheine für Forderungen von insgesamt Fr. 120'089.40 vor, wobei der weit überwiegende Teil auf familienrechtliche Unterhaltsbeiträge zurückzuführen ist, die von der Wohnsitzgemeinde bevorschusst wurden.
1.2. Am 12. Juni 2016 ersuchte der Steuerpflichtige um Erlass der aus der Steuerperiode 2015 bestehenden offenen Steuerschulden, was die Wohnsitzgemeinde, eröffnet durch die Steuerverwaltung des Kantons Bern (KSTV/BE), mit Entscheid vom 19. August 2016 abwies. Die Rechtsmittel an die Steuerrekurskommission (Entscheid vom 9. März 2017) bzw. an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung (einzelrichterlicher Entscheid 100.2017.102 / 100.2017.103 vom 13. März 2018) blieben erfolglos. Das Verwaltungsgericht erwog im Wesentlichen, mit Blick auf die Verlustscheine habe der Steuerpflichtige direktsteuerlich als überschuldet zu gelten, was einem Steuererlass entgegenstehe, da dieser vorwiegend den übrigen Gläubigern zugute käme.
1.3. Der Steuerpflichtige ersucht das Bundesgericht mit einer am 9. April 2018 eingetroffenen Eingabe (Poststempel unleserlich) sinngemäss um Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er macht das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falls geltend.
2.
2.1. Gegen Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben ist das ordentliche Rechtsmittel (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Art. 82 ff. BGG [SR 173.110]) grundsätzlich nicht gegeben, es sei denn, der angefochtene Entscheid betreffe erstens die direkte Bundessteuer und/oder kantonale oder kommunale Einkommens- und Gewinnsteuern, wobei sich zweitens eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 83 lit. m BGG in der Fassung vom 20. Juni 2014, in Kraft seit 1. Januar 2016 [AS 2015 9]; Urteil 2D_7/2016 vom 25. August 2017 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 143 II 459).
2.2.
2.2.1. Die Revision von Art. 83 lit. m BGG führte zwar insofern zu einer Öffnung des Rechtsweges, als nun Erlassentscheide aus dem Bereich des harmonisierten Steuerrechts (formelles Kriterium) auch beschwerdefähig sind, aber unter der ausdrücklichen Voraussetzung, dass es sich um einen besonders gewichtigen Fall (Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder besonders bedeutender Fall; materielles Kriterium) handelt.
2.2.2. Der Steuerpflichtige erblickt in seinen eigenen Verhältnissen einen besonders bedeutenden Fall. Wann ein solcher vorliegt, lässt Art. 83 lit. m BGG offen. Aus der Entstehungsgeschichte geht hervor, dass ein solcher mit einiger Zurückhaltung anzunehmen ist. Ein besonders bedeutender Fall liegt etwa vor, wenn elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind. Der Gesetzgeber überlässt dem Bundesgericht bei der Würdigung des konkreten Falles einen weiten Ermessensspielraum (Botschaft vom 23. Oktober 2013 zum Steuererlassgesetz [BBl 2013 8435, insb. 8444]; BGE 143 II 459 E. 1.2.1). Macht die beschwerdeführende Person geltend, es bestehe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder es liege aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vor, hat sie dies in ihrer Beschwerde an das Bundesgericht aufzuzeigen (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG in der Fassung vom 20. Juni 2014, in Kraft seit 1. Januar 2016 [AS 2015 9]).
2.2.3. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) ergeben sich aus dem Betreibungsregister offene Schulden von rund Fr. 120'000.--, wogegen die erlassbetroffenen Steuern der Steuerperiode 2015 weniger als Fr. 1'800.-- erreichen. Die Auswirkungen des Steuererlasses auf die gesellschaftlich-beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (dazu BGE 143 II 459 E. 1.2.4 S. 464) genügen nicht, um den Fall als besonders bedeutend erscheinen zu lassen. Die mögliche Erlassquote ist in absoluten und relativen Zahlen zu geringfügig, um zur dauerhaften Sanierung der wirtschaftlichen Lage beitragen zu können.
2.3.
2.3.1. Mithin ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig. Die Eingabe ist als subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von Art. 113 ff. BGG entgegenzunehmen, was sich aus Art. 113 in Verbindung mit Art. 83 lit. m BGG e contrarioergibt. Zu einer solchen ist (nur) berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (Art. 115 BGG).
2.3.2. Als Beschwerdegrund der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung von verfassungsmässigen Individualrechten vorgebracht werden (Art. 116 BGG). Entsprechend hat die Beschwerde der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit zu genügen (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Darin ist daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids aufzuzeigen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 143 I 1 E. 1.4 S. 5 zum gleichartigen Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 143 IV 500 E. 1.1 S. 503).
2.3.3. Diesen formellen Anforderungen genügt die Eingabe offenkundig nicht. Der Steuerpflichtige wiederholt den zeitlichen Verlauf der Ereignisse, wie sie sich aus seiner Optik zugetragen haben, und blendet dabei bis ins Jahr 1998 zurück. Er äussert sein Unverständnis darüber, dass das Verfahren nicht seinen Erwartungen entsprechend verlaufen ist und wirft der Vorinstanz vor, die "ganze Angelegenheit wäre in 15 Minuten zu erledigen gewesen". Er macht geltend, sein Einkommen liege unter dem Existenzminimum, weshalb er sich ausserstande sehe, überhaupt Steuern zu bezahlen. Diese Kritik hat bestenfalls appellatorischen Charakter, wobei der Steuerpflichtige auch nicht beiläufig ausführt, dass und inwiefern er durch den angefochtenen Entscheid in seinen verfassungsmässigen Individualrechten verletzt sein könnte. Die Beschwerde enthält somit offensichtlich eine unzureichende Begründung, so dass darauf durch Entscheid des Einzelrichters im vereinfachten Verfahren nicht einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 117 BGG).
2.3.4. Zuhanden des Steuerpflichtigen ist immerhin festzuhalten, dass es selbst bei einer formgültigen Beschwerde zu keiner Gutheissung hätte kommen können. So hat die Vorinstanz die Beschwerde nicht etwa abgewiesen, weil kein Härtefall vorliege, sondern vielmehr mit Blick darauf, dass der Steuererlass nicht infrage kommt, wenn die steuerpflichtige Person überschuldet ist und die gleichrangigen Gläubiger nicht im selben Ausmass auf ihre Forderungen verzichten (Art. 240c Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes [des Kantons Bern] vom 21. Mai 2000 [StG/BE; BSG 661.11], dieser in der Fassung vom 23. März 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 [BAG 10-113]). Die Überschuldung des Steuerpflichtigen ist offenkundig (vorne E. 1.1). Dass die anderen Gläubiger verzichtsbereit seien, macht der Steuerpflichtige nicht geltend, weshalb die Vorinstanz verfassungsrechtlich haltbar zum Ergebnis gelangen konnte, es greife der Ausschlussgrund der Überschuldung. Dasselbe gilt auf bundesrechtlicher Ebene, wo das "principe de la symétrie des sacrifices des créanciers" (dazu Pierre Curchod, in: Yves Noël/ Florence Aubry Girardin [Hrsg.], Commentaire romand zum LIFD, 2. Aufl. 2017, N. 14 zu Art. 167 DBG) allen übrigen Ausschluss- und Nichteintretensgründen vorangestellt ist (Art. 167 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] in der Fassung vom 20. Juni 2014, in Kraft seit 1. Januar 2016 [AS 2015 9]). Dabei kann offenbleiben, ob bundesrechtlich überhaupt ein Rechtsanspruch auf Erlass besteht, dessen Verletzung im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde angerufen werden könnte (Urteile 2D_50/2017 vom 20. Dezember 2017 E. 3.3; 2D_46/2016 / 2D_47/2016 vom 22. November 2016 E. 2.2).
3.
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens grundsätzlich dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Angesichts der besonderen Umstände rechtfertigt es sich, vom Erheben der Gerichtskosten abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Dem Kanton Bern, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015, wird nicht eingetreten.
2.
Auf die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Bern, Steuerperiode 2015, wird nicht eingetreten.
3.
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichter, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. April 2018
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Kocher