BVerfGE 84, 59 - Mulitple-Choice-Verfahren |
1. Birgt die besondere Struktur eines Verwaltungsverfahrens oder die Art der zu treffenden Entscheidungen die Gefahr typischer und absehbarer Fehler und lassen sich diese von der entscheidenden Verwaltungsbehörde früher und besser erkennen als von den in ihren Grundrechten betroffenen Bürgern, so müssen die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur vorbeugenden Fehlervermeidung genutzt werden. |
2. Die zentralen Prüfungen für Studierende der Medizin in der Form des Antwort-Wahl-Verfahrens erfordern besondere verfahrensrechtliche Vorkehrungen mit dem Ziel, die Folgen fehlerhaft gestellter Aufgaben auszugleichen und auf diese Weise das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wirksam zu schützen. |
3. Ob Antwort-Wahl-Aufgaben zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen, haben die Gerichte zu kontrollieren; darüber hinaus obliegt ihnen eine Vertretbarkeitskontrolle der Lösungen (Art. 19 Abs. 4 GG). Entspricht eine Antwort gesicherten medizinischen Erkenntnissen, die im Fachschrifttum bereits veröffentlicht und Kandidaten des entsprechenden Prüfungsabschnitts im Regelfall ohne besondere Schwierigkeit zugänglich waren, so darf sie nicht als falsch gewertet werden. |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 17. April 1991 |
-- 1 BvR 1529/84 und 138/87 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. der Frau R... (1) unmittelbar gegen a) das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Oktober 1984 - 9 S 826/83 -, b)das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 1983 - 7 K 97/82 -, c) den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesprüfungsamt Baden-Württemberg für Medizin und Pharmazie - vom 7. September 1981 - 65 - 4135 V-A 1981 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1982, (2) mittelbar gegen § 4 Abs. 1 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Oktober 1977 (BGBl. I S. 1885) - 1 BvR 1529/84 -; 2. des Herrn G... gegen a) das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 1986 - 2 A 20/86 -, b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6. November 1985 - 7 K 70/84 -, c) den Bescheid des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Umwelt Rheinland-Pfalz - Landesprüfungsamt für Studierende der Medizin und der Pharmazie - vom 16. April 1984 - 65 Pm 21-01 - 1 BvR 138/87 -, - Bevollmächtigte zu 1) und 2): Rechtsanwälte Dr. Peter Becker und Dr. Dorothea Neurer-Meichsner, Gisonenweg 9, Marburg/Lahn 1-. |
Entscheidungsformel: |
1. Die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Oktober 1984 - 9 S 826/83 - und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 1983 - 7 K 97/82 - in dem Verfahren der Beschwerdeführerin zu 1) sowie die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 1986 - 2 A 20/86 - und des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6. November 1985 - 7 K 70/84 - in dem Verfahren des Beschwerdeführers zu 2) verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. In dem Verfahren der Beschwerdeführerin zu 1) wird die Sache an das Verwaltungsgericht Karlsruhe, in dem Verfahren des Beschwerdeführers zu 2) wird die Sache an das Verwaltungsgericht Mainz zurückverwiesen. |
2. Das Land Baden-Württemberg hat der Beschwerdeführerin zu 1), das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer zu 2) die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
Gründe: |
A. |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen negative Prüfungsbescheide im Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren und gegen deren eingeschränkte Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte.
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I. |
1. Das Studium der Medizin wird durch die Ärztliche Vorprüfung (früher: Physikum) in einen vorklinischen und einen klinischen Teil gegliedert. Abgeschlossen wird das Studium durch die Ärztliche Prüfung; diese besteht aus drei Abschnitten, von denen zwei während des Studiums und der dritte nach dessen Ende zu durchlaufen sind. Die Prüfungen werden bundeseinheitlich durch eine gemeinsame Länderinstitution ausgerichtet. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in der Approbationsordnung für Ärzte, einer Rechtsverordnung, die aufgrund der Ermächtigung in der Bundesärzteordnung vom 2. Oktober 1961 (BGBl. I S. 1857) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1509) -- BÄO -- erlassen worden ist (zur Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage vgl. BVerfGE 80, 1 [20 f.]).
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2. Die Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 (BGBl. I S. 1458) -- ÄAppO 1970 -- hat das Antwort-Wahl-Verfahren (Multiple-Choice-Verfahren) als Form der Ärztlichen Prüfung eingeführt. Bei diesem Prüfungsverfahren, das in den Vereinigten Staaten, in Kanada und in der Schweiz bereits längere Zeit in anderer Form gehandhabt wird, werden dem Kandidaten nicht nur Prüfungsfragen, sondern zugleich Antworten vorgelegt. Der Kandidat hat die jeweils richtige Antwort unter beigefügten unrichtigen Antworten (Distraktoren) herauszufinden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Form der Prüfung hat das Bundesverfassungsgericht im Ergebnis zurückgewiesen (BVerfGE 80, 1 [22 ff.]).
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a) Der Erfolg in den schriftlichen Prüfungen hängt von der Zahl der richtigen Antworten ab. Die Bestehensgrenze wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert. Nachdem zunächst eine relativ großzügige Grenze gegolten hatte, bestimmte § 14 Abs. 5 ÄAppO in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 24. Februar 1978 (BGBl. I S. 312) -- ÄAppO 1978 --, daß 60 vom Hundert aller gestellten Prüfungsfragen richtig beantwortet werden müssen. Diese Regelung wurde für verfassungswidrig erklärt, weil sie unverhältnismäßig in die subjektive Berufswahlfreiheit eingriff und damit Art. 12 Abs. 1 GG verletzte (BVerfGE 80, 1 [26 ff.]). Durch die Dritte Änderungsverordnung vom 15. Juli 1981 (BGBl. I S. 660) erhielt § 14 Abs. 5 ÄAppO 1981 mit Wirkung vom 1. August 1981 folgende Fassung:
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Die schriftliche Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens 60 vom Hundert der gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet hat oder wenn die Zahl der vom Prüfling zutreffend beantworteten Fragen die durchschnittliche Prüfungsleistung des jeweiligen Prüfungstermins im gesamten Bundesgebiet um nicht mehr als 18 vom Hundert dieser durchschnittlichen Prüfungsleistung unterschreitet und nicht unter 50 vom Hundert der gestellten Fragen liegt.
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Die Ergebnisse der ärztlichen Vorprüfungen und Prüfungen in den Jahren 1981 bis 1985 gaben Anlaß zu weiteren Änderungen. Aufgrund der Fünften Änderungsverordnung vom 15. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2457) -- ÄAppO 1986 -- gilt seit dem 1. Januar 1987 eine relative Bestehensregel; die erforderliche Zahl richtiger Antworten wird erst nach der Prüfung auf der Grundlage von Durchschnittsberechnungen festgelegt (§ 14 Abs. 6 ÄAppO 1986).
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b) Art und Inhalt der Prüfungsfragen werden in der Approbationsordnung nicht näher geregelt. § 14 Abs. 2 ÄAppO bestimmt dazu lediglich:
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Die Prüfungsfragen müssen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abgestellt sein und zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen. Für die Prüfungsgegenstände im einzelnen gelten die Prüfungsstoffkataloge der besonderen Prüfungsbestimmungen.
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Im Anhang zur Approbationsordnung finden sich gegliederte Kataloge mit Sachgebieten, die den einzelnen Prüfungsabschnitten zugeordnet sind, und Regelungen, die die Zahl der Fragen aus den einzelnen Sachgebieten festlegen. Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 ÄAppO sollen sich die Landesprüfungsämter bei der Formulierung der Fragen und Antworten einer gemeinsamen Einrichtung bedienen. Zu diesem Zwecke schlossen sie am 14. Oktober 1970 ein Abkommen (im folgenden: LA), durch welches das Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) gegründet wurde. Das Land Rheinland-Pfalz verlieh dem in Mainz angesiedelten Institut die Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts.
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Die Prüfungsaufgaben werden vom IMPP durch Sachverständigenkommissionen erarbeitet (Art. 8 LA). Seit 1983 prüfen besondere Kontrollkommissionen, ob die Prüfungsfragen sich im Rahmen des § 14 Abs. 2 ÄAppO halten (Art. 8 Abs. 2 LA 1983). Die allgemeine Organisation der Kommissionen sowie die Grundsätze der Berufung ihrer Mitglieder werden vom Verwaltungsrat des IMPP in Richtlinien festgelegt (Art. 6 Abs. 1 Nr. 6; Art. 8 Abs. 3 LA 1983). Ursprünglich wurden die Sachverständigen vom Leiter des IMPP berufen (Art. 7 Abs. 4 LA 1970). Seit 1983 geschieht dies im Benehmen mit einem beim IMPP gebildeten Hochschullehrer-Beirat (Art. 8 Abs. 1 LA 1983).
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Die Gestaltung der Aufgaben wird weder durch das Länderabkommen noch durch die (unveröffentlichten) Richtlinien des IMPP genau festgelegt. § 4 Abs. 1 der Richtlinien vom 1. Oktober 1983 bestimmt lediglich, daß "zu spezielle Fragen und sprachlich komplizierte Fragen bzw. Antwortmöglichkeiten ... vermieden werden" sollen. Das IMPP verwendet folgende sechs Aufgabentypen, die mit sehr unterschiedlichem Arbeitsaufwand verbunden sind:
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- Typ A = Einfachauswahl. Der Kandidat hat auf eine Frage oder Aussage die richtige oder bei mehreren Möglichkeiten die beste Antwort zu bezeichnen.
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- Typ B = mehrfache Zuordnung. Es müssen mehrere Fragen/Aussagen den fünf angebotenen Antworten zugeordnet werden.
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- Typ C = kausale Verknüpfung. Eine Aussage wird mit einer anderen Aussage begründet. Der Kandidat hat getrennt über die Richtigkeit der Aussage 1, der Aussage 2 und der Verknüpfung zu entscheiden.
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- Typ D = Aussagenkombination. Einer Frage/Aussage werden mehrere Mitteilungen gegenübergestellt. Die dazu vorgeschlagenen fünf Antworten bezeichnen eine oder mehrere Aussagenkombinationen als richtig oder nicht richtig.
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- Typ E = Bildmaterial. Einer Frage werden fünf Abbildungen (grafische Darstellungen, Röntgenbilder, Kurven) oder einer Abbildung werden fünf Aussagen gegenübergestellt, wobei die richtige Kombination angekreuzt werden muß.
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- Typ F = Fallbeschreibung, an die sich mehrere Aufgaben anschließen können.
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c) Meinungsverschiedenheiten über die Angemessenheit und Verständlichkeit von Prüfungsfragen sowie über die fachwissenschaftliche Richtigkeit der festgelegten Antworten waren Anlaß für viele Gerichtsverfahren. Nachdem auch spezielle Sachverständigenkommissionen in den Jahren 1981 und 1985 zahlreiche Fragen beanstandet hatten, sah sich der Verordnungsgeber schließlich gezwungen, durch die Fünfte Änderungsverordnung vom 15. Dezember 1986 eine Eliminierungsregelung einzuführen. § 14 Abs. 4 ÄAppO 1986 lautet seither:
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Die Prüfungsaufgaben sind durch die Landesprüfungsämter vor der Feststellung des Prüfungsergebnisses darauf zu überprüfen, ob sie, gemessen an den Anforderungen des Absatzes 2, offensichtlich fehlerhaft sind. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ergibt diese Überprüfung, daß einzelne Prüfungsaufgaben offensichtlich fehlerhaft sind, gelten sie als nicht gestellt. Die vorgeschriebene Zahl der Fragen für die einzelnen Prüfungen (§ 23 Abs. 2, § 26 Abs. 2, § 29 Abs. 2) mindert sich entsprechend. Bei der Bewertung der schriftlichen Prüfungen nach Absatz 6 und 7 ist von der verminderten Zahl der Prüfungsaufgaben auszugehen. Die Verminderung der Zahl der Prüfungsaufgaben darf sich nicht zum Nachteil eines Prüflings auswirken.
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In der Amtlichen Begründung wird hierzu ausgeführt (BRDrucks. 372/86, S. 10 ff.):
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Die Vorschriften erweisen sich als notwendig, weil erfahrungsgemäß im Multiple-Choice-Verfahren bei nicht vorgetesteten Fragenkatalogen nicht ausgeschlossen werden kann, daß erst bei Auswertung der Prüfungsergebnisse erkennbar wird, daß einzelne Prüfungsaufgaben den Anforderungen des § 14 Abs. 2 offensichtlich nicht entsprechen. Trotz sorgfältigster Erarbeitung der Prüfungsfragen und der Antworten durch das Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen sowie einer Überprüfung der Fragen und Antworten vor Durchführung der Prüfung durch eine eigens bestellte Kontrollkommission ist nicht auszuschließen, daß einige wenige Fragen erst nach der Durchführung der Prüfung als offensichtlich fehlerhaft erkannt werden. Diese Erfahrung haben auch andere Länder wie die USA und die Schweiz bei der Durchführung von Multiple-Choice-Prüfungen gemacht. ...
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Beispiele für offensichtlich fehlerhafte Prüfungsaufgaben sind: - Aufgaben, die Fragestellungen oder Antworten enthalten, die unverständlich, mißverständlich, widersprüchlich oder mehrdeutig formuliert sind; - Prüfungsaufgaben, bei deren Wiedergabe ein sinnentstellender Schreibfehler unterlaufen ist oder deren drucktechnische Wiedergabe im Prüfungsheft unzureichend ist, z.B. beim Abdruck eines Röntgenbildes; - Fragen, deren Beantwortung vom Prüfling bei der betreffenden Prüfung nicht erwartet werden kann, weil sie einen Stoff betreffen, der erst zu einem späteren Zeitpunkt Gegenstand der Ausbildung ist; - Aufgaben, die Gegenstände betreffen, die offensichtlich nicht die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse betreffen oder deren Beherrschung nicht zum Verständnis insoweit relevanter medizinischer Zusammenhänge notwendig ist. |
II. |
1. Das Ausgangsverfahren der Beschwerdeführerin zu 1)
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a) Die Beschwerdeführerin studierte in Heidelberg Medizin. Sie hatte im August 1981 bei der Ärztlichen Vorprüfung zum zweiten Mal keinen Erfolg. Von 320 gestellten Aufgaben hatte sie nur 176 (= 55 vom Hundert) richtig gelöst. Bei einem Bundesdurchschnitt von 216,8 richtig gelösten Fragen (= 67,7 vom Hundert) hätte sie wenigstens 178 richtige Antworten benötigt, um die Bestehensgrenze nach § 14 Abs. 5 ÄAppO 1981 zu erreichen. Im Prüfungsbescheid wurde ihr das vom zuständigen Landesprüfungsamt mitgeteilt. Sie erhob Widerspruch und machte geltend, bei einer Frage sei ihr nur ein Übertragungsfehler unterlaufen, drei weitere Fragen seien rechtsfehlerhaft gestellt worden. Das Landesprüfungsamt wies diesen Widerspruch nach einer Stellungnahme des IMPP als unbegründet zurück.
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b) Mit ihrer Klage erweiterte und konkretisierte die Beschwerdeführerin die Kritik an den gestellten Fragen und den vorgegebenen Antworten. Die Prüfungsfragen Nr. 108 und Nr. 114 vom zweiten Prüfungstag (Typ C = kausale Verknüpfung) verlangten Kenntnisse, die in der Vorprüfung noch nicht erwartet werden dürften. Bei den Fragen Nr. 58 und Nr. 125 vom zweiten Prüfungstag sei keine der vorgeschlagenen Antworten eindeutig zutreffend, so daß die Aufgabe unlösbar gewesen sei. Im Fall der Frage Nr. 124 vom zweiten Prüfungstag sei die vorgeschlagene Antwort unzutreffend, ihre Antwort hingegen zutreffend.
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe der Prüfungsbehörde auch im Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren ein umfassender Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle setze erst dann ein, wenn die Entscheidung der Prüfungsbehörde offensichtlich falsch sei und in der Wissenschaft keine Stütze finde. Dieser Evidenzkontrolle halte die angegriffene Prüfungsentscheidung stand.
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c) Der Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung der Beschwerdeführerin zurück und ließ die Revision nicht zu.
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Der Beurteilungsspielraum der Prüfungsbehörde werde allerdings vom Verwaltungsgericht (im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts) zu weit gefaßt. Ob eine Aufgabe aus fachwissenschaftlichen Gründen unlösbar, unverständlich, mißverständlich oder mehrdeutig sei, könne sich nicht allein nach dem Urteil des Prüfers richten, weil das auf eine Selbstkontrolle der Verwaltung hinauslaufe. Das gleiche gelte für die fachliche Beurteilung der festgelegten Antwort. Das bedeute aber nicht, daß die Beurteilung der Prüfungsbehörde ohne weiteres von einem Gericht ersetzt werden dürfe. Vielmehr spreche eine Vermutung für die Richtigkeit der Festlegung des IMPP, so daß Zweifel zu Lasten des Prüflings gehen müßten. Eine Gutschrift könne nur dann gerichtlich erzwungen werden, wenn sich aus der dem Studenten zur Verfügung stehenden Fachliteratur ergebe, daß auch die vom Prüfling gewählte Lösung in der medizinischen Wissenschaft mit annähernd gleichem Gewicht vertreten werde wie die der amtlichen Beantwortung zugrunde liegende Auffassung. Lege man diesen Maßstab an, sei der angegriffene Prüfungsbescheid nicht zu beanstanden.
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Der Einwand der Beschwerdeführerin gegen die Fragen Nr. 108 und Nr. 114 könne nur daraufhin überprüft werden, ob der angesprochene Stoff in keinem Standard-Lehrbuch, sondern nur in speziellen, für Studenten nicht ohne weiteres erreichbaren Monographien behandelt werde; das sei jedoch auszuschließen.
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Soweit die Beschwerdeführerin die Frage Nr. 58 kritisiere, stütze sie sich auf "Primärliteratur", deren Kenntnis vom Studenten nicht verlangt werden könne. Daß die Beschwerdeführerin ihr Wissen in der Vorlesung eines Spezialisten erworben habe, beweise noch nicht, daß es sich um "gesichertes und allgemein akzeptiertes Lehrbuchwissen" handele. Bei der Frage Nr. 124, die die Zuordnung einer Diagnose zu einer dargestellten Skizze (Seitenansicht und Kopf eines menschlichen Oberkörpers) verlangt, enthalte die beanstandete Antwort ein höchstpersönliches, fachwissenschaftliches Urteil, das nicht in vollem Umfang in der medizinischen Fachliteratur "verobjektiviert" sei. Aus diesem Grund komme es auf den gestellten Beweisantrag nicht an. Unerheblich sei ferner die Behauptung, daß die Sachverständigen des IMPP selbst die Frage als nicht mehr verwertbar ansähen. Im übrigen sei auch die Antwort der Beschwerdeführerin mit dem Skizzenbild nicht ganz ohne Abstriche vereinbar.
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Bei der Frage Nr. 125 sei der Beschwerdeführerin zuzugeben, daß sie eine Aussage enthalte, die im Schrifttum kontrovers behandelt werde. Dennoch komme eine Gutschrift zugunsten der Beschwerdeführerin nicht in Betracht, weil die von ihr angekreuzte Aussagenkombination nicht von dieser Kontroverse beeinflußt sein könne; sie habe nämlich nicht die Antwort angekreuzt, die bei der bestehenden Kontroverse am nächsten gelegen hätte. Danach müsse die Kritik der Frage Nr. 150 nicht mehr erörtert werden, weil eine einzige Gutschrift der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg verhelfen könne.
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2. Das Ausgangsverfahren des Beschwerdeführers zu 2)
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a) Der Beschwerdeführer studierte in Mainz Medizin. Den schriftlichen Teil des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung bestand er nicht. In dieser Teilprüfung blieb er im März 1984 zum dritten Mal erfolglos. Von 180 Aufgaben löste er nur 106 (= 58,9 vom Hundert) richtig. Da der Bundesdurchschnitt in jener Prüfung bei 145 richtigen Antworten (= 80,5 vom Hundert) lag, war die 60 vom Hundert-Grenze des § 14 Abs. 5 ÄAppO 1981 maßgebend, so daß zum Erreichen der Bestehensgrenze 108 Aufgaben richtig gelöst werden mußten. Da zwei Punkte fehlten, teilte ihm das Landesprüfungsamt mit, daß er die Ärztliche Prüfung endgültig nicht bestanden habe und auch nach einem erneuten Studium der Medizin nicht mehr wiederholen könne.
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b) Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid war nicht vorgesehen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO). Mit seiner Klage beantragte der Beschwerdeführer den Bescheid aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm ein Zeugnis über das Bestehen der Ärztlichen Prüfung auszuhändigen, hilfsweise, ihm eine weitere Wiederholungsmöglichkeit einzuräumen. Er beanstandete zehn Aufgaben. Bei einer Frage (A 82/B 80) ergebe sich die Richtigkeit seiner Antwort schon aus der Musterlösung eines früheren Prüfungstermins. Im Herbst 1981 sei fast die gleiche Frage im Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung gestellt worden; er habe sie entsprechend der damals festgesetzten Alternative beantwortet.
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Entscheidung darüber, ob die Antwort eines Prüflings richtig oder falsch sei, falle in den prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraum. Das gleiche müsse im Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren auch für die Formulierung der Prüfungsaufgaben gelten. Nur wenn eine Frage oder Antwort unter keinem wissenschaftlichen Gesichtspunkt mehr gerechtfertigt werden könne oder wenn das IMPP selbst sie für unlösbar, unverständlich, mißverständlich oder mehrdeutig halte, komme eine Korrektur in Betracht. Das sei bei neun der gestellten Fragen nicht anzunehmen. Ob auch die Frage A 82/B 80 einen offensichtlichen Fehler enthalte, könne offenbleiben, weil eine einzige Gutschrift dem Beschwerdeführer nicht zum Erreichen der Bestehensgrenze verhelfen würde.
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c) Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht zurück, ohne die Revision zuzulassen. Ob eine vom Prüfling gewählte Antwortmöglichkeit richtig oder falsch sei, bestimme sich allein nach der fachwissenschaftlichen Auffassung des Prüfers, solange diese nicht schlechthin unsinnig oder abwegig erscheine. Auch im Falle der Frage A 82/B 80 ergebe sich nichts anderes; maßgeblich sei nur die Auffassung des Prüfers in der jeweiligen Prüfung. Ob dieser in einer früheren Prüfung eine andere wissenschaftliche Ansicht als die allein zutreffende angesehen habe, sei unerheblich. Soweit der Beschwerdeführer fachterminologische Mängel der Fragestellung oder die Eignung der Frage unter fachwissenschaftlichen Kriterien beanstande, müsse das Gericht ebenfalls den prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraum respektieren. Bei zwei Fragen kritisiere der Beschwerdeführer allerdings deren mangelnde Eindeutigkeit mit dem Hinweis auf das allgemeine Sprachverständnis; insoweit sei die richterliche Kontrolle zwar nicht beschränkt, sie führe aber nicht zum Erfolg der Klage. Bei der einen Frage (A 106/B 137) liege sprachliche Mehrdeutigkeit in Wahrheit nicht vor. Bei der zweiten Aufgabe (A 14/B 38) müsse auf die Bedenken des Beschwerdeführers nicht eingegangen werden, weil mindestens zwei Gutschriften erforderlich wären, um die Bestehensgrenze zu erreichen.
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III. |
1. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1529/84
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Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG durch den Prüfungsbescheid und die angegriffenen Urteile. Die Verwaltungsgerichte hätten darüber hinaus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
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Der Staat sei verpflichtet, die Grundrechte der Bürger mit der größtmöglichen Effektivität zu schützen und dafür geeignete Verfahrensregeln bereitzustellen. Deshalb verstoße es gegen Art. 12 Abs. 1 GG, daß Vorschriften über das Verhältnis von Ausbildung und Prüfung, über die Bewertung der Prüfungsleistungen und zur Gewährleistung der Richtigkeit von Prüfungsfragen fehlten.
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Ferner sei es verfassungswidrig, daß sich die Verwaltungsgerichte auf einen prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraum berufen und deshalb ihre Beanstandungen verschiedener Prüfungsfragen nicht aufgeklärt hätten. Die Gründe, die die Rechtsprechung für eine Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörden anführe, seien auf das Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren nicht übertragbar. Maßstab müsse die allgemein zugängliche Literatur sein, die für den Prüfling die Wissensgrundlage bilde und die durch Sachverständigengutachten ohne weiteres erfaßt werden könne. Das Unterlassen einer entsprechenden Kontrolle verletze ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG).
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2. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 138/87
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Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG durch den Prüfungsbescheid. Auch die Verwaltungsgerichte hätten ihre Pflicht zur Effektuierung der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit verletzt, indem sie den Prüfungsbescheid ohne eingehende Kontrolle bestätigt hätten.
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Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl durch eine Berufszugangsprüfung sei nur zulässig, wenn das Prüfungsverfahren Richtigkeitsgewähr biete. Im Falle des Antwort-Wahl-Verfahren seien insoweit besondere Sicherungen unentbehrlich. Die Tauglichkeit und Richtigkeit der Fragen und Antworten könnten nämlich aus Gründen der Geheimhaltung nicht vorgetestet werden, so daß auch nach sorgfältigster Vorbereitung Fehler unterliefen. Deshalb sei ein Eliminierungsverfahren, wie es in den USA und in der Schweiz seit langem praktiziert werde, unentbehrlich. Das sei dem Verordnungsgeber aufgrund einer Sachverständigenanhörung schon vor Erlaß der Approbationsordnung von 1970 bekannt gewesen und auch in der folgenden Zeit durch fachwissenschaftliche Veröffentlichungen und Erfahrungsberichte deutlich gemacht worden. Unter Berufung darauf habe er zwar tatsächlich mit der Fünften Änderungsverordnung vom 15. Dezember 1986 ein Eliminierungsverfahren eingeführt, der gleiche Erkenntnisstand sei jedoch bereits zehn Jahre vorher verfügbar gewesen, so daß alle Prüfungen seit 1976 als fehlerhaft angesehen werden müßten.
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Die Mängel des Prüfungsverfahrens dürften die Verwaltungsgerichte nicht mit einer Lockerung ihrer Kontrolle "belohnen". Voraussetzung einer Letztentscheidungskompetenz sei das Vertrauen in die Sachgerechtigkeit des Verfahrens, in dem die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidungen treffe. Bei einem strukturell fehlerhaften Verfahren sei für eine verringerte Kontrolldichte kein Raum. Es fehle auch nicht an ausreichenden Maßstäben. Alle Fragen, die sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellten, seien einem Sachverständigengutachten zugänglich.
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IV. |
Im Verfahren 1 BvR 138/87 hat das Ministerium für Umwelt und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz -- Landesprüfungsamt für Studierende der Medizin und der Pharmazie -- ausgeführt: Weder das Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren noch die angegriffenen Entscheidungen seien von Verfassungs wegen zu beanstanden. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus der Tatsache schließen, daß durch die Fünfte Änderungsverordnung zur Approbationsordnung für Ärzte im Jahre 1986 ein Eliminierungsverfahren eingeführt worden sei. Die Neufassung von § 14 Abs. 4 ÄAppO begründe weder eine Einschränkung des Prüfungsermessens noch eine Ausweitung der gerichtlichen Kontrolle. Bereits vor 1986 seien Fragen aus der Wertung genommen und durch begünstigende Verwaltungsakte Gutschriften erteilt worden, wenn sich nachträglich Fehler herausgestellt hätten. Soweit die Änderungsverordnung dafür ein Verfahren vorsehe, berühre das nicht die Letztentscheidungskompetenz des IMPP.
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Ergänzend verwies das Ministerium auf eine Stellungnahme, die der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit namens der Bundesregierung in einem früheren Verfahren (1 BvR 1308/82) abgegeben hatte. Darin war ausgeführt worden: Für das Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren müsse den Prüfungsbehörden der gleiche Beurteilungsspielraum zugebilligt werden, wie er bei den üblichen Prüfungsverfahren anerkannt sei. Die Formalisierung der Fragen und Antworten und das Fehlen der "Höchstpersönlichkeit" könnten daran nichts ändern, weil es nur auf die besondere Fachkompetenz der Prüfungsbehörde ankomme. Das Antwort-Wahl-Verfahren weise allerdings gegenüber herkömmlichen Prüfungen Besonderheiten auf, die Ausgleichsmechanismen erforderlich machten. Zu diesen Besonderheiten gehöre, daß gelegentlich mißverständliche Aufgaben, mehrdeutig formulierte Fragen oder solche Fragen zum Gegenstand der Prüfung gemacht würden, bei denen nach dem Stand der Lehre mehrere Antworten vertretbar seien. Bei dem starren Fragesystem des Antwort-Wahl-Prüfungsverfahrens und der Vielfalt der fachlichen Meinungen könne auch nicht jede in der Wissenschaft vertretene oder vertretbare Meinung berücksichtigt werden. Beide Fehlerquellen habe der Verordnungsgeber jedoch durch die Bemessung der Bestehensgrenze aufgefangen. Diese sei so großzügig bemessen, daß weitere Kontrollmöglichkeiten (etwa eine Eliminierung ungeeigneter Prüfungsfragen nach Durchführung der Prüfung) entbehrlich seien.
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B. |
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde war wegen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beschwerdeführer nicht zumutbar. Die Verfassungsbeschwerden sind auch begründet.
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I. |
Die angegriffenen Prüfungsbescheide verletzen allerdings nicht schon deshalb Grundrechte der Beschwerdeführer, weil die rechtliche Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen nicht genügte.
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1. Vorschriften, die für die Aufnahme des Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis erworbener Fähigkeiten in Form einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und müssen deshalb den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen. Die Leistungen, die in einer solchen Prüfung gefordert werden, und die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage; die Prüfungsschranke darf nach Art und Höhe nicht ungeeignet, unnötig oder unzumutbar sein (vgl. BVerfGE 80, 1 [24]). Darüber hinaus beansprucht das Grundrecht der Berufsfreiheit auch Geltung für die Durchführung des Prüfungsverfahrens (vgl. BVerfGE 52, 380 [389 f.]). Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken. Die Grundrechte beeinflussen nicht nur das gesamte materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht, soweit dieses für einen effektiven Grundrechtsschutz Bedeutung hat (vgl. BVerfGE 53, 30 [65]).
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Es gehört zum Kern grundrechtlicher Verfahrensgarantien, daß die betroffenen Bürger ihren Standpunkt wirksam vertreten können. Sie müssen rechtzeitig über den Verfahrensstand informiert werden und die Möglichkeit haben, Einwände wirksam vorzubringen (vgl. den heute ergangenen Beschluß zu juristischen Staatsprüfungen -- 1 BvR 419/81 und 1 BvR 213/83 -- unter B I). Bei Prüfungsentscheidungen ist eine vorherige Anhörung allerdings vielfach nicht möglich, und Rechtsbehelfe sind nur geeignet, eine nachträgliche Fehlerberichtigung herbeizuführen. Das reicht nicht immer aus, um die Grundrechte wirksam zu schützen. Birgt die besondere Struktur eines Verwaltungsverfahrens oder die Art der zu treffenden Entscheidungen die Gefahr typischer und absehbarer Fehler und lassen sich diese von der entscheidenden Verwaltungsbehörde früher und besser erkennen als von den in ihren Grundrechten betroffenen Bürgern, so müssen die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur vorbeugenden Fehlervermeidung genutzt werden.
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2. Nach diesen Grundsätzen sind die Landesprüfungsämter für Studierende der Medizin und der Pharmazie sowie das koordinierende IMPP verpflichtet, schon vor Erlaß der Prüfungsbescheide eine besondere Fehlerkontrolle durchzuführen.
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Es ist eine Eigenart des Antwort-Wahl-Verfahrens, daß die korrekte Formulierung der Prüfungsaufgaben ungewöhnlich schwierig ist. Alle prüfungsrechtlich relevanten Entscheidungen müssen schon bei der Fragestellung getroffen werden. Mit der Wahl der Aufgabe und ihres Schwierigkeitsgrades entscheidet der Prüfer über die Anforderungen in dem entsprechenden Ausbildungsstadium; mit der Festlegung der Musterantwort und der Distraktoren beurteilt er unter Umständen komplizierte fachwissenschaftliche Fragen. Das geschieht nicht in einer konkreten Prüfungssituation im Blick auf bestimmte Prüflinge, sondern generell und abstrakt für alle Medizinstudenten eines Prüfungstermins im gesamten Bundesgebiet. Diesen bleibt nur die Möglichkeit, eine von fünf Antworten anzukreuzen; jeder weitergehende Antwortspielraum entfällt. Bei fachlichen Streitfragen oder neueren Forschungsentwicklungen haben Prüfling und Prüfer nicht die Möglichkeit eines differenzierten Meinungsaustausches. Daraus folgt, daß alle denkbaren Interpretationen der Frage und alle möglichen Antworten vorausgesehen und durch Formulierungsvarianten erfaßt werden müssen. Nur wenn das gelingt, ermöglicht die Aufgabe zuverlässige Prüfungsergebnisse, wie es von § 14 Abs. 2 ÄAppO gefordert wird. Ungenauigkeiten und Fehler einer Formulierung können zu Verständnisschwierigkeiten oder Irrtümern führen und den Prüfling an der Bestehensgrenze des § 14 Abs. 5 ÄAppO scheitern lassen.
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Die beschriebenen Strukturmerkmale des Antwort-Wahl-Prüfungsverfahrens stellen Anforderungen an die Wertungssicherheit, das Einfühlungsvermögen und die Formulierungskunst des Aufgabenverfassers, die nicht immer erfüllt werden können. Schon in einem Sachverständigengespräch, das im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit im Jahre 1969 stattfand und die Einführung des Antwort-Wahl-Prüfungsverfahrens vorbereiten sollte, bestand aufgrund langjähriger Erfahrungen in den USA und der Schweiz Einigkeit darüber, daß es praktisch unmöglich sei, ungeeignete, irreführende oder thematisch verfehlte Fragen völlig auszuschließen. Das IMPP mußte die gleiche Erfahrung machen (zu einzelnen Fehlern: Erfahrungsbericht "Aufgaben -- Entwicklung -- Analysen", 1976, S. 79, 84, 85, 107, 108, 112; zur Fehlerhäufigkeit: "Stellungnahme zur Kritik an der Prüfungsmethodik", 1981, 33-07-03, S. 11). Auch die Stellungnahme des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (vgl. oben A IV) geht von dieser Erfahrungstatsache aus. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 27. Februar 1981, Buchholz 421.0 Nr. 142 a.E.) läßt "das Konstruktionsprinzip der Antwort-Wahl ... ein stets mangelfreies Verfahren von vornherein nicht zu".
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Dieser Strukturmangel des Antwort-Wahl-Prüfungsverfahrens ist mit verfahrensrechtlichen Mitteln teilweise zu beheben. Liegen den Prüfungsbehörden die gesammelten Testbögen vor, so lassen sich durch Vergleiche der gewählten Antworten auffällige Fehlerhäufungen feststellen, die in Verbindung mit einem Vergleich der sonstigen Prüfungsleistungen auf Mängel bei der Formulierung einzelner Aufgaben hindeuten. Diese Erkenntnisquelle steht nur den Prüfungsämtern und dem IMPP zur Verfügung, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die erkennbaren Formulierungsfehler der Aufgabe noch nicht auf die Prüfungsentscheidung ausgewirkt haben. Die unkorrekt formulierten Fragen können noch von der Bewertung ausgenommen oder die Antworten des Prüflings als zutreffend anerkannt werden. Bei dieser Sachlage dürfen die Prüfungsbehörden nicht untätig bleiben und abwarten, ob auch die Prüflinge schließlich den Mangel der Fragestellung erkennen und beanstanden.
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Tatsächlich wertet das IMPP die Testbögen mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung regelmäßig aus. Dabei wird unter anderem festgestellt, wie sich die gewählten Antworten auf die vorgeschlagenen Antwort-Alternativen verteilen. Aufgrund solcher Analysen hat das IMPP in der Vergangenheit wiederholt Fragen als mißverständlich, vorgegebene Antworten als unzutreffend oder Distraktoren als zutreffend anerkannt. Nach einer amtlichen Auskunft des IMPP wurden bis 1981 bei 27 Prüfungsfragen Gutschriften erteilt (vgl. NJW 1981, S. 2020 [2022]). Auch in der folgenden Zeit korrigierte sich das IMPP mehrfach in dieser Form (vgl. den Sachverhalt BVerwG, NVwZ 1988, S. 433). Nach den ärztlichen Vorprüfungen vom März 1981 und vom März 1985 wurden Sachverständigenkommissionen gebildet, die für den ersten Termin 31 Gutschriften und für den zweiten Termin 29 Gutschriften festsetzten. Daraus ergibt sich, daß die Landesprüfungsämter und das IMPP den Strukturmangel des Antwort-Wahl-Verfahrens und ihre daraus folgende Kontrollpflicht nicht verkennen.
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3. Die Beschwerdeführer halten die Verwaltungspraxis, durch fallweise Gutschriften Fehler auszugleichen, für unzureichend. Nach ihrer Ansicht hätte in der Approbationsordnung von Anfang an vorgesehen werden müssen, daß fehlerhaft formulierte Fragen von der Wertung auszunehmen sind und sich die vorgeschriebene Aufgabenzahl sowie die Bestehensgrenze entsprechend vermindern. Ein "Eliminierungsverfahren", wie es durch die Fünfte Änderungsverordnung vom 15. Dezember 1986 in § 14 Abs. 4 ÄAppO 1986 eingeführt wurde, halten sie zum Schutze der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit für unverzichtbar. Ob das in dieser Allgemeinheit zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn aus Art. 12 Abs. 1 GG so weitgehende Verfahrensgarantien abzuleiten sein sollten, könnte das die angegriffenen Prüfungsbescheide in den Jahren 1981/82 und 1984 noch nicht berühren.
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Bei vielschichtigen, in der Entwicklung begriffenen Sachverhalten ist dem Gesetz- und Verordnungsgeber eine Anpassungsfrist zuzubilligen, solange ausreichende Erfahrungen und Erkenntnisse für eine sachgerechte und verfassungsmäßige Lösung fehlen (vgl. BVerfGE 37, 104 [118]; 43, 291 [321]; 54, 173 [202]; 83, 1 [21 f.]). Das gilt auch für die strukturellen Mängel und Fehlerquellen des Antwort-Wahl-Verfahrens (BVerfGE 80, 1 [26 und 33]). Schon deshalb könnte von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden, daß ein förmliches Verfahren zur Streichung fehlerhafter Prüfungsaufgaben erst im Dezember 1986 geschaffen wurde.
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Bei der Einführung des Antwort-Wahl-Prüfungsverfahrens sah sich der Verordnungsgeber vor völlig neue Probleme gestellt. Zwar wußte er aufgrund des Sachverständigengesprächs vom Dezember 1969, daß fehlerhafte Aufgaben unvermeidlich und entsprechende Korrekturen geboten sein würden. Aber die Art der Fehlerquellen und der notwendigen Korrekturen ließen sich kaum abschätzen, weil abgewartet werden mußte, wie sich das IMPP und seine verschiedenen Gremien in die neue Aufgabe einarbeiten würden. Zunächst durfte man sich auf den Versuch beschränken, durch besondere Sorgfalt bei der Ausarbeitung der Testbögen die Fehlerquote so stark herabzusetzen, daß die unvermeidlichen Irrtümer und Ungenauigkeiten durch Gutschriften von Fall zu Fall ausgeglichen werden konnten. Erst nach der Vorprüfung im März 1981 zeigte das ungewöhnlich schlechte Ergebnis, daß sich aus den strukturellen Mängeln des Antwort-Wahl-Verfahrens Fehler in großer Zahl ergeben können. Aber bis zum zweiten Vorprüfungstermin im gleichen Jahr, in dem die Beschwerdeführerin zu 1) erfolglos blieb, war eine Verfahrensänderung noch nicht möglich. Der Verordnungsgeber versuchte 1983, durch die Einrichtung eines besonderen Beirates Abhilfe zu schaffen. Dieses verfahrensrechtliche Instrument erwies sich zwar im Vorprüfungstermin vom März 1985 ebenfalls als ungenügend, im März 1984, als der Beschwerdeführer zu 2) die Prüfung nicht bestand, durfte der Verordnungsgeber aber noch hoffen, das Problem verfahrensrechtlich ausreichend begrenzt zu haben.
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II. |
Hingegen rügen die Beschwerdeführer mit Recht, daß die Verwaltungsgerichte ihren Einwänden gegen die angegriffenen Prüfungsbescheide nicht nachgegangen sind. Darin liegt ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
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1. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 [401 f.]). Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (vgl. BVerfGE 15, 275 [282]; 61, 82 [110 f.]; 78, 214 [226]).
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Dies gilt allerdings im Prüfungsrecht nicht ohne Einschränkungen (vgl. den heute ergangenen Beschluß zu juristischen Staatsprüfungen -- 1 BvR 419/81 und 1 BvR 213/83 -- unter B II 2). Den Prüfungsbehörden ist bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum zuzubilligen; die gerichtliche Kontrolle ist insoweit eingeschränkt, weil sie zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen könnte.
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Prüfungsspezifische Wertungen, die nur einer beschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen, müssen auch im Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren getroffen werden; sie sind hier nur zeitlich vorverlagert und nicht einzelfallbezogen. Ihren Ausdruck finden sie in der Formulierung der Prüfungsfragen und Antwort-Alternativen. Aus diesen ergibt sich, welche Kenntnisse von einem Medizinstudenten im entsprechenden Ausbildungsstadium gefordert werden und welches Gewicht Wissenslücken und Fehler haben sollen. Das zu bewerten ist Aufgabe spezieller Sachverständigenkommissionen. Die Auswertung der Prüfungsleistungen besteht dann nur noch in einem Rechenvorgang, bei dem die richtigen Antworten gezählt und die Bestehensgrenze ermittelt werden.
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2. Der prüfungsrechtliche Wertungsspielraum ist eng begrenzt, weil anderenfalls ein effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet wäre. Bei berufsbezogenen Prüfungen muß die verbleibende gerichtliche Kontrolle für einen wirkungsvollen Schutz der Berufsfreiheit zweckgerichtet, geeignet und angemessen sein (vgl. BVerfGE 60, 253 [269]).
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a) Vor allem haben die Gerichte zu kontrollieren, ob die Prüfungsbehörden die normativen Vorgaben beachtet haben. Für medizinische Prüfungen bestimmt § 14 Abs. 2 ÄAppO, daß die Aufgaben zuverlässige Prüfungsergebnisse ermöglichen müssen. Diesem rechtlichen Maßstab genügen Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren nur dann, wenn sie verständlich, widerspruchsfrei und eindeutig sind. Außerdem müssen sie dem vorgegebenen Prüfungsschema entsprechen, wonach der Prüfling in jeder Aufgabe eine richtige und vier falsche Antwort-Alternativen erwarten kann. Eine Aufgabe, die diese Merkmale nicht erfüllt, verletzt maßgebende Verfahrensvorschriften und ist deshalb rechtsfehlerhaft. Solche Fehler im Streitfall -- gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen -- aufzuklären, ist Sache der Verwaltungsgerichte, die dabei an die Auffassung der Prüfungsbehörden nicht gebunden sind.
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Auch das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, daß unlösbare Aufgaben ebenso wie unverständliche, mißverständliche oder mehrdeutige Fragen nicht gestellt werden dürfen. Aber die Entscheidung über Eignung und Fehlerfreiheit einer Prüfungsaufgabe soll der Prüfer oder das zuständige Prüfungsgremium allein treffen können, soweit die Beurteilung von fachwissenschaftlichen Erwägungen abhängt. Eine fachwissenschaftliche Richtigkeitskontrolle sei den Verwaltungsgerichten im Prüfungsrecht generell versperrt (BVerwG, Buchholz 421.0 Nr. 187, S. 160 [163 ff.]). Das ist jedoch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar. Im übrigen ist auch das Bundesverwaltungsgericht in einer späteren Entscheidung davon ausgegangen, daß fehlerhafte und von der Regel abweichende Fragen eine Verletzung des Prüfungsrechts darstellen, Irritationseffekte auslösen, Zeitverluste verursachen und nachträgliche Gutschriften erforderlich machen, wenn sie erkannt werden (NVwZ 1988, S. 433 f.). Es kann aber im Verwaltungsrechtsstreit nicht allein darauf ankommen, ob die Prüfungsbehörde ihren Fehler bei der Formulierung einer Aufgabe selbst einräumt.
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b) Fachwissenschaftliche Richtigkeitsentscheidungen sind selbst dann nicht völlig der gerichtlichen Kontrolle entzogen, wenn die Aufgabe zwar eindeutig und formal fehlerfrei gestellt ist, der Prüfling jedoch die darin zum Ausdruck kommende Auffassung der Prüfer für unrichtig hält und den ungünstigen Prüfungsbescheid deshalb nicht hinnehmen will. Über viele fachwissenschaftliche Fragen läßt sich allerdings streiten. In Zweifelsfällen ist deshalb den Prüfern ein Entscheidungsspielraum zuzubilligen. Entscheiden sie aber damit zugleich über die Berufswahl und die Berufschancen des Prüflings, muß auch diesem ein angemessener Antwortspielraum verbleiben. Das ergibt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG, wonach in die Freiheit der Berufswahl nur aus Gründen des Gemeinwohls und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden kann. Daraus folgt, daß eine mit guten Gründen vertretene Stellungnahme in einer umstrittenen Fachfrage nicht zu beruflichen Nachteilen führen darf, nur weil ein Prüfungsgremium anderer Ansicht ist als der Prüfling (vgl. zur Begründung den heute ergangenen Beschluß zu juristischen Staatsprüfungen -- 1 BvR 419/81 und 1 BvR 213/83 -- unter B II 2 c).
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Bei Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren besteht die Besonderheit, daß dem Prüfling nicht die Möglichkeit geboten wird, seine Auffassung zu begründen. Daraus darf ihm aber keine Beschränkung seines Antwortspielraums entstehen. Deshalb muß es hier genügen, daß die angekreuzte Antwort gesicherten medizinischen Erkenntnissen entspricht, die im Fachschrifttum bereits vor der Prüfung veröffentlicht und Kandidaten des entsprechenden Prüfungsabschnitts im Regelfall ohne besondere Schwierigkeiten zugänglich waren. Es ist Sache der Gerichte -- erforderlichenfalls mit Hilfe von Sachverständigen -- eine entsprechende Kontrolle vorzunehmen.
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c) Am weitesten ist der Bewertungsspielraum der Prüfungsbehörden bei Entscheidungen über den Schwierigkeitsgrad der gestellten Aufgaben. Welche Kenntnisse in dem jeweiligen Abschnitt der medizinischen Ausbildung zu fordern sind, ist eine prüfungsspezifische Wertungsfrage. Den Gerichten bleibt hier im allgemeinen nur noch die Kontrolle, ob die Entscheidung so aus dem Rahmen fällt, daß sie Fachkundigen unhaltbar erscheint. § 14 Abs. 2 ÄAppO steckt zwar einen rechtlichen Rahmen ab, indem er vorschreibt, daß die Prüfungsfragen auf die für den Arzt allgemein erforderlichen Kenntnisse abstellen und den maßgebenden Stoffkatalogen entnommen sein müssen. Diese Generalklausel läßt den Prüfern aber einen sehr weiten Entscheidungsspielraum. Immerhin geht der Verordnungsgeber davon aus, daß "offensichtliche Fehler" denkbar sind, die eine Berichtigung erforderlich machen (Begründung zur Fünften Änderungsverordnung in BRDrucks. 372/86, S. 10 ff.). Solche offensichtlichen Fehler sind auch der gerichtlichen Feststellung zugänglich. Eine entsprechende Kontrolle der Verwaltung gebietet Art. 19 Abs. 4 GG.
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3. In beiden Ausgangsverfahren haben die Verwaltungsgerichte ihre Kontrollpflicht nicht in ausreichendem Maße erfüllt und damit gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen. Ob auch schon die Prüfungsbescheide Grundrechte der Beschwerdeführer verletzt haben, läßt sich ohne fachgerichtliche Klärung der prüfungsrechtlichen Streitfragen nicht beurteilen.
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a) Im Falle der Beschwerdeführerin zu 1) hat sich das Verwaltungsgericht im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf eine sehr allgemeine Evidenzkontrolle beschränkt und die Rügen der Beschwerdeführerin weitgehend ungeprüft gelassen. Das reicht nicht aus.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat einen strengeren Maßstab angelegt. Er hält eine fachwissenschaftliche Richtigkeitskontrolle für geboten, beschränkt diese aber auf den Maßstab des "gesicherten und allgemein akzeptierten Lehrbuchwissens", das im Streitfall nur mit Hilfe eines Literaturgutachtens zu berücksichtigen sei. Was auf diese Weise nicht geklärt werden könne, falle in die Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörde. Dieser Kontrollmaßstab verbessert zwar den Rechtsschutz erheblich, ist aber nicht bei allen Streitfragen tauglich. Das zeigen zwei Rügen der Beschwerdeführerin besonders deutlich.
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So genügen Lehrbücher als Maßstab der Vertretbarkeitskontrolle dann nicht, wenn Prüfungsfragen keine allgemeinen medizinischen Aussagen verlangen, sondern deren Anwendung auf einen fiktiven Einzelfall. In diesem Sinne war bei der Frage Nr. 124 eine Skizze medizinisch zu beurteilen. Nach der unter Beweis gestellten Behauptung der Beschwerdeführerin entsprach sie keiner der vorgeschlagenen Antwort-Alternativen, am ehesten aber der Antwort, die die Beschwerdeführerin gegeben hatte. Dieser Rüge ist der Verwaltungsgerichtshof deshalb nicht nachgegangen, weil die entsprechende Fachfrage in der medizinischen Literatur nicht "verobjektiviert" sei. In der Tat wird die gebotene Vertretbarkeitskontrolle dadurch erschwert, sie ist aber -- erforderlichenfalls mit Hilfe von Sachverständigen -- durchaus möglich.
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Bei der Frage Nr. 58 stützt sich die Beschwerdeführerin auf spezielle Forschungsergebnisse, die in einer von ihr belegten Vorlesung vorgetragen worden seien. Auch diesen Vortrag hat der Verwaltungsgerichtshof als unerheblich behandelt, weil die entsprechenden Erkenntnisse noch nicht in die Lehrbücher Eingang gefunden hätten. Diese Tatsache könnte zwar einen Schluß darauf zulassen, daß die umstrittene Aussage noch nicht ausreichend gesichert und veröffentlicht war. Sie kann es aber nicht rechtfertigen, von einer weiteren Klärung dieser Fragen abzusehen.
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b) Im Falle des Beschwerdeführers zu 2) haben die Verwaltungsgerichte zahlreiche Einwände gegen die fachterminologische Verständlichkeit der Fragen und die fachwissenschaftliche Richtigkeit der Antworten ohne nähere Klärung zurückgewiesen und sich dabei lediglich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum berufen. Ungeklärt blieb auch die Behauptung des Beschwerdeführers, das IMPP habe eine Antwort als falsch gewertet, die noch in einem früheren Prüfungstermin der Musterlösung entsprochen habe. Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts kann ein Prüfer seine Ansicht jederzeit ändern, ohne das begründen und einer gerichtlichen Vertretbarkeitskontrolle unterwerfen zu müssen. Eine so weitreichende Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörde ist mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.
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Herzog Henschel Seidl Grimm Söllner Dieterich Kühling Seibert |