BGE 107 Ib 27
 
7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. April 1981 i.S. Zgraggen gegen Verwaltungsgericht des Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
Regeste
Befristung des Lernfahrausweises (Art. 10 Abs. 3 SVG).
 
Sachverhalt
Susanne Zgraggen bezog im Januar 1978 einen Lernfahrausweis, der ihr im Februar 1979 bis zum 8. August 1979 verlängert wurde. Im April 1980 ersuchte sie die Motorfahrzeugkontrolle, ihr den Ausweis ein weiteres Mal zu verlängern, weigerte sich aber, sich der für diesen Fall vorgesehenen besonderen Prüfung (Art. 15 Abs. 2 lit. c VZV) zu unterziehen. Sie machte geltend, sie habe den Ausweis aus wichtigen Gründen (Art. 15 Abs. 2 lit. a VZV) längere Zeit nicht verwenden können; wegen der persönlichen Natur wolle sie diese Gründe aber nicht nennen. Die Motorfahrzeugkontrolle lehnte es ab, dem Gesuch zu entsprechen, ohne die Gründe zu kennen.
Gegen diesen Entscheid erhob Susanne Zgraggen Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Zug. Sie warf der Motorfahrzeugkontrolle vor, diese wolle keine andern als die in Art. 15 Abs. 2 lit. a beispielsweise genannten wichtigen Gründe (Krankheit, Militärdienst, Auslandaufenthalt) anerkennen, obwohl auch andere Gründe (z.B. Erfordernis einer längern Ausbildungszeit) wichtig sein könnten, ohne dass der Lernfahrer verpflichtet wäre, sie zu nennen. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug zur direkten Erledigung zugestellt. Dieses wies das Rechtsmittel am 18. August 1980 mit der Begründung ab, das Erfordernis der Nennung der Gründe sei sachlich gerechtfertigt, weil eine lange Lernfahrzeit Zweifel an der körperlichen oder psychischen Eignung des Fahrschülers im Sinne des Gesetzes (Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG) wecken könne.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Susanne Zgraggen, ihr Lernfahrausweis sei "ohne besondere Prüfung" um sechs Monate zu verlängern. Sie macht geltend, sie habe die Art des wichtigen Grundes angegeben, sei aber nicht bereit, einer Amtsperson über die sehr persönliche Angelegenheit Aufschluss zu geben, zumal diese nicht ihre Fahreignung sondern nur die Verzögerung ihrer Prüfungsreife beeinflusse. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
Aus den Erwägungen:
Die Fahrzeug- und Führerausweise können aus besonderen Gründen befristet werden; der Lernfahrausweis ist immer zu befristen (Art. 10 Abs. 3 SVG). Lernfahr- und Führerausweise dürfen nicht erteilt werden, wenn der Bewerber durch körperliche oder geistige Krankheiten oder Gebrechen gehindert ist, ein Motorfahrzeug sicher zu führen. Bestehen Bedenken an der Eignung eines Führers, so ist er einer neuen Prüfung zu unterwerfen (Art. 14 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 SVG). Der Bundesrat stellt Vorschriften auf über Mindestanforderungen, denen Motorfahrzeugführer in körperlicher und psychischer Hinsicht genügen müssen, sowie über die Durchführung der Fahrzeug- und Führerprüfungen (Art. 25 Abs. 3 lit. a und b SVG). Er erlässt die zum Vollzug notwendigen Vorschriften (Art. 106 Abs. 1 SVG).
Das Gesetz ordnet also die Befristung der Lernfahrausweise zwingend an, bestimmt aber weder die Dauer der Frist, noch die Folgen ihres Ablaufens. Der Bundesrat musste daher beide Punkte regeln und war hierzu bereits aufgrund der allgemeinen Vollzugskompetenz befugt.
Aus dem Gesetz kann nicht gefolgert werden, der Ausweisbewerber habe nach Ablauf der Ausweisgültigkeit ohne weiteres Anspruch auf eine Verlängerung. Der Gesetzgeber, der beschlossen hat, die im alten MFG vorgeschriebene, verkehrspolizeilich nutzlose und höchstens fiskalisch verwendbare jährliche Erneuerung aller Verkehrsausweise abzuschaffen, hat die Befristung der Lernfahrausweise nur aus Gründen der Verkehrssicherheit beibehalten können. Da jeder Anfänger natürlicherweise nach Selbständigkeit am Steuer strebt, hielt sich der Bundesrat durchaus an den Grundgedanken des Gesetzes, wenn er in Art. 15 Abs. 2 VZV annahm, dass ein Fahrschüler, der sich nach einem Jahr ursprünglicher Geltungsdauer und einer Verlängerung des Lernfahrausweises um weitere sechs Monate noch nicht zur Prüfung melden kann, plausible Gründe nennen muss, wenn nicht auf eine Lernschwäche geschlossen werden soll, die grundsätzliche Zweifel an seiner Fahreignung nach Art. 14 SVG begründet. Er konnte daher (auch unter Berufung auf Art. 25 Abs. 3 SVG) für solche Fahrschüler eine vertiefte Eignungs-Untersuchung anordnen. Dass anderseits nach Ablauf von weitern zwei Jahren auf eine solche Untersuchung verzichtet und ein neuer befristeter Lernfahrausweis wieder ohne Erschwernis abgegeben wird, lässt sich begründen mit der Erwartung, ein jugendlicher Bewerber habe inzwischen die erforderliche Persönlichkeitsreife erreicht oder ein anderer Bewerber eine allfällige momentane Persönlichkeitsstörung überwunden. Art. 15 VZV erweist sich demnach als durchaus sinngerechte und zweckmässige Ausführung der im Gesetzestext sehr knapp gefassten Grundanordnungen des Gesetzgebers.