BVerfGE 84, 90 - Bodenreform I
1. Art. 143 Abs. 3 GG in der Fassung des Art. 4 Nr. 5 des Einigungsvertrages ist mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar.
2. Art. 79 Abs. 3 GG verlangt nicht, daß zur Wiedergutmachung von Enteignungsmaßnahmen einer fremden Staatsgewalt, die sich für den dem Grundgesetz verpflichteten Gesetzgeber als nicht hinnehmbar erweisen, die enteigneten Objekte zurückgegeben werden.
3. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, daß nach deutschem internationalem Enteignungsrecht die Enteignungsmaßnahmen eines anderen Staates einschließlich entschädigungsloser Konfiskationen, auch wenn diese mit der eigenen Verfassungsordnung unvereinbar sind, grundsätzlich als wirksam angesehen werden, soweit sie Vermögen im Gebiet des fremden Staates betreffen.
4. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, daß der Gesetzgeber auch für die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne von Anlage III Nr. 1 des Einigungsvertrages eine Ausgleichsregelung schafft.
 
Urteil
des Ersten Senats vom 23. April 1991 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 1991
-- 1 BvR 1170, 1174, 1175/90 --
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden I. des Herrn H. ...
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern ein Viertel der notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die im Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (BGBl. 1990 II S. 889; im folgenden: Einigungsvertrag - EV) enthaltene Regelung, daß "Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949)" nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1174/90 beziehen weitere Regelungen des Einigungsvertrages, durch die sie die Durchsetzung ihrer Rechte bezüglich der enteigneten Gegenstände beeinträchtigt sehen, in ihre Verfassungsbeschwerde ein.
I.
1. a) Im Zuge der Verhandlungen über den Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland gaben die Regierungen beider deutscher Staaten am 15. Juni 1990 eine Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen ab, in der es unter anderem heißt:
    "...
    Bei der Lösung der anstehenden Vermögensfragen gehen beide Regierungen davon aus, daß ein sozial verträglicher Ausgleich unterschiedlicher Interessen zu schaffen ist. Rechtssicherheit und Rechtseindeutigkeit sowie das Recht auf Eigentum sind Grundsätze, von denen sich die Regierungen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland bei der Lösung der anstehenden Vermögensfragen leiten lassen. Nur so kann der Rechtsfriede in einem künftigen Deutschland dauerhaft gesichert werden.
    Die beiden deutschen Regierungen sind sich über folgende Eckwerte einig:
    1. Die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) sind nicht mehr rückgängig zu machen. Die Regierung der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik sehen keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland nimmt dies im Hinblick auf die historische Entwicklung zur Kenntnis. Sie ist der Auffassung, daß einem künftigen gesamtdeutschen Parlament eine abschließende Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen vorbehalten bleiben muß.
    2. bis 14. ..."
Die Gemeinsame Erklärung ist Bestandteil des Einigungsvertrages geworden (Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Anlage III des Vertrages [BGBl. 1990 II S. 1237 f.]), auf dessen Grundlage die Deutsche Demokratische Republik mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 ihren Beitritt erklärt hat (Beitrittsbeschluß BTDrucks. 11/7777). Zu den "Eckwerten" der Gemeinsamen Erklärung sind im Einigungsvertrag zusätzliche Regelungen getroffen worden. Für das vorliegende Verfahren sind insbesondere die folgenden Vertragsbestimmungen von Bedeutung:
    "Artikel 3 Inkrafttreten des Grundgesetzes
    Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1481), in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem es bisher nicht galt, mit den sich aus Artikel 4 ergebenden Änderungen in Kraft, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist.
    Artikel 4 Beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes
    Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wird wie folgt geändert:
    1. bis 3. ...
    4. Der bisherige Wortlaut des Artikels 135 a wird Absatz 1. Nach Absatz 1 wird folgender Absatz angefügt:
    '(2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung auf Verbindlichkeiten der Deutschen Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger sowie auf Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die mit dem Übergang von Vermögenswerten der Deutschen Demokratischen Republik auf Bund, Länder und Gemeinden im Zusammenhang stehen, und auf Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger beruhen.'
    5. In das Grundgesetz wird folgender neuer Artikel 143 eingefügt:
    'Artikel 143
    (1) Recht in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet kann längstens bis zum 31. Dezember 1992 von Bestimmungen dieses Grundgesetzes abweichen, soweit und solange infolge der unterschiedlichen Verhältnisse die völlige Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung noch nicht erreicht werden kann. Abweichungen dürfen nicht gegen Artikel 19 Abs. 2 verstoßen und müssen mit den in Artikel 79 Abs. 3 genannten Grundsätzen vereinbar sein.
    (2) Abweichungen von den Abschnitten II, VIII, VIII a, IX, X und XI sind längstens bis zum 31. Dezember 1995 zulässig.
    (3) Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des Einigungsvertrags und Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit Bestand, als sie vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses Vertrags genannten Gebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden.'
    6. ...
    Artikel 41 Regelung von Vermögensfragen
    (1) Die von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik abgegebene Gemeinsame Erklärung vom 15. Juni 1990 zur Regelung offener Vermögensfragen (Anlage III) ist Bestandteil dieses Vertrages.
    (2) Nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelung findet eine Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken oder Gebäuden nicht statt, wenn das betroffene Grundstück oder Gebäude für dringende, näher festzulegende Investitionszwecke benötigt wird, insbesondere der Errichtung einer gewerblichen Betriebsstätte dient und die Verwirklichung dieser Investitionsentscheidung volkswirtschaftlich förderungswürdig ist, vor allem Arbeitsplätze schafft oder sichert. Der Investor hat einen die wesentlichen Merkmale des Vorhabens aufzeigenden Plan vorzulegen und sich zur Durchführung des Vorhabens auf dieser Basis zu verpflichten. In dem Gesetz ist auch die Entschädigung des früheren Eigentümers zu regeln.
    (3) Im übrigen wird die Bundesrepublik Deutschland keine Rechtsvorschriften erlassen, die der in Absatz 1 genannten Gemeinsamen Erklärung widersprechen."
b) Für entschädigungslose Enteignungen auf dem in Art. 3 EV genannten Gebiet, die nicht unter die Regelung der Nummer 1 der Gemeinsamen Erklärung fallen, gilt nach Nr. 3 ff. der Gemeinsamen Erklärung in Verbindung mit dem in Anlage II des Einigungsvertrages unter Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 5 enthaltenen Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (BGBl. 1990 II S. 1159) - im folgenden: VermG - der Grundsatz, daß die enteigneten Objekte zurückgegeben werden, soweit dies nicht von der Natur der Sache her unmöglich ist oder in der Zwischenzeit natürliche Personen in redlicher Weise das Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte daran erworben haben (§ 3 Abs. 1, § 4 VermG). Auch Unternehmen sind, wenn sie "vergleichbar" geblieben sind, unter Ausgleich von wesentlichen Änderungen der Vermögens- oder Ertragslage zurückzugeben (§ 6 VermG). Sofern eine Rückgabe danach nicht möglich ist, ist nach Maßgabe von § 6 Abs. 7, §§ 9 f. VermG eine Entschädigung in Geld vorgesehen, die für die Fälle des § 4 Abs. 1 und 2 VermG gesetzlich noch näher geregelt werden soll.
Nach Maßgabe von Art. 41 Abs. 2 EV in Verbindung mit dem in Anlage II Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 4 des Vertrages enthaltenen Gesetz über besondere Investitionen in der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl. 1990 II S. 1157) sind insoweit Verfügungen über ehemals enteignete Grundstücke und Gebäude zur Förderung von Investitionen möglich, wobei die früheren Eigentümer den Erlös oder, wenn dieser den Verkehrswert nicht unwesentlich unterschreitet, eine Entschädigung beanspruchen können. Inzwischen sind - nach der mündlichen Verhandlung - diese Regelungen durch das Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766) novelliert worden. Die Restitution ist danach zur Erleichterung von Investitionen noch weiter eingeschränkt, jedoch im Grundsatz beibehalten worden.
c) Die gesetzgebenden Körperschaften haben dem Einigungsvertrag durch das mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene, im Rubrum näher bezeichnete Gesetz vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885) zugestimmt. Der Vertrag ist gemäß seinem Art. 45 Abs. 2 nach dem Wirksamwerden des Beitritts als Bundesrecht geltendes Recht geblieben.
2. Die außenpolitischen Bedingungen für die Herstellung der deutschen Einheit wurden durch die sogenannten Zwei- plus-Vier-Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier alliierten Sieger- (und ehemaligen Besatzungs-) Mächten geschaffen, die zum Abschluß des Vertrages vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (BGBl. 1990 II S. 1318 ff.) führten. Nach Artikel 7 dieses Vertrages beenden die vier Mächte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes mit der Folge, daß das vereinigte Deutschland volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten hat. Der Vertrag war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht von allen vertragschließenden Staaten ratifiziert worden. Die Außenminister der Alliierten hatten allerdings im Zusammenhang mit dem Vertrag namens ihrer Regierungen eine Erklärung unterzeichnet, nach der die Wirksamkeit ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Vereinigung Deutschlands bis zum Inkrafttreten des Vertrages ausgesetzt wurde (BGBl. 1990 II S. 1331). Inzwischen ist der Vertrag in Kraft getreten (BGBl. 1991 II S. 587).
Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung dieses Vertrages haben der Bundesminister des Auswärtigen und der amtierende Außenminister der Deutschen Demokratischen Republik in einem Gemeinsamen Brief an die Außenminister der vier Mächte (abgedruckt im Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung vom 14. September 1990, S. 1156 f.) bestätigt, die Regierungen der beiden deutschen Staaten hätten in den Verhandlungen über diesen Vertrag dargelegt, daß sie die in Nummer 1 der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 und in Art. 41 Abs. 1 und 3 EV enthaltene Regelung getroffen haben.
II.
Nach den Erläuterungen der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (BTDrucks. 11/7831) handelt es sich bei den Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden, im wesentlichen um die entschädigungslosen Enteignungen im Bereich der Industrie zugunsten der Länder der ehemaligen sowjetisch besetzten Zone oder im Rahmen sowjetischer Reparationsmaßnahmen sowie um Enteignungen im Bereich der Landwirtschaft im Rahmen der sogenannten demokratischen Bodenreform. Der Rechtscharakter der Enteignungen als "besatzungsrechtlich" oder "besatzungshoheitlich" wird in der Erläuterung danach unterschieden, ob die Enteignungen in formeller Hinsicht auf entsprechenden Befehlen oder Anordnungen der sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) oder aber auf Rechts- oder Hoheitsakten der Länder der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und kommunaler Stellen des sowjetischen Sektors von Berlin beruhten (BTDrucks., a.a.O., S. 1, 3).
1. Die Bodenreform in der sowjetisch besetzten Zone wurde aufgrund von Vorschriften durchgeführt, welche die von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzten Landes- und Provinzialverwaltungen im September 1945 mit im wesentlichen gleichem Inhalt erlassen hatten (vgl. die Zusammenstellung in: Bestimmungen der DDR zu Eigentumsfragen und Enteignungen, herausgegeben vom Gesamtdeutschen Institut [1971] - im folgenden: GI -, S. 101 ff.). Nach dem Vorspruch der Regelungen war mit ihnen bezweckt, die Forderungen der werktätigen Bauern nach einer gerechten Bodenverteilung zu erfüllen, den feudalen und junkerlichen Großgrundbesitz zu liquidieren sowie den landlosen und landarmen Bauern und Landarbeitern, darunter auch Übersiedlern aus dem Osten, Land zuzuteilen.
a) Nach den Vorschriften über die Bodenreform - für die im folgenden exemplarisch die Bestimmungen der Verordnung über die Bodenreform (BRVO) der Provinz Sachsen vom 3. September 1945 (VOBl. für die Provinz Sachsen 1945 Nr. 1 S. 28) angeführt werden - wurde der Grundbesitz der Kriegsverbrecher und führenden und aktiven Nationalsozialisten, darüber hinaus aber auch der gesamte private Großgrundbesitz von mehr als 100 ha Größe nebst allem darauf befindlichen landwirtschaftlichen Vermögen entschädigungslos enteignet (Art. II Nr. 2 und 3 BRVO). Aus dem enteigneten Grundbesitz wurde ein Bodenfonds gebildet, in den auch der staatliche Grundbesitz einbezogen wurde (Art. II Nr. 1 und 4 BRVO). Aus dem Bodenfonds wurden Grundstücke an landlose oder landarme Bauern, Landarbeiter, Flüchtlinge und Umsiedler verteilt, wobei der zugeteilte Boden 5 ha, bei schlechter Bodenqualität bis zu 10 ha nicht überschreiten sollte (Art. IV Nr. 6, 8 und 9 BRVO). Ein Teil des enteigneten Grundbesitzes verblieb im Eigentum der öffentlichen Hand (Art. IV Nr. 10 und 14 BRVO). Die Zuteilungsempfänger hatten für den Boden eine Summe in Höhe des Wertes einer Jahresernte zu entrichten (Art. V Nr. 1 BRVO). Die neu geschaffenen landwirtschaftlichen Betriebe durften weder geteilt noch ganz oder teilweise verkauft, verpachtet oder verpfändet werden (Art. VI Nr. 1 BRVO).
Die Durchführung der Bodenreform oblag Kommissionen auf Gemeinde-, Kreis- und Landesebene (Art. IV Nr. 2 und 3 BRVO). Die enteigneten Grundbesitzer wurden in der Regel aus dem Kreis, in dem sie ihren Grundbesitz hatten, ausgewiesen. Sie mußten ihren Hof nicht selten binnen weniger Stunden verlassen, wobei sie nur die notwendigste Habe mitnehmen durften (vgl. GI, S. 8). Gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber den Maßnahmen gab es nicht (vgl. etwa Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen [Hg.], Die Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone und die Verwaltung des Vermögens von nicht in der Sowjetzone ansässigen Personen, 3. Aufl., 1962, S. 24). Auch die Einstufung als Kriegsverbrecher oder aktiver Nationalsozialist unterlag keiner gerichtlichen Kontrolle.
b) Im Zuge der Bodenreform wurden, wie der Bundesminister der Justiz unter Berufung auf Dölling (Wende der deutschen Agrarpolitik, Berlin (Ost) 1950, S. 105) mitgeteilt hat, bis Ende 1948 folgende landwirtschaftliche Betriebe und Flächen in den staatlichen Bodenfonds (später volkseigener Bodenfonds) übernommen:
    Art des Betriebes; Anzahl der Betriebe; Fläche in ha
    Private Güter über 100 ha; 7.112; 2.504.732
    Private Güter unter 100 ha; 4.278; 123.868
    Objekte aus Staatsbesitz; 1.203; 329.123
    Staatl. Siedlungsgesellschaften und Institute; 129; 18.321
    Staatswälder und Forsten; 373; 161.269
    Sonstiger Grundbesitz; 604; 88.051
    Insgesamt; 13.699; 3.225.364
Die auf den Bodenfonds übertragenen Flächen betrugen damit etwa ein Drittel der gesamten land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche der sowjetischen Besatzungszone von rund 9,5 Mio. ha. Aus dem Bodenfonds wurden rund 1,1 Mio. ha in Volkseigentum übergeführt; die übrigen Flächen wurden in der dargelegten Weise aufgeteilt.
In der Folgezeit fiel ein Teil des aufgeteilten Landes aus verschiedenen Gründen an den Bodenfonds zurück. Die verbliebenen Bauern wurden im Zuge der seit 1952 einsetzenden Kollektivierung der Landwirtschaft in immer größerer Zahl veranlaßt, in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften einzutreten (vgl. im einzelnen: Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen [Hg.], DDR Handbuch, 3. Aufl., 1985, S. 16 ff.). Der Eintritt in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) ließ die Eigentumsverhältnisse formal unberührt, führte aber zu Verfügungsbeschränkungen und zu einem umfassenden Nutzungsrecht der LPG (§§ 7, 8 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3. Juni 1959 [GBl. I S. 577]; § 19 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 2. Juli 1982 [GBl. I S. 443]). Nach Mitteilung des Bundesministers der Justiz wurden 1989 rund 87 vom Hundert der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und 7,5 vom Hundert dieser Fläche von volkseigenen Gütern bewirtschaftet.
c) Durch Gesetz der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform (GBl. I S. 134) wurden alle Verfügungsbeschränkungen für Bodenreformeigentümer, die aus den Bodenreformverordnungen stammten, aufgehoben. Seither stand Bodenreformeigentum dem persönlichen Eigentum des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gleich. Für das Recht zum Besitz, zur Nutzung und zur Verfügung über Grundstücke wurden das Zivilgesetzbuch und die Grundstücksverkehrsordnung für anwendbar erklärt.
Am 29. Juni 1990 wurde das Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik - Landwirtschaftsanpassungsgesetz - (GBl. I S. 642) - LAnpG - erlassen, das nach Maßgabe von Art. 9 Abs. 2 EV in Verbindung mit Anlage II Kapitel VI Sachgebiet A Abschnitt II des Einigungsvertrages (BGBl. 1990 II S. 1204) in Kraft geblieben ist. Es ermöglicht die Umwandlung von kooperativen Einrichtungen, die Umwandlung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in eingetragene Genossenschaften, die Auflösung einer LPG sowie die Schaffung bäuerlicher und gärtnerischer Einzelbetriebe. Zu deren Bildung gewährt § 43 LAnpG jedem Mitglied einer LPG das Recht, seine Mitgliedschaft durch Kündigung zu beenden. Nach § 45 LAnpG erhält das ausscheidende Mitglied mit Beendigung der Mitgliedschaft grundsätzlich das volle Verfügungsrecht und den unmittelbaren Besitz an seinen eingebrachten Flächen sowie seiner Hofstelle zurück.
Das weitere Schicksal des volkseigenen Vermögens ist allgemein im Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 17. Juni 1990 (GBl. I S. 300) geregelt worden, das nach Maßgabe von Art. 25 EV fortgilt. Das volkseigene Vermögen ist danach grundsätzlich zu privatisieren, soweit es nicht in durch Gesetz bestimmten Fällen der öffentlichen Hand zu übertragen ist (§ 1 Abs. 1). Für die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft ist die Treuhandschaft so zu gestalten, daß den Besonderheiten dieses Bereichs Rechnung getragen wird.
Nach dem Gesetz über die Übertragung volkseigener Güter, staatlicher Forstwirtschaftsbetriebe und anderer volkseigener Betriebe der Land- und Forstwirtschaft in das Eigentum der Länder und Kommunen vom 22. Juli 1990 (GBl. I S. 897) werden solche Güter und Betriebe grundsätzlich in das Eigentum der Länder oder Kommunen übertragen (§ 1 Abs. 1, § 4). Das ebenfalls am 22. Juli 1990 erlassene Gesetz über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger (GBl. I S. 899) regelt den Verkauf, die Verpachtung und anderweitige Verwertung von volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, die sich im Besitz von Genossenschaften oder Einzelpersonen befinden (§ 1). Dieses Gesetz bleibt nach Maßgabe von Art. 9 Abs. 2 EV in Verbindung mit Anlage II Kapitel VI Sachgebiet B Abschnitt II des Vertrages (BGBl. 1990 II S. 1204) in Kraft.
2. Die entschädigungslosen Enteignungen im Bereich der Wirtschaft wurden aufgrund von Befehlen oder Anordnungen der SMAD eingeleitet.
Durch Befehl Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 (abgedruckt unter anderem in VOBl. für die Provinz Sachsen 1945 Nr. 4/5/6 S. 10) verordnete die SMAD die Sequestrierung des in der sowjetischen Besatzungszone befindlichen Eigentums
    a) des deutschen Staates und seiner zentralen und örtlichen Organe,
    b) der Amtspersonen der NSDAP, ihrer führenden Mitglieder und "hervortretenden" Anhänger,
    c) der deutschen Militärbehörden und -organisationen,
    d) der vom Sowjetischen Militärkommando verbotenen und aufgelösten Vereine, Klubs und Vereinigungen,
    e) der Regierungs- und Staatsangehörigen (physischen und juristischen Personen) der auf seiten Deutschlands am Krieg beteiligten Länder sowie
    f) von Personen, die von dem Sowjetischen Militärkommando durch besondere Listen oder auf eine andere Weise bezeichnet wurden.
Gemäß der hierzu ergangenen Instruktion (a.a.O., S. 11) unterlagen insoweit der Sequestration und der zeitweiligen Verwaltung vom 30. Oktober 1945 an unter anderem alle Immobilien sowie Handels-, Industrie-, landwirtschaftliche und andere Unternehmen von wirtschaftlicher Zweckbestimmung mit ihrer gesamten Ausrüstung und ihrem toten und lebenden Inventar. Mit Befehl Nr. 126 vom 31. Oktober 1945 (a.a.O., S. 12) wurde das Vermögen der NSDAP, ihrer Organe und der ihr angeschlossenen Verbände, die in einem besonderen Verzeichnis aufgeführt waren, konfisziert.
Nach dem SMAD-Befehl Nr. 97 vom 29. März 1946 (Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen [Hg.], a.a.O., S. 119) war alles sequestrierte und konfiszierte Vermögen des nationalsozialistischen Staates, seiner Zentralorgane sowie der Zentralorgane seiner Organisationen den deutschen Verwaltungsbehörden "zur Kompetenz" zu übergeben; im übrigen war beschlagnahmtes Eigentum teilweise - nach Maßgabe besonderer Listen - den Provinzial-Selbstverwaltungen für die Bedürfnisse der städtischen und dörflichen Selbstverwaltungen, bestimmten Organisationen sowie der durch Kriegseinwirkungen geschädigten Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Aufgrund des Befehls Nr. 167 vom 5. Juni 1946 (GI, S. 54) gingen die in einer dem Befehl beigefügten Liste aufgeführten Unternehmungen als teilweise Befriedigung der Reparationsansprüche der UdSSR in das Eigentum der UdSSR über.
Die sodann in den einzelnen Ländern und Provinzen durchgeführten Enteignungen erfolgten im Land Sachsen durch ein Gesetz, das durch Volksentscheid am 30. Juni 1946 mit 77,6 vom Hundert der abgegebenen Stimmen angenommen wurde (GVBl. Sachsen 1946 S. 305). In den anderen Ländern und Provinzen ergingen anschließend ohne Volksentscheid entsprechende Verordnungen (Zusammenstellung der Vorschriften, in: GI, S. 57 ff.). Die Regelungen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen nahmen dabei jeweils Bezug auf einen hinsichtlich der enteigneten Betriebe ergangenen Befehl der sowjetischen Militäradministration des Landes oder der Provinz. Enteignet wurde in allen Fällen zugunsten des Landes oder der Provinz ohne Entschädigung. Eine gerichtliche Nachprüfung der Maßnahmen war nicht möglich. Mit Befehl Nr. 64 vom 17. April 1948 (GBl. Sachsen-Anhalt 1948 S. 68) stellte die SMAD fest, daß der Befehl Nr. 124 durchgeführt worden sei. Zugleich bestätigte sie die durchgeführten Enteignungen und legte fest, daß das Volkseigentum unantastbar sei (vgl. zum Geschehensablauf auch Schweisfurth, BB 1991, S. 281 ff.).
Die Enteignungen von Unternehmen im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin beruhten auf besonderen Vorschriften. Ebenso wurden aufgrund von Sondervorschriften Banken, Versicherungen, Bergbau und Energieversorgung verstaatlicht (vgl. GI, S. 7, 8 ff. m.w.N.).
Soweit private Unternehmen enteignet wurden, waren nicht nur führende Nationalsozialisten betroffen. Eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit bestand jedoch auch insoweit nicht.
Aus der sogenannten Liste A, die von der deutschen Wirtschaftskommission vorgelegt und mit dem bereits erwähnten Befehl Nr. 64 der SMAD bestätigt wurde, ergibt sich, wie der Bundesminister der Justiz mitgeteilt hat, daß in der sowjetisch besetzten Zone insgesamt 9.870 Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe unter Einschluß von Handwerksbetrieben und Ladengeschäften enteignet worden sind. Das Inventar dieser Betriebe wurde zu einem erheblichen Teil demontiert und in die Sowjetunion verbracht.
Die aus diesen Enteignungen hervorgegangenen volkseigenen Betriebe und sonstigen juristisch selbständigen Wirtschaftseinheiten unterliegen nunmehr der Privatisierungsregelung des bereits im Abschnitt über die Bodenreform erwähnten Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990, das nach Maßgabe von Art. 25 EV fortgilt.
III.
Die Ausgangsfälle stellen sich nach dem Vortrag der Beschwerdeführer wie folgt dar:
1. Der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1170/90 trägt vor, er sei zusammen mit einer Cousine Erbe seines Großvaters, der Eigentümer eines Grundstücks in Sachsen-Anhalt gewesen sei. Auf dem Grundstück hätten der Großvater und dessen - später vor ihm verstorbener - Sohn, der Vater des Beschwerdeführers, ein Mode- und Konfektionsgeschäft betrieben. Aufgrund des Befehls Nr. 124 der SMAD vom 30. Oktober 1945 sei der Unternehmensanteil des Vaters des Beschwerdeführers, der SA-Obersturmbannführer gewesen sei, im Jahre 1946 enteignet und in Volkseigentum übergeführt worden. Aufgrund einer Richtlinie zum SMAD-Befehl Nr. 64 vom 17. April 1948 sei später das gesamte Unternehmen und das - im Alleineigentum des Großvaters stehende - Betriebsgrundstück in die Enteignung einbezogen worden.
2. Im Verfahren 1 BvR 1174/90 machen die Beschwerdeführer zu 1) bis 10) sowie der Beschwerdeführer zu 12) geltend, daß sie als Eigentümer landwirtschaftlichen Grundbesitzes in der sowjetisch besetzten Zone oder als Rechtsnachfolger solcher Grundeigentümer von Enteignungen im Zuge der Bodenreform betroffen worden seien. Die Beschwerdeführer zu 6) und 10) tragen vor, der enteignete Grundbesitz habe unter 100 ha (im einen Fall rd. 96 ha, im anderen 86 ha) betragen. In den übrigen Fällen wird die Größe der enteigneten Güter zwischen 104 ha und 1.000 ha angegeben.
Der Beschwerdeführer zu 11) macht geltend, er sei Erbe des früheren Eigentümers eines Imprägnier- und Sägewerks in Brandenburg, das aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 beschlagnahmt und in der Folge enteignet worden sei.
3. Der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1175/90 trägt vor, er sei Eigentümer eines 237 ha großen landwirtschaftlichen Gutes in Sachsen-Anhalt gewesen, das im Zuge der Bodenreform enteignet und in Volkseigentum übergeführt worden sei.
IV.
1. Mit den Verfassungsbeschwerden 1 BvR 1170/90 und 1 BvR 1175/90, die in den Rechtsausführungen im wesentlichen übereinstimmen, beantragen die Beschwerdeführer sinngemäß,
Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes für verfassungswidrig zu erklären, soweit danach der in Art. 4 Nr. 5 in Verbindung mit Art. 3 und Art. 41 sowie der Anlage III des Einigungsvertrages enthaltenen Regelung zugestimmt worden ist, daß Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage auf dem Gebiet der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, nicht mehr rückgängig zu machen sind.
Sie rügen eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG und führen dazu aus:
Mit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes habe die Rechtsordnung die Enteignungen zwischen 1945 und 1949 ausdrücklich als endgültig anerkannt, so daß die Beschwerdeführer daran gehindert seien, Rückübereignungsansprüche gegen die jetzigen Rechtsträger oder den Staat geltend zu machen. Dadurch werde das Recht der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Wenn auch die Enteignungen der Beschwerdeführer vor der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland erfolgt seien, so habe dennoch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zustimmungsgesetzes eine enteignungsfähige Rechtsposition der Beschwerdeführer vorgelegen. Die Enteignungen hätten dem Aufbau des Sozialismus und einer vollständigen Umwälzung der bis dahin bestehenden sozialen und wirtschaftlichen Strukturen gedient und seien nicht im Interesse der sowjetischen Besatzungsmacht, sondern im vermeintlichen Interesse von Deutschen erfolgt. Da es sich allenfalls mittelbar um eine Kriegsfolge gehandelt habe, sei die Lage nicht mit den vom Bundesverfassungsgericht für Kriegsfolgen angenommenen Ausnahmesituationen vergleichbar. Dies gelte um so mehr, als hier eine Rückübertragung der enteigneten Vermögenswerte tatsächlich möglich sei.
Es werde nicht deutlich, ob mit den in der Anlage III des Einigungsvertrages vorbehaltenen Ausgleichsleistungen eine Entschädigung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG gemeint sei. Darüber hinaus handele es sich um eine nicht rechtsverbindliche Absichtserklärung. Der vollständige Ausschluß sowohl einer Rückübereignung als auch einer Entschädigung sei mit Art. 19 Abs. 2 GG nicht vereinbar. Daß sich die verfassungsändernden gesetzgebenden Organe mit der Einfügung des Art. 143 Abs. 3 in das Grundgesetz die Verfassungsmäßigkeit ihres Vorgehens selbst bescheinigten, verletze den Grundsatz der Gewaltenteilung.
Die angegriffene Regelung verstoße im übrigen gegen den Gleichheitssatz, weil zwischen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage und Enteignungen aufgrund staatlicher Maßnahmen der Organe der Deutschen Demokratischen Republik differenziert werde. Dafür gebe es keine Rechtfertigungsgründe.
2. Im Verfahren 1 BvR 1174/90 rügen die Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit von Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes, soweit darin den nachstehenden Regelungen (deren Bezeichnung nach dem Wortlaut der Verfassungsbeschwerde wiedergegeben wird) zugestimmt worden ist:
    1. Art. 4 Nr. 4 EV (Ergänzung Art. 135 a GG) in Verbindung mit Art. 45 EV (Protokoll I 4);
    2. Art. 4 Nr. 5 EV (Einfügung von Art. 143 GG, insbesondere von Art. 143 Abs. 3 GG), in Verbindung mit Art. 45 EV (Protokoll I 4);
    3. Art. 25 EV (soweit dort die Treuhandanstalt
    damit beauftragt bleibt, volkseigene Betriebe zu privatisieren), in Verbindung mit dem Treuhandgesetz vom 17.6.1990;
    4. Art. 41 EV (Regelung von Vermögensfragen);
    5. Art. 45 EV in Verbindung mit Anlage II zum EV, Kap. VI Sachgebiet B Abschnitt II, 1 (Aufrechterhaltung des DDR-Gesetzes vom 22.7.1990);
    6. Art. 45 EV in Verbindung mit Anlage II zum EV, Kap. III Sachbereich B Abschnitt I, 1 (Aufrechterhaltung des Gesetzes über besondere Investitionen);
    7. Art. 45 EV in Verbindung mit Anlage II zum EV, Kap. III Sachbereich B Abschnitt I, 2 (Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen);
    8. Zusatzvereinbarung vom 18.9.1990, soweit dort
    zu Kap. III in Ziff. 6 das Rehabilitierungsgesetz vom 6.9.1990 (GBl. I Nr. 60 S. 1459) mit Maßgaben aufrechterhalten worden ist.
Sie machen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1, Art. 20 und Art. 79 Abs. 3 GG geltend und führen, soweit ihr Vortrag nicht mit dem der übrigen Beschwerdeführer (oben 1) übereinstimmt, aus:
a) Die angegriffene Regelung habe die kommunistischen Unrechts- und Willkürakte der Bodenreform als "historische Entwicklung" in das rechtsstaatliche System der Bundesrepublik übernommen und sogar verfassungsfest machen wollen. Sie enthalte insoweit einen originären Verzicht auf Grundrechtspositionen. Die im Zuge der Bodenreform vorgenommenen entschädigungslosen Enteignungen seien nie abgeschlossene Tatsachenvorgänge gewesen. Eine Enteignung sei erst abgeschlossen, wenn die An- oder Zueignung vollendet und entsprechend entschädigt worden sei, nicht schon durch eine bloße Beschlagnahme. Lasse sich der Enteignungszweck nicht verwirklichen oder sei er illegitim, so müsse die Enteignung rückgängig gemacht werden.
Die Herstellung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung durch Zerschlagung vorhandener Strukturen sei weder hinsichtlich des Ziels noch hinsichtlich der Mittel (persönliche Verfolgung) von einem wie immer gearteten Wohl gedeckt gewesen. Der Ausschluß der Rückübertragung des Eigentums könne auch nicht als Voraussetzung für das Zustandekommen des Einigungsvertrages gerechtfertigt werden. Es sei bisher weder nachvollziehbar behauptet noch gar belegt worden, daß die Verhandlungspartner auf seiten der Deutschen Demokratischen Republik und der Sowjetunion insoweit unnachgiebig gewesen seien. Hiergegen spreche auch, daß die Bundesrepublik deren Standpunkt lediglich zur Kenntnis genommen habe. Da sich rund 70 vom Hundert des Bodenreformlandes nach wie vor im Volkseigentum oder genossenschaftlichen Eigentum befänden, könne der weit überwiegende Teil des Eigentums ohne weiteres an die früheren Eigentümer zurückgegeben werden. Insoweit sei es die Bundesrepublik, die sich das Land entschädigungslos aneigne. Die Enteignungen hätten allein dem Kampf gegen Großgrundbesitz und selbständige Bauern gedient. Werde Eigentum in dieser Form als Kampfmittel instrumentalisiert, so werde damit der Einzelne zum Objekt staatlicher Herrschaft. Danach verstoße auch das System der Legalisierung der Bodenreformmaßnahmen in den Regelungen, die unter Nr. 3, 4, 5 und 6 als Beschwerdegegenstand bezeichnet seien, gegen Art. 14 Abs. 1 und 3 GG.
Selbst wenn der Ausschluß von Rückübertragungsansprüchen verfassungsmäßig sein sollte, verstoße jedenfalls die Regelung, daß lediglich Ausgleichsleistungen zu prüfen seien, aber keine volle Entschädigung zu gewähren sei, gegen Art. 14 Abs. 3 GG. Mit dem Begriff der Ausgleichsleistung werde ersichtlich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Reparationsschäden Bezug genommen. Diese treffe jedoch weder unmittelbar noch mittelbar den vorliegenden Sachverhalt. Die Reparationsmaßnahmen der Siegermächte hätten mit der Bodenreform in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone nichts zu tun gehabt. Die genannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei davon beherrscht, daß die unmittelbare Nachkriegszeit nicht von einem Tag auf den anderen an Grundgesetzmaßstäben gemessen werden konnte und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik Rücksicht genommen werden mußte. Hiermit sei die jetzige Lage nicht vergleichbar. Der deutsche Gesetzgeber sanktioniere jetzt etwas, was zwar 1945 begonnen habe, in der Folgezeit aber, insbesondere in den 50er und 60er Jahren, fortgeführt worden sei. Es könne auch keine Rede davon sein, daß der Bundesrepublik untragbare Lasten entstehen würden.
b) Soweit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gerügt werde, seien Gegenstand der Verfassungsbeschwerde (auch) die unter Nr. 4, 7 und 8 genannten gesetzlichen Regelungen, die (nur) für eine Gruppe Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüche vorsähen. Grundstückseigentümern, die ihr Eigentum in der ersten Phase der Kollektivierung der Landwirtschaft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (1945 bis 1949) verloren hätten, seien keine Rückübertragungsansprüche gewährt worden; sie würden in Zukunft - allenfalls - Ausgleichsleistungen erhalten. Dagegen sei Grundstückseigentümern, die ihr Eigentum in den späteren Phasen der Kollektivierung der Landwirtschaft verloren hätten, unter bestimmten Voraussetzungen ein Rückübertragungsanspruch, auf jeden Fall aber ein Entschädigungsanspruch, zugebilligt worden. Bei Inhabern von Gewerbebetrieben sei dieser Unterschied noch augenfälliger. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen rechtfertigenden Grund. Man könnte allenfalls fragen, warum die Betroffenen der ersten Phase, die ungleich stärker unter gewalttätigen Vertreibungsmaßnahmen gelitten hätten, nicht bessergestellt würden als die Betroffenen der zweiten Phase. Der Unterschied lasse sich auch nicht mit der Entstehung eines zweiten deutschen Staates im Herbst 1949 rechtfertigen. Einen graduellen Unterschied in der Zuordnung Mitteldeutschlands zur Sowjetmacht gebe es, jedenfalls in der Zeit bis zur endgültigen Vollendung der Kollektivierung der Landwirtschaft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, nicht.
c) Soweit das Einigungsvertragsgesetz versucht habe, die festgestellten Grundrechtsverletzungen durch Verfassungsänderungen abzusichern, handele es sich um verfassungswidrige Verfassungsnormen. Die Maßnahmen der Bodenreform seien Unrechtsakte gewesen, die gerade in ihrer Aufrechterhaltung durch das Einigungsvertragsgesetz die Betroffenen zu bloßen Objekten staatlicher Herrschaft gemacht hätten. Durch Art. 143 Abs. 3 GG n.F. in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 und 3 des Einigungsvertrages werde die zentrale Vorschrift des Art. 1 Abs. 1 GG außer Kraft gesetzt, die zum "Ewigkeitsteil" des Art. 79 Abs. 3 GG gehöre.
Ebenso sei die Verfassungsänderung in Art. 4 Nr. 4 des Einigungsvertrages verfassungswidrig. Die Einheit der Verfassung zwinge dazu, die Ermächtigung des Art. 135 a Abs. 2 GG n.F. in dem Sinne auszulegen, daß im vorliegenden Zusammenhang Entschädigungsansprüche ausgeschlossen seien und allenfalls Ausgleichsleistungen gewährt würden. Die damit verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigungen stießen an dieselben Schranken wie die Regelung des Art. 143 Abs. 3 GG.
V.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich die Bundesregierung und die Präsidenten des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts geäußert. Der Bundesminister der Justiz hat Angaben zum tatsächlichen Geschehensablauf gemacht, die im Sachbericht berücksichtigt sind.
1. Die Bundesregierung hat ausgeführt:
a) Bei den Verhandlungen zur Wiederherstellung der deutschen Einheit habe sich von Anfang an gezeigt, daß die Unantastbarkeit der Enteignungen in den Jahren 1945 bis 1949 sowohl für die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik als auch für die Regierung der Sowjetunion eine nicht negotiable Vorbedingung gewesen sei. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik habe sich zunächst generell geweigert, die Wiederherstellung früherer Eigentumsrechte grundsätzlich zu erwägen. Nach ihren Vorstellungen sei ein Ausgleich allenfalls in der Weise in Betracht gekommen, daß für Enteignungen eine Entschädigung in Geld gezahlt werde. Diese Haltung sei von dem damaligen Ministerpräsidenten Modrow in Briefen vom 2. März 1990 an Bundeskanzler Kohl und an den sowjetischen Staats- und Parteichef Gorbatschow dargelegt und näher begründet worden. Erst nachdem sich im Laufe der Verhandlungen herausgestellt habe, daß sich die generelle Ablehnung des Restitutionsgrundsatzes nicht durchhalten lasse, habe die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik den Standpunkt bezogen, daß aufgrund völkerrechtlicher Gesichtspunkte jedenfalls die Enteignungen unter sowjetischer Besatzungshoheit in der Zeit von 1945 bis 1949 nicht zur Disposition der beiden deutschen Staaten stünden. Die sowjetische Regierung habe diesen Standpunkt geteilt und ihre Auffassung in einer am 27. März 1990 veröffentlichten Erklärung sowie in einem an den deutschen Botschafter in Moskau übergebenen Aide-memoire vom 28. April 1990 bekräftigt.
Die Unantastbarkeit der Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage habe auch bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen eine entscheidende Rolle gespielt. Um den sowjetischen Forderungen, die bis in die letzte Phase der Verhandlungen mit Nachdruck aufrechterhalten worden seien, entgegenzukommen und dadurch die Zustimmung der Sowjetunion zu der abschließenden Regelung zu erreichen, hätten die Außenminister der beiden deutschen Staaten in ihrem Gemeinsamen Brief die Festschreibung der Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage bestätigt.
b) Die Rüge einer Verletzung von Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
Die Auffassung der Beschwerdeführer, die Enteignungen aus der Zeit der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone seien in der Bundesrepublik "umgesetzt" worden, sei offensichtlich unhaltbar. Die Deutung der Enteignungen als Vorgänge, die sich bis in die Gegenwart erstreckten, stelle eine willkürliche Interpretation der tatsächlichen Geschehnisse dar. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung könne die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG im wiedervereinigten Deutschland zwar Verfassungsdirektiven an den Gesetzgeber implizieren, eine Eigentumsordnung in den neuen Bundesländern in rechtsstaatlicher Weise herzustellen und in diesem Zusammenhang auch geschehenes Unrecht in geeigneter Weise auszugleichen. Art. 14 GG wäre aber überfordert, wenn man ihm Richtlinien für die Bewältigung eines Systemwechsels in der Eigentumsordnung entnehmen wollte. Die Folgenbewältigung der deutschen Teilung sei jedenfalls kein Thema der Grundrechte in ihrer Funktion als Abwehrrechte, sondern allenfalls in ihrer Dimension als objektive Wertentscheidungen.
Im übrigen habe Art. 143 Abs. 3 GG die Eigentumsgarantie ohne Verstoß gegen Art. 79 Abs. 3 GG inhaltlich modifiziert. Die Norm enthalte keine systemverändernde Regelung der Eigentumsgarantie, sondern wolle nur eine in der Vergangenheit wurzelnde Sonderlage bewältigen. Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Restitutionsanspruch sei nicht Bestandteil der durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten verfassungsrechtlichen Mindestgarantie des Eigentums.
Auf die Frage, was unter "Ausgleichsleistungen" zu verstehen sei, komme es im vorliegenden Verfahren nicht an. Solange der Gesetzgeber sich hierzu nicht geäußert habe, seien Grundrechtseingriffe nicht zu beklagen. Die Vorschrift des Art. 135 a Abs. 2 GG in der Fassung des Einigungsvertrages müsse im Zusammenhang mit der Ursprungsfassung des Art. 135 a GG gesehen werden. Diese Norm sei notwendig gewesen, um eine verfassungsgerechte Liquidation der Mißwirtschaft des nationalsozialistischen Systems zu ermöglichen. Mit der Wiedervereinigung stehe der Gesetzgeber vor einer vergleichbaren Aufgabe.
c) Der Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Die unterschiedliche Behandlung der Enteignungen in den Jahren 1945 bis 1949 gegenüber den später vollzogenen Enteignungen, für die grundsätzlich ein Restitutionsanspruch begründet worden sei, werde dadurch gerechtfertigt, daß die Unantastbarkeit der Enteignungen in den Jahren 1945 bis 1949 eine nicht negotiable Vorbedingung für die deutsche Einheit gewesen sei, die die Bundesregierung um des hohen Verfassungsziels der Wiedervereinigung willen habe akzeptieren müssen. Eine Gleichbehandlung aller Enteigneten auf dem Territorium der früheren sowjetischen Besatzungszone und der späteren Deutschen Demokratischen Republik hätte demzufolge nur dazu führen können, daß Rückübertragungsansprüche schlechthin ausgeschlossen würden. Die Beschwerdeführer würden durch eine solche "Gleichbehandlung" nichts gewinnen. Es könne nicht der Sinn des Gleichbehandlungsgebots sein, den Gesetzgeber daran zu hindern, den für notwendig gehaltenen Ausgleich so optimal zu gestalten, wie es die gegebenen Umstände zuließen.
2. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Äußerungen der Vorsitzenden des III. und des V. Zivilsenats übermittelt:
Zur Problematik von Enteignungen in der sowjetisch besetzten Zone habe der III. Senat im Zusammenhang mit Fragen der "Spaltgesellschaft" Stellung genommen. In Anwendung des Territorialitätsprinzips sei die Auswirkung einer "Ostenteignungsmaßnahme" auf in Westdeutschland gelegene Vermögensgegenstände verneint worden.
Der V. Zivilsenat habe zu der Frage Stellung genommen, ob die Requisition eines Grundstücks durch die britische Besatzungsmacht zur Unterbringung von Besatzungsangehörigen im Jahre 1946 oder die Untätigkeit einer deutschen Stelle zwecks Wiederbeseitigung einer solchen Requisition Enteignungen im Sinne des Art. 14 GG gewesen seien. Er habe beide Fragen verneint, da der Schutz des Art. 14 GG einen auf hoheitlichen Befugnissen beruhenden Eingriff einer deutschen Stelle in das Eigentum voraussetze.
3. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des 4. Revisionssenats vorgelegt. Dieser führt aus, es liege auf der Hand, daß vor Inkrafttreten des Grundgesetzes getroffene Regelungen über Enteignungen, zumal auf dem Gebiet der damaligen sowjetisch besetzten Zone, nicht an Art. 14 GG gemessen werden könnten. Letztlich könne hiernach nur entscheidend sein, ob die Bundesrepublik aus anderen Gründen verpflichtet gewesen wäre, im Einigungsvertrag eine Regelung über die Rückenteignung (Rückübereignung) oder über eine Entschädigung zu treffen. Insoweit könnte Art. 3 Abs. 1 GG oder der in diesem Grundrecht enthaltene allgemeine Gerechtigkeitsgedanke in Betracht zu ziehen sein. Wenn die Regierungen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik keine Möglichkeit gesehen hätten, die zwischen 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgten Maßnahmen zu revidieren, so möge es frei von Willkür und auch mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken vereinbar gewesen sein, wenn sich die Bundesrepublik in dieser politisch besonderen Situation im Interesse der raschen Förderung der deutschen Einheit darauf beschränkt habe, eine abschließende Entscheidung über etwaige Ausgleichsleistungen einem gesamtdeutschen Parlament vorzubehalten.
VI.
Zum Gang der Verhandlungen über den Einigungsvertrag und den Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland haben in der mündlichen Verhandlung der Bundesminister der Justiz Dr. Kinkel, der damalige Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik de Maiziere und Staatssekretär Dr. Kastrup vom Auswärtigen Amt berichtet.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
I.
1. Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) können mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn der Vertrag Regelungen enthält, die unmittelbar in die Rechtssphäre des Einzelnen eingreifen (vgl. BVerfGE 6, 290 [294 f.]; 40, 141 [156]). Gleiches gilt für Zustimmungsgesetze zu Verträgen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, auch wenn diese nach dem Recht des Grundgesetzes nicht Ausland war (vgl. BVerfGE 36, 1 [13, 17, 23]).
2. Nach den Sachverhaltsdarstellungen der Beschwerdeführer sind diese sämtlich von der angegriffenen Regelung - deren Inhalt das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang selbst feststellen muß - betroffen. Die dargelegten Enteignungen sind als solche auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage zu qualifizieren.
Soweit die Enteignungen - wie im Fall des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 1170/90 und des Beschwerdeführers zu 11) im Verfahren 1 BvR 1174/90 - in der Folge einer Sequestrierung nach dem Befehl Nr. 124 der SMAD erfolgt sind, beruhen sie zwar nur teilweise auf besatzungsrechtlicher Grundlage, denn die Enteignungen sind unmittelbar durch Vorschriften deutscher Rechtsetzungsorgane festgelegt worden (vgl. oben A II 2*). Sie sind jedoch auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt, da sie durch Akte der sowjetischen Besatzungsmacht gezielt ermöglicht worden sind und maßgeblich auf deren Entscheidung beruht haben. Für die deutschen Stellen hätte keine Möglichkeit bestanden, auf die von der Besatzungsmacht sequestrierten Objekte Zugriff zu nehmen, wenn ihnen diese nicht von der Besatzungsmacht zu diesem Zweck überlassen worden wären. Die maßgebliche Einflußnahme der Besatzungsmacht zeigt sich überdies darin, daß die SMAD im Befehl Nr. 64 vom 17. April 1948 die durchgeführten Enteignungen ausdrücklich bestätigt hat. Die besatzungshoheitliche Grundlage der Enteignungen wird weder dadurch ausgeschlossen, daß deutsche Stellen daran einverständlich mitgewirkt haben, noch steht ihr entgegen, daß die hier in Frage stehenden Enteignungen - anders als im Falle der Inanspruchnahme von Reparationsleistungen - nicht zugunsten der Besatzungsmacht erfolgt sind.
Ob die Enteignungen im Zuge der Bodenreform unter die angegriffene Regelung fallen, könnte zwar, wenn man allein von deren Wortlaut ausginge, zweifelhaft sein. Die Rechtsnormen, auf denen die Bodenreform beruhte, sind allein von deutschen Organen erlassen worden (vgl. oben A II 1*). Es ist auch nicht gesichert, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die sowjetische Besatzungsmacht Anweisungen zur Durchführung der Bodenreform erteilt oder insoweit Druck ausgeübt hat. Zwar gibt es Berichte, daß der Text der Bodenreformvorschriften auf eine Vorformulierung in russischer Sprache zurückging (Kruse [Hg.], Weißbuch über die "Demokratische Bodenreform" in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, Neuauflage 1988, S. 16 f. m.w.N.). Sichere Feststellungen lassen sich jedoch dazu nicht treffen.
Gleichwohl ist begrifflich auch die Bodenreform als Maßnahme auf besatzungshoheitlicher Grundlage einzuordnen, denn der Geschehensablauf ergibt jedenfalls, daß sie von der sowjetischen Besatzungsmacht nicht nur hingenommen wurde, sondern ihrem erklärten Willen entsprach. Das wird vor allem dadurch deutlich, daß die SMAD mit Befehl vom 22. Oktober 1945 (abgedruckt in: von Münch, Dokumente des geteilten Deutschland [1968], S. 294) die bis dahin erlassenen Vorschriften der von ihr eingesetzten Landes- und Provinzialverwaltungen, denen sie förmlich noch keine Rechtsetzungsbefugnis eingeräumt hatte, für "gesetzkräftig" erklärt und damit die Vorschriften über die Bodenreform ausdrücklich bestätigt hat.
Aus dem Ablauf der Vertragsverhandlungen im Zuge der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands und den dazu vorliegenden Materialien ergibt sich im übrigen zweifelsfrei, daß die in Frage stehende Regelung nach dem Willen der Partner des Einigungsvertrages und auch der Sowjetunion, die über die Zwei-plusVier-Verhandlungen am Einigungsprozeß beteiligt war, in diesem Sinne zu verstehen ist. In der mündlichen Verhandlung haben Bundesminister Dr. Kinkel und Ministerpräsident a.D. de Maiziere, die beide maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt waren, bestätigt, daß insbesondere auch die Aufrechterhaltung der durch die Bodenreform geschaffenen Eigentumsverhältnisse eine zentrale Forderung der Deutschen Demokratischen Republik bildete. Diese Forderung entsprach der Position der Sowjetunion. Dies ist in der mündlichen Verhandlung durch die Angaben von Staatssekretär Dr. Kastrup bestätigt worden und ergibt sich im übrigen aus der von der sowjetischen Regierung am 27. April 1990 durch TASS veröffentlichten Erklärung sowie dem Aide-memoire, das der deutschen Botschaft in Moskau am 28. April 1990 übergeben worden ist.
Nach alledem ist die angegriffene Regelung so zu verstehen, wie sie von der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren erläutert worden ist (vgl. oben A II vor 1*); sie umfaßt damit nicht nur die Enteignungen, die unmittelbar durch die sowjetische Besatzungsmacht eingeleitet worden sind, sondern auch die Enteignungen im Zuge der Bodenreform. Der in Nr. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung aufgenommene zeitliche Rahmen (1945 bis 1949) ergibt im übrigen, daß es für die Einordnung der erfaßten Enteignungen nicht entscheidend darauf ankommt, ob diese - wie es in aller Regel der Fall war - in den ersten Nachkriegsjahren erfolgt sind; vielmehr sollten auch noch spätere, auf die genannten Grundlagen gestützte entschädigungslose Enteignungen in der Zeit bis zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik einbezogen werden. Das gilt selbst für Enteignungsmaßnahmen, bei denen die einschlägigen Rechtsgrundlagen exzessiv ausgelegt oder nach rechtsstaatlichen Maßstäben willkürlich angewendet worden sind. Auch sie beruhten letztlich - selbst wenn sie unmittelbar allein von deutschen Stellen vollzogen worden sind - auf besatzungshoheitlicher Grundlage, weil der Besatzungsmacht in dieser Zeit noch die oberste Hoheitsgewalt zukam.
II.
Die Beschwerdeführer haben hinreichend dargelegt, inwiefern sie sich durch die angegriffene Regelung unmittelbar in ihren Grundrechten beeinträchtigt sehen (§ 92 BVerfGG). Das gilt auch, soweit sie eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG rügen. Sie machen sinngemäß geltend, die von der angegriffenen Regelung erfaßten Enteignungsmaßnahmen - auch wenn diese nicht unter der Geltung des Grundgesetzes erfolgt sind - stellten ein Unrecht solchen Ausmaßes dar, daß es die dem Grundgesetz verpflichtete öffentliche Gewalt der Bundesrepublik Deutschland nicht hinnehmen dürfe und nicht einmal im Wege einer Verfassungsänderung festschreiben könne. Ob dies zutrifft, ist im Zusammenhang mit der Begründetheit der Verfassungsbeschwerden zu klären.
III.
Die Beschwer, welche die Beschwerdeführer in der Festschreibung der Enteignungen sehen, ist in der angegriffenen Regelung unmittelbar enthalten.
Die Beschwerdeführer können nicht darauf verwiesen werden, die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen im Rechtsweg vor den Fachgerichten klären zu lassen. Zwar greift der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch in Fällen unmittelbarer Betroffenheit durch eine Norm ein (vgl. BVerfGE 74, 69 [74]). Nach dem insoweit sinngemäß anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG ist jedoch eine sofortige Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden wegen deren allgemeiner Bedeutung geboten. Die Klärung der Frage, ob die Eigentumslage, die durch die umstrittenen Enteignungen geschaffen worden ist, Bestand hat, betrifft eine Vielzahl von Fällen und hat erheblichen Einfluß auf den Wiederaufbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern. Solange die Eigentumsverhältnisse nicht feststehen, ist eine sinnvolle Verwertung der ehemals enteigneten Objekte erheblich beeinträchtigt. Interessenten werden von einem Erwerb in aller Regel absehen, solange sie befürchten müssen, daß sie kein gesichertes Eigentum erwerben. Damit wird die Nutzung der betroffenen Grundstücke und Betriebe insbesondere auch für Investitionen wirtschaftlicher Unternehmungen gehemmt. Eine Vorabentscheidung des Bundesverfassungsgerichts schafft insoweit eine im allgemeinen Interesse liegende Klarheit.
 
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.
I.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 11) im Verfahren 1 BvR 1174/90 ist schon deshalb zurückzuweisen, weil er seine Betroffenheit durch die angegriffene Regelung zwar schlüssig behauptet, aber nicht hinreichend belegt hat. Wird Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz erhoben und fehlt es daher an der Vorklärung der Betroffenheit in einem vorausgegangenen Verfahren, so müssen die Tatsachen, welche die Betroffenheit ergeben, im Verfassungsbeschwerdeverfahren hinreichend belegt werden (vgl. den im Verfahren über die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ergangenen Beschluß BVerfGE 83, 162 [169]). Der Beschwerdeführer zu 11) hat zwar Unterlagen zur geltend gemachten Enteignung vorgelegt, jedoch seine Behauptung, daß er Erbe des enteigneten Betriebsinhabers und Grundstückseigentümers sei, nicht belegt und auch nach dem Hinweis in dem genannten Beschluß hierzu keine Unterlagen nachgereicht. Die übrigen Beschwerdeführer haben ihre Betroffenheit - zum Teil nachträglich - hinreichend belegt.
II.
Die in Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Nr. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung (Anlage III des Einigungsvertrages) enthaltene Regelung, daß die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind, verletzt die Beschwerdeführer nicht in den geltend gemachten Grundrechten. Die genannte Regelung ist durch Absatz 3 des gemäß Art. 4 Nr. 5 EV in das Grundgesetz eingefügten Art. 143 GG ausdrücklich für verfassungsrechtlich bestandskräftig erklärt worden. Sie könnte daher nur dann gegen die Verfassung - und damit auch gegen die als verletzt gerügten Grundrechte - verstoßen, wenn Art. 143 Abs. 3 GG seinerseits nichtig wäre.
Das ist nicht der Fall.
1. In formeller Hinsicht bestehen gegen die Vorschrift keine durchgreifenden Bedenken.
a) Das von der Bundesregierung eingeschlagene Verfahren, "beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes" im Einigungsvertrag zu vereinbaren mit der Folge, daß der Bundestag darüber nur in Form eines Zustimmungsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 GG befinden konnte, hatte seine Rechtsgrundlage im ehemaligen Art. 23 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes und war danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 82, 316 [320]). Das Zustandekommen des Einigungsvertrages bildete unter den gegebenen Umständen die Voraussetzung dafür, daß die Chance der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands genutzt werden konnte. Die Kompetenz der Bundesregierung, einen solchen Vertrag auszuhandeln und darin auch beitrittsbezogene Änderungen des Grundgesetzes aufzunehmen, die sich nach ihrer pflichtgemäßen Einschätzung aufgrund des Verlaufs der Verhandlungen mit der Deutschen Demokratischen Republik und der Sowjetunion als hierzu notwendig erwiesen, folgt aus ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, auf die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands hinzuwirken (vgl. BVerfGE 36, 1 [18]; 77, 137 [149]).
Parlamentarische Rechte der Abgeordneten des Bundestages standen dem eingeschlagenen Verfahren nicht entgegen (BVerfGE 82, 316 [320 f.]). Auch nach sonstigem Verfassungsrecht ist der Gang des Gesetzgebungsverfahrens nicht zu beanstanden. Daß die Verfassungsänderungen und die Zustimmung zum Einigungsvertrag insgesamt nur gemeinsam und einheitlich beschlossen werden konnten, war durch die Entwicklung der Beitrittsverhandlungen bedingt. Dieses Junktim konnte ohne Gefährdung der Wiedervereinigung nicht aufgegeben werden. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht daraus, daß das Gesetzgebungsverfahren über den Einigungsvertrag trotz des Umfangs und der Schwierigkeit der geregelten Fragen sehr rasch durchgeführt wurde (vgl. zum Ablauf der Beratungen BVerfG, a.a.O., S. 317). Diese Beschleunigung war durch das berechtigte Bestreben veranlaßt, eine Gefährdung der Wiedervereinigung zu vermeiden, die schon mit einer bloßen Verzögerung der Ratifizierung verbunden sein konnte.
b) Mit der Einfügung des Art. 143 Abs. 3 GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht gegen das Gebot verstoßen, Verfassungsänderungen nur durch ausdrückliche Änderung des Wortlauts des Grundgesetzes vorzunehmen (Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG).
Dem Erfordernis, daß die Verfassungsänderung im Text des Grundgesetzes selbst kenntlich gemacht wird, ist durch die Einfügung des Art. 143 Abs. 3 GG entsprochen. Ob eine Verfassungsänderung darüber hinaus grundsätzlich erkennen lassen muß, in welcher Hinsicht und in bezug auf welche konkrete Regelung das Grundgesetz geändert wird und was in Zukunft als Verfassungsrecht gelten soll (vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl., Rdnr. 698 f.), kann dahingestellt bleiben; denn hier liegt jedenfalls eine besondere Situation vor, in der eine Bezugnahme auf Regelungen außerhalb des Grundgesetzes zulässig ist. Der Text, auf den Art. 143 Abs. 3 GG verweist, enthält weder eine in die Zukunft wirkende Änderung der Eigentumsgarantie noch von Art. 14 Abs. 3 GG abweichende Enteignungsvoraussetzungen. Es handelt sich vielmehr um eine Übergangsregelung in Zusammenhang mit der Erstreckung des Grundgesetzes auf das Beitrittsgebiet, mit der bestimmt wird, inwieweit bereits vorher entstandene Sachverhalte am Grundgesetz zu messen sind. Jedenfalls für solche Fälle, die ihrer Natur nach konkrete Sachverhalte betreffen und vergangenheitsbezogen sind, reicht es aus, wenn der verfassungsändernde Gesetzgeber im Text der Verfassung den Tatbestand, der nach Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet unberührt bleiben soll, konkret bezeichnet. Das ist in Art. 143 Abs. 3 GG in ausreichendem Maße geschehen.
c) Der Grundsatz der Gewaltenteilung ist ebenfalls nicht verletzt. Auch insoweit kann offenbleiben, welche Anforderungen für Verfassungsänderungen im Regelfall gelten, insbesondere auch, ob es zulässig ist, die Verfassung im Einzelfall mit verfassungsändernder Mehrheit beiseite zu schieben (vgl. dazu Hesse, a.a.O., Rdnr. 698). Art. 143 Abs. 3 GG stellt nicht eine Regelung, die von dem an das Grundgesetz gebundenen Gesetzgeber erlassen wurde, nachträglich von der verfassungsrechtlichen Bindung frei. Die Norm enthält vielmehr die Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers, daß eine bestimmte Regelung über eine abgegrenzte Gruppe von Fällen, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet eingetreten waren, weiter Bestand haben soll. Mit dieser Übergangsregelung wird nur die Tragweite des Inkrafttretens des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet für bestimmte in der Vergangenheit entstandene Sachverhalte präzisiert. Hieran ist der verfassungsändernde Gesetzgeber durch den Grundsatz der Gewaltenteilung nicht gehindert.
Unbedenklich ist in diesem Zusammenhang, daß der Wortlaut der Verfassungsänderung nicht im Einigungsvertragsgesetz selbst wiedergegeben ist, sondern nur im Vertragstext, auf den das Gesetz verweist und der in vollem Umfang mit dem Gesetz gemäß dessen Art. 1 Satz 2 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist. Die Forderung nach einer Wiederholung des Wortlauts der verfassungsändernden Regelung im ratifizierenden Gesetz wäre angesichts der dargelegten Besonderheiten des Beitritts ein sachlich nicht gerechtfertigter Formalismus (vgl. Stern, DtZ 1990, S. 289 [290]).
2. Materiell ist Art. 143 Abs. 3 GG - wie jede Verfassungsänderung - am Maßstab des Art. 79 Abs. 3 GG zu prüfen. Die Formulierung in Art. 143 Abs. 3 GG, daß die Festschreibung der Enteignungen unabhängig von den Regelungen in Art. 143 Abs. 1 und 2 GG erfolge, kann nicht dahin verstanden werden, daß die in Art. 143 Abs. 1 GG erwähnte Vorschrift des Art. 79 Abs. 3 GG insoweit nicht eingreifen solle. Zu einer solchen Selbstbefreiung von den im Grundgesetz festgelegten Schranken einer Verfassungsänderung wäre im übrigen der verfassungsändernde Gesetzgeber auch nicht befugt gewesen.
a) Art. 79 Abs. 3 GG verbietet Verfassungsänderungen, durch welche die in Art. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden. Dazu gehört nicht nur der in Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Menschenwürde. Auch das in Art. 1 Abs. 2 GG enthaltene Bekenntnis zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage der menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit erlangt insoweit Bedeutung; in Verbindung mit der in Art. 1 Abs. 3 GG enthaltenen Verweisung auf die nachfolgenden Grundrechte sind deren Verbürgungen insoweit einer Einschränkung grundsätzlich entzogen, als sie zur Aufrechterhaltung einer dem Art. 1 Abs. 1 und 2 GG entsprechenden Ordnung unverzichtbar sind. Ebenso wie der originäre Verfassungsgeber (vgl. BVerfGE 3, 225 [232]; 23, 98 [106]) darf auch der verfassungsändernde Gesetzgeber danach grundlegende Gerechtigkeitspostulate nicht außer acht lassen. Dazu gehören der Grundsatz der Rechtsgleichheit und das Willkürverbot (vgl. BVerfGE 1, 208 [233]; 23, 98 [106 f.]). Ebenso sind grundlegende Elemente des Rechts- und des Sozialstaatsprinzips, die in Art. 20 Abs. 1 und 3 GG zum Ausdruck kommen, zu achten. Bei alledem verlangt Art. 79 Abs. 3 GG allerdings nur, daß die genannten Grundsätze nicht berührt werden. Er hindert den verfassungsändernden Gesetzgeber dagegen nicht, die positivrechtliche Ausprägung dieser Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren (vgl. BVerfGE 30, 1 [24]).
b) Die Regelung in Nr. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung verbietet es, die Enteignungen als nichtig zu behandeln, und schließt es darüber hinaus aus, ihre Folgen durch eine Rückgabe der enteigneten Objekte umfassend zu bereinigen. Dagegen verbietet die Regelung nicht einen vermögenswerten Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigungen. Ein solcher Ausgleich, dessen Höhe nicht festgelegt ist, wird vielmehr in Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung dem Gesetzgeber ausdrücklich vorbehalten (vgl. dazu auch den Beschluß im Verfahren über die einstweilige Anordnung BVerfGE 83, 162 [172 f.]).
Es verstößt nicht gegen die dargelegten Schranken des Art. 79 Abs. 3 GG, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber die Regelung der Enteignungen für verfassungsrechtlich bestandskräftig erklärt hat.
aa) Läßt man etwaige Ansprüche auf völkerrechtlicher Grundlage zunächst außer Betracht, bestand keine Rechtsposition der Betroffenen mehr, in die der Gesetzgeber mit der beanstandeten Regelung eingegriffen hätte. Ein verfassungsrechtlicher Makel unter diesem Gesichtspunkt scheidet danach von vornherein aus.
(1) Die Frage, ob jemandem eine bestimmte Rechtsposition zusteht, kann nur im Blick auf eine konkrete Rechtsordnung beantwortet werden. Nach der Rechtslage im Gebiet der früheren sowjetisch besetzten Zone und späteren Deutschen Demokratischen Republik bestand eine solche Rechtsposition nach dem Vollzug der Enteignungsmaßnahmen nicht mehr. Die Enteignungsakte waren darauf gerichtet, den Eigentümern ihre Rechtsposition vollständig und endgültig zu entziehen. Die normativen Grundlagen der Enteignungen wurden sowohl von der Besatzungsmacht als auch von der deutschen Staatsgewalt in der sowjetisch besetzten Zone und in der späteren Deutschen Demokratischen Republik in vollem Umfang als rechtmäßig angesehen. Auch soweit die einschlägigen Rechtsgrundlagen exzessiv ausgelegt oder nach rechtsstaatlichen Maßstäben willkürlich, etwa auf politisch Unbelastete, angewandt worden sind, war grundsätzlich kein Rechtsschutz möglich; auch solche Enteignungen wurden als bestandskräftig behandelt.
(2) Die Enteignungen im Gebiet der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands können unabhängig davon, ob sie unmittelbar von der sowjetischen Besatzungsmacht veranlaßt wurden oder ob den von dieser Besatzungsmacht eingesetzten deutschen Stellen insoweit ein eigener Entscheidungsspielraum zustand, nicht dem Verantwortungsbereich der dem Grundgesetz verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden. Die Bundesrepublik hat sich zwar seit jeher im Sinne der Präambel des Grundgesetzes für das ganze Deutschland verantwortlich gefühlt (vgl. BVerfGE 36, 1 [16]). Ihre Staatsgewalt beschränkte sich aber nicht nur tatsächlich, sondern auch staatsrechtlich auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik (Art. 23 Satz 1 GG). Eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne eines Einstehenmüssens für etwaige aus ihrer Sicht rechts- oder verfassungswidrige Maßnahmen der deutschen Staatsgewalt in der sowjetisch besetzten Zone bestand danach ebensowenig wie etwa gegenüber Maßnahmen ausländischer Staatsgewalten (vgl. zum letzteren BVerfGE 43, 203 [209]). Im übrigen können die Enteignungsmaßnahmen größtenteils schon deshalb nicht am Grundgesetz gemessen werden, weil es zum Zeitpunkt dieser Maßnahmen noch gar nicht in Kraft war.
(3) Nach der Rechtslage, die in den westlichen Besatzungszonen und später in der Bundesrepublik bestand, war den Betroffenen ebenfalls keine vermögenswerte, durchsetzbare Rechtsposition verblieben.
Nach deutschem internationalem Enteignungsrecht werden die Enteignungen eines fremden Staates einschließlich der entschädigungslosen "Konfiskationen" grundsätzlich als wirksam angesehen, soweit dieser Staat innerhalb der Grenzen seiner Macht geblieben ist. Eine Enteignung entfaltet danach Wirkung innerhalb des Hoheitsgebiets des fremden Staates und erfaßt das Vermögen, das zum Zeitpunkt der Enteignung der Gebietshoheit des enteignenden Staates unterlag - Territorialitätsprinzip - (vgl. OGH BrZ, NJW 1949, S. 502; BGHZ 20, 4 [12]; 25, 134 [140 und 143]; 31, 168 [171]; 39, 220 [227]; BGH, MDR 1972, S. 494; sowie die Rechtsprechungsübersicht bei Kegel/ Seidl-Hohenveldern, in: Festschrift für Ferid, 1978, S. 233 [252 bis 263]; Heldrich, in: Palandt, BGB, 50. Aufl., Anh. II zu Art. 38 EGBGB Rdnr. 11 ff. m.w.N.). Die Hinnahme fremder Enteignungen wird insoweit nur durch den Vorbehalt zugunsten des ordre public (Art. 30 EGBGB a.F. in Verbindung mit Art. 220 Abs. 1 EGBGB n.F.; Art. 6 EGBGB n.F.) eingeschränkt, der aber nur eingreift, wenn und soweit eine hinreichende Inlands- und Gegenwartsbeziehung besteht (vgl. Kegel, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., § 16 VI 2; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., Art. 6 EGBGB Rdnr. 72 bis 79). Die Entschädigungslosigkeit der Enteignung oder ein ihr sonst nach inländischer Gerechtigkeitsvorstellung anhaftender Makel reicht danach, soweit die Enteignung Objekte im Territorium des enteignenden Staates betrifft, für sich allein nicht aus, um ihr die Wirksamkeit abzusprechen (vgl. BGHZ 62, 340 [343]).
Gegen diese einfachrechtliche Lage bestehen von Verfassungs wegen keine Bedenken. Die Geltung des Territorialitätsprinzips beruht insoweit auf dem Interesse an internationaler Ordnung (vgl. Seidl-Hohenveldern, Internationales Konfiskations- und Enteignungsrecht, S. 9 ff.; Kegel/Seidl-Hohenveldern, Festschrift für Ferid, S. 233 [242]), der auch die Verfassungsordnung der Bundesrepublik verpflichtet ist. Überstaatliche Rechtsgrundsätze, die dem entgegenstehen, sind nicht feststellbar. Das Territorialitätsprinzip, das die Wirkung von Enteignungen einschließlich der entschädigungslosen Konfiskationen im dargelegten Sinne bestimmt, ist vielmehr international anerkannt (vgl. OGH BrZ, a.a.O. und BGHZ 62, 340 [343], jeweils m.w.N.). Auch wenn, wie die Beschwerdeführer geltend machen, die in Frage stehenden Enteignungsmaßnahmen von Anfang an auf die Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse im Sinne einer sozialistischen Ordnung gerichtet waren, gilt nichts anderes. Es wird gerade zum Wesen einer solchen Änderung der gesellschaftlichen Ordnung gerechnet, daß dabei keine oder nur eine geringe Entschädigung geleistet wird, weil sonst die beabsichtigte soziale Umschichtung vereitelt würde. Für die Hinnahme einer solchen Umgestaltung in einem anderen Staat wird es, soweit deren Auswirkungen im Gebiet des anderen Staates in Frage stehen, nicht nur nach deutschem internationalem Enteignungsrecht, sondern - jedenfalls überwiegend - auch sonst im internationalen Rechtsverkehr nicht als entscheidend angesehen, ob sie mit der eigenen innerstaatlichen Verfassungsordnung vereinbar ist (vgl. die Nachweise bei Beitzke, in: Festschrift für Raape, 1948, S. 93 [95] über die Rechtsprechung zu den Sozialisierungsmaßnahmen in Rußland nach dem Ersten Weltkrieg).
bb) Ob nach völkerrechtlichen Grundsätzen Ansprüche der einzelnen Betroffenen gegen die Besatzungsmacht überhaupt in Betracht kamen, inwieweit sie sich gegebenenfalls auf Rückgabe richten konnten und ob sie durch die angegriffene Regelung beseitigt worden sind, bedarf keiner Entscheidung. Derartige Ansprüche wären auch ohne die getroffene Regelung jedenfalls nicht durchsetzbar und damit praktisch wertlos gewesen. Auch ohne Art. 143 Abs. 3 GG hätte der Gesetzgeber daher zur Herbeiführung der staatlichen Einheit Deutschlands, die ein verfassungsrechtliches Ziel und Gebot von hohem Rang darstellte, einem Ausschluß derartiger Ansprüche zustimmen dürfen (vgl. BVerfGE 41, 126 [166 ff.]).
cc) Auch unter dem Gesichtspunkt des nachträglichen Ausgleichs früheren Unrechts verstößt es nicht gegen Art. 79 Abs. 3 GG, daß in den erfaßten Fällen die enteigneten Objekte nicht an die früheren Eigentümer oder ihre Rechtsnachfolger zurückgegeben werden müssen. Soweit es sich um Enteignungen zugunsten der sowjetischen Besatzungsmacht handelt und die Objekte dem Einflußbereich der Bundesrepublik entzogen sind, folgt dies schon aus dem Fehlen der Möglichkeit einer Rückgabe. Aber auch wo die Möglichkeit der Naturalrestitution bestünde, würde Art. 79 Abs. 3 GG ihrem Ausschluß nicht entgegenstehen.
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung zum Kriegsfolgenrecht anhand der Prüfung von Regelungen über die Abgeltung von Besatzungs- und Reparationsschäden entschieden, daß der Gesetzgeber der Bundesrepublik zwar nach der Wertordnung des Grundgesetzes, besonders im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 1 GG zum Ausdruck gekommene Sozialstaatsprinzip, verpflichtet ist, insoweit einen innerstaatlichen Lastenausgleich vorzusehen; er muß jedoch für Kriegsfolgeschäden nicht in gleicher Weise einstehen, wie wenn diese von den Staatsorganen der Bundesrepublik verursacht worden wären. Er hat bei der Regelung eines solchen Lastenausgleichs einen weiten Gestaltungsraum und darf die Ausgleichsleistungen nach Maßgabe dessen bestimmen, was unter Berücksichtigung der übrigen Lasten und der finanziellen Bedürfnisse für bevorstehende Aufgaben möglich ist (vgl. BVerfGE 27, 253 [270, 283 ff.]; 41, 126 [150 ff.] in Anknüpfung an die Rechtsprechung zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Deutschen Reiches, BVerfGE 15, 126 [140 ff.]; weitere Nachweise in BVerfGE 27, 253 [285]). Diesen Grundsätzen kann, soweit ihnen nicht schon mit den bestehenden Vorschriften des Lastenausgleichsrechts genügt ist, mit der in Nr. 1 Satz 4 vorbehaltenen Ausgleichsregelung hinreichend Rechnung getragen werden.
(2) Der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber kann sich allerdings veranlaßt sehen, nach der Übernahme der Staatsgewalt von einem auf andere Ordnungsvorstellungen gegründeten politischen System dessen frühere Maßnahmen, die sich nach rechtsstaatlichen Maßstäben als nicht hinnehmbar erweisen, durch eine über den allgemeinen Lastenausgleich hinausgehende Wiedergutmachung auszugleichen (vgl. BVerfGE 13, 31; 13, 39 [42] zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts; vgl. auch BVerfGE 27, 253 [270, 283 ff.] zu Besatzungsschäden; BVerfGE 41, 126 [150 ff.] zu Reparationsschäden). Auf diesem Grundgedanken beruht die im Einigungsvertrag getroffene Regelung für die entschädigungslosen Enteignungen, die nicht unter Nr. 1 der Gemeinsamen Erklärung fallen.
Inwieweit für die hier in Frage stehenden Enteignungen eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers besteht, eine Wiedergutmachung einzuführen (vgl. Badura, DVBl. 1990, S. 1256 [1262]), bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung; denn jedenfalls ist nach Art. 79 Abs. 3 GG eine Wiedergutmachung durch Rückgabe der enteigneten Objekte in Natur nicht geboten. Bei der Regelung der Wiedergutmachung früheren, von einer anderen Staatsgewalt zu verantwortenden Unrechts hat der Gesetzgeber schon allgemein einen besonders weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 13, 39 [43]; 27, 253 [270, 283]; 41, 126 [150, 153]). Das gilt auch hinsichtlich der Art der Wiedergutmachung.
Die Wiedergutmachung früheren Unrechts im dargelegten Sinne kann ihre Wurzeln nur im Rechts- und Sozialstaatsprinzip haben. Diese Prinzipien werden in ihren Grundelementen, die der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht außer acht lassen darf, jedenfalls nicht verletzt, wenn die in Frage stehenden Enteignungen nicht im Wege der Restitution in Natur bereinigt werden.
Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie führt in diesem Zusammenhang zu keinem anderen Ergebnis. Die Wiedergutmachung ist nicht Ausfluß einzelner Grundrechte, sondern hat ihre Wurzeln ausschließlich im Rechts- und Sozialstaatsgedanken. Selbst wenn die Eigentumsgarantie berührt wäre, ließe sich aus ihrem durch Art. 79 Abs. 3 GG verbürgten Kernbereich nicht herleiten, daß eine Wiedergutmachung in der Form einer Restitution in Natur erfolgen müßte (vgl. auch Papier, NJW 1991, S. 193 [197]). Die angegriffene Regelung schließt es im übrigen nicht aus, daß im Rahmen der beabsichtigten Ausgleichsregelung den Betroffenen auch die Möglichkeit eines Rückerwerbs ihres ehemaligen Eigentums eingeräumt wird, soweit dies im Einzelfall möglich und von der Interessenlage her angezeigt ist.
(3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluß der Restitution nach Nr. 1 der Gemeinsamen Erklärung ergeben sich nicht daraus, daß bei den entschädigungslosen Enteignungen, die nicht unter diese Regelung fallen, die Rückgabe der enteigneten Objekte jedenfalls im Grundsatz vorgesehen ist (vgl. oben A I 1 b*). Die Grundelemente des Gleichheitssatzes, die nach Art. 79 Abs. 3 GG unantastbar sind, werden dadurch nicht verletzt. Der Ausschluß der Restitution in der angegriffenen Regelung wird hinreichend dadurch gerechtfertigt, daß die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion auf der Einführung dieser Regelung bestanden hatten und die Bundesregierung nach ihrer pflichtgemäßen Einschätzung auf diese Bedingung eingehen mußte, um die Einheit Deutschlands zu erreichen.
Die Anhörung von Bundesminister Dr. Kinkel, Ministerpräsident a.D. de Maizière und Staatssekretär Dr. Kastrup in der mündlichen Verhandlung hat den Vortrag der Bundesregierung bestätigt, daß bei den Verhandlungen über den Einigungsvertrag und bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, ohne deren erfolgreichen Abschluß die Einheit Deutschlands nicht hätte verwirklicht werden können, der Ausschluß der Restitution sowohl von der Deutschen Demokratischen Republik als auch von der Sowjetunion zur Vorbedingung gemacht worden ist. Beide Staaten hatten ihre Gründe für diese Haltung einleuchtend dargelegt. Der Deutschen Demokratischen Republik war vor allem daran gelegen, den sozialen Frieden in ihrem Gebiet nicht dadurch zu gefährden, daß die durch die Enteignungen geschaffenen neuen Eigentumsverhältnisse wieder in Frage gestellt wurden. Der Sowjetunion kam es dagegen, wie insbesondere durch die Angaben von Staatssekretär Dr. Kastrup deutlich geworden ist, im ganzen darauf an, daß die unter ihrer Oberhoheit als Besatzungsmacht durchgeführten Maßnahmen, die ihren rechts-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen entsprachen, nicht nachträglich zur Disposition des seinerzeit besiegten Deutschlands gestellt wurden. Die Bundesregierung durfte unter diesen Umständen davon ausgehen, daß die Chance zur Herstellung der Einheit Deutschlands nicht hätte genutzt werden können, wenn auf diese Bedingung nicht eingegangen worden wäre. Die Einschätzung dessen, was nach der Verhandlungslage erreichbar war, unterlag dabei der eigenverantwortlichen, pflichtgemäßen Beurteilung der Bundesregierung und entzieht sich der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerfGE 40, 141 [178]; 66, 39 [61]).
III.
Die in Art. 41 Abs. 1 EV in Verbindung mit Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung enthaltene Regelung, daß die Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen dem Gesetzgeber vorbehalten bleibt, verletzt die Beschwerdeführer ebenfalls nicht in ihren Grundrechten.
1. Allerdings machen die Beschwerdeführer zu Recht geltend, daß es unter den gegebenen Umständen nicht der freien Entscheidung des Gesetzgebers unterliegt, ob er überhaupt eine Ausgleichsregelung zugunsten der Betroffenen schafft. Das ergibt sich schon aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Der Gleichheitssatz greift insoweit unmittelbar ein. Zwar erlaubt es der durch Art. 4 Nr. 4 EV neu in das Grundgesetz eingefügte Art. 135 a Abs. 2 dem Gesetzgeber zu bestimmen, daß Verbindlichkeiten der Deutschen Demokratischen Republik, ferner Verbindlichkeiten des Bundes, die mit dem Übergang von Vermögenswerten der Deutschen Demokratischen Republik auf Bund, Länder und Gemeinden in Zusammenhang stehen, und schließlich Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger beruhen, nicht zu erfüllen sind. Aus den Materialien ergibt sich, daß diese Verfassungsnorm auch für die Regelung der Entschädigungsmodalitäten von Bedeutung sein sollte, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung zu treffen sind (vgl. die Denkschrift zum Einigungsvertrag, BTDrucks. 11/7760, S. 355 [359]). Eine solche Verfassungsnorm befreit den Gesetzgeber bei ihrer Anwendung jedoch nicht von der Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl. BVerfGE 15, 126 (145) zu Art. 134, 135 a Abs. 1 GG).
Der Gesetzgeber hat für die entschädigungslosen Enteignungen, die nicht unter die Regelung in Nr. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Erklärung fallen, eine Wiedergutmachungsregelung getroffen, die vom Grundsatz der Rückgabe der enteigneten Objekte ausgeht (vgl. oben A I 1 b*), was auch für die Höhe der anstelle einer Restitution zu gewährenden Entschädigung von Bedeutung sein kann. Wählt er eine solche Lösung, darf er für die entschädigungslosen Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht jegliche Wiedergutmachung ausschließen. Die rechtsstaatlichen Defizite, die beide Gruppen von Enteignungen nach den Gerechtigkeitsvorstellungen des dem Grundgesetz verpflichteten Gesetzgebers aufweisen, mögen verschieden sein. Diese Unterschiede können aber jedenfalls eine Ungleichbehandlung dieses Ausmaßes zu Lasten der Beschwerdeführer nicht rechtfertigen. Weitere Umstände, die für eine Differenzierung herangezogen werden können - etwa der größere zeitliche Abstand der von der angegriffenen Regelung erfaßten Enteignungen und die Tatsache, daß diese Enteignungen maßgeblich durch die Hoheitsgewalt der Besatzungsmacht veranlaßt oder jedenfalls gedeckt worden sind - rechtfertigen es ebenfalls vor Art. 3 Abs. 1 GG weder für sich allein noch zusammen mit den übrigen Umständen, daß für diese Enteignungen jegliche Ausgleichsleistung ausgeschlossen wird.
b) Die Regelung in Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung hindert den Gesetzgeber jedoch nicht, bei der Bestimmung der Ausgleichsleistungen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen. Sie gibt ihrem Wortlaut nach die Auffassung der Bundesregierung im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen wieder. Soweit ihr darüber hinaus ein unmittelbarer normativer Inhalt zukommt, kann dieser nur in der Klarstellung bestehen, daß die Regelung in Satz 1 der Vorschrift nicht zugleich die Einführung von Ausgleichsleistungen verbietet. Welchen Umfang diese Leistungen haben dürfen, regelt Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung dagegen nicht (vgl. BVerfGE 83, 162 [172 f.]). Die in der mündlichen Verhandlung erstatteten Berichte über den Gang der Vertragsverhandlungen haben im übrigen ergeben, daß eine bestimmte Regelung der Ausgleichsleistungen weder von der Deutschen Demokratischen Republik noch von der Sowjetunion verlangt worden ist.
Eine Beschwer könnte sich danach aus Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung allenfalls dann ergeben, wenn es von Verfassungs wegen geboten gewesen wäre, die vorbehaltene Ausgleichsregelung bereits unmittelbar mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zu treffen. Eine solche Verpflichtung des Gesetzgebers läßt sich jedoch aus der Verfassung nicht herleiten.
2. Die Rüge der Beschwerdeführer, die Regelung in Nr. 1 Satz 4 der Gemeinsamen Erklärung verletze sie dadurch in ihren Grundrechten, daß durch den Vorbehalt bloßer Ausgleichsleistungen eine verfassungsrechtlich gebotene volle Entschädigung ausgeschlossen werde, ist unbegründet. Zum einen enthält die Regelung, wie schon dargelegt, keine Maßstäbe für die Höhe der Ausgleichsleistungen. Darüber hinaus läßt sich aber dem Grundgesetz ein Gebot voller Entschädigung für die hier in Frage stehenden Enteignungen nicht entnehmen.
Bei der Bemessung von Wiedergutmachungsleistungen darf der Gesetzgeber im Rahmen des ihm ohnehin zustehenden Gestaltungsraums auch darauf Rücksicht nehmen, welche finanziellen Möglichkeiten er unter Berücksichtigung der sonstigen Staatsaufgaben hat. Die für den Ausgleich von Kriegsfolgeschäden entwickelten Grundsätze gelten insoweit entsprechend (vgl. BVerfGE 38, 128 [133] unter Hinweis auf BVerfGE 27, 253 [284 f.]). Der Gesetzgeber darf danach das Gesamtvolumen der wiedergutzumachenden Schäden - zu denen nicht nur Schäden an Eigentum gehören - berücksichtigen. Bei der Gewichtung der Eigentumsschäden ist zu bedenken, daß in der fraglichen Zeit auch andere Güter - etwa Leben, Gesundheit, Freiheit und berufliches Fortkommen - beeinträchtigt worden sind (vgl. BVerfGE 27, 253 [285]). Darüber hinaus darf der Gesetzgeber aber auch auf die Erfüllung der neuen Aufgaben Bedacht nehmen, die sich aus dem Wiederaufbau in den neuen Bundesländern ergeben. Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Staates und der Gewichtung der einzelnen Staatsaufgaben kommt ihm dabei ein besonders weiter Beurteilungsraum zu (vgl. BVerfGE 13, 39 [43]). Angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage in den neuen Bundesländern, deren Bereinigung schon nach dem derzeit absehbaren Stand Zuschüsse in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrages erfordert, besteht eine (originäre) verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer Wiedergutmachung, die wertmäßig einer Restitution gleichkäme, nicht. Allerdings muß der Gesetzgeber bei der gesamten Wiedergutmachungsregelung Art. 3 Abs. 1 GG beachten.
Aus dem Umstand, daß sich ein Teil der enteigneten Objekte im Eigentum der öffentlichen Hand befindet, können die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nichts für sich herleiten. Die durch die Mißwirtschaft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik verursachte wirtschaftliche Bankrottlage, für die die Bundesrepublik nicht verantwortlich ist, wird durch diesen Vermögensposten nicht beseitigt. Die ehemaligen Eigentümer können auch nicht aufgrund der Zufälligkeit, daß gerade ihre Objekte noch verfügbar sind, eine wertmäßige Bevorzugung bei der Wiedergutmachung vor anderen Enteigneten oder vor Opfern von Unrechtsmaßnahmen, die Schäden anderer Art erlitten haben, verlangen. Dies gilt auch, wenn ihnen die Möglichkeit eines Rückerwerbs ihres ehemaligen Eigentums eingeräumt wird.
IV.
Ob Art. 135 a Abs. 2 GG im vorliegenden Zusammenhang mit Art. 79 Abs. 3 GG vereinbar ist, bedarf nach dem Vorstehenden keiner Entscheidung mehr. Die Vorschrift befreit, wie dargelegt, den Gesetzgeber hier nicht von der Bindung an den Gleichheitssatz. Sie hindert ihn auch insgesamt nicht an der Schaffung einer verfassungskonformen Ausgleichsregelung. Soweit sich die Vorschrift danach überhaupt noch nachteilig für die Beschwerdeführer auswirken könnte, würde deren Betroffenheit jedenfalls nicht schon unmittelbar durch diese Verfassungsnorm, sondern erst durch die - etwa - unzureichende gesetzliche Regelung entstehen.
Eine verfassungsrechtliche Prüfung erübrigt sich auch, soweit die Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1174/90 weitere Vorschriften zum Gegenstand ihrer Verfassungsbeschwerde gemacht haben (vgl. oben A IV 2). Es handelt sich dabei durchweg um Bestimmungen, die neben der in erster Linie angegriffenen Regelung in Nr. 1 der Gemeinsamen Erklärung keine selbständige Beschwer enthalten. Da die genannte Grundregelung verfassungsmäßig ist, braucht deshalb darauf nicht mehr eingegangen zu werden.
V.
Obwohl die Verfassungsbeschwerden zurückzuweisen sind, hat die Entscheidung hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die künftige Ausgleichsregelung zu Klarstellungen geführt, an denen die Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse haben und die sich zum Teil für sie günstig auswirken können. Danach ist es billig, die Erstattung eines Teils ihrer notwendigen Auslagen anzuordnen (§ 34 a Abs. 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Herzog, Henschel, Seidl, Grimm, Söllner, Dieterich, Kühling, Seibert