BVerfGE 29, 348 - Deutsch-Niederländischer Finanzvertrag
Zur Auslegung des deutsch-niederländischen Ausgleichsvertrags (hier: Finanzvertrag) vom 8. April 1960 und des Gesetzes Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. August 1951.
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 9. Dezember 1970
-- 1 BvL 7/66 --
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des Gesetzes zu dem Vertrag vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlanden zur Regelung von Grenzfragen und anderen zwischen beiden Ländern bestehenden Problemen (Ausgleichsvertrag) vom 10. Juni 1963 (BGBl. II S. 458) -- Vorlagebeschluß des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 1965 -- II ZR 81/62 --.
Entscheidungsformel:
Die Vorlage ist unzulässig.
 
Gründe:
 
A. -- I.
1. Die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich der Niederlande haben am 8. April 1960 einen Vertrag zur Regelung von Grenzfragen und anderen zwischen beiden Ländern bestehenden Problemen (Ausgleichsvertrag) unterzeichnet. Der Vertrag soll die zwischen den beiden Ländern in der Kriegs- und Nachkriegszeit entstandenen Schwierigkeiten beseitigen. Die gesetzgebenden Körperschaften haben dem Vertragswerk durch Gesetz vom 10. Juni 1963 (BGBl. II S. 458) zugestimmt. Bestandteil des Ausgleichsvertrags ist ein Finanzvertrag (BGBl. 1963 II S. 629) -- FinV --, der unter anderem Fragen regelt, die mit dem von den Niederlanden zu Zwecken der Reparation konfiszierten deutschen Vermögen zusammenhängen. Sein Artikel 10 Absatz 1 bestimmt:
    (1) Das Königreich der Niederlande steht dafür ein, daß niederländische Aktiengesellschaften, deren ganzes ausgegebenes Kapital als deutsches Vermögen kraft des "Besluit Vijandelijk Vermogen" auf das Königreich der Niederlande übergegangen und nicht bis zum Tage der Unterzeichnung dieses Vertrags dritten Personen übertragen worden ist, ihre bei Inkrafttreten dieses Vertrags in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin befindlichen Vermögenswerte den vormaligen deutschen Aktionären oder ihren Rechtsnachfolgern zur freien Verfügung stellen. Dies gilt nicht, soweit das übrige Vermögen der Gesellschaft zur Deckung ihrer Schulden nicht ausreicht.
Diese Vorschrift wird durch Artikel 16 ergänzt, der folgenden Wortlaut hat:
    (1) Die Vertragsparteien stellen fest, daß die Bestimmungen des Sechsten Teils des am 26. Mai 1952 in Bonn unterzeichneten Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der Fassung vom 23. Oktober 1954) sich auch auf Maßnahmen beziehen, die das Königreich der Niederlande auf Grund des "Besluit Vijandelijk Vermogen" getroffen hat.
    (2) Im Hinblick auf die abschließende Regelung, die in Artikel 4 bis 13 dieses Vertrags und in Kapitel 5 des Grenzvertrags auf der Grundlage von Artikel 4 des Sechsten Teils des in Absatz 1 genannten Vertrags getroffen ist, wird die Bundesrepublik Deutschland keine weiteren Forderungen oder Ansprüche hinsichtlich der Anwendung des "Besluit Vijandelijk Vermogen" an das Königreich der Niederlande stellen.
2. Nach der Unterzeichnung des Ausgleichsvertrags entstanden auf niederländischer Seite Bedenken unter anderem hinsichtlich der Auslegung von Art. 10 FinV; hierdurch verzögerte sich die Ratifikation des Vertrags. Neue Verhandlungen führten schließlich zum Abschluß eines "Zusatzabkommens vom 14. Mai 1962 zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Finanzvertrag" (BGBl. 1963 II S. 664). Sein Artikel 1 trägt den Bedenken der Niederlande Rechnung und ergänzt Art. 10 FinV durch folgende Bestimmung:
    (1) In den durch Artikel 10 Abs. 1 bis 3 des Finanzvertrags nicht geregelten Fällen sind Ansprüche, Einwendungen, Klagen, Widerklagen und sonstige Verfahren vor deutschen Gerichten nicht zugelassen, sofern sie darauf gestützt werden, daß der auf Grund der niederländischen Maßnahmen für Zwecke der Reparation oder Restitution erfolgte Eigentumsübergang von Aktionärsrechten an niederländischen Aktiengesellschaften in bezug auf das Vermögen dieser Aktiengesellschaften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin, einbegriffen die Beteiligungen dieser Aktiengesellschaften an deutschen Gesellschaften mit oder ohne Rechtspersönlichkeit, keine oder nur eine beschränkte Wirkung gehabt habe.
    (2) In bezug auf das in Absatz 1 bezeichnete Vermögen bestehen keine unmittelbaren oder mittelbaren Rechte oder Interessen, die daraus hergeleitet werden könnten, daß der in Absatz 1 erwähnte Eigentumsübergang keine oder nur eine beschränkte Wirkung in bezug auf dieses Vermögen gehabt habe.
    (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend in bezug auf alle anderen niederländischen "rechtspersonen" im Sinne des Artikels 1 Ziffer 4 des "Besluit Vijandelijk Vermogen".
Im übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 1968 (BVerfGE 24, 33) verwiesen.
II.
Der Bundesgerichtshof hat einen bei ihm anhängigen Rechtsstreit ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob
    Art. 10 Abs. 1 des deutsch-niederländischen Finanzvertragesvom 8. April 1960 (BGBl. 1963 II S. 629) mit Art. 14 Abs. 3 GG vereinbar ist.
Diesem Verfahren liegt nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs (vgl. auch Urteil der Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen in Deutschland vom 24. Juli 1967 [Internationaal Administratie Kantoor N. V. gegen die Bundesrepublik Deutschland], Entscheidungen der Schiedskommission Nr. 160) folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Die "Internationaal Administratie Kantoor N. V.", eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts (abgekürzt: IAK) besitzt 98% Geschäftsanteile der "Gesellschaft zur Verwertung von Grundstücken mbH" (abgekürzt: GVG), die ihren Sitz in der Bundesrepublik hat. Die restlichen 2% der Geschäftsanteile dieser GmbH standen der "Deutschen Nutzholzverwertungs-GmbH" (abgekürzt: NVG) zu. Alleiniger Inhaber der Aktien der IAK war der Vater der Klägerin zu 1), ein deutscher Staatsangehöriger, dem auch die NVG wirtschaftlich gehörte.
Die Aktien der IAK wurden auf Grund der niederländischen Verordnung über das Feindvermögen vom 20. Oktober 1944 konfisziert. Das niederländische Beheers-Institut, das die beschlagnahmten Aktien für das Königreich der Niederlande verwaltete, bestellte den niederländischen Rechtsanwalt Visser zum Liquidator der IAK. Diese Funktion ist später dem Beklagten übertragen worden; nach weiteren Feststellungen wurde er zum Liquidator der GVG bestellt. Als solcher hat er gewisse Verfügungen über Vermögenswerte der GVG, insbesondere über Grundstücke, vorgenommen.
2. Die Rechte aus dem Aktienbesitz der IAK sind durch Erbgang und Erbauseinandersetzungsvertrag auf die Klägerin zu 1) übergegangen. Sie ist der Ansicht, die Konfiskation der Aktien ihres Vaters habe nur Wirkungen innerhalb des niederländischen Hoheitsgebietes gehabt und dem niederländischen Staat keinerlei Rechte an der GVG verschafft. Das in der Bundesrepublik belegene Vermögen der IAK sei von der Enteignung nicht erfaßt worden und habe sich verselbständigt; sie sei die alleinige Aktionärin der hierdurch entstandenen Spaltgesellschaft (Spalt-IAK). Die in niederländischem Staatsbesitz befindliche IAK habe daher weder einen Geschäftsführer für die GVG noch den Beklagten zum Liquidator bestellen können.
3. Die Klägerin zu 1) und die Spalt-IAK -- Klägerin zu 2) -- sowie die GVG in Liquidation -- Klägerin zu 3) -- haben gegen den Liquidator der GVG Klage erhoben und nach Abschluß eines Teilvergleiches in der ersten Instanz unter anderem die Feststellung beantragt,
    daß die Bestellung des Beklagten zum Liquidator der Grundstücksverwertungs-GmbH nichtig war.
Das Landgericht hat durch Teilurteil dem Feststellungsantrag stattgegeben. Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und gleichzeitig im Rahmen einer Zwischenfeststellungswiderklage die Feststellung beantragt,
    daß die im Niederländischen Staatseigentum stehende Aktiengesellschaft Gesellschafterin der GVG sei.
Das Oberlandesgericht hat die Feststellungsklage der Klägerin zu 1) und die Widerklage gegenüber dieser Klägerin als unzulässig abgewiesen, die von den Klägerinnen zu 2) und 3) begehrte Feststellung getroffen und ihnen gegenüber die Widerklage als unbegründet abgewiesen. In der Revisionsinstanz verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage und seinen Antrag aus der Widerklage weiter.
III.
Der Bundesgerichtshof hat zur Vorlagefrage folgendes dargelegt: Der Streit gehe darum, "ob der Beklagte Liquidator der GVG geworden und die niederländische IAK, deren alleiniger Aktionär das Königreich der Niederlande durch hoheitlichen Zwangseingriff geworden ist, Gesellschafterin der GVG geblieben ist". Beides hänge davon ab, ob die Enteignung des Aktienbesitzes des Vaters der Klägerin zu 1) auf das Gebiet der Niederlande beschränkt geblieben sei oder auch die Beteiligung der IAK an der GVG erfaßt habe.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne das Auslandsvermögen einer juristischen Person -- die ihren Sitz im Gebiet des konfiszierenden Staates habe -- wegen der territorial beschränkten Wirkung von Hoheitsmaßnahmen auch auf dem Wege einer Konfiskation aller Mitgliedschaftsrechte nicht erfaßt werden. Der vorlegende Senat sehe auch nach erneuter Prüfung keinen Anlaß, hiervon abzugehen. Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung müßte die Revision mit der Begründung zurückgewiesen werden, daß die Konfiskation der Aktien des Vaters der Klägerin zu 1) nicht die von dieser Aktiengesellschaft gehaltenen Geschäftsanteile an der GVG erfaßt habe. Da die niederländische Beschlagnahme im Inland auch nicht "effektuiert" worden sei, sei das Königreich der Niederlande nicht Gesellschafter der GVG geworden und daher auch nicht berechtigt gewesen, für diese Gesellschaft einen Liquidator zu bestellen.
2. Einer solchen Entscheidung stehe aber Artikel 10 Absatz 1 des deutsch-niederländischen Finanzvertrags entgegen.
Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß allein diese Vertragsbestimmung für die Entscheidung maßgeblich sei, da es sich um eine niederländische Aktiengesellschaft handle, deren alleiniger Aktionär ein Deutscher gewesen sei. Nach dem Vertrag solle es bei allen bis 8. April 1960 getroffenen Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen solcher Einmanngesellschaften verbleiben. Dem vormaligen deutschen Alleingesellschafter oder seinem Rechtsnachfolger brauche nur das beim Inkrafttreten des Finanzvertrags in der Bundesrepublik noch vorhandene Gesellschaftsvermögen herausgegeben zu werden. Sinn und Zweck des Art. 10 Abs. 1 FinV könne nur gewesen sein, alle Rechtsfolgen aus der hoheitlichen Erfassung hundertprozentiger deutscher Beteiligungen an niederländischen Gesellschaften zu ordnen. Da sich die deutsche Seite mit der Beschränkung der Rückgabe abgefunden habe, werde "deutlich, daß die Regelung des Art. 10 Abs. 1 FinV einen unter Art. 14 GG fallenden Eingriff" darstelle.
Nach Art. 10 Abs. 1 FinV sei "das Königreich der Niederlande durch die Konfiskation der Aktien an der IAK anstelle des Vaters der Klägerin zu 1) Gesellschafter der GVG geworden und dies bis zur Freigabe der Geschäftsanteile an der GVG geblieben". Es sei daher berechtigt gewesen, die Rechte eines Gesellschafters dieser Gesellschaft wahrzunehmen und habe darum zeitweise die Klägerin zu 1) aus ihrer Gesellschafterstellung und ihren -rechten verdrängt. "Schon diese Rechtsfolge des Art. 10 Abs. 1 FinV erfüllt den Tatbestand einer Enteignung", da sie "zeitweise zu einer Vermögensentziehung der Klägerin zu 1) geführt" habe.
Art. 10 Abs. 1 FinV decke aber auch die vom Beklagten vorgenommenen Verfügungen über das Vermögen der GVG. Das liege auf der Hand, wenn der Beklagte wirksam zum Liquidator bestellt worden und darum berechtigt gewesen sei, die Funktion eines Liquidators auszuüben. Es sei aber nicht aufgeklärt, auf welche Weise er als Liquidator eingesetzt worden sei. Wäre davon auszugehen, daß keine wirksame Berufung des Beklagten vorliege, so hafte er den Grundstückserwerbern und der Klägerin zu 3) gegenüber. Der Beklagte selbst habe aber -- wenn er in Anspruch genommen werde -- möglicherweise Regreßansprüche gegen das Königreich der Niederlande erworben. Es sei aber undenkbar, daß es nach dem Zustandekommen der Regelung des Art. 10 Abs. 1 FinV bei derartigen Ansprüchen verbleiben und das Königreich der Niederlande insoweit Prozessen vor deutschen Gerichten ausgesetzt bleiben sollte. "Auch hieran zeigt sich, daß Art. 10 Abs. 1 FinV den Tatbestand der Enteignung erfüllt, da ohne diese Regelung derartige Ansprüche hätten erhoben und verfolgt werden können".
Der Auffassung des Auswärtigen Amtes, die Regelung verstoße nicht gegen Art. 14 Abs. 3 GG, weil sie den deutschen Anteilseignern für den noch nicht an Dritte veräußerten Teil des Vermögens für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Finanzvertrags die Rechtsstellung gewährleiste, die sie nach der Spaltungstheorie beanspruchen könnten, werde nicht gefolgt. Man komme nicht daran vorbei, daß die Anteilseigner keine Entschädigung dafür erhielten, daß sie die "in der kritischen Zeit vorgenommenen Verfügungen über ihr Vermögen und die Einsetzung eines nicht ihrem Willen entsprechenden Liquidators hinnehmen" müßten.
Die Revision berufe sich auch zu Unrecht auf das Saarurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 4, 157). Es gehe im Unterschied zu dieser Entscheidung hier darum, ob "die Bundesrepublik durch einen völkerrechtlichen Vertrag das Eigentum des einzelnen antasten" dürfe. "Die Bundesrepublik kann ... völkerrechtliche Verträge, die Enteignungen vornehmen oder zu Enteignungen berechtigen, abschließen, wenn der Vertrag selbst oder das Zustimmungsgesetz eine Entschädigungsklausel enthält".
Von der Gültigkeit des Art. 10 Abs. 1 FinV hänge somit die Entscheidung über die Revision ab. Im Falle seiner Gültigkeit müsse die Klage abgewiesen werden.
IV.
Der Bundesminister der Finanzen hält namens der Bundesregierung die Rechtsauffassung des Vorlagebeschlusses nicht für begründet; Art. 10 Abs. 1 FinV verstoße nicht gegen Art. 14 Abs. 3 GG, da er keinerlei Rechte entzogen habe.
Es bedürfe keiner Entscheidung, ob die gegen deutsche Aktionäre niederländischer Aktiengesellschaften gerichteten Maßnahmen wegen des Territorialitätsgrundsatzes keine Wirkungen über das Hoheitsgebiet der Niederlande hinaus gehabt hätten; denn diese Maßnahmen seien jedenfalls durch das Gesetz Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission vom 31. August 1951 bestätigt worden. Hierdurch sei den niederländischen Konfiskationsmaßnahmen auch insoweit Wirksamkeit verschafft worden, als diese Maßnahmen im deutschen Hoheitsbereich belegenes Vermögen niederländischer Aktiengesellschaften beträfen. Dieses Hinüberwirken (der niederländischen Maßnahmen) in den deutschen Hoheitsbereich habe mit Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 (a) des AHK-Gesetzes eine besatzungsrechtliche Anerkennung erfahren. Nach diesen Vorschriften sollten alle Ansprüche und Klagen hinsichtlich der Vermögensgegenstände, die "in einem ausländischen Staat gelegen waren und in deutschem Eigentum standen", ausgeschlossen sein. In einem ausländischen Staat gelegen gewesen seien nach der damaligen Rechtserkenntnis und vor allem nach der Auffassung der Besatzungsmächte auch die Mitgliedschaftsrechte an juristischen Personen mit Sitz im Ausland, und zwar in bezug auf das ausländische wie das inländische Gesellschaftsvermögen. Die Rechtsauffassung, nach der Gesellschaftsrechte überall dort belegen seien, wo die Gesellschaft Vermögenswerte besitzt (sog. Spaltungstheorie), sei im Jahre 1951 noch gar nicht entwickelt gewesen; daher habe für den Besatzungsgesetzgeber auch kein Anlaß bestanden, hinsichtlich der konfiszierten Mitgliedschaftsrechte eine besondere Bestimmung zu treffen. Nach dem klar erkennbaren Willen des damaligen Gesetzgebers hätten alle Ansprüche hinsichtlich des Inlandsvermögens niederländischer Gesellschaften ausgeschlossen sein sollen, deren Gesellschaftsanteile als Feindvermögen durch die Niederlande konfisziert worden seien. Dieser Wille der Alliierten Hohen Kommission sei auch bei der Fühlungnahme mit der Bundesregierung vor Erlaß des Gesetzes zum Ausdruck gekommen. Die abweichende Auslegung des Gesetzes durch den Bundesgerichtshof in der im Vorlagebeschluß nicht erwähnten Entscheidung vom 31. Oktober 1962 (WM 1963, S. 81) beruhe auf einer unzureichenden Kenntnis der Hintergründe der besatzungsrechtlichen Regelung. Zur Auslegung des Begriffs "Auslandsvermögen" müßten neben der Entstehungsgeschichte des Gesetzes auch die Bestimmungen des Friedensvertrages von Versailles herangezogen werden. Schließlich ergebe sich aus mehreren Rechtsvorschriften, die vor und zu der Zeit gegolten hätten, als das Gesetz und der Überleitungsvertrag geschaffen worden seien, daß man damals eine Auslandsaktie auch insoweit zum "Auslandsvermögen" gerechnet habe, als die ausländische Gesellschaft Vermögen im Inland gehabt habe.
Es treffe auch nicht zu, daß die gegen deutsche Anteilsrechte an niederländischen Gesellschaften gerichteten Maßnahmen in Deutschland hätten "effektuiert" werden müssen. Die Einsetzung niederländischer Zwangsverwalter und Liquidatoren, welche Verfügungsgewalt auch über die im Inland belegenen Vermögenswerte der konfiskationsbetroffenen Gesellschaften ausübten, habe nach damaliger Rechtsauffassung auch für die ehemaligen deutschen Gesellschafter verbindlich sein sollen.
Die Bundesrepublik habe den durch das AHK-Gesetz Nr. 63 sanktionierten Rechtszustand in Art. 3 des VI. Teils des Überleitungsvertrags im Interesse der Wiedererlangung der deutschen Souveränität hinnehmen müssen.
Es sei eine Selbstverständlichkeit gewesen, daß die deutschen Unterhändler bei den Beratungen des Finanzvertrags die vom Bundesgerichtshof nach Beendigung des Besatzungsregimes entwickelte Rechtsprechung zur territorialen Wirkung der Konfiskation von Mitgliedschaftsrechten ins Feld geführt hätten. Da aber die niederländische Regierung jede auf der Spaltungstheorie beruhende Würdigung ihrer Konfiskationsmaßnahmen abgelehnt und darauf beharrt habe, daß diese Maßnahmen durch das AHK- Gesetz Nr. 63 bestätigt worden seien, habe die Bundesregierung keine andere Möglichkeit gehabt, als sich mit der in Art. 10 FinV gefundenen pragmatischen Lösung abzufinden.
Der Bundesminister der Finanzen hat mehrere Urkunden zur Entstehungsgeschichte des AHK-Gesetzes Nr. 63, die im wesentlichen aus niederländischem Besitz stammen, vorgelegt.
V.
Die Materialien zum AHK-Gesetz Nr. 63 waren bisher geheim. Auf Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts haben die Drei Mächte ihre Zustimmung zur Freigabe des in der französischen Botschaft in der Bundesrepublik zur Entstehung des Gesetzes vorhandenen Materials erteilt. Die französische Botschaft hat hierzu eine Sammlung von Dokumenten zur Verfügung gestellt, die diesem Beschluß als Anlage beigefügt ist. Vom Auswärtigen Amt gefertigte Übersetzungen sind den Beteiligten des Ausgangsverfahrens zugestellt worden.
 
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
I.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann nur ein formelles Gesetz Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG sein (BVerfGE 17, 208 [209 f.]). Zu diesen Gesetzen gehören auch die in der Form eines Bundesgesetzes ergehenden Beschlüsse, in denen die gesetzgebenden Körperschaften gemäß Art. 59 Abs. 2 GG die Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag erklären. Daher kann in dem Vorlageverfahren nicht der deutsch-niederländische Finanzvertrag als solcher, sondern nur das hierzu ergangene Zustimmungsgesetz vom 10. Juni 1963 (BGBl. II S. 458) Gegenstand der Prüfung sein (vgl. BVerfGE 12, 281 [288]). Etwaige Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen könnten nur durch das dem Vertrag zustimmende Gesetz erfolgt sein, nicht aber unmittelbar durch den Vertrag.
Im vorliegenden Verfahren käme es hiernach darauf an, ob das Vertragsgesetz insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als es die Zustimmung zu Vorschriften des Finanzvertrages enthält. Selbst wenn man den Vorlagebeschluß entgegen dem Wortlaut des Tenors und der Begründung entsprechend umdeuten würde, bliebe die Vorlage aus anderen Gründen unzulässig.
II.
Wird in einem Normenkontrollantrag die Entscheidung der Rechtsfrage begehrt, ob ein Gesetz mit Art. 14 Abs. 3 GG in Einklang steht, so muß die Begründung mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, warum die beanstandete Norm nach Auffassung des vorlegenden Gerichts als ein Enteignungsgesetz zu qualifizieren ist, warum die Vorschriften des Art. 14 Abs. 3 GG, die in einer bestimmten Rangfolge stehen (vgl. BVerfGE 24, 367 [397 f.]), den Prüfungsmaßstab darstellen und welcher der darin genannten Rechtssätze als verletzt betrachtet wird.
1. Der Bundesgerichtshof ist ersichtlich folgender Rechtsansicht: Nach der von ihm vertretenen Spaltungstheorie ist der Vater der Klägerin zu 1) -- trotz der Konfiskation der Mitgliedschaftsrechte durch die Niederlande -- Eigentümer des in Deutschland belegenen Vermögens des IAK geblieben. Durch Art. 10 Abs. 1 FinV ist dieser Rechtszustand aber rückwirkend beseitigt und das im Inland belegene Vermögen der IAK nachträglich als durch die Niederlande konfisziertes Vermögen anerkannt worden. Dieses wird zwar, soweit es noch vorhanden ist, zurückgegeben, aber für die Zeit von 1944 bis zum Abschluß des Finanzvertrags als konfisziertes und damit dem Königreich der Niederlande zustehendes Vermögen behandelt. Der Konfiskation -- die nach dem Willen der Niederlande auch das in Deutschland belegene Vermögen erfassen sollte -- wird durch den Finanzvertrag nachträglich innerstaatliche Wirkung beigelegt; mit anderen Worten: die Bundesrepublik hat im nachhinein den niederländischen Konfiskationsbeschluß dadurch vollzogen, daß sie sich mit ihm abgefunden hat.
Dieser Gedankengang führt zu der im Vorlagebeschluß nicht näher behandelten Frage, ob die nachträgliche Anerkennung oder Hinnahme einer von einer ausländischen Macht im Rahmen ihrer Feindvermögensgesetzgebung vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes durchgeführten Konfiskation eine Enteignung durch die Bundesrepublik Deutschland darstellen kann. Das Gericht hätte bei der Behandlung dieser Frage darlegen müssen, warum eine Kollision mit Art. 14 Abs. 3 GG vorliegen soll. Hierzu wäre schon deshalb eine Begründung geboten gewesen, weil der deutschniederländische Finanzvertrag der Bereinigung von Vorgängen dient, die ihren Grund im Krieg und in den Ereignissen der Nachkriegszeit haben. Es handelt sich allgemein um einen Teilausschnitt aus dem Komplex der Abwicklung der Kriegsfolgen, so daß besonderer Anlaß zu der Erwägung bestand, ob hier Art. 14 Abs. 3 GG überhaupt als Prüfungsmaßstab in Frage kommt (vgl. auch BVerfGE 15, 126 [143 f.]; 23, 153 [166]).
2. Bei der Begründung seiner Auffassung, Art. 10 Abs. 1 FinV sei ein "Enteignungstatbestand", hat das Gericht wesentliche Gesichtspunkte nicht in seine Darlegungen einbezogen.
Nur solche völkerrechtliche Vertragsbestimmungen können durch das Zustimmungsgesetz in innerstaatlich anwendbares Recht umgesetzt werden, die alle Eigenschaften besitzen, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muß, um berechtigen oder verpflichten zu können; die Vertragsbestimmung muß nach Wortlaut, Zweck und Inhalt wie eine innerstaatliche Gesetzesvorschrift rechtliche Wirkungen auszulösen geeignet sein. Nur unter diesen Voraussetzungen entstehen für den Staatsbürger verbindliche Rechtsnormen. Daher kann eine völkerrechtliche Abrede, die lediglich eine Verbindlichkeit gegenüber dem Vertragspartner begründet, ihrem Wesen nach nicht für die Entscheidung eines Rechtsstreits erheblich sein. Eine Vorlage, die eine solche Abrede zum Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens macht, wäre unzulässig.
a) Art. 10 Abs. 1 FinV statuiert nach Wortlaut, Inhalt und Zweck lediglich eine einseitige Verpflichtung der Niederlande gegenüber der Bundesrepublik Deutschland; die Niederlande stehen dafür ein, daß das in der Bundesrepublik Deutschland noch vorhandene Vermögen solcher niederländischer Aktiengesellschaften, deren ganzes ausgegebenes Kapital auf das Königreich der Niederlande übergegangen ist, den vormaligen Aktionären oder ihren Rechtsnachfolgern zurückgegeben wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Abrede den vormaligen Aktionären unmittelbar durchsetzbare Rechte gegenüber den Niederlanden einräumt; jedenfalls ist Art. 10 Abs. 1 FinV nicht darauf angelegt, Pflichten der ehemaligen Aktionäre zu begründen oder diesen -- wie der Bundesgerichtshof annimmt -- Rechte zu entziehen. Die Abrede enthält keinerlei völkerrechtlichen Verzicht der Bundesrepublik auf Rechte der betroffenen deutschen Aktionäre. Ein solcher Verzicht im Außenverhältnis wäre aber die Voraussetzung dafür, daß das Zustimmungsgesetz im Innenverhältnis -- d.h. im Verhältnis Staat/Bürger -- enteignende Wirkung haben könnte.
Hinzu kommt folgendes: Bei den Vorbereitungen des Ausgleichsvertrags sind beide Regierungen auf Grund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 1956 (NJW 1957, S. 217) davon ausgegangen, daß Klagen enteigneter Aktionäre, mit denen die Unwirksamkeit der niederländischen Konfiskationen in bezug auf das in Deutschland belegene Vermögen geltend gemacht wird, nach dem Überleitungsvertrag unzulässig seien (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum Zusatzabkommen -- BTDrucks. IV/1038). In diesem Urteil hatte der vorlegende Senat auch den Standpunkt des Berufungsgerichts, es sei keine "Abspaltung eines von der Enteignung nicht berührten Teils der Mitgliedschaftsrechte in bezug auf die in Deutschland belegenen Vermögenswerte eingetreten", als irrevisibel bezeichnet, da für die Frage, ob die Mitgliedschaftsrechte als beschlagnahmt anzusehen seien, die niederländische Rechtsordnung maßgebend sei.
Beide Vertragsparteien hielten es für selbstverständlich, daß sich die Rechtsprechung weiterhin an diese Grundsätze halten würde. Unter diesen Umständen bestand seitens der Niederlande kein Anlaß, von der Bundesrepublik einen ausdrücklichen Verzicht auf Rechte deutscher Staatsbürger an den konfiszierten Vermögenswerten zu fordern, und seitens der Bundesrepublik gab es keinen Grund, von sich aus einen solchen Verzicht anzubieten oder auszusprechen. Man ging davon aus, daß das deutsch-niederländische Abkommen insoweit keine neuen deutschen Konzessionen enthalte, "da es nur die auf Grund des Gesetzes der AHK Nr. 63 und des Artikels 3 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags bestehende Rechtslage bestätigt" (Denkschrift zum Zusatzabkommen, BTDrucks. IV/1038 S. 6).
b) Richtig ist, daß Art. 10 Abs. 1 FinV die Rückgabe auf das in der Bundesrepublik Deutschland noch vorhandene Vermögen der früheren Berechtigten beschränkt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß die Regelung deshalb ein unter Art. 14 GG fallender Eingriff, also ein Enteignungsgesetz, ist. Unabhängig von der Frage, ob die Abrede insoweit überhaupt einen in das innerstaatliche Recht umsetzbaren Inhalt besitzt, ist diese Auslegung weder mit der Stellung des Art. 10 Abs. 1 im Vertrag noch mit Wortlaut und Sinn der Abrede in Einklang zu bringen. Art. 10 Abs. 1 FinV enthält lediglich eine Regelung für die Zukunft; die Rechtsverhältnisse hinsichtlich des beschlagnahmten Vermögens aus der Zeit vor dem Vertragsabschluß sind dagegen in Art. 16 FinV angesprochen.
c) Hiernach kann die Entscheidung des Ausgangsverfahrens auch nicht von Art. 10 Abs. 1 FinV in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz abhängen. Der Streit geht nicht um die Rückgabe der bei Vertragsschluß noch vorhandenen Vermögenswerte der enteigneten Gesellschaft, sondern ausschließlich um Vorgänge aus der vorher liegenden Zeit. Es könnte somit allenfalls Art. 16 FinV für die Revisionsentscheidung Bedeutung haben.
III.
In Art. 16 Abs. 1 FinV haben die Vertragsparteien "festgestellt", daß die Bestimmungen des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags sich auch auf Maßnahmen beziehen, die das Königreich der Niederlande auf Grund des "Besluit Vijandelijk Vermogen" getroffen hat. Diese Formulierung spricht dafür, daß die Vertragsparteien davon ausgegangen sind, hinsichtlich der Rechtswirkungen der niederländischen Enteignungsmaßnahmen habe bereits eine Regelung bestanden.
Diese Vertragsbestimmung ist aber im Vorlagebeschluß nicht erwähnt. Selbst wenn die Ausführungen des Gerichts zum Enteignungscharakter des Finanzvertrags auf Art. 16 FinV bezogen sein sollten, würde eine ausreichende Begründung dafür fehlen, daß die Entscheidung des Ausgangsverfahrens von dieser Bestimmung abhängt.
Ein Rechtsvorgang kann nur dann als Enteignung qualifiziert werden, wenn der Betroffene im Zeitpunkt des Eingriffs eine enteignungsfähige Rechtsposition innehat. Daher könnte das Zustimmungsgesetz in Verbindung mit den Bestimmungen des Finanzvertrags nur dann ein Enteignungsgesetz im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG sein, wenn die ehemaligen Alleininhaber der niederländischen Aktiengesellschaften (bzw. deren Rechtsnachfolger) beim Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes noch Berechtigte hinsichtlich der streitigen Vermögenswerte waren.
Das wird im Vorlagebeschluß zwar bejaht. Zur Begründung wird aber lediglich gesagt, das Gericht habe in vier Entscheidungen den Standpunkt vertreten, "das Auslandsvermögen einer juristischen Person, die ihren Sitz im Gebiet des konfiszierenden Staates habe, könne wegen der territorial beschränkten Wirkung von Hoheitsmaßnahmen auch auf dem Weg über eine Konfiskation aller Mitgliedschaftsrechte nicht erfaßt werden".
Ob diese Rechtsansicht zutrifft, kann dahingestellt bleiben; denn jedenfalls ist mit diesen Erwägungen allein nicht dargetan, daß die ehemaligen Aktionäre auch noch beim Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. Juni 1963 an dem in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Vermögen berechtigt waren; mit anderen Worten: daß erst das Zustimmungsgesetz diese Rechte entzogen hat. Dies würde voraussetzen, daß das in der Bundesrepublik belegene Vermögen der niederländischen Gesellschaften auch nicht in der Zwischenzeit entzogen worden ist.
Die in Art. 16 FinV getroffene Feststellung, daß sich die Bestimmungen des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags auch auf niederländische Feindvermögensmaßnahmen beziehen, ist in mehrfacher Richtung für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung. Artikel 2 Satz 2 dieses Teils des Überleitungsvertrags geht von der Fortgeltung des von der Alliierten Hohen Kommission erlassenen "Gesetzes Nr. 63 zur Klarstellung der Rechtslage in bezug auf deutsches Auslandsvermögen und andere im Wege der Reparation oder Rückerstattung erfaßten Vermögensgegenstände vom 31. August 1951" (AHK ABl. S. 1107) -- Gesetz Nr. 63 -- aus. In Artikel 5 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, Vorsorge dafür zu treffen, daß die früheren Eigentümer der Werte, die auf Grund der in Artikel 2 und 3 bezeichneten Maßnahmen beschlagnahmt worden sind, entschädigt werden.
Zu der hiernach sich ergebenden Problematik haben sich auf Grund bisher nicht bekannt gewesener Materialien neue Gesichtspunkte ergeben, zu denen sich das vorlegende Gericht noch nicht äußern konnte. Es hat seinerseits nur zwei Entscheidungen vom 5. Mai 1960 (BGHZ 32, 256) und vom 23. Januar 1961 (WM 1961, S. 347) genannt. Beide Urteile verweisen auf BGHZ 25, 127 (130), wo der Standpunkt vertreten worden ist, daß das Gesetz Nr. 63 den ausländischen Konfiskationen keine Wirksamkeit im Bereich der Bundesrepublik verschafft habe. Zur Begründung ist aber lediglich ausgeführt, daß das Gesetz "nur das im Ausland befindliche Vermögen" betreffe. Dieser Standpunkt wird aber anscheinend in dem in der Erwiderung der Bundesregierung genannten Beschluß desselben Senats vom 31. Oktober 1962 (WM 1963, S. 81) nicht im vollen Umfang aufrechterhalten.
Ob das Zustimmungsgesetz zum Finanzvertrag für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung erheblich ist, hängt somit zunächst von einer Auslegung und Würdigung des AHK- Gesetzes Nr. 63 ab. Dazu ist im Hinblick auf die erst im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bekanntgewordenen Materialien folgendes auszuführen.
IV.
1. Nach dem Gesetz Nr. 63 sollen gewisse Rechtsentziehungen, die in bezug auf deutsches Vermögen von nichtdeutschen Regierungen ergriffen worden sind, endgültige und unanfechtbare Rechtswirksamkeit in der Bundesrepublik haben.
Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes bestimmt in Verbindung mit Absatz 2 die Vermögensgegenstände, auf die das Gesetz Anwendung findet. Von den beiden Unterabsätzen ist hier der Unterabsatz (a) einschlägig.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
    1. Die folgenden Vermögensgegenstände fallen unter die Bestimmungen dieses Gesetzes:
    (a) Vermögensgegenstände, die bei oder vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem ausländischen Staat gelegen waren und in deutschem Eigentum standen, und die nach dem 1. September 1939 nach dem Recht dieses Staates, oder auf Grund einer Vereinbarung mit diesem Staat nach dem Recht eines anderen Staates, übertragen oder liquidiert worden sind oder werden
    (i) in Verfolg von Maßnahmen, die die Regierung eines Staates, der der Erklärung der Vereinten Nationen vom 1. Januar 1942 beigetreten ist, im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Deutschland getroffen hat, oder
    (ii) in Verfolg von Abkommen, Übereinkünften oder Verträgen hinsichtlich der Verfügung über deutsches Auslandsvermögen, die unter Beteiligung Frankreichs, des Vereinigten Königreiches und der Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen worden sind oder werden, oder
    (iii) in Verfolg von zur Befriedigung von Ansprüchen gegen Deutschland getroffenen Maßnahmen, oder
    (iv) ...
    (b) ...
    2. Nicht unter Absatz 1 (a) fallen:
    (a) in Deutschland ausgestellte Wertpapiere, ferner Urkunden, die Rechtstitel hinsichtlich in Deutschland gelegener Vermögensgegenstände verbriefen, sowie handelsrechtliche Papiere, die von einem Verpflichteten mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland zu zahlen sind, es sei denn, daß diese Wertpapiere, Urkunden oder handelsrechtlichen Papiere auf eine nicht-deutsche Währung lauten,
    (b) bis (c) ...
Nach Artikel 2 Absatz 1 (a) gelten die Rechte der früheren Eigentümer oder sonstigen Berechtigten im Zeitpunkt der Übertragung oder Liquidierung als erloschen.
Das Königreich der Niederlande hat alles deutsche Vermögen für die unter (i), (ii) und (iii) bezeichneten Zwecke übertragen, oder liquidiert; insbesondere hat es "im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Deutschland" und "zur Befriedigung von Ansprüchen gegen Deutschland" am 20. Oktober 1944 eine Verordnung mit Gesetzeskraft erlassen, die in ihrem Artikel 3 Absatz 1 bestimmt:
    Vermögen, das einem feindlichen Staat oder einem feindlichen Untertan gehört, geht mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung von Rechts wegen in das Eigentum des Staates über, vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 25 bis 28 dieser Verordnung.
"Vermögen" im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Mitgliedschaftsrechte an einer Aktiengesellschaft. Fraglich ist nur, wo das Vermögen einer nach niederländischem Recht begründeten, in deutschem Eigentum stehenden Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden im Sinne des Artikel 1 Absatz 1 (a) des Gesetzes gelegen war -- am Sitz der Gesellschaft, also im Ausland, oder überall dort, wo sich Vermögenswerte der Gesellschaft befinden. "Ausländischer Staat" bedeutet dabei nach Artikel 4 Buchstabe (a) jeder Staat, mit Ausnahme Deutschlands und der im Verzeichnis zu diesem Gesetz aufgeführten Staaten.
Es geht also um den Begriff der Belegenheit im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 (a) des Gesetzes.
2. Allgemein ist zur Auslegung des Gesetzes Nr. 63 folgendes zu bemerken:
a) Die Gründe für den Erlaß des Gesetzes und seine Zwecke sind in der Präambel umschrieben. Die drei ersten Absätze verweisen unter anderem auf internationale Abkommen, auf Grund deren Übertragungen, Liquidationen oder Ablieferungen "des deutschen Auslandsvermögens" erfolgt sind oder später erfolgen konnten. Die zwei letzten Absätze der Präambel umschreiben den Zweck des Gesetzes.
Diese Präambel ist für die Auslegung des Gesetzes und vor allem auch für den Begriff des deutschen Auslandsvermögens von wesentlicher Bedeutung; denn nach Artikel 1 Absatz 3 Satz 2 des Ersten Teils des Überleitungsvertrags gehört die Präambel des Gesetzes mit zu den "Rechtsvorschriften" der Besatzungsbehörden, die seitens der Bundesrepublik Deutschland beachtet werden müssen. Demgemäß muß der Inhalt der Präambel unter Einschluß der Abkommen, auf die sie verweist, bei der Anwendung seiner Bestimmungen berücksichtigt werden.
b) Bei der Auslegung des in Artikel 1 Absatz 1 (a) des Gesetzes verwendeten Begriffs "in einem ausländischen Staat gelegen", können die allgemeinen Rechtsvorstellungen nicht unberücksichtigt bleiben, die zur Zeit des Erlasses des Gesetzes bestanden. Die Bundesregierung weist darauf hin, daß damals die später von der Spaltungstheorie aufgestellte These, die Mitgliedschaftsrechte seien überall dort belegen, wo die Gesellschaft Vermögen besitzt, noch nicht entwickelt war. Das hat auch das vorlegende Gericht in dem Beschluß vom 31. Oktober 1962 a.a.O. ausdrücklich bestätigt. Beim Erlaß des Gesetzes bestand allgemein die Auffassung, daß Mitgliedschaftsrechte an juristischen Personen am Sitz der Gesellschaft belegen sind. Der Bundesgerichtshof geht in dem vorgenannten Beschluß davon aus, daß diese Auffassung damals auch von der deutschen Rechtswissenschaft geteilt wurde.
Selbst wenn man also mit dem vorlegenden Gericht -- zu Recht oder zu Unrecht -- davon ausginge, daß der Begriff der Belegenheit "nach der deutschen Rechtsordnung und dem zu ihr gehörenden internationalen Privatrecht zu beurteilen" sei -- das Besatzungsrecht somit auf deutsches Recht verweise --, könnte der Belegenheitsbegriff der Spaltungstheorie nicht zugrunde gelegt werden. Die Verweisung könnte sich nur auf das zur Zeit der Inkraftsetzung der Verweisungsvorschrift geltende deutsche Recht beziehen. Die hierzu vertretene Auffassung deckte sich in der hier maßgeblichen Frage mit der Rechtsansicht der drei Westmächte, denen damals für diesen Bereich die Gesetzgebungsbefugnis zustand. Daß die Westmächte auch künftige Entwicklungen und Veränderungen des deutschen Rechts hätten berücksichtigen wollen, ihren im Gesetz objektivierten Willen also gewissermaßen zur Disposition der deutschen Rechtsordnung gestellt haben sollten, ist schon deswegen ausgeschlossen, weil das Gesetz Nr. 63 ein Maßnahmegesetz ist. Es schafft kein zukunftsweisendes Recht, sondern bezweckt die Absicherung von Rechtsvorgängen, die sich bereits vor seiner Inkraftsetzung verwirklicht haben, und die Klarstellung bereits anderweit eingetretener Rechtsfolgen.
3. Von Bedeutung für die Auslegung des Begriffs Auslandsvermögen in Artikel 1 Absatz 1 (a) könnte -- im Hinblick auf die jetzt vorliegenden Materialien -- der Zusammenhang mit Absatz 2 sein. Während Absatz 1 (a) generell die Vermögensgegenstände beschreibt, die unter die Vorschriften des Gesetzes fallen, nimmt Absatz 2 die dort näher bezeichneten Vermögensgegenstände von der Anwendung des Absatzes 1 (a) aus ("nicht unter Absatz 1 [a] fallen"). Das könnte bedeuten: Ohne diese Ausnahmevorschrift würden auch die in Absatz 2 genannten Gegenstände durch Artikel 1 Absatz 1 (a) erfaßt. Insbesondere wären also die in Absatz 2 (a) bezeichneten Urkunden, soweit sie sich im Ausland befanden, als in einem ausländischen Staat "gelegen" anzusehen, obgleich sie nach deutschem Recht ausgestellt sind, auf deutsche Währung lauten und "Rechtstitel hinsichtlich in Deutschland gelegener Vermögensgegenstände verbriefen" (z. B. Mitgliedschaftsrechte an einer deutschen juristischen Person mit Sitz im Inland). Wenn also sogar nach deutschem Recht ausgestellte Aktien, die sich im Ausland befinden, ohne die Bestimmung des Absatzes 2 (a) zu den in einem ausländischen Staat gelegenen Vermögensgegenständen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 (a) gehörten, so dürfte dieser Begriff um so mehr die nicht unter die Ausnahmevorschrift fallenden Aktien umfassen, insbesondere die in einem ausländischen Staat nach dessen Recht ausgegebenen Aktien einer Gesellschaft mit Sitz in diesem Staat. Zugleich würde deutlich, daß das Gesetz auf die Mitgliedschaftsrechte, nicht auf die sie verbriefenden Urkunden abhebt: Die Mitgliedschaftsrechte an deutschen juristischen Personen mit Sitz im Inland rechnet das Gesetz zum Inlandsvermögen; sie werden auch nicht dadurch zum Auslandsvermögen, daß sich die sie verbriefenden Urkunden im Ausland befinden und damit tatsächlich dem Zugriff des ausländischen Staates offenstehen. Das könnte für die Rechtsansicht des Gesetzgebers sprechen, daß die Mitgliedschaftsrechte an juristischen Personen ausschließlich in demjenigen Staat gelegen sind, dessen Recht die juristische Person untersteht und in dessen Hoheitsgebiet sie ihren Sitz hat.
4. Absatz 1 der Präambel verweist auf "zwischenstaatliche Abkommen", die die alliierten Mächte "hinsichtlich der Liquidierung des deutschen Auslandsvermögens ... zu Reparationszwecken abgeschlossen haben". Wie oben ausgeführt, ist der Inhalt dieser Abkommen -- neben dem grundlegenden Pariser Reparationsabkommen vom 14./24. Januar 1946 (Deutsches Vermögen im Ausland, Bd. I, S. 10 ff.) -- für die Auslegung des Gesetzes Nr. 63 beachtlich. Artikel 1 Absatz 1 (a) des Gesetzes schreibt demgemäß ausdrücklich vor, daß die Bestimmungen des Gesetzes auch Anwendung finden auf "Vermögensgegenstände, die ... in einem ausländischen Staat gelegen waren und in deutschem Eigentum standen und ... auf Grund einer Vereinbarung mit diesem Staat nach dem Recht eines anderen Staates übertragen oder liquidiert worden sind oder werden".
Hiernach könnte für die Auslegung wesentlich sein, welche Rechtsauffassung dem in der Präambel genannten Abkommen zugrunde liegt, zu deren innerstaatlichen Absicherung das Gesetz Nr. 63 auch erlassen worden ist. Diese nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossenen Abkommen regeln widerstreitende Ansprüche, die alliierte Staaten auf deutsche Vermögensgegenstände erhoben hatten. Sie beschäftigten sich insbesondere mit den Fällen, in denen eine nach dem Recht eines alliierten Staates errichtete Gesellschaft, an der deutsche Staatsangehörige als Gesellschafter beteiligt waren, Vermögen in einem anderen Staat hatte. Beispiele solcher Abkommen sind: das Brüsseler Abkommen vom 5. Dezember 1947, an dem die Niederlande beteiligt sind, das britisch-französische Abkommen vom 15. Juli 1948 und das britisch-niederländische Abkommen vom 20. September 1949 (Deutsches Vermögen im Ausland, Bd. I, S. 25 ff., 36 ff., 43 ff.).
5. Die Bundesregierung weist darauf hin, daß die Regelungen des Gesetzes Nr. 63 im Rückblick auf die Rechtslage nach dem Ersten Weltkrieg und dem Versailler Vertrag gesehen werden müssen.
Die Feindvermögensgesetzgebung der wichtigsten kriegführenden Staaten des Ersten Weltkriegs, darunter auch Deutschlands, konfiszierte die den betreffenden Ausländern gehörigen Mitgliedschaftsrechte, ohne irgendwelche Maßnahmen gegen die Gesellschaft selbst zu ergreifen. Diese Rechtsfigur beruhte auf der strengen Unterscheidung zwischen dem Vermögen einer juristischen Person und dem Vermögen ihrer Mitglieder; sie ging von der Rechtsansicht aus, daß die Mitgliedschaftsrechte nur in dem Staat belegen sind, in dem die Gesellschaft mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet worden war und ihren Sitz hatte. Dieser Rechtsstandpunkt lag auch dem Vertrag von Versailles in Abschnitt IV seines Teiles X zugrunde, der "Güter, Rechte und Interessen" behandelt, insbesondere die Maßnahmen, die in bezug auf deutsches Vermögen in alliierten Ländern getroffen worden waren oder werden konnten. In § 10 der Anlage zu diesem Abschnitt übernahm Deutschland unter anderem die Verpflichtung, alle in Händen seiner Angehörigen befindlichen Aktien aller durch Gesetzgebung der Alliierten zugelassenen Gesellschaften herauszugeben. Gegen diese Vorschrift hatte die deutsche Delegation Einwendungen erhoben, weil die Vorschrift eine Ausdehnung von Maßnahmen gegen deutsches Vermögen über die Grenze alliierter Gebiete hinaus vorsehe. Die Antwortnote der alliierten Delegation vom 16. Juni 1919 hielt dem entgegen, daß es sich bei der in § 10 vorgesehenen Ablieferung nur um eine technische Methode für die Durchführung der Liquidation von in alliiertem Gebiet belegenem Vermögen handle. Deutschland könne hiergegen um so weniger Einwendungen erheben, als es selbst während des Krieges materiell entsprechende Liquidationen von verbrieften Rechten alliierter Staatsangehöriger an deutschen Gesellschaften vorgenommen habe (Kraus-Rödiger, Urkunden zum Friedensvertrage von Versailles vom 28. Juni 1919, 1920/21, Teil I, S. 266 und 660 f.).
Nach dieser Auffassung hätte bereits die Konfiskation der Mitgliedschaftsrechte die neue Inhaberschaft an den Gesellschaften bewirkt; die Ablieferung der Mitgliedschaftsurkunden wäre nicht konstituierend, sondern nur ein technischer Vollzugsvorgang zur Absicherung des bereits perfekten und deshalb anerkannten Rechtsübergangs gewesen. Demnach waren Mitgliedschaftsrechte an Gesellschaften ausschließlich in dem Staat gelegen, nach dessen Recht die Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit erlangt und in dessen Gebiet sie ihren Sitz hatte, ohne Rücksicht darauf, ob die Gesellschaft auch in einem anderen Staat Vermögen hatte. Von dieser Rechtsansicht scheint das Reichsgericht noch in einem Urteil vom 20. Mai 1930 ausgegangen zu sein (RGZ 129, 98 ff.). Soweit ersichtlich, war sie auch bis zum Erlaß des Gesetzes Nr. 63 unbestritten. Ob und warum diese für die Auslegung des Gesetzes Nr. 63 nicht mehr gelten soll, wäre zu prüfen.
6. Zu der Frage, ob die von Deutschen innegehaltenen Mitgliedschaftsrechte an ausländischen juristischen Personen mit Sitz im Ausland im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 (a) Gesetz Nr. 63 "in einem ausländischen Staat gelegen" sind, ergibt die Entstehungsgeschichte des Gesetzes an Hand der jetzt vorliegenden Dokumente folgendes Bild:
Seit Gründung der Bundesrepublik drängten -- seit Anfang 1950 in zunehmendem Maße -- vor allem früher von Deutschland besetzte Staaten die westlichen Besatzungsmächte, die Anerkennung der "in bezug auf Reparationen und Rückerstattung" getroffenen Maßnahmen der alliierten Staaten "befriedigend" zu regeln, "bevor der Kriegszustand mit Deutschland aufgehoben wird" (Niederländisches Memorandum vom 8. Dezember 1950). Den beteiligten Staaten wurde Anfang November 1950 ein Rohentwurf eines entsprechenden Gesetzes vorgelegt. Hierzu überreichte die niederländische Regierung der Hohen Kommission am 13. November 1950 ein weiteres Memorandum, "das einige Wünsche hauptsächlich technischer Art bezüglich des überreichten Textes enthielt". Hierbei stellte sich heraus, daß dieser (erste) Entwurf überholt und durch einen neuen Text ersetzt worden war (2. Entwurf). Dieser Entwurf zeichnete sich hauptsächlich dadurch aus, daß der Artikel 1 auf Vorschlag der amerikanischen Seite einen Absatz 2 erhielt, der zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Alliierten Hohen Kommission sowie zu Demarchen der Beneluxstaaten führte (vgl. den Bericht des Finanzausschusses der Alliierten Hohen Kommission vom 28. Februar 1951 -- Fin/P [51] 9). Artikel 1 Absätze 1 und 2 dieses 2. Gesetzentwurfs lauteten:
    "1. Hierdurch wird festgestellt, daß allen Personen alle Rechte, Ansprüche und Anteile in Hinsicht oder in bezug auf alles Vermögen, das in einem fremden Land im Sinne von Absatz 3 gelegen ist und das sie in irgendeinem Zeitpunkt nach dem 1. September 1939 innegehabt oder in ihrer Verfügungsgewalt gehabt haben, in dem Zeitpunkt und in dem Umfang entzogen worden sind oder werden, in dem diese Rechte, Ansprüche oder Anteile nach dem Recht des besagten fremden Landes einem öffentlichen Treuhänder, Verwalter oder Kustos des Feind- oder Fremdvermögens, einer Clearingstelle oder einer anderen staatlichen Stelle oder öffentlichen Behörde übertragen worden sind oder werden.
    2. Absatz 1 gilt jedoch für eine Vermögensübertragung wie sie darin bezeichnet ist, nicht, soweit mit ihr die Übergabe irgendeines Rechtes, Anspruches oder Anteiles an Vermögen, das in Deutschland gelegen ist, bezweckt oder versucht wird."
In dem Memorandum vom 8. Dezember 1950 wandten sich die Niederlande gegen den vorgesehenen Artikel 1 Absatz 2; hierzu heißt es:
    "Diese Bestimmung trifft Gesellschaften, die in alliierten Ländern niedergelassen sind und Vermögen in Deutschland haben, soweit die deutschen Anteile der Aktionäre oder sonstigen Anteile an diesen Gesellschaften nach Teil I Artikel 6 A des Pariser Abkommens vom 24. Januar 1946 zu Reparationszwecken veräußert worden sind. Der Inhalt dieser Bestimmung hat bei der niederländischen Regierung starke Besorgnis hervorgerufen, da diese der Auffassung ist, daß sie für beträchtliche niederländische Anteile nachteilig sein kann, die den Niederlanden auf Grund des Pariser Abkommens zugesprochen worden sind. Selbst wenn die Bestimmung, die wegen ihrer Unklarheit auf verschiedene Weise ausgelegt werden kann, von den Besatzungsbehörden in Deutschland in einer den niederländischen Interessen günstigen Weise ausgelegt wird, ist es keineswegs sicher, daß sich der zuständige Richter ihrer Auslegung anschließt. Das Ergebnis ist Unsicherheit sowohl in den alliierten Ländern als auch in Deutschland, was zahlreiche Schwierigkeiten bei der Wiederherstellung normaler Rechtsbeziehungen mit Deutschland nach sich zieht."
Diese Bedenken wurden durch die Äußerungen des amerikanischen Mitglieds des "Unterausschusses Vermögen" des Finanzausschusses der AHK in einer Erörterung am 11. Dezember 1950 noch bestärkt: der amerikanische Vertreter erklärte, "daß der Sinn dieser Bestimmung darin lag, die Auswirkung der außerhalb von Deutschland in verschiedenen Ländern getroffenen Maßnahmen bezüglich der Konfiszierung deutschen Vermögens einzuschränken und diese Maßnahmen rechtlich nicht wirksam werden zu lassen, sofern es sich um Vermögen handelt, das in Deutschland gelegen ist".
Ihre Bedenken stellten die Niederlande in einem am 26. und 29. Januar 1951 den Regierungen der USA, Frankreichs und Englands mit Note überreichten Aide-memoire im einzelnen dar, verbunden mit der dringenden Bitte um Streichung der Vorschrift: diese habe hauptsächlich zur Folge, daß konfiskatorische Maßnahmen in bezug auf deutsche Rechte an außerhalb Deutschlands niedergelassenen Gesellschaften rechtlich unwirksam würden, soweit es sich um Vermögenswerte handelt, die solchen Gesellschaften gehören und in Deutschland gelegen sind. In dieser Note heißt es u.a.:
    "Rechtlich gesehen untergraben diese Folgen die Stellung der Gesellschaften, die Deutsche zum Teil oder ganz innehatten, die in alliierten Ländern niedergelassen sind und die Vermögenswerte in Deutschland haben. Diese Vermögenswerte gehören den in Frage stehenden Gesellschaften; Artikel 1 Absatz 2 hätte zur Folge, daß das Eigentum daran geschmälert würde, indem diese Vermögenswerte in Deutschland den deutschen Aktionären im Verhältnis des deutschen Anteils an diesen alliierten Gesellschaften zufielen. Abgesehen davon, daß der Gesetzentwurf nichts darüber aussagt, wie das vor sich gehen soll, wird die Rechtsnatur einer Aktie einer Gesellschaft durch diese Bestimmung falsch interpretiert. Eine Aktie stellt einen Teil des 'Nettovermögens' einer Gesellschaft dar; daher hat ein Aktionär keinerlei Anrecht auf irgendeinen Vermögenswert der Gesellschaft. Alle Vermögenswerte gehören ausschließlich der juristischen Person. Nach dem, was der Gesetzentwurf, wie weiter oben ausgeführt, besagt, würde dieses 'Nettovermögen' ganz willkürlich um einen Teil des Wertes der in Deutschland befindlichen Vermögenswerte der Gesellschaft verringert. Durch diese Beeinträchtigung eines Teils des Gesellschaftsvermögens könnte es sogar dazu kommen, daß die Gläubiger die Gesellschaft nicht mehr voll in Anspruch nehmen können. Nach Auffassung der niederländischen Regierung würde die Beibehaltung des Artikels 1 Absatz 2 im Gesetzentwurf zweifellos zu einer chaotischen Situation in den einschlägigen Rechtsbeziehungen führen mit allen Folgeerscheinungen, wie z. B. zahlreichen komplizierten Rechtsstreitigkeiten usw. Es würde also gerade das Gegenteil von dem erreicht, was die Hohe Kommission mit dem Komplex der von ihr getroffenen oder geförderten Maßnahme anstrebt, nämlich Sicherheit im Hinblick auf die vorerwähnten Rechtsbeziehungen zu schaffen."
Die Niederlande veranlaßten, daß auch Belgien und Luxemburg entsprechend bei den Regierungen der Drei Mächte vorstellig wurden. Belgien überreichte daraufhin am 28. Februar 1951 eine entsprechende Note.
In der Sitzung des Finanzausschusses der AHK vom 28. Februar 1951 wurden diese Bedenken erörtert. Es ergab sich keine Einigung; deshalb wurde dieser Problemkreis der Studiengruppe der Regierungen in London zur Entscheidung vorgelegt (Bericht des Finanzausschusses vom 28. Februar 1951 [Fin/P [51] 9].
In dem Bericht des Finanzausschusses über diese Sitzung wurde der erreichte Meinungsstand der Drei Mächte wie folgt festgestellt:
    "Die französische Seite ist zwar damit einverstanden, daß die in Deutschland ausgegebenen und im Eigentum von Deutschen stehenden Aktien nicht Gegenstand einer Entziehung von seiten der Länder, in denen sie gelegen sind, sein sollen, sieht jedoch keine Notwendigkeit, in das Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, welche die Anerkennung der Entziehung derartiger Wertpapiere ausschlösse. Was die Wirkung der Entziehung auf in Deutschland gelegene und Gesellschaften mit Sitz außerhalb Deutschlands und mit deutschen Beteiligungen gehörende Vermögensgegenstände betrifft, wäre die französische Seite bereit, eine Bestimmung des Gesetzes anzunehmen, welche die Vermögensgegenstände in Deutschland, die Gesellschaften gehören, die ihren Sitz außerhalb Deutschlands haben und gänzlich in deutschem Eigentum stehen, von der Anerkennung der Wirkung der Entziehung ausnehmen würde.
    Die britische Seite ist zwar ebenfalls damit einverstanden, daß die in Deutschland ausgegebenen Aktien, die sich im Ausland befinden und im deutschen Eigentum stehen, nicht Gegenstand einer Entziehung sein sollten, macht jedoch eine Grundsatzfrage aus ihrer entschiedenen Ablehnung der Aufnahme jeder Bestimmung in das Gesetz, die alle in deutschem Hoheitsgebiet gelegenen Vermögensgegenstände von der Anerkennung der Wirkung der Entziehung ausnähme. Sie ist infolgedessen nicht in der Lage, den französischen Vorschlag anzunehmen, nach dem die in Deutschland gelegenen und Gesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben und gänzlich in deutschem Eigentum stehen, gehörenden Vermögensgegenstände ausgenommen werden sollen."
Die Niederlande wurden am 8. März 1951 nochmals mit einem Memorandum vorstellig und Luxemburg schloß sich in einem Schreiben vom 28. März 1951 an das Generalsekretariat der Alliierten Hohen Kommission den niederländischen Bedenken an.
Die Studiengruppe der Regierung in London behandelte diesen Problemkreis in den Sitzungen am 28. April 1951 (Schreiben des Vorsitzenden des Koordinationsausschusses der Londoner Studiengruppe der Regierungen -- FIN/P [51] 15 -- vom 28. April 1951 an den Vorsitzenden des Finanzausschusses der AHK) und am 18. Mai 1951. In der Sitzung vom 18. Mai 1951 entschied die Studiengruppe im Sinne der von England und den Beneluxstaaten vorgetragenen Forderungen und legte den Inhalt des Gesetzes fest (2. Nachtrag zu FIN/P [51] 15 mit Anlage B [1] zur Anlage A zum 2. Nachtrag zu FIN/P [51] 15); hierauf wurde der endgültige Wortlaut des Gesetzes ausgearbeitet.
An diesen Vorbereitungen des Gesetzes war die deutsche Seite nicht beteiligt (vgl. den Bericht des Unterausschusses "Deutsches Auslandsvermögen und deutsche Auslandsschulden" vom 10. Januar 1952). Lediglich der endgültige Entwurf wurde kurz vor der Inkraftsetzung der Bundesregierung mitgeteilt mit dem Bemerken, Fragen zu diesem bereits beschlossenen Gesetz vorzubringen; jedoch dürfe der materielle Inhalt des Gesetzes nicht zur Diskussion gestellt werden; es seien nur Fragen zulässig, die eine Klärung der vorgesehenen Vorschriften und deren Ergänzung in späteren Durchführungsverordnungen beträfen (vgl. Schreiben des Bundeskanzlers an den geschäftsführenden Vorsitzenden der AHK vom 19. August 1951). Zu Änderungen des Gesetzes war die AHK nicht mehr zu bewegen, wie die AHK in einem Aidememoire vom 27. August 1951 ausdrücklich bekräftigte. Hierbei wurde nachdrücklich erklärt, "daß es der einzige Zweck des neuen Gesetzes der Alliierten Hohen Kommission ist, den Übertragungen von Rechten, die im Ausland vorgenommen worden sind und die gemäß den Richtlinien der alliierten Politik nicht bestritten werden können, in Deutschland und gegenüber den deutschen Staatsangehörigen bindende Wirkung zu verleihen."
V.
Unter Würdigung aller sich hiernach ergebenden rechtlichen Gesichtspunkte wird das vorlegende Gericht prüfen müssen, ob das Vertragsgesetz vom 10. Juni 1963 in Verbindung mit dem deutsch-niederländischen Finanzvertrag für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens erheblich ist.
    Anlagen zum Beschluß vom 9. Dezember 1970 -- 1 BvL 7/66 -
    [ Die Anlagen (in französischer Sprache) sind in der DFR-Edition nicht wiedergegeben.]