BVerfGE 85, 386 - Fangschaltungen
1. Sämtliche der Post zur Beförderung oder Übermittlung anvertrauten Kommunikationsvorgänge und -inhalte genießen den Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG.
2. Die Erfassung von Ferngesprächsdaten mittels Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen durch die Deutsche Bundespost greift in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG ein und bedarf einer gesetzlichen Grundlage.
3. § 30 Abs. 2 PostVerfG bildet keine ausreichende gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von Regelungen über Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen.
 
Beschluß
des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 1992
-- 1 BvR 1430/88 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Frau H... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Stephan Bonell und Norbert Mayr, Annastraße 8-10, Augsburg - gegen a) das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. September 1988 - 13 U 248/87 -, b) das Urteil des Landgerichts Ulm vom 4. September 1987 - 3 O 259/87-01 -.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob die Erfassung von Ferngesprächsdaten mittels Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen durch die Deutsche Bundespost in das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG eingreift und ob dafür eine ausreichende gesetzliche Grundlage besteht.
I.
Die Deutsche Bundespost stellt den Fernsprechteilnehmern Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen als Dienstleistungen zur Identifizierung anonymer Anrufer zur Verfügung. Rechtsgrundlage für die Dienstleistungen war bis zum 31. Dezember 1987 - in diesen Zeitraum fallen die umstrittenen Vorgänge - § 38 Abs. 3 Satz 1 der Fernmeldeordnung (FO) in der Fassung vom 5. Mai 1971 (BGBl. I S. 541). Die Vorschrift lautete:
    "§ 38 Fernsprechauftragsdienst und zusätzliche Dienste
    (1) und (2) ...
    (3) Auf Antrag des Teilnehmers übernimmt die Deutsche Bundespost zur Vergleichung der Gesprächszählung die Beobachtung von Teilnehmeranschlüssen. ..."
Die Fernmeldeordnung fand ihre Ermächtigungsgrundlage in § 14 des Postverwaltungsgesetzes vom 24. Juli 1953 (BGBl. I S. 676). Die Vorschrift lautete:
    "§ 14 Benutzungsverordnungen
    Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen erläßt nach Maßgabe der Beschlüsse des Verwaltungsrats oder der Bundesregierung (§ 13) die Rechtsverordnungen über die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens (Benutzungsverordnungen), die Rechtsverordnungen über Gebühren im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, die Rechtsverordnungen über Gebühren für den Postreisedienst im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr. Die Benutzungsverordnungen bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrats."
Vom 1. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1991 bestimmten sich die genannten Dienstleistungen nach § 84 Abs. 1 Nr. 6.1 und 6.2 der Telekommunikationsordnung (TKO). Seit dem 1. Juli 1991 werden Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen auf der Grundlage von §§ 7 und 8 der Verordnung über den Datenschutz bei Dienstleistungen der Deutschen Bundespost TELEKOM (TELEKOM-Datenschutzverordnung - TDSV) vom 24. Juni 1991 (BGBl. I S. 1390) angeboten. Diese Vorschriften lauten:
    "§ 7 Störungen und Mißbrauch von Telekommunikationseinrichtungen und Telekommunikationsdienstleistungen
    (1) Die Deutsche Bundespost TELEKOM darf, soweit es im Einzelfall erforderlich ist, zur
    1. Erkennung, Eingrenzung und Beseitigung von Störungen und Fehlern der Fernmeldeanlagen die Bestandsdaten (§ 4) und Verbindungsdaten (§ 5) der Kunden und Beteiligten erheben, verarbeiten und nutzen;
    2. Aufdeckung des strafbaren Mißbrauchs von Fernmeldeanlagen und der mißbräuchlichen Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen Verbindungsdaten (§ 5) erheben, verarbeiten und nutzen.
    (2) Soweit es zur Verhütung und Aufdeckung mißbräuchlicher Inanspruchnahme von Mobilfunknetzen erforderlich ist, darf die Deutsche Bundespost TELEKOM die in Mobilfunknetzen erhobenen Verbindungsdaten in der Weise verarbeiten und nutzen, daß aus dem Gesamtbestand aller Abrechnungszeiträume eines Monats die Daten derjenigen Verbindungen des Netzes ermittelt werden, für die tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht strafbaren Mißbrauchs von Fernmeldeanlagen oder der mißbräuchlichen Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen begründen. Die Daten der anderen Verbindungen sind unverzüglich zu löschen, sofern ihre weitere Speicherung nicht nach einer anderen Vorschrift dieser Verordnung zulässig ist.
    (3) Die Verarbeitung nach Absatz 2 Satz 1 ist nur mit der Zustimmung des Bundesministers für Post und Telekommunikation zulässig. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ist vor der Zustimmung anzuhören.
    § 8 Mitteilen ankommender Verbindungen
    (1) Einem Kunden (Antragsteller), der glaubhaft macht, daß bei seinem Anschluß anonyme bedrohende oder belästigende Anrufe ankommen, kann auf schriftlichen Antrag Auskunft über die Anschlüsse erteilt werden, von denen nach seinen Angaben die bedrohenden oder belästigenden Anrufe ausgegangen sind. Dabei dürfen die Rufnummern, Namen und Anschriften der Inhaber dieser Anschlüsse sowie Datum und Uhrzeit des Beginns der Verbindung und der Verbindungsversuche erhoben, gespeichert und dem Antragsteller mitgeteilt werden.
    (2) Der Kunde des Anschlusses, von dem die als bedrohend oder belästigend bezeichneten Anrufe ausgegangen sind, ist zu unterrichten, daß über die diese Anrufe betreffenden Verbindungen Auskunft erteilt wurde. Davon kann abgesehen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, daß ihm aus dieser Mitteilung wesentliche Nachteile entstehen können und diese Nachteile bei Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Anrufers als wesentlich schwerwiegender erscheinen. Auf begründeten Antrag des Kunden des Anschlusses, von dem die als bedrohend oder belästigend bezeichneten Anrufe ausgegangen sind, ist dieser über die Auskunftserteilung zu unterrichten."
Die TELEKOM-Datenschutzverordnung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 30 des Postverfassungsgesetzes (Art. 1 des Poststrukturgesetzes vom 8. Juni 1989, BGBl. I S. 1026). Die Vorschrift lautet:
    "§ 30 Rechtsverordnungen des Post- und Fernmeldewesens
    (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Unternehmen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation durch Rechtsverordnung Rahmenvorschriften für die Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST und Deutsche Bundespost TELEKOM sowie der gemäß § 25 Abs. 2 bestimmten Pflichtleistungen des Unternehmens Deutsche Bundespost POSTBANK zu erlassen. Sie kann dabei insbesondere Regelungen über den Vertragsabschluß, den Gegenstand und die Beendigung der Verträge treffen und die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie der sonstigen am Post- und Fernmeldeverkehr Beteiligten einschließlich der Haftungsregelungen im Bereich des Unternehmens Deutsche Bundespost TELEKOM sowie die Bedingungen, zu denen Endeinrichtungen anzuschließen sind, festlegen. Hierbei sind die Interessen der Beteiligten ausgewogen zu berücksichtigen.
    (2) Die Bundesregierung erläßt nach Anhörung der Unternehmen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation durch Rechtsverordnung Vorschriften für die Unternehmen der Deutschen Bundespost zum Schutz personenbezogener Daten der am Post- und Fernmeldeverkehr Beteiligten. Die Vorschriften haben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere der Beschränkung der Erhebung und Verarbeitung auf das Erforderliche, sowie dem Grundsatz der Zweckbindung Rechnung zu tragen. Dabei sind die berechtigten Interessen des jeweiligen Unternehmens und der Betroffenen zu berücksichtigen. In diesem Rahmen sind insbesondere Vorschriften zu erlassen, soweit zur Sicherung der Richtigkeit des Leistungsentgelts, zur Störungsbeseitigung oder zur Verhinderung mißbräuchlicher Verwendung von Telekommunikationseinrichtungen der Deutschen Bundespost TELEKOM personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet oder soweit nach § 14 a Abs. 1 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen Nachrichteninhalte verarbeitet werden."
Einen Hinweis gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG auf Einschränkungen von Art. 10 Abs. 1 GG enthalten die Gesetze nicht.
II.
1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens erhielt seit etwa März 1985 - zunächst über den Telefonanschluß des von ihr betriebenen Cafes und dann über ihren Privatanschluß - wiederholt anonyme Anrufe. Da sie mit dem früheren Freund der Beschwerdeführerin befreundet ist, vermutete sie in dieser die Anruferin. Nachdem sie entsprechende Vorwürfe erhoben hatte, wurde sie von der Beschwerdeführerin auf Unterlassung der Behauptung verklagt. In diesem Rechtsstreit gab sie eine Unterlassungserklärung ab. Der Rechtsstreit wurde daraufhin für erledigt erklärt; die Kosten des Verfahrens wurden ihr auferlegt.
Als es in der Folgezeit erneut zu anonymen Anrufen kam, ließ die Klägerin des Ausgangsverfahrens von der Deutschen Bundespost eine Zählervergleichseinrichtung installieren, in die ihr Telefonanschluß und der Anschluß des neuen Freundes der Beschwerdeführerin, bei dem diese seit September 1986 wohnte, einbezogen wurden. Im Überwachungszeitraum vom 26. September bis zum 30. Dezember 1986 wurden neun und vom 16. Februar bis zum 31. März 1987 sieben Anrufe vom Apparat des Freundes zum Anschluß der Klägerin des Ausgangsverfahrens festgestellt. Diese verklagte nunmehr die Beschwerdeführerin auf Unterlassung und Schadensersatz (unter anderem Kosten der Gesprächsbeobachtung und des vorangegangenen Gerichtsverfahrens).
2. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es stehe fest, daß die Klägerin zwischen dem 26. November 1986 und dem 26. März 1987 vom Telefonanschluß des Freundes der Beschwerdeführerin aus sechzehnmal angerufen worden sei. Aufgrund aller Umstände habe das Gericht gemäß § 286 ZPO die Überzeugung gewonnen, daß die Anrufe von der Beschwerdeführerin veranlaßt worden seien. Auf ihren Vortrag, sie habe sich zu den fraglichen Zeiten andernorts aufgehalten, komme es deshalb nicht an, weil in diesem Fall davon auszugehen sei, daß sie einen Dritten mit den Anrufen beauftragt habe. Ein unbeteiligter Dritter sei als Anrufer praktisch auszuschließen.
3. Das Oberlandesgericht hat die Berufung im wesentlichen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Beweisverwertung der Fangschaltungsergebnisse der Deutschen Bundespost sei zulässig; ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG und die §§ 100 a und 100 b StPO liege nicht vor. Zwar schütze das Fernmeldegeheimnis nicht nur den Inhalt von Ferngesprächen, sondern auch die näheren Umstände, unter denen sie geführt würden. Dazu gehöre auch, ob zwischen bestimmten Personen überhaupt ein Gespräch stattgefunden habe. Lasse ein Fernsprechteilnehmer bei Eingriffen in seine Privatsphäre eine Fangschaltung anbringen, um festzustellen, wer bei ihm angerufen habe, so werde dadurch das Fernmeldegeheimnis jedoch nicht verletzt, weil es nicht zwischen Anrufendem und Angerufenem gelte.
Das Landgericht habe zutreffend aus den dargelegten Umständen auf die zumindest mittelbare Täterschaft der Beschwerdeführerin geschlossen. Die rein theoretische Möglichkeit, daß Dritte sich unberechtigterweise Zugang zur Wohnung der Beschwerdeführerin und ihres Freundes verschafft und von dort aus die Klägerin angerufen haben könnten, reiche nicht aus, die nach § 286 ZPO gewonnene Überzeugung zu erschüttern. Die zahlreichen Anrufe aus dieser Wohnung bei der Klägerin ließen sich nur dadurch erklären, daß sie von der Beschwerdeführerin veranlaßt worden seien.
III.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 20 Abs. 3 GG. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor:
Die Zivilgerichte hätten die Fangschaltungsergebnisse nicht als Beweis verwerten dürfen, weil diese rechtswidrig gewonnen worden seien. Dazu hätte es eines richterlichen Beschlusses gemäß § 100 b StPO bedurft. Der Begriff "Fernmeldeverkehr" in §§ 100 a und 100 b StPO umfasse nicht nur den Inhalt eines Gesprächs, sondern auch die damit verbundenen Vorgänge wie das Anwählen des Gesprächspartners.
Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die Gerichte die von ihr angebotenen Beweise dafür, daß sie als Anruferin ausscheide, nicht erhoben hätten. Die angegriffenen Entscheidungen beruhten auf einer unzulässigen Beweislastumkehr zu ihren Lasten. Durch die Ergebnisse der Fangschaltung sei nicht ihre Täterschaft bewiesen, sondern nur der Umstand, daß die Telefonate von ihrer Wohnung ausgegangen seien. Es werde ihr zugemutet, einen Negativbeweis nicht nur für sich und ihren Freund, sondern für eine beliebig verlängerbare Reihe unbekannter Dritter zu führen. Dies widerspreche einem rechtsstaatlich fairen Verfahren, weil ihr eine Beweisführung abverlangt werde, die unerfüllbar sei.
IV.
1. Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister für Post und Telekommunikation geäußert. Nach seiner Auffassung ist die Verfassungsbeschwerde nicht begründet; auch das Angebot von Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen durch die Deutsche Bundespost TELEKOM sei grundrechtlich nicht zu beanstanden.
Fangschaltungen ermöglichten es einem Teilnehmer, durch Wählen einer ihm zugeteilten Nummer während des Telefonates die Verbindung aufrechtzuerhalten und den Anschluß, von dem aus er angerufen werde, feststellen zu lassen. Sie seien regelmäßig nur möglich, wenn die betroffenen Anschlüsse in demselben Ortsnetz lägen. In anderen Fällen seien Zählervergleichseinrichtungen erforderlich, die am Anschluß des verdächtigen Fernsprechteilnehmers angebracht würden. Registriert würden alle von diesem Anschluß abgehenden Telefonate nach Datum, Zeitpunkt des Beginns und des Endes, angewähltem Anschluß sowie Zahl der Gebühreneinheiten. Mitgeteilt würden allerdings nur die zum Anschluß des Antragstellers hergestellten Verbindungen. Die gespeicherten Daten würden vor der Mitteilung gelöscht. Bei einer umfassenden Ausrüstung mit digitalisierter Vermittlungstechnik seien Zählervergleichseinrichtungen in Zukunft nicht mehr erforderlich. Es bräuchten dann - entsprechend den Fangschaltungen - nur noch die bei dem Belästigten ankommenden Anrufe aufgezeichnet zu werden.
Das Anbringen einer Fangschaltung stelle keinen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG dar, weil das Fernmeldegeheimnis nicht zwischen den am Fernsprechvorgang Beteiligten gelte. Es stehe ihnen frei, sich gegenüber Dritten zu Inhalt und Umständen ihres Telefonats zu äußern. Sie könnten auch auf den Grundrechtsschutz aus Art. 10 Abs. 1 GG verzichten und sich mit einer Überwachung ihrer Gespräche einverstanden erklären. Dafür genüge das Einverständnis eines der Teilnehmer. Zwar fehle dieses Einverständnis bei der Zählervergleichseinrichtung, weil nicht nur die zum Antragsteller hergestellten, sondern alle vom überwachten Apparat ausgehenden Verbindungen aufgezeichnet würden; dies sei aber grundrechtlich nicht zu beanstanden, weil es zur Verhütung des Mißbrauchs erforderlich sei. Das Fernmeldegeheimnis sei insoweit immanent begrenzt.
Aus dem Benutzungsverhältnis zwischen der Deutschen Bundespost und dem Fernsprechteilnehmer ergebe sich ein Überwachungsrecht zur Verhütung von Mißbrauch. Der ordnungsgemäße Gebrauch der Fernsprecheinrichtungen stelle eine betriebsbedingte Schranke des Schutzbereiches von Art. 10 Abs. 1 GG dar. § 7 Fernmeldeanlagengesetz (FAG) gebe dem Teilnehmer nur das Recht zu einem ordnungsgemäßen Gespräch. Diese Einschränkung der Zulassung sei von jeher Inhalt des postalischen Leistungsangebotes gewesen; dieses habe sich nie auf die technische Bereitstellung der Anlage beschränkt.
Die immanente Begrenzung des Benutzungsrechts auf den ordnungsgemäßen Fernsprechverkehr entspreche der Funktion der Deutschen Bundespost als bundesunmittelbarer Verwaltung gemäß Art. 87 Abs. 1 GG. Mit dieser Stellung und in Anbetracht der übertragenen Monopolrechte obliege es der Deutschen Bundespost, die Bürger vor Schäden zu schützen, die aus der Bereitstellung der Technik erwachsen könnten. Sie genüge dieser Schutzpflicht durch das Angebot entsprechender Dienstleistungen, mit deren Hilfe der betroffene Bürger die Anonymität eines bedrohenden oder belästigenden Anrufers aufheben könne. Zwar bewege sich die Weitergabe der erhobenen Daten nicht mehr im Rahmen des Überwachungsrechts zur Verhinderung des Mißbrauchs. Da dem Antragsteller aber nur die zu seinem Anschluß hergestellten Verbindungen mitgeteilt würden, sei die Datenweitergabe durch dessen Verzicht auf die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gerechtfertigt.
In den §§ 7, 8 TDSV seien seit 1. Juli 1991 bereichsspezifische Datenschutzregelungen enthalten. Die Befugnis zum Erlaß von Vorschriften zur Verhinderung einer mißbräuchlichen Verwendung von Telekommunikationseinrichtungen ergebe sich nunmehr unmittelbar aus dem Gesetz, nämlich aus § 30 Abs. 2 PostVerfG. Dort werde auf die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze verwiesen. Auf ins einzelne gehende Regelungen im Gesetz habe der Gesetzgeber verzichtet, um eine ungehinderte Weiterentwicklung der Telekommunikation zu ermöglichen. Die Notwendigkeit, die gesetzliche Regelung entwicklungsoffen zu formulieren, ergebe sich auch aus der schon eingeleiteten Harmonisierung der Regelungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.
2. Nach Auffassung des Justizministeriums Baden-Württemberg sind die angegriffenen Urteile einfachrechtlich bedenklich, aber von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Da die Beschwerdeführerin zur Unterlassung verurteilt worden sei, habe ihre Urheberschaft für die anonymen Anrufe zu den klagebegründenden Tatsachen gehört. Die Klägerin habe die Urheberschaft zwar behauptet, dafür aber keinen Beweis angeboten. Möglicherweise hätte die Klage schon deshalb abgewiesen werden müssen. Auf jeden Fall hätten aber die von der Beschwerdeführerin angebotenen Gegenbeweise erhoben werden müssen. Aus diesen einfachrechtlichen Bedenken könnten jedoch keine Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG und gegen rechtsstaatliche Grundsätze (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) hergeleitet werden. Die Beweiserhebung sei unterblieben, weil die Gerichte die Beweisantritte der Beschwerdeführerin als unerheblich angesehen hätten. Es begründe aber keinen Gehörsverstoß, wenn die Gerichte den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt ließen.
Die angegriffenen Urteile verstießen auch noch nicht gegen Grundsätze rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung. Das Bundesverfassungsgericht verwende insoweit einen eingeschränkten Prüfungsmaßstab, dem die Handhabung des Beweisrechts durch die Gerichte im vorliegenden Fall standhalte.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Zwar sind die Angaben über den Fernsprechverkehr ohne ausreichende gesetzliche Grundlage gewonnen und an die Klägerin des Ausgangsverfahrens weitergegeben worden. Die Zivilgerichte waren gleichwohl verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, den von der Klägerin angebotenen Beweis zurückzuweisen. Sie mußten auch den von der Beschwerdeführerin angebotenen Beweis nicht erheben.
I.
Die Verwertung der aus der Gesprächsbeobachtung stammenden Beweise verstößt nicht gegen das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 10 GG, das diese zwar nicht ausdrücklich, wohl aber der Sache nach neben den von ihr benannten Grundrechten als verletzt gerügt hat.
1. Die Erfassung der Gesprächsdaten durch die Deutsche Bundespost und die Verwertung der so erlangten Informationen durch die Gerichte berühren allerdings das Fernmeldegeheimnis.
a) Die Telefongespräche der Beschwerdeführerin sowie die über ihren Fernsprechanschluß hergestellten Telefonverbindungen unterliegen nach Inhalt und Umständen dem Schutz von Art. 10 Abs. 1 GG.
Art. 10 Abs. 1 GG gehört zu den Grundrechten, die die Privatsphäre schützen (vgl. BVerfGE 67, 157 [171]). Gegenstand des Schutzes sind Kommunikationen, die wegen der räumlichen Distanz zwischen den Beteiligten auf Übermittlung durch Dritte, typischerweise die Post, angewiesen sind. Das Grundrecht soll jener Gefahr für die Vertraulichkeit der Mitteilung begegnen, die sich gerade aus der Einschaltung eines Übermittlers ergibt. Seine besondere Bedeutung gewinnt es aus der Erfahrung, daß der Staat unter Berufung auf seine eigene Sicherheit sowie die Sicherheit seiner Bürger häufig zum Mittel der Überwachung privater Kommunikation gegriffen hat. Dabei kommt es ihm zustatten, daß als Vermittler überwiegend die staatlich betriebene Post auftritt. Der Zugriff wird dadurch sowohl leichter als auch unauffälliger. Die Tragweite des Postgeheimnisses ist daher verkürzt, wenn man es primär als Schutz vor den Bediensteten der Post ansieht. Der Grundrechtsschutz bezieht sich historisch und aktuell vor allem auf die staatlichen Sicherheitsbehörden. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht herausgestellt, daß Art. 10 GG nicht nur den Einzelnen gegenüber der Post, sondern auch Bürger und Post gegenüber anderen staatlichen Stellen schützt (vgl. BVerfGE 67, 157 [172]).
Den grundrechtlichen Schutz genießt in erster Linie der Kommunikationsinhalt. Es ist Sache der am Kommunikationsvorgang Beteiligten, darüber zu bestimmen, wer von dem Inhalt Kenntnis erlangen soll. Der Schutz erstreckt sich aber auch auf den Kommunikationsvorgang. Geschützt sind hier die näheren Umstände des Fernmeldeverhältnisses. Dazu zählt insbesondere die Tatsache, ob und wann zwischen welchen Personen und Fernmeldeanschlüssen Fernmeldeverkehr stattgefunden hat oder versucht worden ist (vgl. BVerfG, a.a.O.).
Auf die Erfassung kommunikationsrelevanter Daten kann freilich nicht gänzlich verzichtet werden, wenn nicht die Übermittlung selber unmöglich werden soll. Für die Postbeförderung sieht § 5 Abs. 2 PostG daher Ausnahmen vom Postgeheimnis vor, wenn sie zur betriebsbedingten Abwicklung des Postdienstes erforderlich sind. Bezüglich des Fernmeldegeheimnisses fehlt jedoch eine dem § 5 Abs. 2 PostG entsprechende gesetzliche Regelung. In Rechtsprechung und Lehre wird deswegen vielfach auf "betriebsbedingte Schranken" (so Dürig, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 10 Rdnr. 66), "immanente Schranken" (so OLG Köln, NJW 1970, S. 1857) oder in postbetrieblichen Erfordernissen begründete "innere Begrenzungen" (so BVerwG, NJW 1984, S. 2112) des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG verwiesen. Auch der Bundespostminister beruft sich in seiner Stellungnahme auf solche immanenten Schranken des Grundrechts, die sich aus betrieblichen Erfordernissen, insbesondere aus der Sicherung des ordnungsgemäßen Gebrauchs der Fernmeldeeinrichtungen, ergäben.
Diese Sicht wird dem Sinn der Grundrechte nicht gerecht. Der Grundrechtsschutz bezieht sich auf Bürgerverhalten. Dieses soll frei sein. Staatliche Maßnahmen gegenüber grundrechtsgeschütztem Bürgerverhalten sind Eingriffe. Im Interesse der Individualfreiheit werden sie besonderen Anforderungen unterworfen, die sich vor allem aus der Schrankenregelung des betroffenen Grundrechts und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Die Lehre von den immanenten Grenzen des Fernmeldegeheimnisses geht dagegen von den Bedürfnissen der Post und also von der - ihrer Auffassung nach nötigen und berechtigten - staatlichen Maßnahme zur Mißbrauchsbekämpfung, nicht vom Schutzbedürfnis des Bürgers aus. Sie ist folglich eingriffsorientiert. Eingriffsorientierte Gesichtspunkte haben aber bei der Definition des Schutzbereichs keinen Platz. Grundrechtliche Schutzbereiche lassen sich nicht nach Eingriffsnotwendigkeiten zuschneiden. Die Möglichkeit von Grundrechtsmißbräuchen kann ein rechtfertigender Grund für Grundrechtsbeschränkungen, nicht aber für Schutzbereichsbegrenzungen sein. Würde der Schutzbereich von Eingriffsbedürfnissen her bestimmt, so könnte das Grundrecht den Einzelnen auch nicht mehr vor fehlerhafter, mißbräuchlicher oder exzessiver Verwertung von Kommunikationsdaten durch die Post oder andere staatliche Stellen schützen. Denn ein Kommunikationsdatum, das aus dem Schutzbereich des Grundrechts herausfällt, kann auch nicht Gegenstand eines Grundrechtseingriffs und einer Grundrechtsverletzung sein. Deswegen ist davon auszugehen, daß alle der Post zur Beförderung oder Übermittlung anvertrauten Kommunikationsvorgänge, -träger und -inhalte den Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG genießen. Die Bedürfnisse des Postbetriebes und der Schutz anderer Fernsprechteilnehmer werden dadurch nicht außer acht gelassen, aber in den Bereich des Eingriffs und der Schrankenregelung verwiesen.
b) Die Deutsche Bundespost hat durch die Gesprächsbeobachtung und die Weitergabe der dabei gewonnenen Erkenntnisse an die Klägerin des Ausgangsverfahrens in das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 10 Abs. 1 GG eingegriffen.
Da Art. 10 Abs. 1 GG die Vertraulichkeit der Kommunikation schützen will, ist jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von kommunikativen Daten durch die Deutsche Bundespost oder andere staatliche Stellen Grundrechtseingriff. Am Eingriff kann es nur dort fehlen, wo die Beteiligten selber den Kommunikationsvorgang offengelegt oder in dessen Erfassung durch die öffentliche Gewalt eingewilligt haben.
Ein solcher Eingriffsausschluß liegt aber nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat weder ihre Anrufe selbst offenbart noch auf den Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG verzichtet. Es ist im Gegenteil für Gesprächsbeobachtungen charakteristisch, daß nur der Teilnehmer, der die Beobachtung beantragt, in diese einwilligt, während die anderen von der Beobachtung betroffenen Fernsprechteilnehmer in Unkenntnis des Vorgangs gehalten werden und daher auch nicht in ihn einwilligen können.
Auch eine generelle Einwilligung durch die Begründung des Teilnehmer- oder Benutzerverhältnisses liegt nicht vor. Wer ein solches Verhältnis begründet oder - wie heute - einen Fernsprechvertrag abschließt, weiß zwar in der Regel, daß es die Möglichkeit der Gesprächsbeobachtung gibt. Er willigt damit aber nicht darin ein, selber beobachtet zu werden. Eine solche Einwilligung scheidet schon deswegen aus, weil sich die Dispositionsfreiheit gegenüber der Deutschen Bundespost, die das Fernmeldemonopol innehat und deren Benutzungsbedingungen hoheitlich festgelegt werden, auf die Begründung des Fernsprechverhältnisses reduziert, aber nicht dessen nähere Bedingungen umfaßt.
Daß die Beschwerdeführerin den Telefonanschluß möglicherweise mißbraucht hat, kann den Beobachtungsmaßnahmen nicht den Charakter des Eingriffs nehmen, sondern allenfalls einen Eingriff rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, daß die Gesprächsbeobachtung nicht nur Teilnehmer trifft, die die Fernsprecheinrichtungen mißbrauchen. Es liegt vielmehr in der Natur der Mißbrauchskontrolle, daß das Kontrollergebnis nicht im voraus bekannt ist. Die Vertraulichkeit der Kommunikation, die das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG schützen will, wird also nicht nur hinsichtlich mißbräuchlicher, sondern auch hinsichtlich rechtmäßiger Postbenutzung durchbrochen.
Ein Eingriff scheidet schließlich auch nicht deswegen aus, weil das Fernmeldegeheimnis nicht zwischen den Gesprächsteilnehmern gilt. Zwar darf jeder Fernsprechteilnehmer ohne Grundrechtsverstoß Dritte von seinen Telefongesprächen unterrichten. Daraus folgt aber nicht, wie in der postrechtlichen Literatur allgemein angenommen wird (vgl. die Nachweise bei Amelung/Pauli, MDR 1980, S. 801, Anm. 2; ferner BVerwG, ZBR 1984, S. 157), daß ein Fernsprechteilnehmer mit Wirkung für den anderen auch gegenüber der Deutschen Bundespost auf die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verzichten kann. Wenn der Zweck des Fernmeldegeheimnisses darin liegt, Kommunikationsvorgänge und -inhalte gegen staatliche Zugriffe abzuschirmen, ist jede staatliche Einschaltung, die nicht im Einverständnis mit beiden Kommunikationspartnern erfolgt, Grundrechtseingriff.
Die gegenteilige Auffassung verkennt Bedeutung und Tragweite von Art. 10 GG, weil sie ihren Blick allein auf die Post richtet und diese wiederum lediglich in der Rolle des an dem Kommunikationsvorgang oder -inhalt nicht interessierten technischen Helfers für den belästigten Fernsprechteilnehmer sieht, während sie die in der Gesprächsbeobachtung liegende Gefahr einer Grundrechtsverletzung der anderen Gesprächsteilnehmer wie auch die Gefahr der Sammlung, Verwertung und Weitergabe der Informationen zu anderen Zwecken als dem Schutz belästigter Fernsprechteilnehmer aus den Augen verliert.
c) Der Eingriff in das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 10 Abs. 1 GG setzt sich durch die Verwertung der dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Daten zu Beweiszwecken im gerichtlichen Verfahren fort.
2. Der Eingriff verletzt die Beschwerdeführerin aber nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG.
a) Allerdings besteht für den Eingriff keine gesetzliche Grundlage. Eine solche verlangt Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG für Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses. Im Postgesetz und im Postverwaltungsgesetz findet sich keine derartige Ermächtigung. Auch die Fernmeldeordnung ermächtigte die Deutsche Bundespost nicht zur Gesprächsbeobachtung. Eine solche Ermächtigung ergibt sich weder aus § 12 noch aus § 38 Abs. 3 FO. Die Vorschrift des § 12 FO verbietet den Fernsprechteilnehmern eine mißbräuchliche Benutzung der Einrichtungen. Selbst wenn der anonyme Anruf bei anderen Fernsprechteilnehmern als Mißbrauch der Fernsprecheinrichtungen angesehen werden sollte, gibt § 12 FO der Deutschen Bundespost keine Handhabe zur Mißbrauchsverhütung; namentlich ermächtigt er sie nicht zur Beobachtung des Fernsprechverkehrs mittels Fangschaltungen oder Zählervergleichseinrichtungen. § 38 Abs. 3 FO enthält zwar eine Regelung über die Beobachtung von Teilnehmeranschlüssen. Diese Vorschrift beschreibt aber lediglich ein Dienstleistungsangebot der Deutschen Bundespost. Die Fernmeldeordnung legt dar, daß die Post auf Antrag eines Teilnehmers die Beobachtung übernimmt, und setzt die Gebühren für die Leistung fest. Eine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 GG kann darin nicht erblickt werden. Das Recht der Post zur Fernsprechüberwachung wird vielmehr als traditionell bestehend vorausgesetzt (vgl. OLG Köln, NJW 1970, S. 1857).
b) Die fehlende gesetzliche Eingriffsermächtigung führt aber für eine Übergangszeit nicht zur Unzulässigkeit der Gesprächsbeobachtung. Zwar liegt in dem Eingriff wegen des Fehlens der nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG erforderlichen gesetzlichen Grundlage ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis. Andererseits würde aber auch die Verweigerung von Gesprächsbeobachtungen grundrechtlich geschützte Belange von Fernsprechteilnehmern beeinträchtigen, die Opfer bedrohender oder belästigender anonymer Anrufe werden. Solche Anrufe können das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG empfindlich berühren. Die Betroffenen sind derartigen Angriffen relativ schutzlos ausgesetzt. Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen bilden für sie ein besonders wirksames, oft sogar das einzige Mittel der Gegenwehr. Zur Abwehr derartiger Angriffe und zur Geltendmachung zivilrechtlicher Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche sind sie daher auf Einrichtungen und Dienstleistungen der Deutschen Bundespost angewiesen. Dürften wegen fehlender gesetzlicher Grundlage keine Gesprächsbeobachtungen mehr stattfinden, so könnte diesen grundrechtlichen Belangen nicht Rechnung getragen werden. Die Betroffenen wären weitgehend schutzlos gestellt.
In derartigen Fällen hat das Bundesverfassungsgericht schon häufiger einen verfassungswidrigen Rechtszustand vorübergehend hingenommen, um eine Lage zu verhindern, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch ferner stünde als der bisherige Zustand (vgl. BVerfGE 33, 1 [12 f.]; 33, 303 [347]; 41, 251 [267]; 45, 400 [420]; 48, 29 [38]). Diese Überlegung gilt auch hier. Ein Gesetz, welches Gesprächsbeobachtungen zur Abwehr bedrohender oder belästigender anonymer Anrufe erlaubte, wäre bei angemessenem Ausgleich der betroffenen Grundrechte, hinreichenden verfassungsrechtlichen Vorkehrungen und wirksamer Mißbrauchssicherung verfassungsrechtlich zulässig. Sein Fehlen hinterläßt eine Schutzlücke. Bei einer Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlichen Mangel, der in dem Fehlen einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage besteht, und dem verfassungsrechtlichen Defizit, das im Fehlen des Persönlichkeits- und Gesundheitsschutzes gegenüber anonymen Anrufen liegt, geht der Schutz der Rechtsgüter aus Art. 2 GG vor. Während dort nur die ausreichende gesetzliche Grundlage eines materiell an sich zulässigen Eingriffs fehlt, steht hier der materielle Grundrechtsschutz selber auf dem Spiel. Bei Beachtung der dargelegten grundrechtlichen Anforderungen muß daher die Gesprächsbeobachtung vorübergehend auch ohne die an sich erforderliche gesetzliche Grundlage hingenommen werden.
c) Die Erhebung und Weitergabe der Gesprächsdaten ist hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu beanstanden, daß während der Übergangszeit in das Fernmeldegeheimnis nur eingegriffen werden darf, soweit dies zum Schutz der genannten Rechtsgüter im konkreten Fall unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 41, 251 [267]). Es läßt sich weder feststellen, daß die Deutsche Bundespost den Verdacht einer Belästigung nicht sorgfältig geprüft hat, noch ist der Verfassungsbeschwerde zu entnehmen, daß Daten über das unerläßliche Maß hinaus gespeichert oder für andere Zwecke verwendet werden. Da folglich die Gesprächsdaten trotz des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage nicht rechtswidrig erlangt waren, durften sie auch von den Zivilgerichten als Beweis verwertet werden. Einer Klärung der Frage, ob und inwieweit aus einem Grundrechtsverstoß bei der Beweiserhebung ein Beweisverwertungsverbot folgt, bedarf es daher im vorliegenden Fall nicht.
II.
In Fällen, in denen eine verfassungswidrige Rechtslage vorübergehend geduldet werden muß, ist der Gesetzgeber freilich verpflichtet, alsbald einen verfassungsmäßigen Zustand herzustellen. Eine solche Pflicht besteht auch hier, denn das inzwischen novellierte Postrecht enthält ebenfalls keine ausreichende gesetzliche Grundlage für Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 Abs. 1 GG durch Gesprächsbeobachtungen.
Zwar ermächtigen nunmehr §§ 7 und 8 TDSV die Deutsche Bundespost TELEKOM ausdrücklich, zur Aufdeckung mißbräuchlicher Inanspruchnahme der Fernsprecheinrichtungen Verbindungsdaten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 TDSV) sowie an Kunden, die Bedrohungen oder Belästigungen glaubhaft machen, weiterzugeben (§ 8 Abs. 1 TDSV). Ob diese Vorschriften einen ausreichenden Schutz des Fernmeldegeheimnisses enthalten, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Verordnung liegt jedenfalls keine ausreichende parlamentarische Ermächtigung zugrunde. Entgegen der Ansicht des Bundespostministers enthält § 30 Abs. 2 PostVerfG eine solche Ermächtigung nicht. Nach § 30 Abs. 2 PostVerfG erläßt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung Vorschriften für die Unternehmen der Deutschen Bundespost zum Schutz personenbezogener Daten der am Post- und Fernmeldeverkehr Beteiligten. Darauf nimmt Satz 4 Bezug, wenn er vorschreibt, daß "in diesem Rahmen" insbesondere Vorschriften zu erlassen sind, soweit zur Verhinderung mißbräuchlicher Verwendung von Telekommunikationseinrichtungen personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden.
Seinem Wortlaut nach ermächtigt § 30 Abs. 2 PostVerfG ausdrücklich nur zum Erlaß von Datenschutzvorschriften, nicht aber zum Erlaß von Vorschriften über die Erhebung der Daten selbst. Er ordnet den Erlaß von Datenschutzbestimmungen an, "soweit" personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet "werden". Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 30 Abs. 2 PostVerfG läßt sich nicht erkennen, daß mit dieser Vorschrift eine Ermächtigungsgrundlage für die Einrichtung von Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen bereitgestellt werden sollte. Weder die Begründung der Bundesregierung zu § 30 Abs. 2 PostVerfG - im Entwurf § 26 Abs. 2 - (BT-Drucks. 11/2854, S. 45 f.) noch der Bericht des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen vom 7. April 1989 (BT-Drucks. 11/4316, S. 78 f.) enthalten Hinweise darauf, daß über den Erlaß von Datenschutzvorschriften hinaus zur Erhebung von personenbezogenen Daten durch Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen ermächtigt werden sollte. Dieser Befund wird auch dadurch gestützt, daß das Gesetz keinen Hinweis nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG enthält.
Daß die Deutsche Bundespost zum Zwecke der Mißbrauchsabwehr Fernsprechdaten erheben darf, ist in § 30 Abs. 2 Satz 4 PostVerfG vielmehr stillschweigend vorausgesetzt. Eine solche unausgesprochene Annahme wird den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts jedoch nicht gerecht. Dessen Sinn erschöpft sich nicht in einer förmlichen Kompetenzverteilung zwischen den Staatsorganen. Wenn das Grundgesetz die Einschränkung von grundrechtlichen Freiheiten und den Ausgleich zwischen kollidierenden Grundrechten dem Parlament vorbehält, so will es damit sichern, daß Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären. Diese Funktion kann der Gesetzesvorbehalt aber nur erfüllen, wenn die Ermächtigung zum Freiheitseingriff im Gesetz nicht bloß unausgesprochen vorausgesetzt, sondern ausdrücklich offengelegt wird. In der Unterstützung dieses Zwecks findet auch das Gebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG seinen eigentlichen Sinn.
III.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen auch nicht andere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte der Beschwerdeführerin.
1. Art. 103 Abs. 1 GG ist dadurch, daß die Gerichte den von der Beschwerdeführerin angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben haben, nicht verletzt. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerfGE 65, 293 [295 f.]; 70, 288 [293] m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG bietet aber keinen Schutz dagegen, daß ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird.
Das Oberlandesgericht konnte ohne Verfassungsverstoß auf die Erhebung des angebotenen Zeugenbeweises verzichten, weil es das tatsächliche Vorbringen der Beschwerdeführerin insoweit als wahr unterstellt hat. Es hat maßgeblich auf den Umstand abgehoben, daß 16 Anrufe aus der Wohnung der Beschwerdeführerin festgestellt wurden, und daraus gefolgert, daß die Anrufe zumindest von ihr veranlaßt worden seien. Danach kam es auf den angebotenen Zeugenbeweis über den Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin zu den fraglichen Zeitpunkten nicht mehr an.
2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren wegen unzulässiger Beweislastumkehr rügt, liegt ebenfalls kein Grundrechtsverstoß vor.
Das Recht auf ein faires Verfahren als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips bedarf der Konkretisierung, die in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der jeweils zuständigen Gerichte ist. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip kann vom Bundesverfassungsgericht nur festgestellt werden, wenn ein Gericht die Bedeutung und Tragweite des Rechts auf ein faires Verfahren verkannt hat, rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind oder das Willkürverbot verletzt ist. Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt. Eine Beweislastumkehr im engeren Sinne liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin des Ausgangsverfahrens den Beweis erbracht hat, daß 16 Anrufe von der Wohnung der Beschwerdeführerin ausgegangen waren. Legte man die Beweisanforderungen zugrunde, die die Beschwerdeführerin für geboten erachtet, wäre es der Klägerin im Ausgangsverfahren unmöglich, Eingriffe in ihre Privatsphäre durch Telefonanrufe abzuwehren. Wenn die angefochtenen Entscheidungen deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangen, aus den näheren Umständen ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin die Anrufe veranlaßt haben müsse, so ist dies nachvollziehbar und vertretbar.
Die von den Fachgerichten vorgenommenen tatsächlichen Feststellungen und die Würdigung des Beweises sind unter diesen Umständen der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]).
Herzog, Henschel, Seidl, Grimm, Söllner, Dieterich, Kühling, Seibert