BVerfGE 49, 286 - Transsexuelle I
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gebietet es, die Eintragung des männlichen Geschlechts eines Transsexuellen im Geburtenbuch jedenfalls dann zu berichtigen, wenn es sich nach den medizinischen Erkenntnissen um einen irreversiblen Fall von Transsexualismus handelt und eine geschlechtsanpassende Operation durchgeführt worden ist.
 
Beschluß
des 1. Senates vom 11. Oktober 1978
- 1 BvR 16/72 -
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Helge H. ... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Richard R. Kuhns, Kurfürstenstraße 84, Berlin 30 - gegen den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 21. September 1971 - IV ZB 61/70 -.
Entscheidungsformel:
Der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 21. September 1971 - IV ZB 61/70 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
Der Beschwerdeführer gehört zu den Personen, die aufgrund ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale im Zeitpunkt der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet worden sind, sich aber später in jeder Hinsicht dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen und heute - nach Anpassung ihres äußeren Erscheinungsbildes - das Leben einer Frau führen, jedoch rechtlich weiterhin als Männer behandelt werden (männliche Transsexuelle). Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet er sich gegen die Ablehnung der Änderung des Geschlechtseintrags im Geburtenbuch von "männlich" in "weiblich".
 
A. - I.
Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse, wie er in einer Dokumentation der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung aus dem Jahre 1974 dargelegt wird, ist das Wesentliche am Transsexualismus die vollständige psychische Identifikation mit dem anderen, d.h. dem eigenen Körper widersprechenden Geschlecht. Der Transsexuelle wird im Gegensatz zum Zwitter (Hermaphroditen) nicht den somatischen (körperlichen) Intersexen zugerechnet, die weder ganz zum einen noch ganz zum anderen Geschlecht gehören. Im Zeitpunkt seiner Geburt ist der Transsexuelle genetisch eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechts und mit entsprechenden normalen Fortpflanzungsorganen und Fortpflanzungsfunktionen ausgestattet.
Entstehung und Ursache des Transsexualismus sind noch nicht endgültig geklärt. Insbesondere steht nicht fest, ob und welche pränatalen Determinanten für die Entwicklung zum Transsexuellen bestimmend sind. Als medizinisch gesichert gilt aber, daß Transsexualismus nichts mit Homosexualität oder Fetischismus zu tun hat und von den psychosexuellen Anomalien und Perversionen klar getrennt werden kann. Entscheidend ist für den Transsexuellen nicht die Sexualität, sondern das Problem des personalen Selbstverständnisses, das sich in der Geschlechtsrolle und der Geschlechtsidentität manifestiert. Der männliche Transsexuelle lehnt den homosexuellen Mann ab und sucht ausdrücklich den heterosexuell orientierten Partner.
    "Der Transsexuelle begnügt sich nicht wie der Transvestit mit dem Tragen der Kleidung des anderen Geschlechts; er fühlt sich dem anderen Geschlecht ganz und gar zugehörig. Seine Geschlechtsorgane und -merkmale, die nicht zu dem erfühlten Geschlecht passen, empfindet er - im Gegensatz zum Homosexuellen, Transvestiten und Fetischisten - als Irrtum der Natur. Er ist daher mit allen Mitteln bestrebt, diesen Irrtum zu korrigieren, und versucht mit größter Zielstrebigkeit, seinen Wunsch nach vollkommener Geschlechtsumwandlung durchzusetzen. Ja, er schreckt nicht vor den gefährlichsten und schmerzhaftesten Selbstverstümmelungen zurück, wenn er auf andere Weise mit seinen Bestrebungen nicht durchdringt"
    (Nevinny-Stickel und Hammerstein, NJW 1967, S. 663 [665]).
Nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Versuche, Transsexuelle in ihrer psychosexuellen Grundstruktur durch Psychotherapie oder Hormonbehandlung umzustimmen, bisher gescheitert. Die einzig sinnvolle und hilfreiche therapeutische Maßnahme besteht nach Ansicht der Wissenschaftler darin, den Körper des Transsexuellen der erlebten Geschlechtsidentität soweit wie möglich anzupassen. Nur so könne die Gefahr von Selbstverstümmelung und Selbstmord, die bei Transsexuellen immer gegeben sei, abgewehrt werden. Die volle Anerkennung der neuen Geschlechtsrolle ist aber nach Ansicht der medizinischen Sachverständigen für den Transsexuellen erst mit der Namens- und Personenstandsänderung abgeschlossen.
II.
Der Standesbeamte hat nach § 1 Abs. 2 des Personenstandsgesetzes - PStG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1957 (BGBl. I S. 1125) ein Geburtenbuch zu führen. Dazu bestimmt dieses Gesetz in der nunmehr geltenden Fassung:
    § 21
    (1) In das Geburtenbuch werden eingetragen
    1. - 2. ...
    3. Geschlecht des Kindes,
    4. die Vornamen und der Familienname des Kindes,
    5. ...
    (2) ...
Eintragungen können vom Standesbeamten geändert oder berichtigt werden:
    § 46
    (1) ...
    (2) Sind in der schriftlichen Anzeige einer Geburt oder eines Sterbefalls die Angaben unrichtig oder unvollständig und ist der richtige oder vollständige Sachverhalt durch öffentliche Urkunden oder auf Grund eigener Ermittlungen des Standesbeamten festgestellt, so trägt er den richtigen oder vollständigen Sachverhalt in das Personenstandsbuch ein.
    § 46 a
    (1) Der Standesbeamte kann in einem abgeschlossenen Eintrag offensichtliche Schreibfehler berichtigen. Er kann auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund eigener Ermittlungen ferner berichtigen
    1. - 4. ...
    (2) Im Heirats-, Geburten- und Sterbebuch kann der Standesbeamte nach Abschluß des Eintrags andere Berichtigungen vornehmen, wenn der richtige oder vollständige Sachverhalt durch inländische Personenstandsurkunden festgestellt ist.
Der Standesbeamte ist auch zur Eintragung von Randvermerken befugt:
    § 30
    (1) Ein Randvermerk ist ferner einzutragen, wenn außer in den Fällen der §§ 29, 29 b die Abstammung oder der Name eines Kindes mit allgemein bindender Wirkung festgestellt oder wenn der Personenstand oder der Name des Kindes geändert wird. Außerdem ist ein Randvermerk einzutragen, wenn dem überlebenden Elternteil eines auf eigenen Antrag für ehelich erklärten Kindes der neue Name des Kindes erteilt worden ist.
    (2) ...
    § 47
    (1) Im übrigen kann ein abgeschlossener Eintrag nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Das gleiche gilt, wenn der Standesbeamte Zweifel hat, ob er einen Eintrag berichtigen kann.
    (2) ...
III.
1. Der Beschwerdeführer, der 1932 als Sohn einer Näherin nichtehelich geboren wurde, wuchs zunächst bei Pflegeeltern, dann in einem von Ordensschwestern geführten Waisenhaus in Schlesien auf. Anfang Januar 1945 wurde er in Breslau zu Schanzarbeiten herangezogen und nach der Einnahme der Stadt durch die Russen in ein Lager verbracht. 1946 kehrte der Beschwerdeführer nach Deutschland zurück. Hier arbeitete er zunächst als Landarbeiter, fuhr dann zur See, ging anschließend für etwa zwei Jahre freiwillig zur Bundeswehr, war im Bergbau tätig und wechselte schließlich zum Volkswagenwerk. Wegen Schwierigkeiten im Umgang mit den Arbeitskollegen wurde das Arbeitsverhältnis 1963 beendet.
Der Beschwerdeführer heiratete 1953. Seine Ehe wurde 1964 geschieden. Im Jahre 1961 hatte die Ehefrau ein Kind geboren. Auf die Anfechtungsklage des Beschwerdeführers hin wurde 1965 durch Urteil festgestellt, daß es nicht sein eheliches Kind sei. Seit etwa 1960 zeigten sich ernsthafte Störungen im allgemeinen Befinden des Beschwerdeführers, der sich immer mehr mit dem weiblichen Geschlecht identifizierte. Bereits 1962 wurde ihm der linke Hoden wegen einer Quetschung amputiert. 1963 wurde der rechte Hoden als Leistenhoden entfernt. Nachdem der Beschwerdeführer mit weiblichen Geschlechtshormonen behandelt worden war, wurde 1964 in einer deutschen Universitätsklinik eine geschlechtsumwandelnde Operation durchgeführt.
Heute ist der Beschwerdeführer als Krankenschwester an einer Universitätsklinik tätig.
2. 1968 entsprach das Amtsgericht Berlin-Schöneberg dem Antrag des Beschwerdeführers, ihn personenstandsrechtlich als Frau anzuerkennen, und wies den zuständigen Standesbeamten an, den Eintrag im Geburtsregister des Beschwerdeführers durch Beischreibung eines Randvermerks mit dem Inhalt zu berichtigen: "Das nebenbezeichnete Kind ist weiblichen Geschlechts." Der Beschluß des Gerichts beruhte auf mehreren medizinischen Gutachten, die übereinstimmend beim Beschwerdeführer einen irreversiblen Fall von Transsexualismus diagnostiziert hatten. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß die Verweigerung der Personenstandsänderung für den Beschwerdeführer unvorhersehbare Konflikte und menschlich-soziale Schwierigkeiten heraufbeschwören würde.
3. Auf die Beschwerde des Senators des Innern hob das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts auf und wies den Antrag auf Berichtigung der Geburtenregistereintragung zurück. Der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt seiner Geburt männliche Geschlechtsorgane gehabt. Er sei auch kein Zwitter gewesen. Die dem Geschlecht zuwiderlaufende seelische Einstellung oder ein Verlust der Geschlechtsorgane durch Einwirkung von außen seien demgegenüber unerheblich. Bei dieser Sachlage lägen die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Geschlechtseintragung oder für eine im Geburtenbuch beizuschreibende Personenstandsänderung nicht vor.
4. Der Beschwerdeführer erhob dagegen sofortige weitere Beschwerde. Diese legte das Kammergericht dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor:
Der Senat sei der Auffassung, daß die Bezeichnung der Geschlechtszugehörigkeit im Zeitpunkt des Eintrags mit "männlich" richtig gewesen sei. Es müsse aber heute als gesicherte medizinische Erkenntnis angesehen werden, daß die Geschlechtlichkeit eines Menschen nicht allein durch die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und -merkmale bestimmt werde, sondern auch durch die Psyche. Die Rechtsordnung dürfe diese Gegebenheiten nicht unberücksichtigt lassen, weil sie in gleichem, wenn nicht sogar in stärkerem Maße als die körperlichen Geschlechtsmerkmale die Fähigkeiten des Menschen zur Einordnung in die sozialen Funktionen der Geschlechter bestimmten und weil Gegenstand der auf das Geschlecht abstellenden Rechtsnormen eben diese sozialen Funktionen seien. Der Senat sehe es als nachgewiesen an, daß die Beschwerdeführerin jetzt dem weiblichen Geschlecht angehöre. Nach dem Akteninhalt und dem überzeugenden Gutachten der Universitäts-Frauenklinik Berlin handele es sich bei ihr um einen Fall von männlicher Transsexualität. Auch aus den übrigen Gutachten ergebe sich, daß sie im Sinne des Personenstandsrechts nunmehr dem weiblichen Geschlecht angehöre. Die ärztlichen Befunde ließen keine andere Deutung zu.
§ 47 PStG könne hier nicht unmittelbar angewandt werden, weil er nur die Fälle einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit erfasse. Auch die Voraussetzungen des § 30 PStG lägen nicht vor. In den Fällen einer späteren Änderung des ursprünglichen Geschlechts müsse aber unter Beachtung der in Art. 1 und 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Wertentscheidungen eine Änderung des Geburtenbuchs möglich sein. Kein Mensch könne gezwungen werden, wegen einer einmal erfolgten Eintragung sein Leben als Angehöriger eines Geschlechts zu führen, dem er seelisch und körperlich nicht mehr angehöre. Das Sittengesetz schränke das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in dieser Hinsicht nur insoweit ein, als es dem Menschen nicht gestatte, sein angeborenes Geschlecht willkürlich zu ändern.
Die bestehende Gesetzeslücke könne durch eine analoge Anwendung des § 47 PStG geschlossen werden. Dadurch werde sichergestellt, daß die Änderung nur auf Anordnung des Gerichts möglich sei. Der Beischreibungsvermerk müsse im übrigen erkennen lassen, daß es sich nicht um eine Berichtigung einer von Anfang an unrichtigen Eintragung, sondern um die Verlautbarung einer nachträglich eingetretenen Änderung handele. Der Senat könne aber nicht in der beabsichtigten Weise in der Sache entscheiden, weil seine Rechtsauffassung von der des Oberlandesgerichts Frankfurt abweiche.
5. Der Bundesgerichtshof teilte die Ansicht des Kammergerichts nicht und wies mit Beschluß vom 21. September 1971 (BGHZ 57, 63) die sofortige weitere Beschwerde zurück: Bei der Einordnung der Menschen in die Kategorien der Geschlechtlichkeit seien bislang gewisse Grunderfahrungen als selbstverständlich angenommen worden. Außer der Erkenntnis, daß es keine Geschlechtslosigkeit gebe, sondern daß jeder Mensch in die alternative Kategorie "männlich" - "weiblich" einzuordnen sei, bestehe die Erfahrung, daß das Geschlecht eines Menschen aufgrund körperlicher Geschlechtsmerkmale bestimmbar und auch zu bestimmen, ihm angeboren und unwandelbar sei. Dieses Prinzip präge nicht nur das gesamte soziale Leben, sondern die gesamte Rechtsordnung. Gelegentlich auftretende Schwierigkeiten bei der Geschlechtseinordnung von Zwittern könnten nicht als Durchbrechung dieser Grundsätze angesehen werden.
Dabei werde nicht verkannt, daß ein Transsexueller, der schicksalhaft kraft eines unwiderstehlichen Drangs bestrebt sei, sich in eine dem anderen Geschlecht angehörende Person zu wandeln, ein anerkennenswertes Bedürfnis haben könne, auch rechtlich diesem zugeordnet zu werden. Das sei aber ohne gesetzliche Regelung nicht möglich. Die Anerkennung einer Geschlechtsumwandlung wäre nicht auf personenstandsrechtliche Fragen zu beschränken. Sie würde sich auch in anderen Bereichen auswirken und eine umfassende Anpassung verschiedener Rechtsgebiete erfordern. In allen Bereichen, für die die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht Voraussetzung sei, wie etwa für die Ehefähigkeit, würde eine Fülle von Regelungsproblemen auftreten, für deren Lösung die Rechtsordnung keine Maßstäbe und Richtlinien enthielte. Hieraus würde ein Maß an Rechtsunsicherheit folgen, dem mit den Mitteln der richterlichen Rechtsfortbildung nicht wirksam begegnet werden könne. Insbesondere wäre es erforderlich, den Zeitpunkt für den Eintritt der Geschlechtsumwandlung zu bestimmen. Der Zeitpunkt des Änderungseintrags im Geburtenbuch käme als Anknüpfungspunkt nicht in Frage, weil dieser nur deklaratorische Wirkung habe. Andere sachliche Anhaltspunkte für die Bestimmung eines Zeitpunkts seien kaum ersichtlich.
IV.
1. Die personenstandsrechtliche Behandlung Transsexueller war bereits wiederholt Gegenstand von Erörterungen im Deutschen Bundestag. Durch einstimmig angenommene Entschließung vom 10. Juni 1976 (StenBer. S. 17 818 B) wurde die Bundesregierung aufgefordert, so schnell wie möglich geeignete Vorschläge zu unterbreiten, um ein rechtlich geordnetes Verfahren zu schaffen, in dem in Fällen von Geschlechtsumwandlungen aufgrund medizinischer Eingriffe festgestellt wird, ob die betroffenen Personen künftig auch in rechtlicher Hinsicht dem anderen Geschlecht zuzurechnen seien. Der Entwurf eines "Gesetzes über die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in bestimmten Fällen" - Stand: 31. August 1978 -, der dem Bundesrat noch nicht zugeleitet wurde, sieht eine "kleine" und eine "große" Lösung vor. Danach sollen volljährige Transsexuelle, die nicht fortpflanzungsfähig sind, seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang stehen, dem anderen Geschlecht zuzugehören, einen diesem Geschlecht entsprechenden Vornamen annehmen können, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird. Volljährige Transsexuelle, die mindestens 25 Jahre alt sind, seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang stehen, dem anderen Geschlecht zuzugehören, und die sich einer ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden Operation unterzogen haben, durch die eine Anpassung an das andere Geschlecht erreicht worden ist, sollen die gerichtliche Feststellung ihrer Geschlechtsänderung beantragen können. Vor der Entscheidung des Gerichts sind sowohl bei der "kleinen" als auch bei der "großen" Lösung die Gutachten von zwei Sachverständigen einzuholen, die unabhängig voneinander tätig geworden und die aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sein müssen. Das Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Betroffenen und seinen Kindern bleibt durch die Feststellung des Gerichts, daß der Betroffene dem anderen Geschlecht zuzurechnen ist, nach dem Gesetzentwurf unberührt. Soweit der Betroffene verheiratet ist, soll die Ehe mit der Rechtskraft der Feststellung des Gerichts über die Zuordnung zum anderen Geschlecht aufgelöst sein. Nach der vorgesehenen Ergänzung des § 30 Abs. 1 PStG wäre ein Randvermerk im Geburtenbuch einzutragen, wenn die Angabe des Geschlechts geändert wird.
2. Um der schwierigen Situation Transsexueller auch schon vor einer gesetzlichen Regelung halbwegs gerecht zu werden und ganz unbillige Härten zu vermeiden, haben sich die Länder und der Bund dahin verständigt, daß Transsexuellen im Wege der Namensänderung zu ihrem bisherigen Vornamen ein weiterer sogenannter geschlechtsneutraler Vorname (z. B. Toni, Friedel, Maria) gegeben und dieser anschließend als einziger Vorname in den Personalausweis, der im übrigen keinerlei zusätzliche Bemerkungen zum Geschlecht enthält, eingetragen werden kann. Entsprechend wurde der männliche Vorname des Beschwerdeführers in Helge geändert.
V.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des Art. 1 Abs. 1 und 3 sowie des Art. 2 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte verböten es, einen Menschen wegen einer Eintragung in das Geburtenbuch zu zwingen, sein gesamtes späteres Leben als Angehöriger eines Geschlechts zu führen, dem er nach seiner Entwicklung weder seelisch noch körperlich zuzurechnen sei. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs führe dazu, daß sein Verhalten als geschlechtlich anstößig erscheinen könne. Auch werde es ihm versagt, eine Ehe mit einem Angehörigen des seiner Empfindungswelt entgegengesetzten Geschlechts einzugehen. Der Bundesgerichtshof verkenne die Tragweite der Grundrechte der Art. 1 und 2 Abs. 1 GG, wenn er bei gleichzeitiger Anerkennung eines Bedürfnisses auf rechtliche Zuordnung zum weiblichen Geschlecht ihn auf eine ungewisse künftige gesetzliche Regelung verweise.
VI.
1. Der Bundesminister der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig, jedoch für unbegründet. Die auch im Falle des Beschwerdeführers einschlägige Rechtsprechung, die von einer binären und unwandelbaren Geschlechtsbestimmung des Menschen ausgehe, sei weder unter dem Gesichtspunkt des Art. 1 noch unter dem des Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich zu beanstanden. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG verbürge zwar den Schutz des Einzelnen vor solchen Eingriffen, durch die er zugleich in seinem Eigenwert, seiner Eigenständigkeit verletzt werde. Diese könnten im vorliegenden Fall aber nur gegeben sein, wenn der Beschwerdeführer aufgrund einer Geschlechtsumwandlung nunmehr dem weiblichen Geschlecht zugehörte, von der Rechtsordnung aber weiterhin als Angehöriger des männlichen Geschlechts behandelt würde. Der Beschwerdeführer sei aber, wie sich aus dem Gutachten ergebe, aus medizinischer Sicht nicht eindeutig als Frau anzusehen. Seine Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht lasse sich auch nach Durchführung der genitalverändernden Operation durch Untersuchung der Chromosomen jederzeit feststellen. Die geschlechtsumwandelnde Operation sei durchgeführt worden, weil den Medizinern derzeit keine anderen Mittel zur Verfügung ständen, um einem Transsexuellen zu helfen und ihn vor Schädigungen, die aus dem Zwiespalt zwischen körperlichem Befund und psychischer geschlechtlicher Identifikation erwüchsen, zu bewahren. Der verfassungsrechtliche Schutz solcher Belange, die allein die Individualität des Einzelnen beträfen, sei jedoch in erster Linie eine Frage des Art. 2 Abs. 1 GG und nicht des Art. 1 Abs. 1 GG.
Aber auch das Recht des Beschwerdeführers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit werde durch die Ablehnung einer Änderung der das Geschlecht betreffenden Eintragungen nicht verletzt. Dabei gehe es in den Fällen der Transsexualität nicht um die Frage der Anerkennung einer in freier Verantwortung getroffenen Entscheidung, sondern um die rechtlichen Folgen einer vom freien Willen weitgehend unbeeinflußten psychosexuellen Veränderung der Persönlichkeit. Die damit verbundenen möglichen Gefährdungen für die freie Persönlichkeitsentfaltung beruhten aber nicht auf der Geschlechtseintragung im Geburtenbuch, sondern erst auf der Publizierung dieser Eintragung durch den Vornamen. Insoweit könnte allenfalls erwogen werden, ob nicht in Einzelfällen von dem Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen sei, nach dem der Vorname mit dem Geschlecht übereinstimmen müsse. Unmittelbare rechtliche Folgen der Zuordnung an ein Geschlecht ergäben sich im wesentlichen im Bereich des Ehe- und des Wehrrechts. Bei der "Ehe" als Gegenstand staatlichen Schutzes gehe der Verfassungsgeber von der tradierten Vorstellung einer lebenslangen Verbindung von zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus; angesichts dieser verfassungsrechtlichen Entscheidung stelle eine Nichtanerkennung anderer Lebensgemeinschaften keinen Verfassungsverstoß dar.
2. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat aufgrund einer Äußerung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts mitgeteilt, das Gericht habe bisher lediglich entschieden, daß eine Person, die als transsexuell angesehen werden könnte, keine weiblichen Vornamen tragen dürfe, solange als Geschlechtsbezeichnung bei ihr im Geburtenbuch "männlich" eingetragen sei. Dabei sei der erkennende Senat davon ausgegangen, daß in einem Verfahren nach dem Personenstandsgesetz die Zuordnung zu einem Geschlecht, wie sie sich aus dem Eintrag im Geburtenbuch ergebe, überprüft und auch berichtigt oder geändert werden könne (vgl. BVerwGE 31, 130 [133]).
 
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.
Die angefochtene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
I.
1. Der Beschwerdeführer, der nach den vorliegenden ärztlichen Gutachten psychisch eine Frau ist und dessen Äußeres durch Hormonbehandlungen und Operationen auch physisch im Rahmen des medizinisch Erreichbaren dem gefühlten Geschlecht angepaßt wurde, wird im Rechtsleben gegen seinen Willen als Mann behandelt. Damit wird ihm die Möglichkeit eines unauffälligen, sozialangepaßten Lebens als Frau versagt. Die fehlende Identität zwischen äußerer Erscheinung und personenstandsrechtlicher Stellung zeigt sich schon darin, daß es ihm nicht möglich ist, legal einen weiblichen Vornamen zu tragen. Weil das Personenstandsgesetz erkennbar davon ausgeht, daß der Vorname das Geschlecht des Namensträgers kenntlich machen muß (BGHZ 30, 132), kann der Beschwerdeführer die Namensänderung erst dann erreichen, wenn der Geschlechtseintrag im Geburtenbuch geändert wurde. Dabei sind selbst unter Berücksichtigung des geschlechtsneutralen Vornamens Konfliktsituationen für den Beschwerdeführer nicht auszuschließen; die Sphäre, die diese berühren, gehört zum intimsten Bereich der Persönlichkeit, der prinzipiell staatlichem Zugriff entzogen ist und in den jedenfalls nur bei Vorliegen besonderer öffentlicher Belange eingegriffen werden darf (vgl. BVerfGE 47, 46 [73]).
2. a) Art. 1 Abs. 1 GG schützt die Würde des Menschen, wie er sich in seiner Individualität selbst begreift und seiner selbst bewußt wird. Hierzu gehört, daß der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet die freie Entfaltung der im Menschen angelegten Fähigkeiten und Kräfte. Die Menschenwürde und das Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung gebieten daher, den Personenstand des Menschen dem Geschlecht zuzuordnen, dem er nach seiner psychischen und physischen Konstitution zugehört. Dabei geht unsere Rechtsordnung und unser soziales Leben von dem Prinzip aus, daß jeder Mensch entweder "männlichen" oder "weiblichen" Geschlechts ist, und zwar unabhängig von möglichen Anomalien im Genitalbereich. Dagegen ist es zweifelhaft, ob die These von der Unwandelbarkeit des Geschlechts, das durch die äußeren Geschlechtsmerkmale im Zeitpunkt der Geburt bestimmt werde, in der vom Bundesgerichtshof in der angegriffenen Entscheidung geschilderten Absolutheit noch haltbar ist. Es ist wissenschaftlich erwiesen, daß es die verschiedensten Formen der somatischen Intersexualität gibt. Die medizinische Forschung hat aufgrund von Untersuchungen an Zwittern auch auf die Dissoziation zwischen Morphe und Psyche hingewiesen, die sich nach den gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen beim Transsexuellen in besonders krasser Form verdeutlicht.
Die "Grunderfahrung", daß das Geschlecht eines Menschen wegen seiner körperlichen Geschlechtsmerkmale bestimmbar, ihm angeboren und unwandelbar sei, dürfte durch die medizinischen Erkenntnisse über die aus vererbter Anlage und Umwelteinflüssen resultierende Psychosexualität (Nevinny- Stickel und Hammerstein, a.a.O., S. 664) ernsthaft in Frage gestellt sein. Unabhängig von den noch bestehenden Zweifeln über die Entstehung und Ursache des Transsexualismus fehlt bei dem transsexuellen Beschwerdeführer jedenfalls das Gefühl, ein Mann zu sein, und nach den vorliegenden medizinischen Gutachten jeder äußerlich erkennbare Hinweis auf ein männliches Geschlecht. Zudem ist sein soziales Verhalten dem einer Frau angepaßt. Dafür spricht auch seine berufliche Tätigkeit als Krankenschwester.
b) Allerdings ist das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nur in den Schranken des Sittengesetzes gewährleistet. Dieses wird indessen in dem vorliegenden Fall nicht verletzt. Ob eine therapeutisch nicht gebotene geschlechtskorrigierende Operation als sittenwidrig anzusehen wäre, ist hier nicht zu entscheiden. Bei dem Beschwerdeführer war der Eingriff nach den vorliegenden Gutachten medizinisch indiziert. Transsexuelle wollen nach den gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaft ihr Geschlecht nicht manipulieren. Im Vordergrund steht für sie nicht die Sexualität, sondern das Streben nach der Einstimmigkeit von Psyche und Physis, so daß die Operation als Teil der Verwirklichung dieses Zieles anzusehen ist. Der in den medizinischen Abhandlungen geschilderte Leidensdruck Transsexueller wird eindrucksvoll durch die ärztlichen Gutachten bestätigt, die im Fall des Beschwerdeführers erstattet wurden. Danach kann der geschlechtliche Umwandlungsprozeß, der bei dem Beschwerdeführer vollzogen wurde, nicht als sittenwidrig angesehen werden. rfGEä(28¸È&Auch der Bundesgerichtshof hat in seinem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluß die Sittenwidrigkeit einer genitalkorrigierenden Operation zur Vermeidung schwerster seelischer und körperlicher Beeinträchtigungen verneint.
Auch die mit der Berichtigung des Geschlechtseintrags verbundene Folge, daß der Beschwerdeführer einen Angehörigen seines früheren Geschlechts heiraten kann, verstößt nicht gegen das Sittengesetz.
Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß die Zeugungsfähigkeit des Mannes oder die Gebärfähigkeit der Frau nicht Voraussetzung für eine Eheschließung ist. Die Ehe ist nach dem Grundgesetz (Art. 6 Abs. 1 GG) die Vereinigung von Mann und Frau zur grundsätzlich unauflösbaren Lebensgemeinschaft (BVerfGE 10, 59 [66]). Die Gestaltung dieser Gemeinschaft entsprechend ihren Vorstellungen ist Aufgabe der Ehepartner. Es mag sein, daß in der Bevölkerung die Eheschließung eines männlichen Transsexuellen mit einem Mann aus der unterschwelligen Vorstellung heraus abgelehnt wird, dies sei sittlich zu mißbilligen. Rational nicht zu begründende Auffassungen können dem Abschluß einer Ehe aber nicht entgegenstehen (vgl. BVerfGE 36, 146 [163]). Hinzu kommt, daß nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der männliche Transsexuelle keine homosexuellen Beziehungen wünscht, sondern die Verbindung mit einem heterosexuellen Partner sucht und nach einer erfolgreichen genitalverändernden Operation auch in der Lage ist, mit einem männlichen Partner geschlechtlich normal zu verkehren.
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können sich aus dem Zusammenleben des Einzelnen mit seinen Mitmenschen Einschränkungen seines ausschließlichen Bestimmungsrechts über seinen Privatbereich ergeben, soweit dieser nicht zum unantastbaren innersten Lebensbereich gehört (BVerfGE 35, 202 [220] m.w.N.). Im Fall des Beschwerdeführers ist aber kein öffentliches Interesse an der Verweigerung der Änderung des Geschlechtseintrags im Geburtenbuch erkennbar, das einen Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG rechtfertigen könnte.
II.
Ist es hiernach mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, die Berichtigung des Eintrags der Geschlechtszugehörigkeit Transsexueller in das Geburtenbuch zu verweigern, so kann die daraus sich ergebende Verpflichtung der Gerichte, grundrechtsgemäß zu verfahren, nicht deshalb verneint werden, weil eine gesetzliche Regelung fehlt.
1. Wie sich auch aus dem Entwurf eines "Gesetzes über die Feststellung des Geschlechtszugehörigkeit in bestimmten Fällen" ergibt, ist davon auszugehen, daß eine solche Regelung bislang nicht besteht. Selbstverständlich steht es dem Gesetzgeber frei, durch eine Ergänzung des § 30 PStG, wie sie der Entwurf vorsieht, eine gesetzliche Grundlage für die Berichtigung des Eintrags der Geschlechtszugehörigkeit Transsexueller im Geburtenbuch zu schaffen. Solange er indessen die Voraussetzungen einer Berichtigung nicht geregelt hat, läßt sich dem unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Gebot bei verfassungskonformer Auslegung des § 47 Abs. 1 PStG Rechnung tragen.
2. Diese Bestimmung kann ohne Widerspruch mit ihrem Wortlaut oder dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 18, 97 [111]) dahin ausgelegt werden, daß sie nur die gesetzliche Umschreibung der richterlichen Zuständigkeiten bei Berichtigung von abgeschlossenen Eintragungen enthält.
a) Zwar haben Rechtsprechung und Literatur zu § 47 Abs. 1 PStG die Auffassung entwickelt, daß es sich um Berichtigungen von Eintragungen im Personenstandsregister handeln müsse, die von Anfang an unrichtig waren (Stölzel, PStG, 5. Aufl., § 47 Anm. 3; Pfeiffer-Strickert, PStG 1961, § 47 Anm. 4; OLG Frankfurt, NJW 1969, S. 1575; BGH, Beschluß vom 21. September 1971, a.a.O.). Bei Zwittern ist die Berichtigung des Geschlechtseintrags im Geburtenbuch nach § 47 Abs. 1 PStG rechtlich immer unproblematisch gewesen, da davon auszugehen ist, daß die beidgeschlechtliche Anlage bereits bei der Geburt vorhanden war. Da diese binäre Geschlechtsstruktur im Zeitpunkt der Geburt bei Transsexuellen nicht gegeben ist, kann nach fast einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur § 47 Abs. 1 PStG jedenfalls nicht unmittelbar angewandt werden, um den Geschlechtseintrag von Transsexuellen zu berichtigen. Dem ist auch der Bundesgerichtshof in der angegriffenen Entscheidung gefolgt.
b) Der Begriff der Berichtigung setzt jedoch nicht zwingend die ursprüngliche Fehlerhaftigkeit einer Angabe voraus. Er kann auch allgemein die nachträgliche Richtigstellung falscher Angaben bezeichnen. In diesem Sinne besteht etwa nach § 82 der Grundbuchordnung ein Gebot, das Grundbuch zu berichtigen, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist.
Was den Willen des Gesetzgebers betrifft, so ist zu berücksichtigen: § 47 Abs. 1 PStG in der Fassung vom 8. August 1957 geht auf § 65 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (RGBl. S. 23) zurück. Danach konnte die Berichtigung einer Eintragung in den Standesregistern nur auf gerichtliche Anordnung erfolgen. Sie geschah durch Beischreibung eines Vermerks am Rande der zu berichtigenden Eintragungen. Der wesentliche Gehalt dieser Bestimmung lag also erkennbar darin, daß der Gesetzgeber die Entscheidung über Korrekturen in den Personenstandsbüchern dem Richter vorbehalten wollte, ohne daß auch nur andeutungsweise die Fälle genannt waren, die zu einer Abänderung von Eintragungen führen können. Diese ausnahmslose Zuständigkeit des Richters für Berichtigungen von Eintragungen besteht heute nicht mehr. Der Standesbeamte ist auch ohne richterliche Anweisung zu Berichtigungen nach §§ 46a, 46b und zu Randvermerken nach § 30 PStG befugt. Nur in den Fällen, in denen seine Zuständigkeit gesetzlich nicht gegeben ist oder in denen der Standesbeamte es selbst für geboten hält, entscheidet der Richter. Aber es bleibt dabei, daß § 47 Abs. 1 PStG im Ergebnis nach wie vor nur richterliche Zuständigkeiten bei Berichtigungen von abgeschlossenen Eintragungen zum Inhalt hat. Er steht daher einer Berichtigung des Eintrags der Geschlechtszugehörigkeit Transsexueller nicht nur nicht entgegen, sondern normiert auch den verfahrensrechtlichen Weg, auf dem diese vorzunehmen ist.
3. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, daß die Regelungsprobleme, die sich mit der Geschlechtsumwandlung verbinden, nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung gelöst werden könnten, verkennt, daß insoweit zwar eine Gesetzeslücke bestehen mag, daß jedoch angesichts der dargelegten verfassungsrechtlichen Lage, die zu einer unmittelbar aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Verpflichtung der Gerichte führt, jedenfalls nicht von einer Lücke rechtlicher Regelung gesprochen werden kann. Gewiß erscheint es im Interesse der Rechtssicherheit geboten, daß der Gesetzgeber die personenstandsrechtlichen Fragen einer Geschlechtsumwandlung und deren Auswirkungen regelt. Solange dies aber nicht geschehen ist, stellt sich für die Gerichte keine andere Aufgabe als etwa im Falle der Gleichberechtigung von Mann und Frau vor Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes (BVerfGE 3, 225 [239 ff.], vgl. auch BVerfGE 37, 67 [81]). Sich dieser Aufgabe zu unterziehen, kann ihnen um so weniger versagt sein, als die Rechtsprechung unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist (Art. 1 Abs. 3 GG).
Im übrigen wirft der Fall des Beschwerdeführers einen großen Teil der Regelungsprobleme, die nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur der Gesetzgeber lösen könnte, nicht auf. Denn der Beschwerdeführer ist geschieden, hat keine Kinder, wurde bereits 1964 geschlechtsanpassend operiert und ist 46 Jahre alt. Soweit der Zeitpunkt zu bestimmen ist, von dem an die Geschlechtsumwandlung rechtliche Geltung erlangt hat, muß im Blick auf die verfassungsrechtliche Lage an der Auffassung, daß Eintragungen im Personenstandsregister nur deklaratorische Wirkungen haben könnten, nicht festgehalten werden. Verfassungsrechtlich unbedenklich wäre etwa eine Lösung, nach der bei Änderungen der Eintragung über Geschlechtsumwandlungen einer Person nach der Geburt der Beischreibungsvermerk ex-nunc-Wirkung hat und insoweit konstitutiv ist.
Hierüber zu entscheiden, ist jedoch nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Die Sache war daher an den Bundesgerichtshof zurückzuverweisen.
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