BVerfGE 80, 81 - Volljährigenadoption I
Hat ein Deutscher einen erwachsenen Ausländer adoptiert, begründet der durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz der so entstandenen Familie regelmäßig kein Aufenthaltsrecht des Ausländers.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 18. April 1989
-- 2 BvR 1169/84 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn O..., 2. der Frau O... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Hartwig Wiemer, Niederwall 19, Lübbecke - gegen a) das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juli 1984 - 1 C 11.82 -, b) das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Februar 1981 - 17 A 942/80 -.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob einem erwachsenen Ausländer, der von einer deutschen Staatsangehörigen als Kind angenommen worden ist, die Aufenthaltserlaubnis versagt werden darf.
I.
1. Die Adoption diente ursprünglich dem Ziel, die Kontinuität eines Familiennamens und die Rechtsnachfolge im Familienvermögen zu sichern, wurde aber schon vor dem ersten Weltkrieg auch zu einem Mittel der Fürsorge für elternlose und nichteheliche Kinder. Das Bürgerliche Gesetzbuch sah zunächst die Annahme eines Kindes durch Vertrag vor, machte das Entstehen eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Kind und dem Annehmenden aber von der Bestätigung des Vertrages durch das zuständige Gericht abhängig. Angenommen werden konnten auch Volljährige.
Durch das Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz) vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1221) wurde erstmals zwischen der Adoption von Minderjährigen und Volljährigen unterschieden und grundsätzlich nur die Adoption Minderjähriger zugelassen.
Das Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz) vom 2. Juli 1976 (BGBl. I S. 1749) rückt allein die Anliegen des Kindes in den Mittelpunkt des Adoptionsrechts. Die Annahme eines - minderjährigen - Kindes ist jetzt zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, daß zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern- Kind-Verhältnis entsteht (§ 1741 Abs. 1 BGB). Die Annahme wird nicht mehr durch Vertrag und gerichtliche Bestätigung begründet, sondern wird auf Antrag des Annehmenden vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen (§ 1752 Abs. 1 BGB). Der Beschluß, durch den das Vormundschaftsgericht die Annahme als Kind ausspricht, ist unanfechtbar und nicht abänderbar (§ 56 e Satz 3 FGG). Eine Beschwerde wird von der Rechtsprechung jedoch ausnahmsweise zugelassen, wenn die gerichtliche Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (BGH, FamRZ 1986, S. 150).
Ein Volljähriger kann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist (§ 1767 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind- Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB). Die Annahme eines Volljährigen darf nur ausgesprochen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, daß zu einer persönlichen Beziehung der Beteiligten die Bereitschaft hinzukommt, sich unbedingt und auf Dauer in allen Lebenslagen beizustehen. Nicht familienbezogene, insbesondere wirtschaftliche Gründe oder das Anliegen, eine Ausweisung zu verhindern, rechtfertigen nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte keine Adoption (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, FamRZ 1985, S. 832).
2. a) Ein Volljähriger wird mit der Annahme eheliches Kind des oder der Annehmenden (§ 1767 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1754 BGB); es gelten für die durch die Adoption entstandene familienrechtliche Beziehung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, die das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern regeln. Die Wirkungen der Annahme erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Annehmenden (§ 1770 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Verwandtschaftsverhältnis des Angenommenen zu seinen leiblichen Verwandten wird - anders als regelmäßig im Falle der Adoption von Minderjährigen (vgl. § 1755 BGB) - durch die Annahme grundsätzlich nicht berührt (§§ 1770 Abs. 2, 1772 BGB).
b) Die Erwachsenenadoption begründet nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht nicht den Erwerb der Staatsangehörigkeit. Das Adoptionsgesetz von 1976 hat nur einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Minderjährigenadoption eingeführt (§ 3 Nr. 3 i.V.m. § 6 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes - RuStAG -). Der Ausschluß des adoptierten volljährigen Ausländers von dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes hatte unter anderem das Ziel, die aufenthaltsrechtlichen Beschränkungen für Ausländer auch nach der Adoption fortwirken zu lassen (vgl. Begründung der Bundesregierung, BTDrucks. 7/3061, S. 65).
c) Das Aufenthaltsrecht kennt keine besondere Regelung für einen von Deutschen adoptierten Ausländer. Sein Aufenthaltsrecht bestimmt sich deshalb nach der allgemeinen Bestimmung des § 2 Abs. 1 AuslG:
    "Ausländer, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einreisen und sich darin aufhalten wollen, bedürfen einer Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis darf erteilt werden, wenn die Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigt."
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes des Bundesministers des Innern in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 1977 (GMBl. S. 202), zuletzt geändert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 7. Juli 1978 (GMBl. S. 368), enthält zwar für ausländische Ehegatten Deutscher, nicht aber für ausländische volljährige Kinder deutscher Staatsangehöriger besondere Anweisungen über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und die Ausweisung (Nr. 4 a zu § 2 und Nr. 1 a zu § 10).
3. Ist an der Adoption ein ausländischer Staatsangehöriger beteiligt, so unterliegt gemäß Art. 22 Satz 1 EGBGB die Annahme als Kind dem Recht des Staates, dem der Annehmende bei der Annahme angehört.
II.
1. a) Der im Jahre 1953 geborene Beschwerdeführer ist staatenloser Palästinenser aus dem Libanon. Seine leiblichen Eltern leben im Libanon und sind geschieden. Er reiste im Februar 1976 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Für die Dauer des Asylverfahrens erteilten ihm die Ausländerbehörden zeitlich befristete und jeweils verlängerte Duldungen. Ein im Jahre 1976 gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung des Asylverfahrens wurde durch bestandskräftigen Bescheid abgelehnt. Im Februar 1982 nahm der Beschwerdeführer seinen Asylantrag zurück.
b) Die 1937 geborene Beschwerdeführerin ist deutsche Staatsangehörige, seit 1971 geschieden und kinderlos. Sie hat sich seit November 1976 um den Beschwerdeführer und andere Asylbewerber gekümmert und ihnen in allen persönlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten geholfen. Im Januar 1977 nahm sie den Beschwerdeführer bei sich in der Wohnung auf.
c) Durch Beschluß vom 13. Februar 1979 sprach das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - auf entsprechenden Antrag der Beschwerdeführer die Annahme des Beschwerdeführers durch die Beschwerdeführerin aus. Die Annahmevoraussetzungen wurden in dem Beschluß nur kurz angesprochen, jedoch nicht begründet: "Die Annahme ist zulässig, weil die Beteiligte nicht verheiratet ist (§§ 1767 Abs. 2, 1747 Abs. 3 Satz 1 BGB [gemeint ist § 1741 Abs. 3 Satz 1 BGB]). Die Annahme erscheint sittlich gerechtfertigt (§ 1767 Abs. 1 BGB)."
Die Ausländerbehörde legte gegen diesen Beschluß Beschwerde ein mit der Begründung, die Beteiligten hätten bei einem früheren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ihre Absicht erklärt, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, und strebten gegenwärtig nicht eine Familie an, sondern wollten lediglich der Abschiebung des Beschwerdeführers aus der Bundesrepublik Deutschland zuvorkommen. Diese Beschwerde wurde unter Hinweis auf § 56 e Satz 3 FGG als unzulässig verworfen.
2. a) Der Beschwerdeführer beantragte am 5. März 1979, ihm eine asylverfahrensunabhängige Aufenthaltserlaubnis zu erteilen und ihm dadurch einen dauernden Verbleib bei seiner Mutter zu gestatten. Mit Verfügung vom 19. März 1979 lehnte die Ausländerbehörde den Antrag ab, setzte dem Beschwerdeführer eine Ausreisefrist bis zum 31. März 1979 und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Libanon an. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 1. Juni 1979 zurückgewiesen wurde.
b) Gegen die Versagung der beantragten Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung erhob der Beschwerdeführer Klage beim Verwaltungsgericht. Durch Urteil vom 3. April 1980 gab das Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung statt, die Ausländerbehörde habe zu Unrecht der Adoption des Beschwerdeführers durch die Beschwerdeführerin keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen und ihm den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG vorenthalten.
c) Auf die von der Ausländerbehörde hiergegen eingelegte Berufung änderte das Oberverwaltungsgericht nach vorheriger Beiladung der Beschwerdeführerin durch Urteil vom 26. Februar 1981 die erstinstanzliche Entscheidung und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht aus:
Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers beeinträchtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Seinem Aufenthalt stehe das gewichtige öffentliche Interesse entgegen, einen ungeregelten Zuzug von Ausländern zu verhindern, durch den der inländische Arbeitsmarkt, die öffentlichen Haushalte, die Einrichtungen der sozialen Sicherheit sowie der Wohnungsmarkt erheblich belastet würden. Eine Erschütterung des durch die Adoption begründeten Kindschaftsverhältnisses sei bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers ins Ausland nicht zu befürchten. Zum wesentlichen Inhalt des Verwandtschaftsverhältnisses unter Erwachsenen gehöre nicht das gemeinsame Wohnen in einem Haushalt. Der familiäre Kontakt könne durch Briefe, Besuche oder auf andere Weise aufrechterhalten werden. Besondere Umstände, die ausnahmsweise die Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft fordern würden, seien weder der vorgetragen noch zu erkennen.
d) Auf die Revisionen der Beschwerdeführer hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf, soweit es die Abschiebungsandrohung betrifft, wies die Revisionen im übrigen aber zurück. Zur Begründung seiner die Versagung der Aufenthaltserlaubnis bestätigenden Entscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht aus:
Es könne dahinstehen, ob der weiteren Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet Belange der Bundesrepublik Deutschland entgegenstünden. Jedenfalls habe die begehrte Aufenthaltserlaubnis rechtsfehlerfrei nach Ermessen abgelehnt werden dürfen. Art. 6 Abs. 1 GG schütze zwar auch die durch eine Adoption entstandene Familie, begründe jedoch nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Vielmehr sei durch eine Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, ob die gegen den Aufenthalt eines Familienmitglieds sprechenden öffentlichen Interessen so gewichtig seien, daß sie die bei Ablehnung der Erlaubnis zu erwartende Beeinträchtigung für die Familie eindeutig überwögen; sei dies der Fall, so sei die Versagung der Aufenthaltserlaubnis mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Es bestehe ein öffentliches Interesse, daß eine Einwanderung in das Bundesgebiet tunlichst unterbleibe und ein erfolgloser Asylbewerber das Bundesgebiet verlasse. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebiete grundsätzlich nicht, einem von einer deutschen Staatsangehörigen adoptierten erwachsenen Ausländer die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, sondern fordere die Gewichtung, in welchem Grad die Beteiligten auf das familiäre Zusammenleben angewiesen seien. Anders als die Ehe sei das Verhältnis zwischen erwachsenen (Adoptiv-)Kindern und ihren (deutschen oder ausländischen) Eltern typischerweise nicht auf ein solches Zusammenleben angelegt. Bei der Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis könne der Erwachsenenadoption nur dann eine ähnliche Bedeutung beigemessen werden wie der Ehe eines Ausländers mit einer Deutschen, wenn entweder die deutschen Adoptiveltern oder die ausländischen Adoptivkinder in einer das Zusammenleben erfordernden Weise auf die familiäre Lebenshilfe durch die Familie angewiesen seien. Die deutsche Staatsangehörigkeit der Adoptivmutter wäre nur geeignet, ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Sohnes zu begründen, wenn - wie im Falle der Ehe - die Lebensgemeinschaft für die betreffende Familienbeziehung notwendig und es infolgedessen erheblich wäre, daß deutsche Staatsangehörige grundsätzlich nicht auf ein familiäres Zusammenleben im Ausland verwiesen werden könnten.
Das durch eine Erwachsenenadoption entstandene Eltern-Kind- Verhältnis könne auch nicht deshalb weitergehenden Schutz als sonstige Eltern-Kind-Beziehungen beanspruchen, weil die Beteiligten nicht auf einer von Kindheit an bestehenden engen Verbundenheit aufbauten, sondern diese Verbundenheit erst in späteren Jahren herstellten. Auch familiäre Bindungen unter Erwachsenen könnten ohne dauerndes Zusammenleben entstehen und bestehen. Die Adoption führe rechtlich zu einem Eltern-Kind-Verhältnis, das gegenüber einem auf Blutsverwandtschaft beruhenden Eltern-Kind- Verhältnis aufenthaltsrechtlich weder benachteiligt noch bevorzugt werden dürfe. Sowenig ein erwachsenes ausländisches Kind aus Art. 6 Abs. 1 GG einen Anspruch auf dauernden Aufenthalt bei seinen leiblichen Eltern herleiten könne, weil es seine Kindheit und Jugend außerhalb des Elternhauses verbracht habe, sowenig könne einem erwachsenen Adoptivkind aus Gründen des "Nachholbedarfs" ein solcher Anspruch in bezug auf seine Adoptiveltern zuerkannt werden.
3. Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Zur Begründung tragen sie vor:
Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Bedeutung und Tragweite dieser Grundrechte verkannt. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung bestätigt, daß Art. 6 Abs. 1 GG Wirkungen auch im Verhältnis zwischen einem Volljährigen und seinen (Adoptiv-)Eltern entfalte. Es habe die Wirkungen dieses Schutzes jedoch verkürzt, wenn es eine Aufenthaltserlaubnis nur für geboten erachte, sofern ein Mitglied der Familie aus besonderen Gründen, insbesondere wegen Pflegebedürftigkeit, auf die familiäre Gemeinschaft angewiesen sei. Art. 6 GG schütze eine familiäre Lebensgemeinschaft so, wie sie nach Entscheidung der Familienmitglieder bestehe; unerheblich sei, wie die Beziehungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern üblicherweise gestaltet würden. Die häusliche Gemeinschaft zwischen den Eltern und einem erwachsenen Kind entspreche auch dann dem "Leitbild" der geschützten Familie, wenn die Beteiligten aufgrund freiwilliger, unbeeinflußter Entscheidung zusammenlebten. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis zwinge die Beschwerdeführer, ihre bestehende häusliche Gemeinschaft aufzugeben, und verletze deshalb Art. 6 Abs. 1 GG.
4. Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich namens der Bundesregierung der Bundesminister des Innern und für den Kreis Minden-Lübbecke der Oberkreisdirektor geäußert:
a) Der Bundesminister des Innern verweist auf die zum Stichtag 30. September 1984 bekannte Zahl von ca. 4,36 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern. Angesichts eines Ausländeranteils von 7,1% der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland - in einigen Großstädten liege der prozentuale Anteil weit über 10% - und der damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Probleme auf der einen und der allgemeinen wirtschaftlichen Situation, speziell der hohen Arbeitslosigkeit insbesondere unter den ausländischen Arbeitnehmern auf der anderen Seite, bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, die Einwanderung weiterer Ausländer zu verhindern. Dies gelte insbesondere für jüngere Menschen, die einen der knappen Arbeitsplätze oder aber Sozialhilfe in Anspruch nehmen müßten und möglicherweise in Zukunft an einem Familiennachzug aus ihrem Heimatland interessiert seien. Es bestehe ferner ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, daß asylbegehrende Ausländer nach negativem Ausgang ihres Asylverfahrens grundsätzlich das Bundesgebiet verließen. Hinter diesen öffentlichen Belangen müßten die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland zurücktreten.
b) Der Oberkreisdirektor führt ergänzend aus, daß die Adoption lediglich vorgenommen worden sei, um dem angenommenen Ausländer den auf andere Weise nicht zu erreichenden Daueraufenthalt im Inland zu ermöglichen.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.
I.
1. Die Familie im Sinn von Art. 6 Abs. 1 GG ist die Gemeinschaft von Eltern und Kindern. Neben der durch Geburt entstandenen Familie wird grundsätzlich auch jede andere von der staatlichen Rechtsordnung anerkannte Gemeinschaft von Eltern und Kindern geschützt (vgl. BVerfGE 18, 97 [105 f.]).
Wenn § 1767 BGB eine Annahme an Kindes Statt vorsieht und auch die Adoption eines Volljährigen gestattet, bleibt dieser Entstehungstatbestand für eine Familie im Rahmen der Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 GG. Eine so begründete Familie hat am besonderen Schutz der staatlichen Ordnung nach Art. 6 Abs. 1 GG teil.
Im Hinblick auf diese verfassungsrechtliche Folge hat das Vormundschaftsgericht die Tatbestandsvoraussetzungen der Adoption mit besonderer Sorgfalt zu prüfen. Lediglich formelhafte oder nur durch Hinweise auf die maßstabgebenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gestützte Begründungen, wie hier geschehen, genügen diesen Anforderungen nicht. Dies gilt um so mehr, als eine Annahme grundsätzlich unanfechtbar ist (§ 56 e Satz 3 FGG) - nur bei "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" läßt die Rechtsprechung die Beschwerde zu (BGH, FamRZ 1986, S. 150) - und gegenüber Behörden und anderen Gerichten Tatbestandswirkung entfaltet, das Bestehen einer Familie also nicht mehr in Frage gestellt werden darf.
2. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG schützt die Familie zunächst und zuvörderst als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Die leibliche und seelische Entwicklung der Kinder findet in der Familie und der elterlichen Erziehung eine wesentliche Grundlage. Eine Familie als verantwortliche Elternschaft wird von der prinzipiellen Schutzbedürftigkeit des heranwachsenden Kindes bestimmt. Mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Kindes treten Verantwortlichkeit und Sorgerecht der Eltern zurück. Die Lebensgemeinschaft kann dadurch zur bloßen Hausgemeinschaft werden, die Gemeinsamkeiten des Zusammenwohnens wahrt, jedem Mitglied der Familie im übrigen aber die unabhängige Gestaltung seines Lebens überläßt. Mit der Auflösung der Hausgemeinschaft kann sich die Familie sodann zur bloßen Begegnungsgemeinschaft wandeln, bei der Eltern und Kinder nur den gelegentlichen Umgang pflegen. Die Haus- oder Lebensgemeinschaft setzt sich in der Familie unter Erwachsenen von Rechts wegen fort, wenn weiterhin Unterhalt oder Beistand geleistet wird und dies in einer Hausgemeinschaft geschieht (vgl. §§ 1612 Abs. 2, 1618 a BGB). Unabhängig hiervon bietet die Familie den erwachsenen Familienmitgliedern Raum für Ermutigung und Zuspruch und festigt die Fähigkeit zu verantwortlichem Leben in der Gemeinschaft (vgl. BVerfGE 57, 170 [178]). Auch für den Erwachsenen ist die Familie eine Gemeinschaft, die der auf Dialog angelegten geistigen Natur des Menschen entspricht (vgl. BVerfGE 76, 1 [51]).
3. Die durch Adoption eines Erwachsenen entstandene Familie kommt als Erziehungsgemeinschaft nicht mehr in Betracht; sie ist in der Regel nicht als Lebensgemeinschaft, sondern nur als Begegnungs- und möglicherweise als Hausgemeinschaft angelegt. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat diese tatsächlichen Unterschiede aufgenommen und die Volljährigenadoption mit geringeren Rechtswirkungen ausgestattet (§ 1770 Abs. 1 BGB). § 6 i.V.m. § 3 Nr. 3 RuStAG verknüpft den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nur mit der Minderjährigenadoption durch einen Deutschen. Damit wird an die Erfahrung angeknüpft, daß in der durch Erwachsenenadoption begründeten Familie regelmäßig keine Lebensgemeinschaft besteht, die Familie also kein Zusammenleben erfordert.
Unbeschadet der staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen, die den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG nicht definieren, sondern nur die daraus folgenden Schutzwirkungen modifizieren und beschränken, kann sich ein als Erwachsener von einem Deutschen adoptierter Ausländer, der sich außerhalb des Bundesgebietes aufhält oder innerhalb des Bundesgebietes ohne Aufenthaltserlaubnis verweilt, auf aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG berufen, wenn er eine Erlaubnis zum dauernden Aufenthalt bei seinen im Inland lebenden Familienangehörigen begehrt und die Einreiseerlaubnis zu diesem Zweck beantragt (vgl. BVerfGE 76, 1 [46]). Die im Inland lebenden Eltern sind im persönlichen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG betroffen, wenn ihrem Kind der Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zweck des familiären Zusammenlebens versagt wird (vgl. BVerfGE 76, 1 [45 f.]).
4. Aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 Abs. 1 GG für einen adoptierten erwachsenen Ausländer nicht als Institutsgarantie (a) oder als Freiheitsrecht (b), sondern als wertentscheidende Grundsatznorm (c).
a) Art. 6 Abs. 1 GG sichert als Institutsgarantie den Kern der das Familienrecht bildenden Vorschriften insbesondere des bürgerlichen Rechts gegen eine Aufhebung oder wesentliche Umgestaltung und schützt gegen staatliche Maßnahmen, die bestimmende Merkmale des Bildes von der Familie, das der Verfassung zugrunde liegt, beeinträchtigen (BVerfGE 76, 1 [49]). Dieser verfassungsrechtliche Kern wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß eine Familie mit deutschen Mitgliedern von einem adoptierten erwachsenen ausländischen Familienmitglied getrennt wird oder bleibt, weil diesem die beantragte Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt worden ist; die Institutionsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG handelt im Hinblick auf eine Familie dieser Art nicht von dem Ort, an dem sich die familiäre Gemeinschaft ereignet. Diese Garantie gewährleistet demgemäß ein Recht zu einer derartigen Gemeinschaft im Bundesgebiet nur dann, wenn sich alle Mitglieder der Familie rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten.
b) Als Freiheitsrecht verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Es berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Die Auswirkungen familiärer Freiheit nach außen, insbesondere auf das Berufsleben, das Schulwesen, die Eigentumsordnung und das öffentliche Gemeinschaftsleben, müssen aber mit der verfassungsgemäßen Rechtsordnung übereinstimmen. In diesem Rahmen überantwortet das Grundgesetz die Entscheidung, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Fremden der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt; dies gilt auch für die Einwirkungen auf den Aufenthaltsort eines erwachsenen adoptierten Ausländers.
c) Die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene "wertentscheidende Grundsatznorm", nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat (vgl. BVerfGE 6, 55 (72); 76, 1 (49); st. Rspr.), erreicht zwar nicht das Maß an Verbindlichkeit, das der Institutsgarantie oder dem Freiheitsrecht eigen ist. Der zur Berücksichtigung familiärer Bindungen verpflichtende Schutzauftrag des Staates wirkt jedoch auf die gesamte die Familie betreffende Rechtsordnung ein, mag sie zu Eingriffen ermächtigen, zu Leistung und Teilhabe berechtigen oder zum Handeln, Dulden oder Unterlassen verpflichten.
aa) § 2 Abs. 1 AuslG macht den Aufenthalt von Ausländern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abhängig von einer Erlaubnis, deren Erteilung im Ermessen der Verwaltungsbehörden steht, sofern die Anwesenheit des Ausländers Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigt. Diese Regelung steht mit der Schutzpflicht des Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang, weil sie sowohl in ihrem offenen Tatbestand als auch in der Einräumung eines Ermessens für die Wertungen des in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Schutzauftrags zugänglich ist. Die entscheidende Behörde hat hiernach die familiären Bindungen des Antragstellers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, bei der Prüfung der öffentlichen Belange und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß, d. h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG, daß die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren nach § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslG seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 1 [49 f.]; vgl. auch BVerfGE 77, 170 [214]).
bb) Das Bundesverfassungsgericht überprüft solche Entscheidungen nicht lediglich auf offensichtliche Verletzungen der aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Schutzpflicht (vgl. BVerfGE 21, 1 [6]; 76, 1 [51]). Die Dichte der verfassungsgerichtlichen Kontrolle entspricht vielmehr dem Rang und der Bedeutung, die das Grundgesetz der Familie in ihren verschiedenen Gestaltungsformen und Funktionen als einem gegen den Staat abgeschirmten und die Vielfalt rechtsstaatlicher Freiheit stützenden Autonomiebereich beimißt.
II.
Nach diesem Maßstab verletzt die von den Beschwerdeführern angegriffene Versagung der Aufenthaltserlaubnis nicht Art. 6 GG als wertentscheidende Grundsatznorm.
1. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis bringt die öffentlichen Belange einer Zuzugsbeschränkung zur Geltung, ohne dadurch die Fortsetzung der Familie unter den Beschwerdeführern zu gefährden. Eine Erwachsenenadoption begründet eine Familie, die in ihrem verfassungsrechtlichen Kern nicht eine Lebens- oder Hausgemeinschaft darstellt, sondern in aller Regel auf eine Begegnungsgemeinschaft angelegt ist und deshalb durch wiederholte Besuche, durch Brief- und Telefonkontakte sowie durch Zuwendungen aufrechterhalten werden kann. Soweit eine Familie zwischen einer Mutter und ihrem als Erwachsenen adoptierten ausländischen Sohn über eine Begegnungsgemeinschaft hinausgehend als Lebensgemeinschaft geführt werden soll, ist die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann unbedenklich, wenn keine Lebensverhältnisse bestehen, die einen über die Aufrechterhaltung der Begegnungsgemeinschaft hinausgehenden familienrechtlichen Schutz angezeigt erscheinen lassen.
Solche Lebensverhältnisse liegen hier nicht vor. Sie lassen sich insbesondere nicht dem Vorbringen der Beschwerdeführer entnehmen, sie müßten in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, um das ihrer Familie bisher fehlende Vertrauensverhältnis begründen zu können. Damit wird nur zum Ausdruck gebracht, daß ihrem familienrechtlichen Verhältnis nicht der eine Erwachsenenadoption regelmäßig tragende Tatbestand des Bestehens eines Eltern-Kind- Verhältnisses zugrunde liegt. Die angestrebte nachträgliche Herstellung der Voraussetzungen, die eine Erwachsenenadoption in der Regel überhaupt erst rechtfertigen, kann allenfalls dann weitergehende aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG begründen, wenn die für eine Erwachsenenadoption stets erforderliche sittliche Rechtfertigung (§ 1767 Abs. 1 BGB) trotz des (noch) fehlenden Eltern-Kind-Verhältnisses aus anderen Gründen gegeben war und dieses Verhältnis durch eine Lebens- oder Beistandsgemeinschaft herstellbar ist. Dafür, daß es sich im vorliegenden Fall so verhalten hat, ist weder etwas vorgetragen noch sonst etwas ersichtlich.
2. Unabhängig hiervon könnte Art. 6 Abs. 1 GG weitergehende aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen zeitigen, wenn einer der Beschwerdeführer auf die Lebenshilfe des anderen angewiesen wäre und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen ließe. Unter diesen Voraussetzungen erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft. Kann der Beistand nur in der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück. In diesen Fällen ist die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern aufenthaltsrechtlich ähnlich zu bewerten wie die Ehe eines deutschverheirateten Ausländers.
Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, daß weder der Beschwerdeführer noch die Beschwerdeführerin auf eine den Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland erfordernde familiäre Lebenshilfe angewiesen sind. Das Vorbringen der Verfassungsbeschwerde enthält nichts, was diese Einschätzung als verfassungsrechtlich fehlerhaft erwiese. Ob sie auch im übrigen zutrifft, prüft das Bundesverfassungsgericht nicht nach (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]; st. Rspr.).
III.
Die Versagung der vom Beschwerdeführer begehrten Aufenthaltserlaubnis berührt nicht den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG. Da Art. 2 Abs. 1 GG gegenüber Art. 6 Abs. 1 GG die allgemeinere Bestimmung enthält, käme er als Prüfungsmaßstab nur in Betracht, wenn er aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen entfaltete, die über diejenigen aus Art. 6 Abs. 1 GG hinausreichen. Art. 2 Abs. 1 GG trifft jedoch keine Regelungen über Einreise und Aufenthalt. Art. 2 Abs. 1 GG regelt die freie Entfaltung der Persönlichkeit für Menschen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, erlaubt aber im Rahmen der diese Freiheit beschränkenden verfassungsmäßigen Ordnung auch Bestimmungen über den Aufenthalt von Ausländern (vgl. BVerfGE 35, 382 [399]; 76, 1 [71]).
Der Beschwerdeführer, der nach Beendigung seines Asylverfahrens kein Bleiberecht mehr hat, steht einem um Einreise nachsuchenden Ausländer gleich. Bei dieser Ausgangslage gewährt Art. 2 Abs. 1 GG dem Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Aufenthalt im Bundesgebiet.
IV.
Durch die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, völkerrechtliche Verträge vermittelten dem Beschwerdeführer keinen über die innerstaatliche Rechtslage hinausgreifenden Anspruch auf Aufenthalt, sind die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten nicht verletzt.
Mahrenholz, Träger, Böckenförde, Klein, Graßhof, Kruis, Franßen, Kirchhof