BVerfGE 75, 369 - Strauß-Karikatur |
Karikaturen, die in den durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Kern menschlicher Ehre eingreifen, sind durch die Freiheit künstlerischer Betätigung (Art. 5 Abs. 3 GG) nicht gedeckt. |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 3. Juni 1987 |
- 1 BvR 313/85 - |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn H... - Bevollmächtigte: 1. Rechtsanwalt Uwe Maeffert, Bahrenfelder Straße 93, Hamburg 50, 2. Prof. Dr. Lothar Zechlin, Döringweg 7 a, Hamburg 54 - gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 17. Januar 1985 - 1 Ss 168/84 -. |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Gründe: |
A. |
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen strafgerichtlichen Schuldspruch wegen Beleidigung (§ 185 StGB).
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I. |
1. Der Beschwerdeführer veröffentlichte in der Zeitschrift "konkret" mehrere Karikaturen des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. h.c. Franz Josef Strauß, die diesen als sich sexuell betätigendes Schwein darstellen. In der ersten der Zeichnungen kopuliert dieses Schwein mit einem richterliche Amtstracht tragenden Schwein. Eine weitere Karikatur zeigte beide Schweinegestalten - teils paarweise, teils einzeln - bei unterschiedlicher sexueller Betätigung. In einer dritten Zeichnung wurden vier Schweine dargestellt, von denen drei dem jeweils vor ihm befindlichen Schwein aufreiten. Auch hier tragen zwei der Schweinegestalten die Gesichtszüge des Bayerischen Ministerpräsidenten, zwei sind mit Justizrobe und Barett bekleidet. Über der ersten Zeichnung steht: "Satire darf alles". Rainer Hachfeld auch?" Die zweite Zeichnung hat den Begleittext: "Welches ist nun die endgültig richtige Zeichnung, Herr Staatsanwalt?" Der dritten Karikatur war die unvollständige Wiedergabe eines Briefes des Beschwerdeführers an die "konkret" -Redaktion vorangestellt, in dem er darüber klagt, immer wieder neue Schweinchenbilder zeichnen zu müssen, weil der Bayerische Ministerpräsident keine Ruhe geben wolle. Dieser hatte jeweils Strafantrag wegen Beleidigung gestellt.
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2. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer aufgrund der beschriebenen Karikaturen wegen Beleidigung des als Nebenkläger aufgetretenen Bayerischen Ministerpräsidenten in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen. Auf die Berufung des Beschwerdeführers hin hob das Landgericht dieses Urteil auf und sprach den Beschwerdeführer frei.
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Die hiergegen von Staatsanwaltschaft und Nebenkläger eingelegte Revision war erfolgreich, das Oberlandesgericht hob das Urteil des Landgerichts unter Aufrechterhaltung der Feststellungen auf und sprach den Beschwerdeführer der Beleidigung in drei Fällen schuldig. Zur Entscheidung über den Strafausspruch und über die Kosten der Rechtsmittel verwies es die Sache an eine andere Kammer des Landgerichts zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Ansicht, die Zeichnungen hielten sich noch in dem der Satire gestatteten Freiraum, sei mit den Feststellungen des Landgerichts nicht zu vereinbaren. Die erste Zeichnung enthalte schon ihrem Aussagekern nach eine Beleidigung, weil der Nebenkläger durch den Vergleich mit einem kopulierenden Schwein in provozierender Weise habe lächerlich gemacht werden sollen. Es liege nahe, die Zeichnung dahin zu verstehen, daß der Nebenkläger an einer ihm willfährigen Justiz ein tierisches Vergnügen empfinde. Auch die karikative Einkleidung sei beleidigend. Schon der Vergleich mit einem Schwein assoziiere die Mißachtung; diese trete noch deutlicher hervor, wenn das Schwein im Geschlechtsakt gezeigt werde. Aussagekern sei auch bei der zweiten Zeichnung, Nebenkläger und Justiz verbänden sich in anstößigster Weise und der Nebenkläger empfinde daran eine besondere Lust. Damit sei ein klarer Bezug zur ersten Zeichnung hergestellt. Der sich an die bereits ermittelnde Staatsanwaltschaft wendende Untertitel unterstreiche diesen Zusammenhang. Der beleidigende Inhalt dieser Zeichnung übertreffe noch den der ersten. Auch die Einkleidung des Aussagekerns sei beleidigend. Die Darstellung abwegigen Sexualverhaltens liege jenseits jeden satirischen Freiraums. Bei der dritten Zeichnung seien ebenfalls Kern und Einkleidung der Satire beleidigend. Es werde wiederum zum Ausdruck gebracht, daß sich Nebenkläger und Justiz wie Schweine verhielten; durch die Wiederholung des Kopulationsvorganges aus der ersten Zeichnung und die Klage des Beschwerdeführers, daß der Nebenkläger keine Ruhe gebe, werde der Ehrangriff noch gesteigert und das Bemühen um Ehrenschutz ins Lächerliche gezogen. Der Beschwerdeführer habe auch mit Vorsatz gehandelt. Dieser komme bei der ersten Zeichnung schon dadurch zum Ausdruck, daß er eine zur Veröffentlichung bestimmte Abbildung gefertigt habe, die den Nebenkläger als ein sich sexuell betätigendes Schwein darstelle. Die zweite und dritte Zeichnung seien von ihm dann sogar in der Absicht veröffentlicht worden, den Ehrangriff noch zu steigern. Dieses Verhalten stelle eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Ehre des Nebenklägers dar und liege deshalb nicht mehr "im Rahmen der Kunstfreiheit (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 1984 in NJW 1985, S. 261)". Das Urteil des Landgerichts habe aufgehoben werden müssen, weil ein Freispruch nach den Urteilsfeststellungen unter keinem Gesichtspunkt denkbar sei. Die vom Landgericht unterlassene Verurteilung sei im Wege der Schuldspruchberichtigung ausgesprochen worden (§ 354 StPO). Das sei möglich gewesen, weil die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts durch die ihm unterlaufenen Rechtsfehler nicht betroffen seien und weitere für den Beschwerdeführer günstigere Feststellungen sowohl im objektiven wie im subjektiven Bereich nach den ausführlichen Beweisaufnahmen vor dem Amts- und Landgericht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
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II. |
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.
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Dazu trägt er vor: Da der Kunstfreiheit nur durch die Verfassung selbst Schranken gesetzt seien, sei die Erfüllung eines Straftatbestandes für eine Verurteilung nicht ausreichend. Das Gericht müsse vielmehr begründen, warum seiner Auffassung nach die Verletzung eines Verfassungsgutes vorliege, die über die bloße Straftatbestandserfüllung hinausgehe. Dem angefochtenen Urteil sei nicht zu entnehmen, ob das Oberlandesgericht sich dieser Problematik bewußt gewesen sei. Der einzige in diese Richtung zielende Satz erscheine lediglich als eine Formel, die der Absicherung des Urteils dienen solle. Unterstelle man jedoch, daß das Gericht sich der Ausstrahlungen der Kunstfreiheit auf das Strafrecht bewußt gewesen sei, habe es daraus nicht die Konsequenzen für die Rechtsanwendung gezogen. Die Schwere der Beeinträchtigung der Ehre des Nebenklägers erblicke es in seinem - des Beschwerdeführers - Vorsatz. Dies sei jedoch eine rein strafrechtliche, die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte außer acht lassende Betrachtung. Notwendig wäre eine Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechten gewesen. Das Gericht habe die Ausstrahlungswirkungen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch nicht implizit berücksichtigt. Dazu reiche die vorgenommene Unterscheidung zwischen Aussagekern und Einkleidung der Satire nicht aus. Diese sei nur verbal, nicht aber tatsächlich durchgeführt worden. Bei der ersten Zeichnung habe das Oberlandesgericht den Aussagekern mit der satirischen Einkleidung verwechselt. Der Aussagekern der Karikatur besage nämlich nicht, daß der Nebenkläger ein kopulierendes Schwein sei, sondern solle vielmehr eine besonders enge Beziehung zwischen dem Nebenkläger und der Justiz zum Ausdruck bringen. Bei einer satireangemessenen Ermittlung der wirklichen Aussage der Karikatur hätte das Gericht zudem die Tatsache berücksichtigen müssen, daß ihm - dem Beschwerdeführer - in der Vergangenheit mehrfach auf Antrag des Nebenklägers Karikaturen untersagt worden seien. Insofern spiele die Rechtsprechung, derzufolge im öffentlichen Leben stehende Personen härtere "Gegenschläge" hinnehmen müßten, auch bei der Bestimmung des Freiheitsraumes des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine Rolle. Auch bei der Wertung der satirischen Einkleidung als beleidigend habe das Gericht die Auswirkungen der Kunstfreiheitsgarantie verkannt. Die Unterscheidung zwischen Aussagekern und Einkleidung bezwecke gerade, einen scheinbaren Inhalt von einem wirklich gemeinten abzusondern. Betroffen sei nicht das wirkliche Intimleben des Klägers, sondern ausschließlich sein Verhältnis zur Justiz. Diese Erkenntnis erschließe sich allerdings nur bei Anlegung werkgerechter Maßstäbe. Dabei dürfe auch nicht übersehen werden, daß die Darstellung von Politikern als Tiere zu einem häufig benutzten Stilmittel der Karikatur gehöre. In derselben Weise wie bei der Beurteilung der ersten Karikatur habe das Oberlandesgericht auch bei der Bewertung der beiden weiteren Zeichnungen die Kunstfreiheitsgarantie nicht beachtet.
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Die angegriffene Entscheidung verletze ihn daneben in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil das Oberlandesgericht den Freispruch durch einen Schuldspruch ersetzt habe. Die Grundlagen der gerichtlichen Feststellungen seien nämlich andere, wenn der Angeklagte freigesprochen als wenn er verurteilt werde. Das freisprechende Urteil biete somit keine Gewähr für eine vollständige Beweisaufnahme, nicht einmal für die Ausschöpfung der in der Hauptverhandlung gegenwärtigen Beweismittel. Zu berücksichtigen sei ferner, daß die Revision eines Angeklagten gegen ein freisprechendes Urteil unzulässig sei, er daher das Zustandekommen der Feststellungen nicht mit eigenen Verfahrensrügen bekämpfen könne und es aus diesem Grunde nicht angehe, ihn gleichwohl aufgrund der getroffenen Feststellungen schuldig zu sprechen. Schließlich stehe einer eigenen Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegen, daß bei einem freisprechenden Urteil nicht die Feststellungen und rechtlichen Ausführungen zu allen gesetzlichen Merkmalen die Entscheidung trügen. Diese Mängel einer eigenen Verurteilung durch das Revisionsgericht lägen im vorliegenden Fall auch tatsächlich vor. Während des landgerichtlichen Verfahrens habe er eine Reihe von Beweisanträgen gestellt, die abgelehnt worden seien, weil sie angesichts des sich abzeichnenden Freispruchs nicht mehr relevant gewesen seien. So habe er einen Sachverständigen dazu hören lassen wollen, daß es sich bei seinen Zeichnungen um künstlerische Produktionen handele, die Darstellung von Personen als Tiere ein typisches Mittel der Karikatur sei, die Darstellung von Sexualität in der Satire im Laufe der letzten Jahre erheblich zugenommen habe und seine Karikaturen deshalb nicht aus dem üblichen Rahmen fielen. Dabei sei es ihm darauf angekommen zu zeigen, daß die Karikaturen gerade wegen heute zumindest nicht mehr außergewöhnlicher Strukturmerkmale inkriminiert würden. Wäre dieser Nachweis gelungen, hätte das bei der erforderlichen Güterabwägung zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht erheblich ins Gewicht fallen müssen. Weiter wäre er für die Frage eines schuldausschließenden unvermeidlichen Verbotsirrtums erheblich gewesen.
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III. |
Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich der Bayerische Ministerpräsident als Beteiligter des Ausgangsverfahrens, der Bundesminister der Justiz namens der Bundesregierung und die Hamburgische Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg geäußert.
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1. Der Bayerische Ministerpräsident hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet: Soweit es um die Kunstfreiheit gehe, habe das Oberlandesgericht weder verkannt, daß eine Abwägung widerstreitender Verfassungsprinzipien erforderlich gewesen sei, noch beruhe seine Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der zur Abwägung stehenden Grundrechte. Es habe eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts festgestellt und ausdrücklich ausgeführt, daß die Kunstfreiheit nicht in der Lage sei, die Straflosigkeit dieser Ehrverletzung zu bewirken. Auch der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei hinreichend beachtet worden. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Schuldausspruch des Oberlandesgerichts auf der Grundlage der Feststellungen des freisprechenden Urteils nach der Strafprozeßordnung zulässig sei. Verfassungsmäßige Rechte des Beschwerdeführers seien dadurch jedenfalls nicht verletzt worden. Selbst wenn das Landgericht nicht allen Beweisanträgen nachgegangen sein sollte, seien diese Anträge auch für das Revisionsgericht erkennbar gewesen. Wenn es trotz dieses Umstandes eine eigene Sachentscheidung gefällt habe, sei auch ohne ausdrückliche Erwähnung davon auszugehen, daß es diesen Anträgen keine Entscheidungserheblichkeit beigemessen habe. Der Beschwerdeführer habe darüber hinaus nicht vorgetragen, daß er weitere Beweisanträge nicht gestellt habe, weil das Landgericht frühzeitig seine Absicht, ihn freizusprechen, zu erkennen gegeben habe. Dem Revisionsgericht sei demnach bei seiner Entscheidung das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers bekannt gewesen. Es sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gezwungen gewesen, ihn erneut anzuhören oder ihm die Möglichkeit zu weiteren Stellungnahmen zu eröffnen.
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2. Der Bundesminister weist darauf hin, daß das Bundesverfassungsgericht die Tragweite der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Kunstfreiheit im Verhältnis zu dem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrecht in seinem Beschluß vom 17. Juli 1984 (BVerfGE 67, 213) grundsätzlich geklärt habe. Auf diese Entscheidung habe das Hanseatische Oberlandesgericht ausdrücklich Bezug genommen.
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3. Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für unbegründet; sie tritt den ihrer Auffassung nach überzeugenden Argumenten der Stellungnahme des Bayerischen Ministerpräsidenten bei.
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B. |
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft.
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Zwar hat das Oberlandesgericht die Sache zur Entscheidung über den Strafausspruch und die Kosten der Rechtsmittel an das Landgericht zurückverwiesen. Hinsichtlich des den Beschwerdeführer belastenden Schuldausspruchs ist das Urteil jedoch endgültig.
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C. |
Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer weder in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, noch in seinem durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
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I. |
1. Auch in Verfahren, in denen die Verletzung der Kunstfreiheit gerügt wird, ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, fachgerichtliche Entscheidungen daraufhin zu überprüfen, ob sie einfachrechtlich "richtig" sind (BVerfGE 30, 173 [196 f.]; 67, 213 [222 f.]). Die Grenzen seiner Eingriffsbefugnisse hat das Gericht allerdings stets daran ausgerichtet, mit welcher Intensität die fachgerichtliche Entscheidung die Sphäre des Verurteilten trifft. Deshalb hat es strafrechtliche Sanktionen für Handlungen, für die der Betroffene die Freiheit der Meinungsäußerung oder der Kunst beanspruchte, regelmäßig einer strengen Kontrolle unterworfen. Es hat sich nicht mit der sonst üblichen Prüfung (BVerfGE 18, 85 [93]) begnügt, ob die angegriffenen Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Tragweite des in Anspruch genommenen Grundrechts beruhten, sondern die Auslegung des einfachen Rechts auch in ihren Einzelheiten auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten untersucht (BVerfGE 67, 213 [223] m.w.N.).
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Zu prüfen ist hier deshalb nicht nur, ob die Zeichnungen des Beschwerdeführers in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fallen und - wenn das zu bejahen ist - das Oberlandesgericht den Schutzbereich dieses Grundrechts bei seiner Entscheidung grundsätzlich richtig abgesteckt hat; untersucht werden muß auch, ob das Gericht die Darstellungen anhand der der Kunst eigenen Strukturmerkmale beurteilt (BVerfGE 30, 173 [188]), also "werkgerechte" Maßstäbe angelegt (BGH, NJW 1983, S. 1194 [1195]), und auf dieser Grundlage die der Kunst gesetzten Grenzen im einzelnen zutreffend gezogen hat.
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Ungeachtet der Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren, gebietet die verfassungsrechtliche Verbürgung dieser Freiheit, ihren Schutzbereich bei der konkreten Rechtsanwendung zu bestimmen (BVerfGE 67, 213 [225]). Die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen, ist daher durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verboten, sondern verfassungsrechtlich gefordert. Erlaubt und notwendig ist allerdings nur die Unterscheidung zwischen Kunst und Nichtkunst; eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen "höherer" und "niederer", "guter" und "schlechter" (und deshalb nicht oder weniger schutzwürdiger) Kunst, liefe demgegenüber auf eine verfassungsrechtlich unstatthafte Inhaltskontrolle hinaus (Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39).
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Die umstrittenen Karikaturen sind das geformte Ergebnis einer freien schöpferischen Gestaltung, in welcher der Beschwerdeführer seine Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu unmittelbarer Anschauung bringt. Sie genügen damit den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht als wesentlich für eine künstlerische Betätigung ansieht (BVerfGE 67, 213 [226] unter Berufung auf BVerfGE 30, 173 [189]). Daß mit ihnen gleichzeitig eine bestimmte Meinung zum Ausdruck gebracht wird, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft als Kunstwerk. Kunst und Meinungsäußerung schließen sich nicht aus; eine Meinung kann - wie es bei der sogenannten engagierten Kunst üblich ist - durchaus in der Form künstlerischer Betätigung kundgegeben werden (Scholz, a.a.O., Rdnr. 13). Maßgebliches Grundrecht bleibt in diesem Fall Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, weil es sich um die spezielle Norm handelt (BVerfGE 30, 173 [200]).
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3. Den heute noch gültigen Weg, die Sonderstellung von Satire und Karikatur methodisch zu erfassen, hat bereits das Reichsgericht gewiesen (RGSt 62, 183 ff.). Da es dieser Kunstgattung wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten, erfordert ihre rechtliche Beurteilung die Entkleidung des in "Wort und Bild gewählten satirischen Gewandes" (RGSt. a.a.O.), um ihren eigentlichen Inhalt zu ermitteln. Dieser Aussagekern und seine Einkleidung sind sodann gesondert daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Mißachtung gegenüber der karikierten Person enthalten. Dabei muß beachtet werden, daß die Maßstäbe für die Beurteilung der Einkleidung anders und im Regelfall weniger streng sind, als die für die Bewertung des Aussagekerns; denn ihr ist die Verfremdung wesenseigen.
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4. Hiernach hält die Entscheidung des Oberlandesgerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.
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a). Es hat die Karikaturen zutreffend dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zugeordnet und bei ihrer strafrechtlichen Beurteilung die diese Kunstgattung prägenden Eigenheiten hinreichend gewürdigt. Ausdrücklich nennt das Oberlandesgericht die Kunstfreiheit zwar nur an einer Stelle seiner Urteilsbegründung; daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, es habe der Bedeutung dieses Grundrechts für die Auslegung des § 185 StGB nicht in dem gebotenen Maße Rechnung getragen. Es untersucht nämlich eingehend, ob sich die Zeichnungen in "dem der Satire gestatteten Freiraum" halten (S. 4 bis 6 des Urteilsabdrucks). Dadurch verdeutlicht es, daß ihm der Rang des in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Rechts und seine den Straftatbestand der Beleidigung und damit den Ehrschutz begrenzenden Wirkungen durchaus bewußt waren.
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Es hat den Zeichnungen auch werkgerechte Maßstäbe angedeihen lassen. Entsprechend der gesicherten Tradition der Rechtsprechung hat es Aussagekern und Einkleidung der Karikaturen herausgearbeitet und gesondert auf ihren ehrverletzenden Charakter hin überprüft. Dem Beschwerdeführer mag eingeräumt werden, daß die Entscheidungsgründe zunächst den Eindruck vermitteln, das Oberlandesgericht habe den Aussagekern der ersten Zeichnung mißverstanden. Wenn es ausführt, das Landgericht habe verkannt, daß der Aussagekern beleidigend sei, weil der Nebenkläger durch den Vergleich mit einem kopulierenden Schwein in provozierender Weise habe lächerlich gemacht werden sollen, scheint es Einkleidung und Aussagekern zu verwechseln. Die weiteren Entscheidungsgründe zeigen indessen, daß die Karikaturen durchaus werkgerecht interpretiert wurden. So stellt das Gericht im folgenden zutreffend fest, die Zeichnung bringe zum Ausdruck, der Nebenkläger mache sich "die Justiz in anstößiger Weise seinen Zwecken zunutze", und lege das Verständnis nahe, er "empfinde an einer ihm willfährigen Justiz ein tierisches Vergnügen". Das bezeichnet das Gericht ausdrücklich als den Aussagekern der Zeichnung, die durch die Art der Einkleidung, die Darstellung als kopulierendes Schwein, eine zusätzliche Ehrverletzung enthalte. Den weiteren Zeichnungen hat es denselben Aussagekern beigemessen, ihnen aber zu Recht - soweit es um die Verfremdung der Aussage geht - eine Tendenz zur Steigerung des Ehrangriffs entnommen, der nicht nur in der Wiederholung liegt, sondern auch in den dargestellten Verhaltensweisen der Schweine sowie darin, daß das Bemühen des Nebenklägers um Ehrenschutz ins Lächerliche gezogen wird.
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b) Das Gericht hat auch die der Kunstfreiheit durch den Ehrenschutz gezogenen Grenzen zutreffend ermittelt. Die wegen der Spannungslage zwischen der Kunstfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Dritter notwendige Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen, mußte im vorliegenden Fall zwangsläufig zu dem von ihm gefundenen Ergebnis führen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, daß für Karikaturen Übertreibungen "strukturtypisch" sind und Personen, die wie der Nebenkläger im öffentlichen Leben stehen, in verstärktem Maße Zielscheibe öffentlicher, auch satirischer Kritik sind, überschreiten die Darstellungen bei weitem die Grenze des Zumutbaren. Sie haben mit den vom Beschwerdeführer beispielhaft genannten Karikaturen von Politikern nicht mehr gemeinsam, als daß auch dort Menschen in Tiergestalt gezeichnet wurden. Dem Beschwerdeführer ging es aber anders als in den üblichen Darstellungen nicht nur darum, bestimmte Charakterzüge oder die Physiognomie eines Menschen durch die Wahl einer Tiergestalt zu kennzeichnen oder zu überspitzen, beabsichtigt war offenkundig ein Angriff auf die personale Würde des Karikierten. Nicht seine menschlichen Züge, seine persönlichen Eigenarten, sollten dem Betrachter durch die gewählte Verfremdung nahegebracht werden. Vielmehr sollte gezeigt werden, daß er ausgesprochen "tierische" Wesenszüge habe und sich entsprechend benehme. Gerade die Darstellung sexuellen Verhaltens, das beim Menschen auch heute noch zum schutzwürdigen Kern seines Intimlebens gehört, sollte den Betroffenen als Person entwerten, ihn seiner Würde als Mensch entkleiden. Damit mißachtet der Beschwerdeführer ihn in einer Weise, die eine Rechtsordnung, welche die Würde des Menschen als obersten Wert anerkennt, mißbilligen muß.
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Das vernachlässigt der Beschwerdeführer, wenn er dem Oberlandesgericht vorwirft, es habe keine Güterabwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Nebenklägers vorgenommen, sondern einseitig auf das Persönlichkeitsrecht zu Lasten der Kunstfreiheit abgestellt. Das Oberlandesgericht hat zutreffend erkannt, daß derartige Eingriffe in die Menschenwürde nicht durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt sein können. Zwar genießt der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keinen generellen Vorrang gegenüber dem Recht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, sondern muß auch im Lichte dieses Grundrechts verstanden werden. Soweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht allerdings unmittelbarer Ausfluß der Menschenwürde ist, wirkt diese Schranke absolut ohne die Möglichkeit eines Güterausgleichs (Starck, in: v.Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 209). Bei Eingriffen in diesen durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Kern menschlicher Ehre liegt immer eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 67, 213 [228]) durch die Freiheit künstlerischer Betätigung nicht mehr gedeckt ist.
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Soweit sich der Beschwerdeführer auf das für die Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit entwickelte "Recht zum Gegenschlag" beruft (BVerfGE 12, 113 [125f.]; 24, 278 [282 f.]; 42, 143 [152 f.]), verkennt er bereits, daß sich der Bayrische Ministerpräsident ihm gegenüber nicht einer den Karikaturen vergleichbaren Sprache bedient hat. Der Umstand, daß dieser ein im Kreuzfeuer des öffentlichen Meinungskampfes stehender Politiker ist, entkleidet ihn nicht seiner personalen Würde und rechtfertigt derartige Ehrverletzungen auch nicht unter Berufung auf die Freiheit der Kunst.
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II. |
Eine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht erkennbar.
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Einfachrechtlich ist zwar umstritten, ob das Verfahren des Oberlandesgerichts - die Abänderung des Freispruchs in einen Schuldspruch und die auf den Strafausspruch beschränkte Zurückverweisung an das Landgericht - zulässig ist (vgl. Meyer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 354 Rdnr. 44 f. m.w.N.). Für die verfassungsrechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles ist die Beantwortung dieser Frage jedoch ohne Belang, denn das Recht des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG wurde hierdurch nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsverstoß könnte nur angenommen werden, wenn sich aus den Umständen des Falles ergäbe, daß das Gericht tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BVerfGE 22, 267 [274]; st. Rspr.). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, daß für den Beschwerdeführer günstigere Feststellungen sowohl im objektiven wie im subjektiven Bereich nach den ausführlichen Beweisaufnahmen des Amtsgerichts und des Landgerichts mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß dieser Beurteilung der gesamte Tatsachenstoff der Vorinstanzen einschließlich der dort gestellten Beweisanträge zugrunde lag. Jedenfalls gibt es keinen Hinweis dafür, daß das Revisionsgericht irgendwelches Vorbringen übersehen oder nicht in seine Erwägungen einbezogen hätte. Das gilt auch für die vom Beschwerdeführer ausdrücklich genannten Beweisanträge. Diese hat das Landgericht - wie die Anlage 1 zum Protokoll der Sitzung vom 11. Oktober 1983 zeigt - nicht etwa deswegen abgelehnt, weil es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen wegen des Freispruchs nicht mehr angekommen wäre; die Beweisanträge sind vielmehr aus anderen, damit nicht im Zusammenhang stehenden Gründen abgelehnt worden.
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Der Beschwerdeführer hat auch keine konkreten Fehler bei der Tatsachenfeststellung durch die Instanzgerichte genannt, an deren Rüge er durch das Verfahren des Oberlandesgerichts gehindert war. Ebensowenig hat er dargelegt, welcher weitere, in der angegriffenen Entscheidung nicht berücksichtigte Tatsachenvortrag ihm durch die Änderung des Schuldspruchs abgeschnitten worden sei. Auch in dieser Hinsicht scheidet ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG aus.
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Herzog Hesse Niemeyer Heußner Henschel Seidl |