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Original
 
Urteilskopf

95 II 364


50. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. März 1969 i.S. YGNIS Kessel AG gegen IDAG Aktiengesellschaft.

Regeste

Art. 67 OG. Zulässigkeit und Bedeutung eines Privatgutachtens im Berufungsverfahren (Erw. 2).
Richterliche Einschränkung des Patentes nach Art. 27 Abs. 1 und 24 Abs. 1 lit. c PatG. Keine zeitliche Befristung der Einschränkung nach Art. 24 Abs. 2 PatG (Erw. 4).
Voraussetzungen der Einschränkung im vorliegenden Fall verneint (Erw. 5).

Sachverhalt ab Seite 365

BGE 95 II 364 S. 365

A.- Die YGNIS Kessel AG fabriziert und verkauft Heizkessel. Sie besitzt unter anderem folgende Patente:
a) Schweizer Patent 355 554, Verfahren zur Verfeuerung von Brennstoffen, insbesondere flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe, und Heizkessel zur Ausübung des Verfahrens, mit Patentanspruch I nebst Unteransprüchen 1-3 sowie Patentanspruch II nebst Unteransprüchen 4-15. Die Anmeldung erfolgte am 24. September 1957, unter Beanspruchung einer deutschen Priorität vom 28. Juni 1957, die Eintragung am 15. Juli 1961;
b) Schweizer Patent 373 129, Einsatz für Rauchrohre von Heizkesseln mit Unteransprüchen 1-4. Die Anmeldung erfolgte am 16. November 1959, unter Beanspruchung einer deutschen Priorität vom 21. November 1958, die Eintragung am 15. November 1963;
c) Schweizer Patent 372 781, Türe für insbesondere unter Überdruck arbeitende Heizkessel, mit Unteransprüchen 1 und 2. Die Anmeldung erfolgte am 15. Januar 1960, unter Beanspruchung einer deutschen Priorität vom 14. März 1959, die Eintragung am 31. Oktober 1963.
Die Aktiengesellschaft IDAG verkauft Heizkessel, die sie von der Firma NYEBOE & NISSEN, Kopenhagen, bezieht. Am 24. März reichte die YGNIS AG Strafklage gegen die IDAG AG sowie deren Geschäftsführer Emil Julier - einen früheren Angestellten der YGNIS AG - und den Verwaltungsratspräsidenten Willi Dahinden wegen Verletzung des Fabrikationsgeheimnisses nach Art. 162 StGB, unlauteren Wettbewerbes nach Art. 13 UWG und Diebstahls ein.
Am 17. August 1964 ergänzte die YGNIS AG die Strafklage wegen Verletzung der erwähnten Patente.
BGE 95 II 364 S. 366
Da Julier und Dahinden die Einrede der Nichtigkeit der drei Patente erhoben, setzte ihnen der Untersuchungsrichter im Sinne von Art. 86 PatG Frist an zur Anhebung der Nichtigkeitsklage.

B.- Mit Klage vom 18. Dezember 1964 beantragte die IDAG AG beim Obergericht des Kantons Luzern die gerichtliche Feststellung, dass die drei Patente 355 554, 373 129 und 372 781 nichtig seien.
Das Obergericht des Kantons Luzern holte zwei technische Gutachten (Expertise und Oberexpertise) ein und fällte am 14. Februar 1968 folgendes Urteil:
"1. Der Hauptanspruch I und die Unteransprüche 1-3 sowie der Hauptanspruch II und die Unteransprüche 4-9 des Schweizer Patentes 355 554, der Hauptanspruch und die Unteransprüche 1 und 2 des Schweizer Patentes 372 781 sowie der Hauptanspruch und die Unteransprüche 1-4 des Schweizer Patentes 373 129 werden nichtig erklärt.
2. Das Begehren um Nichtigerklärung der Unteransprüche 10-15 zum Hauptanspruch II des Schweizer Patentes 355 554 wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
3. ... (Kosten)."
Das Obergericht hat die Neufassung des Patentanspruchs 355 554 als Folge der Teilnichtigkeit bis zur Erledigung eines allfälligen Berufungsverfahrens zurückgestellt; denn es würde sich seines Erachtens um einen unnützen Aufwand handeln, wenn das Bundesgericht im Gegensatz zum Obergericht entweder die Nichtigkeitsklage bezüglich des Schweizer Patentes 355 554 abweisen oder die Teilnichtigkeit des Patentes in einem grösseren oder kleineren Umfang als das Obergericht aussprechen oder die Nichtigkeitsklage vollumfänglich schützen sollte.

C.- Die Beklagte beantragt mit der Berufung, Dispositiv Ziff. 1 und 3 des vorinstanzlichen Urteils aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen, als der Hauptanspruch I und die Unteransprüche 1-3 des Schweizer Patentes 355 554 nichtig erklärt wurden; ferner sei der Hauptanspruch I dieses Patentes teilweise nichtig zu erklären mit folgender Neufassung:
"Verfahren zur Verfeuerung von Brennstoffen, insbesondere flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen, in einem von einem Wassermantel umgegebenen Feuerungsraum mit mindestens feuerfestmaterialfreiem Mantel, welcher Feuerungsraum am hintern Ende
BGE 95 II 364 S. 367
geschlossen ist, und bei welchem die Flamme unter Gebläsewirkung in den Feuerungsraum eingeführt wird, wobei der Rauchabgang brennerseitig angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Flamme unter derart hohem Gebläsedruck in den Feuerungsraum eingeführt wird, dass im hintern Ende des Feuerungsraumes eine Umkehrung der Verbrennungsheizgase erfolgt und (was eventuell hinzuzufügen ist: 'durch die Sogwirkung an der Zündstelle') ein Teil der im Gegenstrom zurückströmenden Verbrennungsheizgase der Zündstelle zugeleitet wird;"
Eventuell beantragt die Beklagte, den Hauptanspruch I des Schweizer Patentes 355 554 nach Ermessen des Gerichtes teilweise nichtig zu erklären; subeventuell sei das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zwecks Einschränkung des Hauptanspruches I des erwähnten Patentes.
Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Damit ist die Nichtigkeit von Hauptanspruch II und der Unteransprüche 4-9 rechtskräftig geworden.

D.- Mit Verfügung vom 4. Oktober 1968 ordnete der Instruktionsrichter des Bundesgerichtes gemäss Art. 67 Ziff. 1 OG die Befragung des Oberexperten zwecks Erläuterung seines zuhanden der Vorinstanz erstatteten Gutachtens an.
Die Instruktionsverhandlung fand am 23. Oktober 1968 statt. Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 28. Oktober 1968 wurde den Parteien das Protokoll der Instruktionsverhandlung zugestellt und nach Art. 61 Abs. 5 OG ein weiterer Schriftenwechsel angeordnet.
Am 16. November 1968 reichte die Beklagte beim Obergericht des Kantons Luzern ein Revisionsgesuch ein.
Mit Eingabe vom gleichen Tage beantragte sie dem Bundesgericht, das Berufungsverfahren bis zur Erledigung des kantonalen Revisionsverfahrens zu sistieren (Antrag A); eventualiter sei die Oberexpertise aus den Akten zu weisen, die Gültigkeit des Streitpatentes Nr. 355 554 durch einen neuen Experten bzw. ein neues Expertenkollegium begutachten zu lassen und den Parteien Gelegenheit zu geben, genauere Expertenfragen zu stellen (Antrag B); subeventualiter sei die Oberexpertise durch Patentanwalt X. selber zu ergänzen, unter Mitwirkung eines vom Gericht bezeichneten Fachmannes der Feuerungstechnik, und den Parteien Frist zur Stellung von Ergänzungsfragen zu setzen (Antrag C).
BGE 95 II 364 S. 368
Das Berufungsverfahren wurde mit Verfügung des Instruktionsrichters sistiert. Die Anträge B und C wurden somit gegenstandslos.
Das Obergericht des Kantons Luzern hat am 14. Januar 1969 das Revisionsbegehren der Beklagten abgewiesen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Beklagte beruft sich im Berufungsverfahren nicht mehr darauf, die Erhebung einer Nichtigkeitsklage sei rechtsmissbräuchlich. Diese Frage ist daher nicht zu prüfen.

2. Die Beklagte hat mit der Berufung ein Gutachten eingereicht, das ihr Prof. X., ETH Zürich, am 8. Dezember 1966 erstattet hat. Das Gutachten befasst sich unter anderem mit der Frage, ob das im Schweizer Patent 355 554 angegebene Verfahren eine patentwürdige Erfindung wiedergebe. Die Beklagte erklärt dieses Gutachten zum Bestandteil der Berufung. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes zulässig, doch hat ein solches Gutachten nicht die Bedeutung eines Beweismittels, sondern enthält ausschliesslich Parteivorbringen (BGE 82 II 245, BGE 86 II 196, BGE 89 II 162).

3. Die Vorinstanz stellt auf Grund des Obergutachtens fest, dass der den Gegenstand des Patentes 355 554 bildenden Erfindung primär die Aufgabe zu Grunde lag, zum Zwecke der vollständigen Verbrennung flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe einen Teil der Rauchgase auf eine einfachere und insbesondere solche Weise der Flamme zuzuführen, dass auf besondere Rauchgasrückführungsrohre verzichtet und eine möglichst gedrängte Kesselbauweise erreicht werden konnte (Aufgabe A). Ferner sollte zur Erreichung eines stabilen Betriebes der Feuerung eine optimale Abgabe von Strahlungswärme an die Feuerbüchse erzielt werden (Aufgabe B). Diese beiden Aufgaben sollten mittels eines entsprechenden Verfahrens und eines zu dessen Verwirklichung geeigneten Heizkessels gelöst werden.
Das Obergericht gelangt auf Grund der Darlegungen der beiden Gutachten zum Schluss, dass die Neuheit und der technische Fortschritt des Hauptanspruches I des Schweizer Patentes 355 554 samt den Unteransprüchen 1-3 durch das entgegengehaltene deutsche Patent 277 329 (Hundt) und das amerikanische Patent 2 674 981 (Clarkson) vorweggenommen sei, weil in diesen Patenten ebenfalls eine Rückführung der
BGE 95 II 364 S. 369
Flamme vorgesehen sei. Das Obergericht verneint in Übereinstimmung mit den amtlichen Experten auch die Erfindungshöhe des Streitpatentes.

4. Die Beklagte bestreitet nicht, dass der im Berufungsverfahren noch umstrittene Patentanspruch I und die Unteransprüche 1-3 keine schutzfähige Erfindung definieren. Sie wirft aber dem Obergericht vor, es habe Art. 27 PatG dadurch verletzt, dass es das Patent nicht teilweise nichtig erklärt und auf die beantragte Fassung eingeschränkt habe.
a) Nach Art. 27 Abs. 1 PatG ist das Patent durch den Richter entsprechend einzuschränken, wenn ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der patentierten Erfindung zutrifft. Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG, welche Bestimmung im Rahmen des Art. 27 PatG analog anwendbar ist (vgl. BGE 92 II 286 Erw. 3 a), sieht vor, einen Patentanspruch auf einem anderen (als dem in Art. 24 Abs. 1 lit. a und b genannten) Wege einzuschränken, sofern der eingeschränkte Patentanspruch sich auf die gleiche Erfindung bezieht und eine Ausführungsart definiert, welche sowohl in der veröffentlichten Patentschrift als auch in der am Anmeldungsdatum vorgelegten Beschreibung vorgesehen ist. BLUM/PEDRAZZINI (Das schweizerische Patentrecht, Bd. II, Anm. 2 zu Art. 27 PatG, S. 224 und 227 je unter Ziff. 3) bezeichnen es als Selbstverständlichkeit, dass der durch die Einschränkung neu zu fassende Erfindungsgedanke schon in der Patentschrift, d.h. im Patentanspruch, in der Beschreibung oder in den Zeichnungen geoffenbart sein muss.
b) Wie das Handelsgericht des Kantons Zürich in einem Entscheid vom 20. Juni 1961, publiziert in SJZ 1965 S. 61 f., den das Bundesgericht im unveröffentlichten Urteil vom 7. Mai 1963 i.S. Elektrolux gegen Hämmerli in allen Teilen bestätigt hat, darlegt, steht einer solchen Einschränkung nach Art. 24 Abs. 2 PatG nichts im Wege. Diese Bestimmung schreibt vor, dass ein teilweiser Verzicht des Patentinhabers auf das Patent durch Stellung eines Antrages gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. c nach Ablauf von vier Jahren seit dem amtlichen Datum der Eintragung des Patentes ausgeschlossen sei. Es besteht indessen kein hinreichender Grund, diese zeitliche Begrenzug auf den Fall der richterlichen Einschränkung des Patentes nach Art. 27 PatG analog anzuwenden (USTERI in SJZ 57 [1961] S. 148; BLUM/PEDRAZZINI a.a.O. S. 235/36, Anm. 7 zu Art. 27 PatG). Da Art. 108 PatG vorschreibt, bei amtlich vorgeprüften Patenten
BGE 95 II 364 S. 370
gelte die zeitliche Schranke für den Teilverzicht gemäss Art. 24 Abs. 2 PatG nicht, drängt es sich auf, die richterliche Teilnichtigerklärung mit dieser Regelung zu vergleichen und nicht mit jener andern, die nur für den Teilverzicht auf ein ungeprüftes Patent gilt. Denn Art. 27 PatG geht davon aus, dass der Richter die Patentlage nach allen Seiten klärt, also eine Prüfung vornimmt, wie sie bei der Vorprüfung dem Amt und den Beschwerdeinstanzen zukommt (USTERI, a.a.O.; vgl. auch die Meinungsäusserung des Eidg. Amtes für geistiges Eigentum vom 17. Juli 1958, wiedergegeben bei BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O. S. 233). Die Einschränkung des am 15. Juli 1961 eingetragenen Streitpatentes unterliegt somit der zeitlichen Befristung des Art. 24 Abs. 2 PatG nicht.
c) Bei der Beschränkung eines Patentes ist davon auszugehen, dass nach Art. 50 und 51 PatG der sachliche Geltungsbereich einer Erfindung durch die Patentansprüche (Haupt- und Unteransprüche) umschrieben wird und dass die Beschreibung der Erfindung sowie die zum Verständnis erforderlichen Zeichnungen nur zu ihrer Auslegung, nicht aber zur Ergänzung herangezogen werden dürfen. Diese Regelung war schon im alten Recht - Art. 5 aPatG - massgebend (vgl.BGE 44 II 200,BGE 47 II 495,BGE 48 II 294,BGE 49 II 140f.,BGE 50 II 72,BGE 53 II 186,BGE 70 II 238f.,BGE 71 II 302f., BGE 82 II 250, BGE 85 II 136). Der Patentbewerber hat somit den Gegenstand der Erfindung im Patentanspruch genau zu umschreiben und trägt das Risiko für eine unrichtige, unvollständige oder widersprüchliche Definition. Der Fachmann muss auf Grund des Patentanspruches erkennen, wofür der Erfindungsschutz beansprucht wird (vgl. BGE 85 II 136 Erw. 3a).
d) Mit Recht hat das Handelsgericht des Kantons Zürich (vgl. a.a.O.) ausgeführt, der richterlichen Einschränkung des Patentes seien aus dem Blickpunkt der Rechtssicherheit Schranken gesetzt: Dem Interesse des Patentinhabers, einen Teil des Patentes retten zu können, stehen die Interessen Dritter (Fachleute, Konkurrenten, Forscher) entgegen, in ihrem Vertrauen auf die Massgeblichkeit der im Patentanspruch gegebenen Erfindungsdefinition und des dadurch umschriebenen sachlichen Geltungsbereiches nicht enttäuscht zu werden. Die Rücksicht auf das Interesse der Fachleute, an die sich insbesondere die Patentschrift richtet, verpflichtet den Richter, das Patent nur insoweit einzuschränken, als dem Fachmann auf Grund der ganzen Patentschrift schon von Anfang an unmissverständlich
BGE 95 II 364 S. 371
erkennbar war, dass eine bisher nur in der Beschreibung oder in den Zeichnungen enthaltene und nunmehr als weiteres Merkmal in den Patentanspruch aufzunehmende Angabe einen wesentlichen Bestandteil der Erfindung bilde. Der eingeschränkte Patentanspruch muss aber die gleiche Erfindung, d.h. die gleiche Aufgabe und die Mittel derselben Gattung zum Gegenstand haben wie der alte; andernfalls läge eine andere und nicht eine eingeschränkte Erfindung vor (vgl. BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O. S. 80, 81 und 228; Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 15. Oktober 1957, in GRUR 1958 S. 177 f.).
e) Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Regelung in Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG in erster Linie im Hinblick darauf getroffen hat, dem Erfinder die Möglichkeit einzuräumen, allfällige Versehen bei der Formulierung des Patentanspruches zu beheben (vgl. Bericht zum Vorentwurf I des Eidg. Amtes für geistiges Eigentum vom September 1945, S. 31). Die genannte Vorschrift ist daher einschränkend auszulegen. So hat das Bundesgericht im nicht veröffentlichten Entscheid i.S. The Carlton Tyre Saving Company Ltd. gegen Pflüger und Mitbeteiligte vom 28. Oktober 1961 es abgelehnt, einen Patentanspruch dadurch teilweise einzuschränken, dass nur ein in einer Zeichnung der Patentschrift enthaltenes Element als weiteres Merkmal in den Patentanspruch aufgenommen werde; denn darin läge nicht eine Einschränkung, sondern eine Umgestaltung des Patentanspruches, welche Art. 27 PatG nicht erlaube. Allerdings scheint dieser Entscheid in der Begründung insofern zu eng zu sein, als er verlangt, dass die neue Definition des Patentanspruchs auf Grund der ursprünglichen Haupt- und Unteransprüche zu bilden sei. Er legt aber den entscheidenden Grundsatz dar, dass die auf dem Wege der Einschränkung zu schützende Erfindung vom ursprünglichen Patentanspruch erfasst sein muss.
f) Die in Art. 27 lit. c PatG vorgesehene Möglichkeit, den Patentanspruch durch Merkmale zu ergänzen, die der Beschreibung entnommen werden und weder im Haupt- noch in einem Unteranspruch enthalten sind, schafft eine "gewisse Rechtsunsicherheit" (vgl. Botschaft des Bundesrates S. 45; Bericht zum Vorentwurf des Eidg. Amtes für geistiges Eigentum vom September 1945, S. 45). Diese Gefahr darf nur in Kauf genommen werden, wenn die Einschränkung einer Erfindung in Frage
BGE 95 II 364 S. 372
steht, die durch den Patentanspruch klar definiert ist (vgl. Art. 26 Abs. 1 Ziff. 4 PatG). Der Richter hat somit in die neue Definition des eingeschränkten Patentanspruchs keine Merkmale aufzunehmen, die in der Beschreibung oder den Zeichnungen nur beiläufig erwähnt sind; vielmehr ist erforderlich, dass der Fachmann in der Beschreibung oder den Zeichnungen ein wesentliches Merkmal der Erfindung als klar geoffenbart zu erkennen vermag (vgl. Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich a.a.O.; Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 15. Oktober 1957, a.a.O.).

5. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die vom Obergutachter als Erfindung bezeichnete Rückführung der Verbrennungsheizgase sowohl in der Patentschrift (S. 2, Zeilen 74 f.) als auch in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen beschrieben sei.
a) Die Vorinstanz stellt auf Grund der Oberexpertise fest, in der Patentschrift sei überhaupt nicht davon die Rede, die Verbrennungsheizgase so zurückzuleiten, dass damit eine bestimmte Stelle der Flamme, nämlich die Zündstelle abgeschirmt werde. Die Beklagte hält dieser Feststellung folgenden Passus des Obergutachtens entgegen:
"Dieses YGNIS-Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die Rückführung der Verbrennungsheizgase zur Zündstelle erfolgt, ist aber im schweizerischen Patent 355 554 wohl beschrieben, nicht aber geschützt, bzw. beansprucht."
Diese Stelle scheint angesichts der Wendung "... wohl beschrieben" mit der erwähnten Feststellung im angefochtenen Urteil im Widerspruch zu stehen. An anderer Stelle des Obergutachtens erklärte indessen der Experte, dass die Rückführung der Verbrennungsheizgase zur Zündstelle als Aufgabe in der Patentschrift nicht geoffenbart werde und dass die entsprechenden klaren Hinweise ausschliesslich den Rechtsschriften der Beklagten entstammen. Das gleiche treffe - so erklärt der Experte an verschiedenen Stellen seines Gutachtens - auch auf den Patentanspruch I und II zu. Der Fachmann sei nicht in der Lage, die Aufgabe B (stabiler Betrieb der Feuerung) und damit die Tatsache zu erkennen, dass die Zuleitung obligatorisch an der Zündstelle erfolgen müsse.
In der Instruktionsverhandlung vor Bundesgericht bestätigte der Experte ausdrücklich, dass in der Patentschrift weder von
BGE 95 II 364 S. 373
der Rückleitung zur Zündstelle noch den Mitteln zur Lösung dieser Aufgabe die Rede sei. Dabei stellte er klar, dass er im schriftlichen Gutachten nicht den Patentgegenstand gemäss Patentanspruch I als erfinderisch betrachtete, sondern eine besondere Ausführungsart des Heizkessels, wie sie in den Unteransprüchen 10 f. zum Hauptanspruch II gekennzeichnet sei. Die nach dem Experten in Fig. 8 f. enthaltenen Mittel für die Rückführung zur Zündstelle beziehen sich auf die erwähnten Unteransprüche, was aus der Beschreibung S. 3, Zeilen 80-101, hervorgeht. Auch das Obergericht ist der Auffassung, die Unteransprüche 10 f. definierten eine patentwürdige Erfindung. Sie sind aber nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Die Beklagte versucht auf Grund des Privatgutachtens darzutun, dass in der Beschreibung des Streitpatentes die Rückführung der Verbrennungsheizgase zur Zündstelle als Aufgabe geoffenbart sei. Der Gutachter führte aus, dass durch die erfindungsgemässe Ausbildung der Brennkammer allein oder eventuell zusammen mit besonderen Mitteln die Beimischung rückströmender Flammengase über die ganze Länge der Brennkammer, vor allem aber unmittelbar im Zündbereich der Flamme oder sogar noch vorher (in den Verbrennungsluftstrom) erreicht wird. Daraus lässt sich aber nicht entnehmen, die Ausdrücke "Zündstelle", "Einströmende Flamme" und "Flammenkern" seien für den Fachmann gleichwertig, und der Privatgutachter habe den "Zündbereich" dem Begriff "Flamme" gleichgesetzt. Wenn Prof. X. vom "Zündbereich der Flamme" spricht, so macht er wie der Oberexperte die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu treffende Unterscheidung zwischen Flamme und Zündstelle. Die von der Beklagten herangezogene Stelle aus dem Privatgutachten enthält somit keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Feststellung im angefochtenen Urteil unrichtig sei, die Rückführung zur Zündstelle werde in der Patentschrift als Aufgabe nicht erwähnt, und es habe der fachmännisch gebildete Leser keine Veranlassung gehabt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Bedeutung das Wort "Flamme" mit Bezug auf die Lösung dieser Aufgabe haben könnte.
Auch die Zusammenstellung der patentbegründenden Merkmale auf S. 8 des Privatgutachtens weicht von den Ergebnissen des Obergutachters nicht ab. Prof. X. betrachtet die Unteransprüche 10 f. des Hauptanspruches II als schutzwürdig.
BGE 95 II 364 S. 374
Das erhellt insbesondere aus folgender Feststellung: "Beim YGNIS-Heizkessel ist es vor allem die besondere Ausbildung der Brennkammer, die gerade eben diesen Zutritt der rückströmenden Flammengase in oder sogar noch vor der Zündzone bezweckt."
b) Die Beklagte will den Patentanspruch I in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dahin umschrieben haben, "dass die Heizgase im Feuerungsraum im Gegenstrom in Richtung des Flammenkerns zurückgeleitet" werden.
Nach Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG muss, wie erwähnt, die Ausführungsart sowohl in der veröffentlichten Patentschrift als auch in der am Anmeldungsdatum vorgelegten Beschreibung vorgesehen sein. Da die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, die erste Voraussetzung sei nicht erfüllt, brauchte sie die Anmeldungsunterlagen nicht zu prüfen. Im übrigen ist fraglich, ob Flammenkern gleichbedeutend sei wie Zündstelle. Der Flammenkern bedeutet die Mitte, die Zündstelle dagegen den Entstehungsort der Flamme.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 14. Februar 1968 bestätigt.

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5

Dispositiv

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