BGE 123 II 295
 
35. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. März 1997 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Schweizerischen Hotelierverein, A. Hotel und B. Restaurationsbetriebe AG (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
Regeste
Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV; Art. 30 Abs. 2 MWSTV; Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auf Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung, Getränke und Geschäftsreisen.
Regelung des Vorsteuerabzugsrechts (E. 4) und Grundzüge des Mehrwertsteuerrechts (E. 5).
Ein Vorsteuerabzugsrecht besteht nur für Ausgaben mit geschäftlichem Charakter, wobei weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Das Vorsteuerabzugsrecht geht als Prinzip dem Grundsatz der Besteuerung des Endverbrauchs nicht vor (E. 6).
Endverbrauch kann auch bei Ausgaben mit geschäftlichem Charakter vorliegen. Vergleich mit ausländischen Rechtsordnungen. Der den Ausgaben mit geschäftlichem Charakter für Unterkunft, Verpflegung, Getränke und Geschäftsreisen innewohnende Anteil an Endverbrauch rechtfertigt es, das Vorsteuerabzugsrecht auf diesen Ausgaben zu beschränken (E. 7, 9).
Art. 30 Abs. 2 MWSTV stellt eine Pauschalregelung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. l ÜbBest. BV dar (E. 8).
 
Sachverhalt


BGE 123 II 295 (296):

Mit Schreiben vom 17. August 1994 an die Eidgenössische Steuerverwaltung ersuchten der Schweizerische Hotelierverein, das A. Hotel und die B. Restaurationsbetriebe AG die Eidgenössische Steuerverwaltung um einen Feststellungsentscheid in dem Sinn, dass die Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts bei Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Getränke sowie für die Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals auf 50 Prozent der darauf entfallenden Steuerbeträge (Art. 30 Abs. 2 lit. a und b der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer, MWSTV; SR 641.201) verfassungswidrig sei und dass sie Anspruch auf den vollen Vorsteuerabzug hätten.
Mit Entscheid vom 1. März 1995, bestätigt auf Einsprache hin am 30. Juni 1995, stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung fest, dass die Gesuchsteller auf Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung, Getränke und Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals einen allfälligen Vorsteuerabzug nur im Umfang von 50 Prozent der darauf entfallenden Steuerbeträge geltend machen können.


BGE 123 II 295 (297):

Eine hiegegen erhobene Beschwerde hiess die Eidgenössische Steuerrekurskommission am 30. April 1996 gut und hob den Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf. Sie stellte fest, dass im vorliegenden Fall Art. 30 Abs. 2 lit. a und b MWSTV (bzw. Art. 30 Abs. 2 MWSTV in der seit 1. Januar 1996 geltenden Fassung, AS 1995 4669) die Anwendung zu versagen sei und die Beschwerdeführer berechtigt seien, bei nachgewiesenen Ausgaben mit geschäftlichem Charakter für Unterkunft, Verpflegung und Getränke sowie für die Beförderung bei eigenen Geschäftsreisen und solchen des Personals den Vorsteuerabzug mit Wirkung ab 1. Januar 1995 im Umfang von 100 Prozent der darauf entfallenden Steuerbeträge geltend zu machen, sofern auch die übrigen Voraussetzungen für den Abzug erfüllt seien. Die Steuerrekurskommission erwog im wesentlichen, nach dem System der Mehrwertsteuer sei der Unternehmer von allen Vorsteuern zu befreien, welche seine geschäftlichen Ausgaben belasten. Werde dieser Grundsatz nicht beachtet, so fliesse die Vorsteuerbelastung in die Preiskalkulation für das fertige Produkt ein, was zu einer Steuer auf der Steuer, zu einer sog. "taxe occulte" führe. Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer sei dadurch verletzt. Überdies stehe das Verbrauchssteuerprinzip in Frage, weil nicht nur der (private) Endverbrauch belastet werde. Im internationalen Verhältnis komme es zu einer Verletzung des Bestimmungslandprinzips, weil die Ausfuhren nicht vollständig von Vorsteuern befreit seien. Das Gemeinschaftsrecht enthalte keine Maxime, die es erlauben würde, von diesen übergeordneten, systemtragenden Grundprinzipien der Mehrwertsteuer abzuweichen. Wenn der geschäftliche Charakter von Ausgaben nachgewiesen und ein allfällig darin enthaltener Privatanteil ausgeschieden sei, müsse daher der Vorsteuerabzug uneingeschränkt gewährt werden. Insofern seien für die Ausgaben mit geschäftlichem Charakter die gleichen Kriterien massgebend wie für die geschäftsmässig begründeten Aufwendungen bei der direkten Bundessteuer. Art. 30 Abs. 2 (lit. a und b) MWSTV verletze die in Art. 41ter Abs. 1 lit. a und Abs. 3 BV sowie Art. 8 Abs. 2 lit. h und l ÜbBest. BV enthaltenen Grundsätze und sei verfassungswidrig.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Begehren, der Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Beschwerdegegner ab 1. Januar 1995 auf Ausgaben für Verpflegung und Getränke einen allfälligen Vorsteuerabzug nur im

BGE 123 II 295 (298):

Umfang von 50 Prozent der darauf entfallenden Steuerbeträge geltend machen können; ebenso auf den im Jahre 1995 angefallenen Ausgaben für Unterkunft und für Beförderung bei eigenen Geschäftsreisen und solchen des Personals.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Begehren der Eidgenössischen Steuerverwaltung gut.
 
Aus den Erwägungen:
a) Bei der Mehrwertsteuerverordnung handelt es sich um eine selbständige, d.h. direkt auf der Verfassung beruhende Verordnung des Bundesrates. Sie stützt sich auf Art. 8 Abs. 1 ÜbBest. BV und stellt gesetzesvertretendes Recht dar, bis der Gesetzgeber das Mehrwertsteuerrecht geregelt hat.
In BGE 123 II 16 E. 3 hat das Bundesgericht die Grundsätze aufgestellt, nach denen es die Mehrwertsteuerverordnung überprüft. Selbständige Verordnungen des Bundesrates sind daraufhin zu kontrollieren, ob sie mit den sachbezogenen Vorgaben der Verfassungsvorschrift, auf welcher sie beruhen, harmonieren. Bei der Mehrwertsteuerverordnung ist somit zu prüfen, ob der Bundesrat die in Art. 8 ÜbBest. BV (und Art. 41ter Abs. 1 lit. a und Abs. 3 BV) enthaltenen Grundsätze beachtet und sich an Gegenstand, Zweck und Umfang der ihm eingeräumten Kompetenz gehalten hat. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob die Verordnung nicht mit sonstigen Verfassungsnormen, besonders den Grundrechtsgarantien, kollidiert, soweit die ermächtigende Verfassungsnorm nicht selbst Abweichungen anordnet oder bewusst in Kauf nimmt.
Zu beachten ist besonders, dass dem Bundesrat - im Rahmen der ihm vom Verfassungsgeber übertragenen Kompetenz - der gleiche

BGE 123 II 295 (299):

politische Entscheidungsspielraum zusteht wie dem Gesetzgeber. Diesen Entscheidungsspielraum darf das Gericht nicht durch eigene Ordnungsvorstellungen schmälern. Es hat sich vielmehr auf die Prüfung der Verfassungsmässigkeit der in Frage stehenden Regelung zu beschränken. Eine vom Bundesrat getroffene Lösung, die sich im Rahmen des ihm zustehenden gesetzgeberischen Ermessens hält, die in der Verfassung enthaltenen mehrwertsteuerrechtlichen Grundsätze beachtet und die weiteren Verfassungsrechte respektiert, darf deshalb durch das Bundesgericht nicht korrigiert werden. Einschreiten darf dieses nur, wenn der Bundesrat die ihm eingeräumte Kompetenz überschritten hat, wobei das Bundesgericht auch den Umfang dieser Kompetenz zu ermitteln hat.
b) Im übrigen überprüft das Bundesgericht die Anwendung des Bundesrechts frei. In diesem Rahmen befindet es auch über die Auslegung der Vorschriften der bundesrätlichen Verordnung durch die Vorinstanzen und darüber, ob das Auslegungsergebnis mit den sachbezogenen Vorgaben der Verfassung übereinstimmt.
Art. 8 Abs. 1 ÜbBest. BV beauftragt den Bundesrat, in Abweichung von Art. 41ter Abs. 6 BV die Ausführungsbestimmungen zur Umsatzsteuer nach Art. 41ter Abs. 1 lit. a und Abs. 3 BV, die bis zum Inkrafttreten der Bundesgesetzgebung gelten, zu erlassen. Art. 8 Abs. 2 ÜbBest. BV enthält sodann die weiteren Grundsätze, welche der Bundesrat für die Ausführungsbestimmungen zu beachten hat. Abs. 2 lit. h bestimmt:
2 Für die Ausführungsbestimmungen gelten die folgenden Grundsätze:
h. Der Steuerpflichtige schuldet die Steuer auf seinem steuerbaren Umsatz; verwendet er die ihm gelieferten Gegenstände und die ihm erbrachten Dienstleistungen für steuerbare Umsätze im In- oder Ausland, so kann er in seiner Steuerabrechnung von der von ihm geschuldeten Steuer als Vorsteuer abziehen:
1. die von anderen Steuerpflichtigen auf ihn überwälzte und
2. die auf der Einfuhr von Gegenständen oder auf dem Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland entrichtete Steuer;
3. 1,9 Prozent des Preises der Urprodukte, die er von nicht steuerpflichtigen Unternehmen nach Buchstabe d Ziffer 3 bezogen hat.


BGE 123 II 295 (300):

Für Ausgaben, die keinen geschäftlichen Charakter haben, besteht kein Vorsteuerabzugsrecht.
Gestützt auf Art. 8 ÜbBest.BV hat der Bundesrat am 22. Juni 1994 die Mehrwertsteuerverordnung erlassen. Deren Art. 30 Abs. 2 in der bis 31. Dezember 1995 geltenden Fassung lautete:
2 Vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen sind 50 Prozent der Steuerbeträge auf Ausgaben für:
a. Unterkunft, Verpflegung und Getränke;
b. Die Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals;
c. ...
Am 18. September 1995 hat der Bundesrat Art. 30 Abs. 2 MWSTV mit Wirkung ab 1. Januar 1996 wie folgt geändert (AS 1995 4669):
2 Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind 50 Prozent der Steuerbeträge auf Ausgaben für Verpflegung und Getränke.
b) Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass nur Ausgaben mit "geschäftlichem Charakter" zum Vorsteuerabzug berechtigen können. Das ergibt sich aus den vorbereitenden Arbeiten zu den Verfassungsartikeln, wo darauf hingewiesen wird, dass auf Ausgaben für Zwecke ausserhalb des steuerpflichtigen Unternehmens, also vor allem für den Privatverbrauch oder -gebrauch oder für eine der Steuer nicht unterliegende Unternehmenstätigkeit sowie für eindeutige Konsumausgaben, Luxusausgaben und Repräsentationsaufwendungen, der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann (Bericht Matthey, Amtl.Bull. N 1993 331, 336, [französisch] 339, 344), und folgt eindeutig aus dem letzten Satz von Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV: "Für Ausgaben, die keinen geschäftlichen Charakter haben, besteht kein Vorsteuerabzugsrecht." Das ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Fraglich ist indes, ob aus Art. 8 Abs. 2 lit. h letzter Satz ÜbBest. BV durch Umkehrschluss abgeleitet werden kann, dass für alle Ausgaben mit "geschäftlichem Charakter" ein Vorsteuerabzugsrecht besteht. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegner bejahen diese Frage. Nach ihrer Ansicht belastet die Mehrwertsteuer nur den privaten Verbrauch (einschliesslich den Privatverbrauch im Rahmen von Privatbezügen und Privatanteilen). Die Vorinstanz hat deshalb Art. 30 Abs. 2 (lit. a und b) MWSTV, der das Vorsteuerabzugsrecht auf Ausgaben für Verpflegung, Unterkunft, Getränke und Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals

BGE 123 II 295 (301):

auf 50 Prozent der darauf entfallenden Steuerbeträge beschränkt, als verfassungswidrig erklärt. Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, dass geschäftlich begründete Ausgaben nicht ungeachtet eines allfälligen Anteils Endkonsum zum Vorsteuerabzug berechtigen können; eine Verbrauchssteuer, die umfassend sein soll, müsse auch geschäftlich bedingten Endverbrauch erfassen. - Wie es sich damit verhält, ist im folgenden zu prüfen.
5. a) Bei der Mehrwertsteuer, wie sie in Art. 41ter Abs. 1 lit. a und Abs. 3 BV vorgesehen und in Art. 8 ÜbBest.BV in den Grundsätzen festgelegt ist, handelt es sich um eine allgemeine Verbrauchssteuer, die den Inlandverbrauch belastet. Der Steuerbezug erfolgt aber aus Praktikabilitätsgründen nicht beim Verbraucher, sondern auf einer oder mehreren Wirtschaftsstufen vor dem Verbrauch, also bei den Produzenten, Händlern und Dienstleistungsunternehmen. Die Steuer, die den Verbrauch belastet, wird somit vom Verkäufer oder Lieferanten entrichtet, der sie, sofern es die Marktverhältnisse gestatten, auf die Preise und damit auf den Abnehmer der Ware oder Dienstleistung überwälzt. Das entspricht auch dem Willen des Verfassungsgebers, wonach der Endverbraucher die Steuer tragen soll (Bericht Matthey, Amtl.Bull. N 1993 329 ff. bzw. 337 ff.; vgl. auch den Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 28. August 1996 zur Parlamentarischen Initiative "Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer" [Dettling], BBl 1996 V 713, 725 f.). Die Mehrwertsteuer wird somit nach dem Allphasenprinzip bei den Steuerpflichtigen auf jeder Wirtschaftsstufe erhoben. Um eine Steuerkumulation zu vermeiden, kann aber der Steuerpflichtige die Vorsteuer abziehen, das heisst, er schuldet dem Fiskus als Steuerbetrag die Differenz zwischen der Bruttosteuer, berechnet auf seinen Einnahmen für Lieferungen und Dienstleistungen, und der Steuer, die ihm von den Lieferanten auf seinen Einkäufen in Rechnung gestellt worden ist. Unter dem Titel Vorsteuerabzug kann somit der Steuerpflichtige insbesondere diejenigen Vorsteuern abziehen, die ihm von anderen Steuerpflichtigen für Lieferungen und Dienstleistungen fakturiert worden sind, sofern er diese Lieferungen oder Dienstleistungen für eine Tätigkeit verwendet, die der Steuer unterliegt (Amtl.Bull. N 1993 336 bzw. 344).
b) Ein modernes Verbrauchssteuersystem - wie die Mehrwertsteuer - muss nach Möglichkeit neutral sein in seinen Auswirkungen auf die Wettbewerbsverhältnisse (Grundsatz der Wettbewerbsneutralität), es darf nur den Verbrauch im Inland belasten (sog. Bestimmungslandprinzip) und muss das Gleichbehandlungsgebot

BGE 123 II 295 (302):

beachten. Diese Forderungen werden nur erfüllt, wenn möglichst alle wirtschaftlichen Aktivitäten der Steuer unterworfen sind und der Verbrauch aller Waren und Dienstleistungen im Inland gleichmässig belastet wird. Ein derart umfassendes Verbrauchssteuersystem findet sich kaum in einem Land. Sowohl im schweizerischen Recht wie auch im Recht der Europäischen Gemeinschaften sind bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten aus sozial-, kultur- und wirtschaftspolitischen Gründen von der Besteuerung ausgenommen (vgl. Art. 14 MWSTV als Konkretisierung des Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV und dazu HÖHN/VALLENDER in Kommentar BV, Art. 41ter Rz. 63 ff.; s. auch die Ausnahmeliste in Art. 13 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 [77/388/EWG] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften [Abl. EG] 1977 Nr. L 145, S. 9, im folgenden als "Sechste Richtlinie" zitiert).
Soll die Mehrwertsteuer den Endverbrauch belasten, muss der Steuerpflichtige zudem die Vorsteuern ausnahmslos abziehen können. Das Vorsteuerabzugsrecht beschränkt sich deshalb nicht auf den Einkauf von Handelswaren und Werkstoffen, es darf vielmehr auch beim Bezug von Investitions- und Anlagegütern sowie Betriebsmitteln ausgeübt werden. Damit wird die Steuerkumulation, die sogenannte "taxe occulte" der bisherigen Warenumsatzsteuer, weitgehend vermieden. Da jedoch der Abzug der Vorsteuer ausgeschlossen ist für Gegenstände und Dienstleistungen, die für nicht steuerbare Umsätze des Unternehmens (vgl. besonders Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV, Art. 14 MWSTV) oder für private Zwecke verwendet werden, bleibt eine "taxe occulte" im Umfang der von der Steuer ausgenommenen Umsätze weiterhin bestehen.
Auf diesen Gesichtspunkt wurde bereits bei den vorbereitenden Arbeiten zu den Verfassungsartikeln hingewiesen (Amtl.Bull. N 1993 330 f., 338 f.). Er muss auch bei der Auslegung von Art. 41ter Abs. 1 lit. a und Abs. 3, Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV sowie Art. 30 Abs. 2 MWSTV beachtet werden.
a) Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV legt als Grundsatz fest, unter welchen Voraussetzungen ein Vorsteuerabzugsrecht besteht: Die Vorsteuer kann auf Gegenständen und Dienstleistungen nur abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige sie für steuerbare Umsätze im In- und Ausland verwendet. Für Ausgaben ohne geschäftlichen Charakter besteht kein Vorsteuerabzugsrecht (Art. 8 Abs. 2 lit. h letzter Satz ÜbBest. BV). Es handelt sich um eine negative Voraussetzung, die ein Vorsteuerabzugsrecht nicht entstehen lässt. Dies hat die Vorinstanz mit Recht erkannt.
Das bedeutet indessen nicht, dass Ausgaben mit geschäftlichem Charakter ohne weiteres zum Vorsteuerabzug berechtigen. Anspruch auf Vorsteuerabzug haben nur diejenigen Unternehmen, die der Mehrwertsteuerpflicht unterstehen und als solche registriert sind. Das folgt klar aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV ("Der Steuerpflichtige ...") und entspricht dem System der Mehrwertsteuer als Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (vgl. dazu HEINZ KELLER, Vorsteuerabzug, ASA 63 S. 424 ff.).
Damit ein Vorsteuerabzugsrecht besteht, ist zudem erforderlich, dass die mit der Vorsteuer belasteten Gegenstände oder Dienstleistungen für "steuerbare Umsätze" verwendet werden, wie sich aus Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest. BV ausdrücklich ergibt. Geschäftlich begründete Ausgaben, die nicht im Zusammenhang mit steuerbaren Lieferungen stehen, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug. Das ist beispielsweise der Fall für alle Ausgaben, die im Hinblick auf von der Steuer ausgenommene Umsätze getätigt werden (Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest. BV, Art. 14 MWSTV). Gleich verhält es sich bei geschäftlichen Ausgaben für Leistungen, die von einem der Steuer unterstellten bei einem der Steuer nicht unterstellten Unternehmen angefordert werden (mit Ausnahme der bei nicht steuerpflichtigen Urproduzenten und Viehhändlern bezogenen Erzeugnisse, Art. 8 Abs. 2 lit. h Ziff. 3 ÜbBest. BV, Art. 29 Abs. 4 MWSTV), sowie für die Gesamtheit der geschäftlichen Ausgaben eines nicht der Steuer unterstellten Unternehmens (Art. 19 MWSTV). Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände oder Dienstleistungen sowohl für Zwecke, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für andere Zwecke, so ist der Vorsteuerabzug nach dem Verhältnis der Verwendungen zu kürzen (Art. 32 Abs. 1 MWSTV).


BGE 123 II 295 (304):

Es wird von keiner Seite geltend gemacht, dass diese Regelung des Rechts zum Vorsteuerabzug verfassungswidrig sei. Sie ergibt sich aus den in der Verfassung niedergelegten mehrwertsteuerrechtlichen Grundsätzen, insbesondere über die Steuerpflicht und die steuerbaren sowie von der Steuer ausgenommenen Umsätze. Auch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates hat in ihrem Bericht und Entwurf zu einem Mehrwertsteuergesetz (Art. 36 Abs. 4) zur Verdeutlichung Tatbestände aufgezählt, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, wie namentlich die von der Steuer ausgenommenen Umsätze, die nicht als Umsätze geltenden Tätigkeiten (Bezahlung von Schadenersatz, von gesetzlichem Verzugszins usw.) und die Umsätze in Ausübung hoheitlicher Gewalt (BBl 1996 V 776, 908). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz nimmt der Verfassungsgeber auf diese Weise in Kauf, dass eine Steuerbelastung, eine "taxe occulte", nicht nur auf Ausgaben für nichtsteuerbare Umsätze (dem Gegenstand der Steuer) bestehen bleibt, sondern auch bei subjektiver Steuerbefreiung oder bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage.
b) Die Vorinstanz beruft sich für die Umschreibung der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgaben mit "geschäftlichem Charakter" auf das Recht der direkten Bundessteuer und den dort verwendeten Begriff der "geschäftsmässig begründeten Aufwendungen" (vgl. Art. 27 Abs. 1 und 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, DBG, SR 642.11).
Dieser Vergleich weckt Bedenken. Auch wenn sich die Begriffe teilweise überschneiden, lassen sich daraus keine Anhaltspunkte für die Bestimmung des Umfangs der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgaben gewinnen. Den beiden Steuern liegen unterschiedliche Besteuerungsziele zugrunde. Die direkte Bundessteuer erfasst das reine Einkommen bzw. den Reinertrag, der Massstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmung bildet. Im Rahmen dieser Steuer gehören zu den Gewinnungskosten der Unternehmung alle Aufwendungen, die weder zum Erwerb aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter oder zur Schuldenzahlung bestimmt sind, noch Privatentnahmen oder verdeckte (und offene) Gewinnausschüttungen darstellen. Ferner gehören die Abschreibungen und Rückstellungen dazu (ERNST HÖHN, Steuerrecht, 7. Aufl. 1993, § 15 Rz. 81, S. 245 f.). Diese Begriffsumschreibung ist für die Mehrwertsteuer offensichtlich nicht geeignet. Wie namentlich Reich hervorhebt, belastet die Mehrwertsteuer im Unterschied zur Einkommenssteuer,

BGE 123 II 295 (305):

welche auf die Einkommenserzielung ausgerichtet ist, den Verbrauch. Erfasst wird aber nicht nur die Einkommensverwendung, sondern jede Mittelverwendung ungeachtet ihrer Herkunft, also auch der fremdfinanzierte Verbrauch. Die Mehrwertsteuer knüpft zwar rechtstechnisch bei den steuerpflichtigen Unternehmen an, doch sind diese nur für die Ablieferung der Steuer besorgt, während der Endverbraucher die Steuer schliesslich tragen soll (MARKUS REICH, Grundzüge der Mehrwertsteuerordnung in der Schweiz und in der EU, Der Schweizer Treuhänder 69/1995 S. 329 f.; ähnlich MAURICE LAURÉ, Science fiscale, Paris 1993, S. 229). Wegen der anders gearteten Steuersysteme lassen sich bei der Mehrwertsteuer die "Ausgaben mit geschäftlichem Charakter" daher nicht nach einkommenssteuerrechtlichen Kriterien bestimmen (vgl. auch zum deutschen Recht WOLFRAM BIRKENFELD, Das grosse Umsatzsteuer-Handbuch, 2. Aufl. Köln 1996, Einführung Rz. 290 f.; DZIADKOWSKI/WALDEN, Umsatzsteuer, 4. Aufl. München/Wien 1996, S. 148. Anderer Meinung: HÖHN/VALLENDER, a.a.O., Art. 41ter Rz. 79; R. WALDBURGER, Gutachten über die Frage der Verfassungsmässigkeit von Art. 30 Abs. 2 der Mehrwertsteuerverordnung vom 22. Juni 1994, St. Gallen, 4. Juli 1995, S. 10 ff.) Selbst wenn bei der direkten Bundessteuer zwischen den Ausgaben für die Erzielung des Einkommens (im organischen Sinn) und der Verwendung des Einkommens unterschieden wird, entspricht der Begriff der Einkommensverwendung bei der direkten Steuer nur teilweise demjenigen des Endverbrauchs im mehrwertsteuerrechtlichen Sinn. Darauf ist noch zurückzukommen (E. 7a).
Der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 lit. h ÜbBest.BV führt zu keinem anderen Ergebnis. Es trifft zu, dass ein Vorentwurf zu Art. 8 ÜbBest. BV noch vorsah, dass für Ausgaben ohne "streng geschäftlichen Charakter" kein Vorsteuerabzugsrecht bestehe. Das Wort "streng" wurde von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates in der Folge gestrichen. Aus dieser redaktionellen Änderung in der Kommission kann indes (entgegen HÖHN/VALLENDER, a.a.O., Art. 41ter Rz. 81) kaum geschlossen werden, dass beim Verfassungsgeber die Absicht bestanden habe, für den Vorsteuerabzug auf die Kriterien bei der direkten Bundessteuer zu verweisen. In den parlamentarischen Debatten gab denn auch dieser Satz zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass (vgl. Amtl.Bull. N 1993 336, 395, 399, 1246, S 1993 331, 336).
c) Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid hervorgehoben, dass es sich bei der Mehrwertsteuer nach ihrer Funktionsweise

BGE 123 II 295 (306):

um eine Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug handelt. Das trifft zu, doch kommt deswegen dem Prinzip des Vorsteuerabzugsrechts gegenüber anderen Prinzipien nicht absolute Geltung zu, wie bereits dargelegt worden ist (vorn E. 5b, 6a). Schon die verschiedenen Bestimmungen in Art. 8 Abs. 2 ÜbBest.BV setzen diesem Prinzip Grenzen. So schliesst Buchstabe b den Vorsteuerabzug aus, soweit Leistungen erbracht werden, die von der Steuer ausgenommen sind (z.B. Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens, der Sozialfürsorge oder Erziehung). Buchstabe d sieht vor, dass bestimmte Unternehmen der Mehrwertsteuerpflicht nicht unterstehen; diese Unternehmen sind zum Vorsteuerabzug nur berechtigt, wenn sie für die Steuerpflicht optieren können und davon auch Gebrauch machen (Buchstabe d in fine). Vor allem aber räumt Buchstabe h nicht generell die Möglichkeit ein, die Vorsteuer abzuziehen, sondern beschränkt den Vorsteuerabzug grundsätzlich auf die dort aufgezählten Fälle.
d) Aus den Vorarbeiten zur Mehrwertsteuerverordnung ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte, die dazu führen könnten, das Prinzip des Vorsteuerabzugs dem Grundsatz der Besteuerung des Endverbrauchs vorzuziehen:
Der Entwurf vom 28. Oktober 1993 zur Mehrwertsteuerverordnung (Art. 31 Abs. 4) beschränkte sich darauf zu erwähnen, vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen seien die Auslagen ohne geschäftlichen Charakter wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen oder Repräsentationsaufwendungen. Eine dem Art. 30 Abs. 2 MWSTV entsprechende Vorschrift enthielt der Entwurf noch nicht. Im Kommentar zu diesem Entwurf unterscheidet das Eidgenössische Finanzdepartement deutlich zwischen dem Abzug der Vorsteuer im Rahmen der Mehrwertsteuer, die den Endverbrauch möglichst lückenlos und rechtsgleich erfassen soll, und den Abzügen bei den direkten Steuern. Die im Vernehmlassungsverfahren geäusserten Ansichten waren geteilt. Gewisse Kreise traten für eine restriktive Auslegung der Vorschrift ein, andere verlangten, dass sie vollumfänglich gestrichen werde (Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements über das Vernehmlassungsverfahren zum Verordnungsentwurf über die Mehrwertsteuer vom 28. Oktober 1993, S. 23 f.). Die Bestimmung im Verordnungsentwurf wurde teilweise in Art. 30 Abs. 1 der geltenden Mehrwertsteuerverordnung übernommen; sie ist hier nicht streitig. Art. 30 Abs. 2 wurde neu eingefügt. Die späteren parlamentarischen dringlichen Interpellationen (Amtl.Bull. N 1994 1812 ff., 1815 ff., 1838, bzw.

BGE 123 II 295 (307):

die dringliche einfache Anfrage, 2569), bei welchen Gelegenheiten der Bundesrat seine Ansicht über die Begründetheit und Verfassungsmässigkeit des Art. 30 Abs. 2 MWSTV zum Ausdruck brachte, ergeben keine neuen Gesichtspunkte. Der Bundesrat hat zwar mit Wirkung ab 1. Januar 1996 die Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auf Ausgaben für Unterkunft und Beförderung bei Geschäftsreisen in Art. 30 Abs. 2 MWSTV gestrichen, ohne jedoch eine Begründung für seinen Schritt zu geben (s. auch Amtl.Bull. S 1995 1147 f.). Was schliesslich den Entwurf zu einem Mehrwertsteuergesetz anbelangt, so hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates bei der Frage der Beschränkung des Vorsteuerabzugsrecht im wesentlichen den angefochtenen Entscheid kodifiziert (vgl. BBl 1996 V 775, 865 f.). Dass - aus verfassungsrechtlichen Gründen - dem Prinzip des Vorsteuerabzuges gegenüber dem Grundsatz der Besteuerung des Endverbrauchs der Vorrang eingeräumt werden muss, lässt sich daraus nicht ableiten.
7. a) Die Mehrwertsteuer ist eine Verbrauchssteuer, die den Endverbraucher belasten soll. Der verfassungsmässigen Umschreibung der Mehrwertsteuer lässt sich nicht entnehmen, was Endverbrauch ist. Verbrauch wird im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer nicht im Sinne eines physischen Verzehrs, sondern als Einkommensverwendung für den Erwerb von Gütern und Dienstleistungen für den persönlichen Gebrauch definiert (PETER WALDEN, Die Umsatzsteuer als indirekte Verbrauchssteuer, Berlin 1988, S. 48 mit Hinweisen). Endverbrauch liegt vor, wenn die fraglichen Güter oder Dienstleistungen nicht mehr Gegenstand von weiteren entgeltlichen Leistungen sein können. Endverbraucher ist somit derjenige, der einen Gegenstand oder eine Dienstleistung zu seinem persönlichen Gebrauch (und nicht für eine geschäftliche Tätigkeit) ersteht und der die Steuer schliesslich trägt, weil er sie nicht durch einen weiteren Umsatz überwälzen kann (BIRKENFELD/FORST, Das Umsatzsteuerrecht im Europäischen Binnenmarkt, Bielefeld 1994, S. 74; DZIADKOWSKI/WALDEN, a.a.O., S. 8 und 9). Der Endverbrauch ist grundsätzlich privat, doch ist das nicht zwingend, wie die Vorinstanz annimmt (BEN TERRA, Sales Taxation, The Case of Value Added Tax in the European Community, Deventer/Boston 1988, S. 5/6; WALDEN, a.a.O., S. 200 ff.). Gewisse - aus der Sicht des Einkommenssteuerrechts - geschäftliche Ausgaben können für Tätigkeiten erfolgen, die ausserhalb des Unternehmenszwecks liegen, das heisst für die betriebliche Leistungserstellung nicht unmittelbar notwendig sind. Dazu gehören namentlich alle Ausgaben, die

BGE 123 II 295 (308):

durch die geschäftliche Tätigkeit veranlasst sind, aber die Lebensführung der Begünstigten berühren (vgl. WALDEN, a.a.O., S. 200-214, zur Besteuerung des "Aufwendungseigengebrauchs" im deutschen Recht). Inwieweit ein Endverbrauch auf der Stufe des steuerpflichtigen Unternehmens besteuert wird, hängt letztlich von der Regelung über den Vorsteuerabzug ab: Soweit ein Vorsteuerabzug nicht gegeben ist, bleibt der Unternehmer mit den Vorsteuern belastet, so dass ein "Verbrauch" unter Umständen bereits in der Unternehmenssphäre erfolgt. Der Gesetzgeber hat es in der Hand, durch Regelung des Vorsteuerabzugsrechts den Verbrauchsbegriff enger oder weiter zu fassen. Er kann das Vorsteuerabzugsrecht einschränken oder gänzlich ausschliessen, sofern er der Auffassung ist, dass ein "Verbrauch" bereits auf der Stufe des steuerpflichtigen Unternehmens stattfindet. Dem Gesetzgeber wird schwerlich vorgeworfen werden können, er habe gegen "systemimmanente Prinzipien" des Mehrwertsteuerrechts oder gegen die Verfassung verstossen, wenn er dafür vernünftige Gründe anführen kann und eine Regelung trifft, die gerecht und rechtsgleich ausgestaltet ist und insbesondere die Wettbewerbsneutralität achtet. Nichts anderes kann für den Bundesrat gelten, solange er aufgrund der ihm eingeräumten Verordnungskompetenz anstelle des Gesetzgebers tätig werden muss.
Das trifft auch für die in Art. 30 Abs. 2 (lit. a und b) MWSTV erwähnten Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Getränke sowie Beförderung bei Geschäftsreisen zu, für welche die Vorinstanz und die Parteien anerkennen, dass sie einen Anteil Endverbrauch enthalten. "Gemischte" Ausgaben dieser Art dürfen in einem Umsatzsteuersystem, das den Verbrauch möglichst umfassend belasten will, ebenfalls berücksichtigt werden. Der Einwand, dass sie geschäftsmässig begründet seien und daher nicht der Verbrauchssteuer unterliegen dürfen, entspringt einem am Einkommenssteuerrecht orientierten Denken, das den Reingewinn der Unternehmung als Steuerobjekt betrachtet. Verbrauch durch eine Unternehmung kann daher auch vorliegen, wenn sie Güter oder Dienstleistungen in einer Art verwendet, wie das im Rahmen des Privatverbrauchs der Fall sein kann. Offensichtlich zu weit geht jedoch die Ansicht des Eidgenössischen Finanzdepartements (Kommentar zur Mehrwertsteuerverordnung, S. 33, ad Art. 30), dass praktisch in jeder geschäftlichen Ausgabe Endverbrauch liege.
b) Die Ansicht, dass gewisse Ausgaben im Zusammenhang mit einer geschäftlichen Tätigkeit steuerbaren Endverbrauch darstellen, ist auch ausländischen Rechtsordnungen nicht fremd.


BGE 123 II 295 (309):

aa) Bereits Art. 11 Ziff. 4 der Zweiten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 (67/228/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (Abl. EG 1967 Nr. 71, S. 1303) sah vor, dass "bestimmte Gegenstände und bestimmte Dienstleistungen ... vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden (können), und zwar insbesondere die Gegenstände und Dienstleistungen, die ganz oder teilweise für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals verwendet werden können." Daraus kann schwerlich abgeleitet werden, dass die Beschränkung oder der Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts bei geschäftlich motivierten Ausgaben, die Endverbrauch darstellen, unzulässig sein soll.
Eingehend geregelt ist das Vorsteuerabzugsrecht in den Art. 17 - 20 der Sechsten Richtlinie (zit. vorn E. 5b). Abziehbar sind Vorsteuern unter den in Art. 17 Abs. 2 bezeichneten allgemeinen und ausserdem in Art. 17 Abs. 3 aufgezählten besonderen Voraussetzungen. Gemäss Art. 17 Abs. 5 sind bei gemischter Verwendung die Vorsteuerbeträge pro rata aufzuteilen. Art. 17 Abs. 6 bestimmt sodann:
    (6) Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.
    Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.
Der von der Kommission dem Rat vorgelegte Entwurf zu einem Art. 17 Abs. 6 sah noch vor, dass u.a. auf Ausgaben für Beherbergung (accomodation), Unterkunft, Bewirtung, Verpflegung, Getränke, Unterhaltung und Beförderung von Personen sowie für Luxusausgaben und Ausgaben für Vergnügungen die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann. Im Bericht wird dazu ausgeführt, dass solche Ausgaben den Charakter von Endverbrauch haben, selbst wenn sie im Rahmen der üblichen Unternehmenstätigkeit anfallen und die Aufteilung in berufliche und private Ausgaben nicht genau nachprüfbar ist. Aus diesem Grund, und um eine einheitliche Steuererhebung

BGE 123 II 295 (310):

zu erreichen und Missbräuchen vorzubeugen, sei auf diesen Ausgaben der Vorsteuerabzug nicht zuzulassen. Im Europäischen Parlament wurden Bedenken laut hinsichtlich der Ausgaben für Unterkunft und Beförderung von Personen: Das diesen Ausgaben innewohnende Element des privaten Verbrauchs sei derart untergeordnet, dass es sich nicht rechtfertige, den Vorsteuerabzug zu verweigern. In der Erklärung wird festgehalten, diese Ausgaben seien zu einer anderen Kategorie zu zählen und würden in vielen Fällen einen wesentlichen Anteil der Betriebsausgaben (operating costs) der Unternehmung ausmachen. Das Europäische Parlament schlug in der Folge vor, das Vorsteuerabzugsrecht nur auf den Ausgaben für Bewirtung, Verpflegung, Getränke und Unterhaltung auszuschliessen. Einzig der Wirtschafts- und Sozialausschuss hielt dafür, dass der Vorsteuerabzug auf allen Ausgaben, welche für die Tätigkeit der Unternehmung nötig seien, wie für Geschäftswagen, Beförderung, Hotels usw., zugelassen werden müsse. Der in der Folge übernommene, geltende Text des Art. 17 Abs. 6 zeigt, dass hinsichtlich der Umschreibung der Ausgaben, für welche kein Vorsteuerabzugsrecht beansprucht werden kann, die Mitgliedstaaten sich nicht auf eine gemeinsame Regelung einigen konnten (zum Ganzen TERRA/KAJUS, A Guide to the European VAT Directives, Volume 2, Amsterdam 1993, Kap. XI, S. 58-60).
Gestützt auf die Sechste Richtlinie und insbesondere auf deren Art. 17 Abs. 6 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften dem Rat am 25. Januar 1983 einen Vorschlag für eine Zwölfte Richtlinie vorgelegt (Abl. EG 1983 Nr. C 37, S. 8). Dieser Entwurf sieht (in seiner Fassung gemäss Änderungsvorschlag vom 20. Februar 1984, Abl. EG 1984 Nr. C 56, S. 7) den vollständigen Ausschluss vom Vorsteuerabzug auf Ausgaben im Zusammenhang u.a. mit Sportbooten und Sportflugzeugen (Art. 1), Ausgaben für die Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals (Art. 2), für Unterkunft, Verpflegung und Getränke (Art. 3), auf Repräsentationsaufwendungen einschliesslich Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden und unternehmensfremden Personen (Art. 4) sowie auf Aufwendungen für Vergnügungen und Luxusausgaben (Art. 5) vor. Der Steuerpflichtige kann aber den vollständigen Abzug der Vorsteuer verlangen, wenn er nachweist, dass diese Ausgaben "ausschliesslich beruflichen Charakter" haben (Art. 3a) (vgl. Abl. EG Nr. C 37, S. 8). Dieser Ausschluss vom Vorsteuerabzug geht wesentlich weiter als in der Sechsten Richtlinie. Allerdings konnte eine Zwölfte Richtlinie bis

BGE 123 II 295 (311):

heute nicht verabschiedet werden, was auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten zurückzuführen ist. Diese Differenzen sind bereits in den nationalen Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten angelegt, die gestützt auf Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie die in ihrem Recht vorgesehenen Beschränkungen bzw. Ausschlüsse vom Vorsteuerabzugsrecht beibehalten haben (vgl. PIERRE DI MALTA, Droit fiscal européen comparé, Paris 1995, Ziff. 289, S. 347-348, mit Übersicht zu den nationalen Gesetzgebungen; vgl. ferner Organisation de Coopération et de Développement Économiques [OCDE/OECD], L'impôt sur la consommation, Paris 1988, Ziff. 5.35 ff., S. 100 ff. Zu den Bestrebungen hinsichtlich einer Zwölften Richtlinie, vgl. TERRA/KAJUS, a.a.O., Kap. XI, S. 130.1 - 130.3.)
bb) Das französische Recht schliesst (mit gewissen Ausnahmen) den Abzug der Mehrwertsteuer, die auf den Ausgaben für Unterkunft, Bewirtung, Empfänge und Vergnügungen lastet, grundsätzlich aus (Art. 236 Annexe II Code général des impôts 1995, CGI). Gleich verhält es sich mit den Ausgaben für die Beförderung von Personen (Art. 240 Annexe II CGI).
cc) Die Regelung im deutschen Umsatzsteuergesetz, die allgemein als eher kompliziert erachtet wird, lässt zwar den Abzug der Vorsteuer auf Ausgaben für die Bewirtung und Beförderung aus geschäftlichem Anlass ohne Einschränkung zu. Doch sieht das Umsatzsteuergesetz (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2 lit. c UStG 1993) die Besteuerung dieser Ausgaben als Eigenverbrauch vor, soweit sie nach den Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 - 7, Abs. 7 oder § 12 Nr. 1) nicht abgezogen werden können. Das gilt nicht für 20 Prozent der angemessenen und nachgewiesenen Bewirtungsaufwendungen, die bei der Einkommenssteuer nicht zum Abzug zugelassen werden. Diese Regelung schien dem Gesetzgeber geeigneter als der nach der Sechsten Richtlinie ebenfalls mögliche Ausschluss vom Vorsteuerabzug (vgl. BIRKENFELD, a.a.O., I Nr. 1419 ff., 1445 ff., 1488; DZIADKOWSKI/WALDEN, a.a.O., S. 147 ff.).
dd) Die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beschränken den Abzug der Vorsteuern oder schliessen ihn meistens aus auf Ausgaben für Personenwagen, Motorräder, Sportschiffe, Flugzeuge, Beförderung von Personen aus beruflichen Gründen, Unterkunft, Verpflegung, Bewirtungskosten, Geschenke, Repräsentationsspesen und Luxusausgaben (vgl. die Nachweise vorn E. aa in fine). In ihrem Bericht aus dem Jahre 1988 hielt die Organisation

BGE 123 II 295 (312):

für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fest, dass alle Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen hätten, welche den Abzug der Vorsteuern auf dem Kauf bestimmter Güter (einschliesslich Dienstleistungen), die für den persönlichen Gebrauch von Personen in leitender Stellung, Angestellten und Aktionären bestimmt sind, beschränken wie auch auf bestimmten Aufwendungen der Unternehmen, die leicht für den persönlichen Gebrauch verwendet werden können. Die Besteuerung könne auf zwei Arten sichergestellt werden: Entweder dadurch, dass die Besteuerung ausdrücklich festgelegt werde, oder durch Ausschluss des Vorsteuerabzuges auf der Stufe der Unternehmung. Die meisten Staaten würden beide Methoden kombinieren (OECD, a.a.O., S. 187 ff., Ziff. 10.22 ff.).
ee) Es ergibt sich somit, dass das europäische Umsatzsteuerrecht keine Richtlinie enthält, welche die Mitgliedstaaten anhalten würde, wie die Besteuerung von Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung, Getränke, Beförderung bei Geschäftsreisen und ähnlichen Ausgaben zu regeln sei. Zwischen den Landesrechten bestehen erhebliche Divergenzen, doch beschränken die meisten Mitgliedstaaten das Vorsteuerabzugsrecht auf solchen Ausgaben oder schliessen es ganz aus.
c) Ausgaben für Verpflegung und Getränke sind im wesentlichen Verbrauchsausgaben, denen immer ein Anteil Endverbrauch anhaftet. In dieser Hinsicht kann dem Bundesrat nicht vorgeworfen werden, er habe die Ausgaben, auf denen er das Vorsteuerabzugsrecht beschränkt hat, nicht nach sachlichen Kriterien ausgewählt. Es handelt sich typischerweise um Ausgaben, für welche die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften das Vorsteuerabzugsrecht beschränken oder ausschliessen. Die Regelung trifft zudem alle steuerpflichtigen Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Ausgaben in gleicher Weise. Sie mag sich auf einzelne Branchen oder Wirtschaftszweige mit einem hohen Anteil solcher Ausgaben stärker auswirken als auf andere. Unter dem Gesichtswinkel der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer als entscheidend erscheint indes, dass nicht einzelne Konkurrenten derselben Branche oder desselben Wirtschaftszweiges bevorteilt werden.
Das trifft auch auf die Ausgaben für Unterkunft und Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals zu. Zwar gehören Reisen und auswärtiges Übernachten nicht wie Verpflegung und Getränke zum lebensnotwendigen Bedarf. Es lässt sich daher durchaus die Auffassung vertreten, das diesen Ausgaben innewohnende Element des "privaten" Verbrauchs sei derart untergeordnet,

BGE 123 II 295 (313):

dass sich eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs für diese Ausgaben nicht rechtfertigt (so auch die Einwände, wie sie im Europäischen Parlament bei den Beratungen zum Entwurf für eine Zwölfte Richtlinie geäussert wurden, vgl. vorn E. b/aa). Doch ist zu beachten, dass dem Bundesrat im Rahmen der ihm durch die Verfassung eingeräumten Kompetenz das gleiche Ermessen zusteht wie dem Gesetzgeber (vorn E. 3). Zu verlangen ist, dass er die geschäftlichen Ausgaben, auf denen er den Vorsteuerabzug beschränken will, nach sachlichen Kriterien auswählt. Das ist hinsichtlich der Ausgaben für Reisen und Unterkunft der Fall, obschon das diesen Ausgaben innewohnende Element des Endverbrauchs, wegen des sehr engen geschäftlichen Bezuges dieser Ausgaben, weniger offenkundig zutage tritt als bei den Spesen für Verpflegung und Getränke. Wenn der Bundesrat daher auf diesen Ausgaben bis Ende 1995 den Vorsteuerabzug ebenfalls nur zur Hälfte zugelassen hat, kann nicht gesagt werden, er habe sein Ermessen überschritten oder missbraucht, auch wenn er dabei an die Grenze seines Ermessens gegangen sein mag.
Keine Regelung kann - für sich betrachtet - ganz befriedigen. Sowohl die uneingeschränkte Gewährung des Vorsteuerabzuges auf Geschäftsspesen wie auch der vollständige Ausschluss oder Zwischenlösungen haben ihre Vor- und Nachteile. Angesichts der unterschiedlichen Regelungen in den europäischen Staaten widerspricht die Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts in der Mehrwertsteuerverordnung dem System des europäischen Umsatzsteuerrechts nicht. Die meisten Länder schliessen das Vorsteuerabzugsrecht auf Geschäftsspesen teilweise oder vollständig aus. Das deutsche Recht verweist auf das Einkommenssteuerrecht, das seinerseits geschäftlich begründete Ausgaben nur insofern zum Abzug zulässt, als sie angemessen sind. Unter diesen Umständen entsteht den schweizerischen Unternehmungen durch Art. 30 Abs. 2 (lit. a und b in der bis Ende 1995 gültigen Fassung) MWSTV kein Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. Für die vom Bundesrat getroffene Lösung sprechen sachliche Gründe - Gleichbehandlung der Unternehmungen untereinander, konsequente Besteuerung des Endverbrauchs - so dass sie auch nicht gegen die Grundrechtsgarantien des Art. 4 BV oder gegen Grundsätze der Art. 41ter Abs. 3 BV und 8 ÜbBest. BV verstösst.
d) Der vollständige Abzug der Vorsteuern auf Geschäftsspesen, wie die Vorinstanz ihn vorsieht, würde jegliche Überbesteuerung vermeiden, aber dazu führen, dass der Endverbrauch, den diese

BGE 123 II 295 (314):

Ausgaben für die Begünstigen darstellen, unbesteuert bliebe. Die Lösung der Vorinstanz hätte auch eine Ungleichbehandlung der Unternehmen zur Folge. Der Arbeitgeber, der für sein Personal Unterkunft oder Verpflegung zur Verfügung stellt, kann die darauf entfallenden Vorsteuern nicht oder nur in Abzug bringen, wenn er die diesbezüglichen Aufwendungen als Eigenverbrauch zu versteuern hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 4 lit. c MWSTV). Auch der Arbeitgeber, der seinem Personal als Aufwendungsersatz für Unterkunft, Beherbergung und Beförderung eine feste Entschädigung oder Pauschale nach Art. 327a Abs. 2 OR vergütet, kann keinen Vorsteuerabzug geltend machen, obschon er - indirekt - über die feste Entschädigung oder die Pauschale mit den von den Arbeitnehmern entrichteten Mehrwertsteuern belastet bleibt. Nur derjenige Arbeitgeber, der diese Kosten direkt bezahlt, könnte davon profitieren, wenn der Vorinstanz gefolgt würde.
Die Beschwerdeführerin rechtfertigt die Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auch damit, dass die in Frage stehenden Ausgaben ihrer Natur nach die Gefahr von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen enthalten, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der Begründung zum Entwurf vom 25. Januar 1983 für eine Zwölfte Richtlinie (Abl. EG 1983 Nr. C 37, S. 8) hingewiesen. Zwar vermag die Gefahr von Missbräuchen allein keine Regelung zu rechtfertigen, die zu einer Überbesteuerung - insbesondere der ehrlichen Steuerzahler - führt. Wo aber verschiedene Lösungen gleichermassen denkbar sind und zu einer sachgerechten Besteuerung führen, kann eine Lösung nicht schon deshalb als verfassungswidrig bezeichnet werden, weil sie der Missbrauchsgefahr ebenfalls Rechnung zu tragen sucht. Eine Steuerrechtsordnung ist um so gerechter, als sie eine rechtsgleiche Behandlung aller Steuerpflichtigen sichert. Dazu gehört, dass sie für Missbräuche wenig anfällig ist. Das trifft auch auf die hier in Frage stehende Regelung zu.
8. Gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. l ÜbBest. BV kann der Bundesrat Vereinfachungen anordnen, wenn sich daraus weder auf die Steuereinnahmen noch auf die Wettbewerbsverhältnisse in wesentlichem Ausmass Auswirkungen ergeben und sofern dadurch die Steuerabrechnung für andere Steuerpflichtige nicht übermässig erschwert wird. Gestützt auf diese Bestimmungen können den Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen gewährt und insbesondere die annähernde Ermittlung der Steuer

BGE 123 II 295 (315):

(Pauschalierung) gestattet werden, wenn die genaue Feststellung der für die Bemessung der Steuer massgebenden Tatsachen mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden wäre (vgl. Amtl.Bull. N 1993 336, 344). Bei der Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts auf 50 Prozent bei Ausgaben für Unterkunft, Verpflegung und Getränke sowie für die Beförderung bei Geschäftsreisen des Steuerpflichtigen und seines Personals handelt es sich um eine solche Pauschalierung. Allerdings geht es nicht darum, einen geschäftlichen Anteil von einem Privatanteil abzugrenzen, wie die Vorinstanz zu Unrecht angenommen hat; in Frage steht einzig, wie dem in diesen geschäftlichen Ausgaben enthaltenen Anteil Endverbrauch Rechnung zu tragen sei. Es liegt auf der Hand, dass sich dieser Anteil nicht aufgrund feststehender Tatsachen ziffernmässig exakt festlegen lässt und es auch nicht den steuerpflichtigen Unternehmen überlassen sein kann, diesen Anteil selbst zu bestimmen, sondern dass der Bundesrat eine Pauschallösung treffen musste. Indem er eine mittlere Lösung (50 Prozent der Vorsteuern auf den fraglichen Ausgaben, die abgezogen werden können) getroffen hat, halten sich Steuerausfall und Mehrertrag gegenüber einer Lösung, die den Vorsteuerabzug auf Geschäftsspesen entweder ganz oder überhaupt nicht zulässt, die Waage. Die Steuerabrechnung wird für andere Steuerpflichtige dadurch nicht beeinflusst.
Es ist auch nicht zwischen den verschiedenen Arten von Ausgaben zu unterscheiden (Ausgaben für Verpflegung und Getränke einerseits und Ausgaben für Unterkunft und Beförderung bei Geschäftsreisen andererseits), weil es nicht darum gehen kann abzuklären, ob sie einen mehr oder weniger grossen Privatanteil enthalten, sondern einzig in Frage steht, ob ihr gemischter Charakter, der sich aus der engen Bindung an die geschäftliche Tätigkeit einerseits und aus dem Endverbrauch, den sie für die Begünstigten darstellen, anderseits ergibt, die Beschränkung des Vorsteuerabzuges zu rechtfertigen vermag. Insofern die Beschwerdegegner geltend machen, dass die Beschränkung des Vorsteuerabzuges höchsten 20 Prozent betragen dürfe - weil der Privatanteil nur soviel ausmache -, gehen ihre Ausführungen an der Sache vorbei.
9. Aufgrund dieser Erwägungen kann die vom Bundesrat in der Mehrwertsteuerverordnung getroffene Lösung nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden. Massgebend ist die Überlegung, dass den erwähnten Ausgaben (Geschäftsspesen) unabhängig von ihrer geschäftlichen Verwendung immer ein Anteil Endverbrauch innewohnt. Der Bundesrat besteuert ihn indirekt, indem er den

BGE 123 II 295 (316):

vollständigen Abzug der diese Ausgaben belastenden Vorsteuern verweigert. Insofern hat der Bundesrat das ihm von der Verfassung eingeräumte gesetzgeberische Ermessen nicht überschritten. Wesentlich ist vor allem, dass der Bundesrat die nur beschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgaben nach sachlichen Kriterien ausgewählt hat, diese in einem ähnlichen Rahmen wie die übrigen europäischen Staaten festgelegt hat, die Regelung nicht zu einer Benachteiligung von einzelnen Unternehmen führt und sie insgesamt zur Steuergerechtigkeit beiträgt. Art. 30 Abs. 2 (lit. a und b) MWSTV, alte wie auch neue Fassung, halten sich im Rahmen des dem Bundesrat von der Verfassung eingeräumten Entscheidungsspielraums und verstossen nicht gegen andere Verfassungsgrundsätze.