BVerfGE 96, 345 - Landesverfassungsgerichte
1. Ein nach Art. 142 GG prinzipiell geltendes Landesgrundrecht wird gemäß Art. 31 GG von einfachem Bundesrecht jedenfalls insoweit nicht verdrängt, als Bundes- und Landesgrundrecht einen bestimmten Gegenstand in gleichem Sinn und mit gleichem Inhalt regeln und in diesem Sinne inhaltsgleich sind.
2. Raum für die Anwendung der parallel mit den Grundrechten des Grundgesetzes verbürgten Grundrechte der Landesverfassung bleibt den Richtern eines Landes auch bei der Durchführung eines bundesrechtlich geregelten Verfahrens. Der Rechtsanwender trägt eine eigenständige Verantwortung für die Durchsetzung der subjektiven Verfassungsrechte.
3. a) Die Kompetenz des Landes für seine Landesverfassungsgerichtsbarkeit erlaubt eine Regelung, nach der eine Verletzung mit dem Grundgesetz inhaltsgleicher subjektiver Landesverfassungsrechte durch ein Gericht des Landes bei der Durchführung des bundesrechtlich geregelten Verfahrens mit der Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht gerügt und die angegriffene Gerichtsentscheidung von diesem aufgehoben werden kann. Diese Regelung darf nicht weitergehen, als es zur Verwirklichung des Zwecks der Verfassungsbeschwerde unerläßlich ist. Nur insoweit wird die Reichweite der Bundeskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG durch die Landeskompetenz begrenzt.
b) Die Landesverfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen der Gerichte eines Landes darf danach nur insoweit zugelassen werden, als ein von den Verfahrensordnungen des Bundes eröffneter Rechtsweg zuvor ordnungsgemäß ausgeschöpft wurde und die danach verbleibende Beschwer des Beschwerdeführers auf der Ausübung der Staatsgewalt des Landes -- und nicht auch der des Bundes -- beruht.
4. a) Inhaltsgleich -- und damit zulässiger Prüfungsmaßstab für das Landesverfassungsgericht -- ist das entsprechende Landesgrundrecht nur, wenn es in dem zu entscheidenden Fall zu demselben Ergebnis wie das Grundgesetz führt.
b) Bei der Prüfung dieser Vorfrage ist das Landesverfassungsgericht gemäß § 31 BVerfGG an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden und unterliegt der Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 3 GG.
5. Gegenstand einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG kann auch ein -- von den Gerichten abweichend beurteilter -- Rechtsmaßstab sein, der so weit gefaßt ist, daß er auch Geltung für weitere Fallgruppen hat, die bei dem vorlegenden Gericht zur Entscheidung anfallen können.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 15. Oktober 1997
-- 2 BvN 1/95 --
in dem Verfahren betreffend die verfassungsrechtliche Frage, ob Artikel 31 des Grundgesetzes den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen daran hindert, die Anwendung von Bundesrecht des gerichtlichen Verfahrens am Maßstab der Sächsischen Verfassung zu überprüfen, vorlegendes Gericht: Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen -- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß vom 21. September 1995 -- Vf. 1-IV-95 --.
Entscheidungsformel:
Das Grundgesetz hindert den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen nicht daran, die Anwendung von Bundesrecht des gerichtlichen Verfahrens durch Gerichte des Freistaates Sachsen an den Grundrechten und grundrechtsgleichen Gewährleistungen der Sächsischen Verfassung zu messen, soweit sie den gleichen Inhalt wie entsprechende Rechte des Grundgesetzes haben.
 
Gründe:
 
A.
Das Verfahren betrifft eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG zur Auslegung des Art. 31 GG in Fällen, in denen eine Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgericht eines Landes gegen Entscheidungen von Gerichten des Landes eröffnet ist, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind.
I.
1. Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, der folgender Ausgangsfall zugrunde liegt:
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens klagte im Scheckprozeß gegen die Beklagte eine Forderung über 1.436,00 DM ein. Die beklagte Beschwerdeführerin des Verfassungsbeschwerdeverfahrens widersprach dem Anspruch im Scheckprozeß. Sie beantragte, ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten und focht die Scheckbegebung wegen widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 Abs. 1 BGB an. Im übrigen bestritt sie, daß die Klägerin für die in Rechnung gestellten 1.436,00 DM tatsächlich Leistungen erbracht habe. Zum Beweis legte die Beschwerdeführerin als Anlage zu einem Schriftsatz ein Schreiben ihres Steuerberaters vor. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Eilenburg erklärte die Klägerin, sie nehme vom Scheckprozeß Abstand. Daraufhin bot die Beschwerdeführerin Zeugenbeweis für ihre Behauptungen an. Die Klägerin rügte die Beweisangebote als verspätet.
Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin antragsgemäß und führte zur Begründung aus, die von der Beschwerdeführerin behauptete widerrechtliche Drohung sei nicht bewiesen worden. Der zum Beweis dieser Behauptung angebotene Zeugenbeweis sei "wegen Verstoßes gegen die allgemeine Prozeßförderungspflicht gemäß §§ 277 Abs. 1, 282 Abs. 1, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen". Zur Erhebung des Beweises sei die Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermines erforderlich, welcher die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Durch die Abstandnahme der Klägerin vom Scheckprozeß sei gemäß § 596 ZPO das ordentliche Verfahren eingeleitet worden, womit die Beschwerdeführerin stets habe rechnen müssen. Sie habe ausreichend Gelegenheit gehabt, sich zu dem Klagevorbringen zu äußern und entsprechende Beweise anzubieten. Die Behauptung, den Scheck erst auf eine widerrechtliche Drohung der Klägerin hin ausgestellt zu haben, habe sie bereits schriftsätzlich aufgestellt; dabei habe sie auch schon den erst im Termin angebotenen Zeugenbeweis antreten können. Gleiches gelte für den Beweisantritt zu ihrer Einwendung, die Klägerin habe keine Leistungen erbracht, welche die Ausstellung des Schecks in Höhe der Klageforderung rechtfertigen würden.
Mit ihrer gegen dieses Urteil beim Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des auch in der Verfassung des Freistaates Sachsen (Art. 78 Abs. 2) gewährleisteten rechtlichen Gehörs. Die Abstandnahme vom Scheckprozeß in der mündlichen Verhandlung sei für sie überraschend erfolgt; sie habe dies nicht vorhersehen müssen. Ihre Beweisangebote seien daher zu Unrecht als prozessual verspätet zurückgewiesen worden. Die Klägerin habe weder rechtzeitig vor dem Termin das Abgehen vom Scheckprozeß erklärt, noch die - schon acht Wochen vor dem Termin eingereichte - Klageerwiderung beantwortet.
2. Mit der Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG erhob die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens eine inhaltlich übereinstimmende Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen: 2 BvR 244/95). Durch nicht begründeten Beschluß der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 1997 wurde diese Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen.
II.
1. Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 der Sächsischen Verfassung (SächsVerf) und die §§ 7 Nr. 4, 27 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen (SächsVerfGHG) gestatten jeder Person, die sich durch die öffentliche Gewalt in einem ihrer in der Verfassung niedergelegten Grundrechte verletzt fühlt, die Erhebung der Verfassungsbeschwerde. Die Verfassungsbeschwerde kann erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SächsVerfGHG); eine Ausnahme gilt, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde (§ 27 Abs. 2 Satz 2 SächsVerfGHG). Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung stattgegeben, so hebt der Verfassungsgerichtshof diese auf und verweist die Sache an das zuständige Gericht zurück (§ 31 Abs. 2 SächsVerfGHG). Ein Annahmeverfahren sieht das Gesetz über den Sächsischen Verfassungsgerichtshof nicht vor.
2. Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen ist der Auffassung, das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Amtsgerichts Eilenburg verletze den in der Sächsischen Verfassung gewährleisteten Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Er beabsichtigt, das Urteil aufzuheben und hält sich für befugt, im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu überprüfen, ob Gerichte des Landes bei Anwendung des bundesrechtlich geregelten Verfahrensrechts jene Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte beachtet haben, die die Landesverfassung inhaltsgleich mit dem Grundgesetz gewährleistet. Da aber der Hessische Staatsgerichtshof der Ansicht ist, Art. 31 GG schließe dies aus, hat der Verfassungsgerichtshof durch Beschluß vom 21. September 1995 (NJW 1996, S. 1736 ff.) die Rechtsfrage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Er führt zur Begründung im wesentlichen aus:
Die Sächsische Verfassung sehe in Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 vor, daß der Verfassungsgerichtshof über Verfassungsbeschwerden gegen Akte der Landesstaatsgewalt entscheide, ohne daß dies auf Hoheitsakte beschränkt sei, denen Landesrecht zugrunde liege. Das Erfordernis einer solchen Einschränkung ergebe sich auch nicht aus Art. 31 GG. Art. 31 GG solle ausschließlich Normenkollisionen lösen. Dies setze einen materiell-inhaltlichen Normenwiderspruch voraus. Für Entscheidungen der Gerichte des Bundes und der Länder gelte diese Vorschrift nicht.
Zwar könne das Landesverfassungsgericht Bundesrecht nicht selbst an der Landesverfassung messen oder gar für verfassungswidrig erklären. Es sei jedoch nicht gehindert festzustellen, daß die Organe der Landesstaatsgewalt bei der Anwendung des Bundesrechts inhaltsgleiche Grundrechte der Landesverfassung verletzt hätten; an diese seien sie insoweit gebunden.
Schreibe Art. 142 GG vor, daß die in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte der Landesverfassungen "in Kraft bleiben", so müsse dies in der Weise verwirklicht werden, daß die Landesgrundrechte auch tatsächlich angewandt werden könnten. Bei inhaltsgleichem Prüfungsmaßstab sei daher eine gleichartige Kontrolle von Akten der Landesstaatsgewalt sowohl durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab des Grundgesetzes als auch durch den Sächsischen Verfassungsgerichtshof am Maßstab der Sächsischen Verfassung möglich.
Das vorlegende Verfassungsgericht legt unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen des Hessischen Staatsgerichtshofs dar, daß es mit seiner Ansicht von dessen Auffassung abweiche. Dies komme insbesondere in den Beschlüssen des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 1. April 1982 (P. St. 928) und vom 2. September 1982 (P. St. 950) zum Ausdruck, wo es für die Entscheidungen auch tragend gewesen sei. Der Hessische Staatsgerichtshof halte bis heute an seiner Rechtsprechung fest.
Die Vorlagefrage sei entscheidungserheblich. Sollte der Sächsische Verfassungsgerichtshof durch Art. 31 GG gehindert sein, das angegriffene Urteil des Amtsgerichts auf die landesverfassungsgemäße Anwendung von Bundesrecht hin zu überprüfen, sei die anhängige Verfassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Ausgehend von seiner Auffassung halte er die Verfassungsbeschwerde dagegen für zulässig und begründet.
Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Präklusionsvorschriften der Zivilprozeßordnung (vgl. BVerfGE 55, 72 [94]; zuletzt 75, 302 [312 ff.]) meint der Sächsische Verfassungsgerichtshof, es sei zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Amtsrichter im selben Termin unmittelbar nach der Abstandnahme der Klägerin vom Scheckprozeß im ordentlichen Verfahren weiterverhandelt habe. Trete die Beklagte dann jedoch - wie hier - sofort Beweis an, der nur im ordentlichen Verfahren erhoben werden könne, so dürfe dieser nicht als verspätet zurückgewiesen werden. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordere eine Vertagung, um so die Durchführung einer ordnungsgemäßen Beweisaufnahme mit allen nunmehr zulässigen Beweismitteln zu ermöglichen (unter Bezugnahme u.a. auf OLG Hamm, NJW 1974, S. 1515 f.). Eine solche verfassungsrechtlich erforderliche Anhörung habe hier nicht stattgefunden.
III.
Die in der Vorlage zur Entscheidung gestellte verfassungsrechtliche Problematik beschränkt sich nicht auf die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte der Länder Hessen und Sachsen.
1. Nahezu alle Landesverfassungen enthalten Grundrechte und grundrechtsgleiche Gewährleistungen. In Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erklärt die Landesverfassung die Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte des Grundgesetzes zum Bestandteil der Landesverfassung.
Alle Länder mit Ausnahme Schleswig-Holsteins haben Landesverfassungsgerichte eingerichtet. Allerdings besteht in den Ländern Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen für den Bürger nicht die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht. In Sachsen-Anhalt kann die Verfassungsbeschwerde nur gegen Landesgesetze erhoben werden (Art. 75 Nr. 6 VerfLSA). Eine Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht ist dem Bürger gegen Gesetze und Einzelakte in Berlin (Art. 72 Abs. 2 Nr. 4 BlnVerf), Brandenburg (Art. 6 Abs. 2, 113 Nr. 4 BbgVerf), Hessen (Art. 131 Abs. 1 HV, dort als Grundrechtsklage bezeichnet, §§ 15 Nr. 5, 43 Abs. 1 StGHG), Mecklenburg-Vorpommern (Art. 53 Nr. 6, 7 Verf M-V), Rheinland-Pfalz (Art. 135 Abs. 1 Nr. 6 Landesverfassung RhPf, § 44 Abs. 1 Verfassungsgerichtshofgesetz), dem Saarland (Art. 97 Nr. 4 SVerf, §§ 9 Nr. 13, 55 Abs. 1 VGHG), Sachsen (Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 SächsVerf) und Thüringen (Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 VerfThür) eröffnet. In Bayern kann gegen Einzelakte Verfassungsbeschwerde und gegen Gesetze Popularklage erhoben werden (Art. 66, 120, 98 Satz 4 BV).
2. Das Verhältnis der Landesverfassungsbeschwerde zu der Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht ist nicht überall einheitlich geregelt. In den Ländern Berlin und Brandenburg ist die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht nur zulässig, soweit nicht Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben ist oder wird (§ 49 Abs. 1 BerlVerfGHG; § 45 Abs. 1 VerfGGBbg). In Mecklenburg-Vorpommern ist die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht nicht zulässig, soweit eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts gegeben ist (§ 57 Abs. 3 LVerfGG). Im Saarland ist die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht unzulässig, sofern wegen der gleichen Verletzung die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zulässig ist (§ 55 Abs. 3 VGHG).
In Rheinland-Pfalz ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit die öffentliche Gewalt des Landes Bundesrecht ausführt oder anwendet, es sei denn, die Landesverfassung gewährt weitergehende Rechte als das Grundgesetz (§ 44 Abs. 2 Verfassungsgerichtshofgesetz).
Soweit die Möglichkeit der Individualverfassungsbeschwerde zum jeweiligen Landesverfassungsgericht besteht, ist diese nur zulässig, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist; jedoch besteht - außer in Bayern (vgl. dazu BayVerfGH, VerfGH 28, 14 [22 f.]) - eine Befugnis zu sofortiger Entscheidung des Landesverfassungsgerichts, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 BayVfGHG, § 49 Abs. 2 BlnVerfGHG, § 45 Abs. 2 VerfGGBbg, § 44 HessStGHG, § 57 Abs. 2 LVerfGG M-V, § 44 Abs. 3 RhPfVerfGHG, § 55 Abs. 4 SaarlVGHG, § 27 Abs. 2 SächsVerfGHG und § 31 Abs. 3 ThürVerfGHG).
3. Mit der verfassungsrechtlichen Problematik der Vorlagefrage haben sich bereits verschiedene Verfassungsgerichtshöfe der Länder befaßt.
a) Der Hessische Staatsgerichtshof, von dessen Rechtsprechung das vorlegende Gericht abweichen will, ist der Auffassung, nur wenn das Gericht seiner Entscheidung hessisches Landesrecht zugrunde gelegt habe, könne er prüfen, ob die Entscheidung des höchsten in der Sache zuständigen hessischen Gerichts auf einer Verletzung der hessischen Verfassung beruhe. Der Zulässigkeit des Antrags stehe dann nicht entgegen, daß die angegriffene Entscheidung in einem bundesgesetzlich geregelten Verfahren ergangen sei (HessStGH ESVGH 40, 1 [3]). Werde dagegen die Anwendung und Auslegung von Bundesrecht beanstandet, so fehle dem Staatsgerichtshof die Befugnis zur verfassungsrechtlichen Überprüfung. Bundesgesetze gingen nach Art. 31 GG dem Landesrecht, auch dem Landesverfassungsrecht, im Range vor. Dies gelte selbst für mit Bundesverfassungsrecht inhaltsgleiche Grundrechte und auch dann, wenn die Verletzung von Landesverfassungsrecht gerade durch das gerichtliche Verfahren selbst geltend gemacht werde (vgl. etwa HessStGH, Beschlüsse vom 1. April 1981 - P. St. 928 -, vom 2. September 1982 - P. St. 950 - vom 14. Dezember 1983 - P. St. 982 - abgedr. in: ESVGH 34, 12 [13], vom 14. April 1989 - P. St. 1076 - LS III abgedr. in: ESVGH 40, 75; vom 13. Januar 1993 - P. St. 1143 - teilw. abgedr. in: NVwZ 1994, S. 64).
Eine Ausnahme sei nur dann möglich, wenn das Gericht sich bei der angegriffenen Entscheidung von willkürlichen Erwägungen habe leiten lassen und sich damit außerhalb jeder Rechtsanwendung gestellt habe. Dann habe das Gericht seiner Entscheidung in Wahrheit überhaupt kein Bundesrecht zugrunde gelegt (HessStGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 1977 - P. St. 857 - und vom 30. Oktober 1980 - P. St. 925 -).
In neueren Entscheidungen (etwa StAnz 1994, S. 738 [739] und S. 1488 [1490]) weist der Hessische Staatsgerichtshof auf die abweichende Rechtsprechung des Bayerischen und des Berliner Verfassungsgerichtshofs hin, die zu einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 3 GG an das Bundesverfassungsgericht Anlaß geben könne. Einen Vorlagefall sah er indes bisher nicht als gegeben an, weil die dargestellte Rechtsauffassung in den entschiedenen Fällen nicht entscheidungserheblich war.
b) Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat sich mehrfach mit dem im Vorlagebeschluß angesprochenen Rechtsproblem befaßt. Er ist der Auffassung, die Anwendung von Bundesrecht könne wegen seines höheren Ranges nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung gemessen werden. Die Prüfung beschränke sich daher darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt habe. Eine solche Entscheidung stehe außerhalb jeder Rechtsanwendung; ihr liege in Wahrheit kein Bundesrecht zugrunde. In verfahrensrechtlicher Hinsicht prüft der Verfassungsgerichtshof allerdings auch Entscheidungen, die auf Bundesrecht beruhen und in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, daraufhin nach, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt worden ist, das mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (so etwa BayVerfGH, VerfGH 43, 12 [17]; 47, 47 [51]; 49, 67 [70 f.]).
c) Der Berliner Verfassungsgerichtshof sieht sich durch Art. 31 GG nicht gehindert, die Anwendung von Bundesrecht durch die Landesgerichte am Maßstab der mit Bundesverfassungsrecht inhaltsgleichen Gewährleistungen der Landesverfassung zu überprüfen (BerlVerfGH, NJW 1993, S. 513 [514]; S. 515 [516 f.]; 1994, S. 436 [437 f.]; 1995, S. 1344 ff.; JR 1993, S. 519 ff.; 1994, S. 300; 1995, S. 497 ff.; DVBl 1994, S. 1189 ff.).
d) Der Saarländische Verfassungsgerichtshof hält sich für befugt, eine mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung eines Landesgerichts, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren erging, inhaltlich am Maßstab der Landesverfassung zu überprüfen, wenn das Bundesrecht für besondere landesverfassungsrechtliche Gewährleistungen besonderen Entscheidungsraum läßt (SaarlVerfGH, NVwZ 1983, S. 604 ff.).
IV.
Zu der von der Vorlage aufgeworfenen Rechtsfrage haben sich geäußert: für die Bundesregierung das Bundesministerium der Justiz, die Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sowie die Präsidenten des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen, des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin, des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz.
1. Das Bundesministerium der Justiz legt dar, die Länder könnten ihre Verfassung, auch soweit sie inhaltlich mit Normen des Grundgesetzes übereinstimme, für ihre Rechtsprechung zum Maßstab nehmen. Sie hätten sowohl das Bundesrecht als auch die Landesverfassung zu beachten. Dies sei für die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte bedeutsam, da sie Akte der Landesstaatsgewalt ausschließlich am Maßstab der Landesverfassung prüfen könnten.
Art. 31 GG lasse es zu, daß die Länder ihre Rechtsprechung auch an die Landesverfassungen bänden. Es handle sich um eine Vorschrift, die Normenkollisionen lösen solle. Sie besage nichts über die Prüfungskompetenz der jeweils zuständigen Organe der Rechtsprechung. Die Vorschrift sei keine Kollisionsnorm für die Rechtsprechung.
Art. 31 GG hindere ein Landesverfassungsgericht daher nicht festzustellen, daß ein Landesgericht bei der Anwendung von Bundesrecht Grundrechte der Landesverfassung verletzt habe. Gemäß Art. 31 GG gehe zwar auch das einfache Bundesrecht der Landesverfassung im Rang vor. Hieraus könne jedoch keine Beschränkung der Prüfungskompetenz der Landesverfassungsgerichte hergeleitet werden. Eine Norm des einfachen Bundesrechts entfalte sich aufgrund der Regelung des Art. 142 GG sowohl in den Grenzen der Bundesgrundrechte als auch in denen der inhaltsgleichen Landesgrundrechte. Daher verstoße ein Landesgericht, das Bundesrecht unter Verletzung von Grundrechten des Grundgesetzes anwende, auch gegen die in der Landesverfassung parallel gewährleisteten Grundrechte.
Art. 142 GG könne nur dann wirken, wenn die fortgeltenden Landesgrundrechte als Maßstab für die Rechtsprechung der Landesgerichte gälten und die Landesverfassungsgerichte die Entscheidungen der Gerichte auch an diesem Maßstab messen könnten.
Auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 72 Abs. 2 GG stünden der Regelung der §§ 27 Abs. 1, 31 Abs. 2 SächsVerfGHG über die Prüfungs- und Kassationsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen nicht entgegen. Bei der Verfassungsbeschwerde handle es sich nicht um ein Rechtsmittel im Sinne der Prozeßgesetze, sondern um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, dem Suspensiv- und Devolutiveffekt fehlten.
Die Landesverfassungsgerichte verletzten durch die Inanspruchnahme einer Kompetenz zur Überprüfung der Anwendung von Bundesrecht auch nicht den Grundsatz der Bundestreue. Ernsthafte Gefahren für die Rechtseinheit bestünden aufgrund der Inanspruchnahme dieser Prüfungskompetenz nicht. Das Grundgesetz setze die Möglichkeit unterschiedlicher Rechtsansichten bei der Verfassungsauslegung zwischen einem Landesverfassungsgericht und dem Bundesverfassungsgericht oder zwischen verschiedenen Landesverfassungsgerichten voraus. Die Einheitlichkeit der Auslegung des Grundgesetzes und der Landesverfassung werde durch das Vorlageverfahren nach Art. 100 Abs. 3 GG gesichert. Die Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 3 GG bestehe auch dann, wenn ein Landesverfassungsgericht von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einem Bundesgrundrecht abweichen wolle, das ein Landesverfassungsgericht als inhaltsgleich mit dem Landesgrundrecht prüfe.
2. Der Präsident des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen verweist in seiner Stellungnahme auf die ständige Rechtsprechung des Hessischen Staatsgerichtshofs, wonach dieser nur die Anwendung von hessischem Landesrecht am Maßstab der hessischen Verfassung überprüfe. Zur Verdeutlichung weist er auf den Beschluß vom 14. April 1989 (P. St. 1076) hin. Dort ist ausgeführt, Bundesrecht gehe nach Art. 31 GG dem Landesrecht einschließlich dem Landesverfassungsrecht vor und könne deshalb nicht Gegenstand einer landesrechtlichen Grundrechtsklage sein. Wie die bundesrechtliche Norm selbst könne sich deren Anwendung nur an der für sie maßgeblichen Verfassung messen lassen; dies sei für Bundesrecht nur das Grundgesetz. Das gelte auch dann, wenn das Grundgesetz und die hessische Verfassung inhaltsgleiche Grundrechte gewährten. Ein Fall der Kollision im Sinne des Art. 31 GG sei auch gegeben, wenn der Staatsgerichtshof annehme, die Anwendung von Bundesrecht stehe mit einer Norm der hessischen Verfassung nicht in Einklang.
3. Die Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs verweist insbesondere auf die Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. Juni 1958 (VerfGH 11, 90 [94 f.]) und vom 17. Juli 1964 (VerfGH 17, 59). Danach überprüfe dieses Gericht mit Rücksicht auf Art. 142 GG die Anwendung des bundesrechtlich geregelten Verfahrensrechts am Maßstab des mit Art. 103 Abs. 1 GG übereinstimmenden Art. 91 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung. Hinsichtlich der Anwendung von materiellem Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung gemessen werden könne, beschränke sich die Überprüfung darauf, ob das Gericht willkürlich entschieden habe. Im übrigen könne eine gerichtliche Entscheidung, die auf der Grundlage willkürfrei angewandten einfachen Bundesrechts ergehe, nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sonstige verfassungsmäßige Rechte der Bayerischen Verfassung nicht verletzen.
4. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin hält die Überprüfung der Anwendung von Bundesrecht durch die Landesgerichte am Maßstab der mit Bundesverfassungsrecht inhaltsgleichen Gewährleistungen der Landesverfassung für vereinbar mit Art. 31 GG und verweist im wesentlichen auf die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs vom 23. Dezember 1992 (NJW 1993, S. 513 ff.) und vom 2. Dezember 1993 (JR 1994, S. 382 ff. = NJW 1994, S. 436 ff.).
5. Der Präsident des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg verweist in seiner Stellungnahme auf den Beschluß des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 15. September 1994 (NJW 1995, S. 1018 f.). Dort ist - im Rahmen eines obiter dictums - ausgeführt, die richterliche Rechtsanwendung in einem bundesrechtlich geordneten Verfahren könne allenfalls im Rahmen (bundes-)verfahrensrechtlich bestehender Handlungs- und Ermessensspielräume am Maßstab von Landesgrundrechten überprüft werden. Regele die jeweilige bundesrechtliche Verfahrensordnung das fachgerichtliche Verfahren abschließend und zwingend, bleibe für eine darauf bezogene Prüfung am Maßstab der Landesverfassung kein Raum.
6. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz weist in seiner Stellungnahme auf § 44 Abs. 2 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof hin, wonach eine Verfassungsbeschwerde unzulässig ist, soweit die öffentliche Gewalt des Landes Bundesrecht ausführt oder anwendet, es sei denn, die Landesverfassung gewährleistet weiterreichende Rechte als das Grundgesetz. Eine Fallgestaltung, in der § 44 Abs. 2 Satz 2 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof Bedeutung erlangt habe, sei dem Verfassungsgerichtshof allerdings bisher nicht unterbreitet worden; dies sei auch kaum zu erwarten.
 
B.
Die Vorlage ist gemäß Art. 100 Abs. 3 GG zulässig (I.). Die Vorlagefrage kann - über die engere entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinausgehend - weiter gefaßt werden (II.).
I.
Das Landesverfassungsgericht will bei der Auslegung des Grundgesetzes (1.) von einer Entscheidung des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen (2.); seine Rechtsansicht ist für seine Entscheidung erheblich (3.).
1. Der Hessische Staatsgerichtshof sieht sich in ständiger Rechtsprechung durch Art. 31 GG daran gehindert, Entscheidungen der Gerichte des Landes, die in Anwendung von Bundesrecht in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, an Vorschriften der hessischen Landesverfassung zu überprüfen. Der vorlegende Verfassungsgerichtshof vertritt demgegenüber die Auffassung, Art. 31 GG stehe einer solchen Überprüfung nicht entgegen. Damit besteht zwischen beiden Verfassungsgerichten eine Divergenz bei der Auslegung des Grundgesetzes.
2. Die beiden Entscheidungen des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen vom 1. April 1981 - P. St. 928 - und vom 2. September 1982 - P. St. 950 -, von denen das vorlegende Gericht abweichen will, betrafen Grundrechtsklagen gegen Erkenntnisse hessischer Landesgerichte. Der Staatsgerichtshof wies die Anträge als unzulässig zurück, weil ihm die Kompetenz zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen fehle; sie beruhten auf der Anwendung von Bundesrecht, das dem Landesrecht - auch dem Landesverfassungsrecht - nach Art. 31 GG vorgehe.
Diese Auffassung war für die Entscheidungen des Hessischen Staatsgerichtshofs in den herangezogenen Fällen entscheidungserheblich (zu dieser Voraussetzung einer zulässigen Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG vgl. BVerfGE 18, 407 [413]). Nur auf der Grundlage dieser Auslegung des Art. 31 GG konnte das Landesverfassungsgericht ohne Sachprüfung über die bei ihm erhobene Grundrechtsklage entscheiden.
3. Die Beantwortung der Vorlagefrage ist auch für die beabsichtigte Entscheidung des vorlegenden Gerichts entscheidungserheblich. Es legt dar, daß die von ihm zu treffende Entscheidung auf der Grundlage seiner Rechtsansicht anders ausfallen wird als auf der Grundlage der Rechtsansicht des Gerichts, von der abgewichen werden soll (vgl. BVerfGE 18, 407 [413]; 36, 342 [357 f.]). Diese naheliegende Beurteilung des vorlegenden Gerichts ist für das Bundesverfassungsgericht maßgebend (vgl. zum Maßstab BVerfGE 34, 348 [361]; stRspr).
Das vorlegende Gericht wird das angegriffene Urteil daher aufheben, wenn das Grundgesetz einer Überprüfung am Maßstab des Art. 78 Abs. 2 SächsVerf nicht entgegensteht. Bei Maßgeblichkeit der Auffassung des Hessischen Staatsgerichtshofs wäre die Verfassungsbeschwerde hingegen unzulässig.
Der Sächsische Verfassungsgerichtshof ist an einer Entscheidung über die seiner Vorlage zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde auch nicht deshalb gehindert, weil das Bundesverfassungsgericht inzwischen die von der Beschwerdeführerin gegen dieselbe Entscheidung des Amtsgerichts Eilenburg eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat. Der Streitgegenstand der Landesverfassungsbeschwerde, mit der Grundrechte der Landesverfassung geltend gemacht werden, ist ein anderer als derjenige einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, die eine Verletzung von Grundrechten des Grundgesetzes rügt. Auch enthält die Verfahrensordnung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs keine Regelung, nach der die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht der Zulässigkeit der Landesverfassungsbeschwerde entgegensteht.
II.
Gemäß § 85 Abs. 3 BVerfGG entscheidet das Bundesverfassungsgericht bei Vorlagen nach Art. 100 Abs. 3 GG "nur über die Rechtsfrage". Damit wird indes nicht angeordnet, daß die Vorlagefrage strikt und ausnahmslos auf die engere im Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Rechtsfrage zu begrenzen sei (1.). Das vorlegende Gericht hatte hier Anlaß, sie weiter zu fassen (2.). Auch für das Bundesverfassungsgericht ergibt sich die Notwendigkeit ihrer Ergänzung (3.).
1. a) Die Vorlagepflicht des Art. 100 Abs. 3 GG dient ebenso wie diejenige des Art. 100 Abs. 1 GG der Rechtseinheit und Rechtssicherheit. Für die Eingrenzung der vom Bundesverfassungsgericht auf eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 3 GG hin zu entscheidenden Rechtsfragen kann daher auf die zu den Vorlagefällen des Art. 100 Abs. 1 GG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Danach kommt eine Erweiterung der Vorlagefrage in Betracht, wenn der Gesamtzusammenhang des Vorlagebeschlusses ergibt, daß das vorlegende Gericht noch andere Fragen als die ausdrücklich angesprochenen erwogen hat und als erheblich ansieht (vgl. BVerfGE 18, 305 [308]; 21, 391 [400]; 28, 119 [137]). Eine Erstreckung der Vorlagefrage auf weitere Gesichtspunkte ist auch dann geboten, wenn sie anderenfalls einer sinnvollen Prüfung nicht zugänglich wäre (vgl. BVerfGE 69, 272 [295]; 78, 232 [242 f.]), oder wenn sich ein enger innerer Zusammenhang zwischen der entscheidungserheblichen Problematik und einer anderen Frage ergibt, so daß auch diese als zur Prüfung vorgelegt angesehen werden muß (vgl. BVerfGE 12, 151 [163]). Einen Teilbereich dieser Problematik regeln die §§ 78 Satz 2, 82 Abs. 1 BVerfGG für das Normenkontrollverfahren ausdrücklich. Diese Vorschriften werden auch auf andere verfassungsgerichtliche Verfahren angewandt (vgl. BVerfGE 91, 1 [26]), um künftige Vorlageverfahren zu erübrigen.
b) Aus diesen Grundsätzen folgt für die Besonderheiten einer Divergenzvorlage nach Art. 100 Abs. 3 GG, daß es dem vorlegenden Gericht gestattet ist, mit seiner Vorlagefrage einen - für das Ausgangsverfahren erheblichen - Rechtsmaßstab zu umschreiben, der so weit formuliert ist, daß er auch Geltung für weitere Fallgruppen hat, die bei diesem Gericht zur Entscheidung anfallen können. Andernfalls müßte es künftig zu weiteren Vorlagen kommen, wenn sich die abweichende Auffassung des anderen Verfassungsgerichts auch auf den weiteren Maßstab bezieht.
2. Nach diesen Grundsätzen hat der Verfassungsgerichtshof die Vorlagefrage zulässig gefaßt.
a) Die Verfassungsbeschwerde, die der Vorlage zugrunde liegt, betrifft ein Ausgangsverfahren, bei dem ein Amtsgericht die bundesrechtlich geregelte Zivilprozeßordnung anzuwenden hatte und dabei gegen das in der Sächsischen Verfassung inhaltsgleich mit Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete rechtliche Gehör verstoßen haben soll. Im engeren Sinne entscheidungserheblich ist damit allein die Frage der Zulässigkeit einer Kontrolle der Anwendung der Zivilprozeßordnung in einem nicht rechtsmittelfähigen amtsgerichtlichen Verfahren am Maßstab der landesverfassungsrechtlichen Garantie des rechtlichen Gehörs. Gleichwohl legt der Verfassungsgerichtshof dem Bundesverfassungsgericht die weiter formulierte - im folgenden schon unter Berücksichtigung ihrer Konkretisierung in den Gründen des Vorlagebeschlusses dargestellte - Frage vor, ob Art. 31 GG so auszulegen ist, daß er den Sächsischen Verfassungsgerichtshof daran hindert, die Anwendung von gerichtlichem Verfahrensrecht des Bundes durch Akte der Landesstaatsgewalt an den Grundrechten der Sächsischen Verfassung zu messen, soweit sie den gleichen Inhalt wie entsprechende Gewährleistungen des Grundgesetzes haben.
Der Verfassungsgerichtshof sieht danach nicht nur Verfassungsbeschwerden als zulässig an, welche die Fallgruppe der Anwendung der Zivilprozeßordnung betreffen; er hält sich vielmehr für befugt, alle Fälle einer Anwendung des gerichtlichen Verfahrensrechts des Bundes zu überprüfen. Er will diese Kontrolle daher auch gegenüber allen Fachgerichten des Landes und nicht nur gegenüber ordentlichen Gerichten ausüben. Mit den in der Vorlagefrage als Gegenstand der Überprüfung genannten "Akten der Landesstaatsgewalt" meint der Verfassungsgerichtshof ersichtlich die Entscheidungen aller Fachgerichte des Landes. Davon sind auch die Entscheidungen von Landesgerichten erfaßt, die von Bundesgerichten im Wege eines Rechtsmittels hätten überprüft werden können oder die durch ein solches Rechtsmittel bestätigt oder abgeändert wurden. Das Gericht will die Anwendung der bundesrechtlichen Verfahrensordnungen auch nicht nur auf die Beachtung der mit dem Grundgesetz inhaltsgleichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs überprüfen, sondern auf die Beachtung aller parallel verbürgten Verfahrensgrundrechte und darüber hinaus aller mit dem Grundgesetz inhaltsgleichen Grundrechte der Landesverfassung.
b) Die abweichende Auffassung des Hessischen Staatsgerichtshofs gibt dem vorlegenden Gericht Anlaß zu dieser maßstäblich mehrere Fallgruppen umgreifenden Vorlagefrage. Der Hessische Staatsgerichtshof lehnt es unter Hinweis auf Art. 31 GG ab, die Anwendung jeglichen bundesrechtlichen Verfahrensrechts durch jedes Gericht des Landes am Maßstab inhaltsgleicher Grundrechte und grundrechtsgleicher Gewährleistungen der Landesverfassung zu überprüfen. Die Rüge der Verletzung des Willkürverbots hält er nur deshalb für zulässig, weil er für diesen Fall nicht von der Anwendung von Bundesrecht ausgeht.
Die Divergenz zwischen den beiden Landesverfassungsgerichten beschränkt sich damit nicht auf die im Ausgangsverfahren im engeren Sinne entscheidungserhebliche Rechtsfrage; sie besteht vielmehr hinsichtlich einer allgemeineren Rechtsfrage, die für mehrere Fallgruppen gleichermaßen Maßstäbe setzt.
3. Auch das Bundesverfassungsgericht kann die Vorlagefrage entsprechend den zu 1. dargestellten Grundsätzen ergänzen.
a) Nicht veranlaßt ist eine Erweiterung der Vorlagefrage dahin, ob ein Landesverfassungsgericht auch berechtigt sein kann, die Anwendung materiellen Bundesrechts durch Landesgerichte auf die Beachtung der von der Landesverfassung inhaltsgleich mit dem Grundgesetz garantierten Grundrechte zu überprüfen. Das vorlegende Gericht beabsichtigt nicht, seine Maßstäbe auf derartige Fallgruppen anzuwenden. Zur verfassungsrechtlichen Absicherung seiner zukünftigen Rechtsprechung ist die Beantwortung dieser Frage daher nicht erforderlich. Diese Klärung verlangt auch einen zusätzlichen Prüfungsaufwand (vgl. dazu Stern, in: Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs 1997, S. 241 [255]).
b) Die Vorlagefrage muß aber erweitert werden, soweit der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen ausdrücklich nur die Frage vorlegt, ob Art. 31 GG der in Anspruch genommenen Prüfungskompetenz entgegensteht. Stillschweigend geht dieses Gericht zwar davon aus, daß auch andere Vorschriften des Grundgesetzes die beabsichtigte Prüfung nicht hindern. Das vorlegende Gericht hatte jedoch keinen Anlaß, diese Auffassung aufgrund der abweichenden Meinung eines anderen Landesverfassungsgerichts zum Inhalt der Vorlagefrage zu machen. Da der Hessische Verfassungsgerichtshof schon wegen der Auslegung des Art. 31 GG die Überprüfung am Maßstab parallel gewährleisteter Landesverfassungsrechte ablehnt, prüft er weitere möglicherweise entgegenstehende Verfassungsgrundsätze nicht. Das Bundesverfassungsgericht muß die Vorlagefrage um diese in engem Zusammenhang stehende Frage erweitern.
4. Nach allem ist im vorliegenden Verfahren zu entscheiden, ob das Grundgesetz das vorlegende Gericht hindert, die Anwendung von gerichtlichem Verfahrensrecht des Bundes durch Gerichte des Freistaates Sachsen an den Grundrechten und grundrechtsgleichen Gewährleistungen der Sächsischen Verfassung zu messen, soweit sie den gleichen Inhalt wie entsprechende Rechte des Grundgesetzes haben.
 
C.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlagefrage bisher nicht ausdrücklich entschieden. Es ist allerdings in zwei Entscheidungen ohne weiteres davon ausgegangen, daß ein Landesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eine im Zivilprozeß ergangene Entscheidung eines Landesgerichts am Maßstab der nach Art. 142, 31 GG geltenden landesgrundrechtlichen Gewährleistungen überprüfen kann (vgl. BVerfGE 22, 267 [270 f.]; 36, 342 [368]).
Die Vorlagefrage ist nunmehr dahin zu beantworten, daß das vorlegende Gericht nicht gehindert ist, die Anwendung von Verfahrensrecht des Bundes durch Gerichte des Landes auf die Einhaltung der mit dem Grundgesetz inhaltsgleichen subjektiven Rechte des Landesverfassungsrechts zu prüfen. Dabei muß allerdings die verfassungsrechtliche Beschwer eines Beschwerdeführers ausschließlich auf der Entscheidung eines Gerichts des Landes - und nicht auch des Bundes - beruhen. Zudem läßt die föderale Kompetenzordnung des Grundgesetzes die Anordnung einer Kassationsbefugnis des Landesverfassungsgerichts nur unter der Voraussetzung zu, daß die Subsidiarität gegenüber dem fachgerichtlichen Rechtsweg Voraussetzung einer Landesverfassungsbeschwerde ist.
I.
1. Art. 31 GG regelt als eine grundlegende Vorschrift des Bundesstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 36, 342 [365]) die Lösung von Widersprüchen zwischen Bundes- und Landesrecht. Er bestimmt das Rangverhältnis für alle Arten von Rechtssätzen jeder Rangstufe, nicht aber für Einzelfallentscheidungen, auch nicht der Gerichte (vgl. Pietzcker, HStR, Band IV, § 99 Rn. 24, S. 704; Schlaich, Das Bundesverfassungsgericht, 4. Aufl., 1997, S. 232 f.). Art. 31 GG löst die Kollision von Normen und setzt daher zunächst voraus, daß die Regelungen des Bundes- und Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind. Können die sich in ihrem Regelungsbereich überschneidenden Normen bei ihrer Anwendung zu verschiedenen Ergebnissen führen, so bricht Bundesrecht jeder Rangordnung eine landesrechtliche Regelung auch dann, wenn sie Bestandteil des Landesverfassungsrechts ist (vgl. BVerfGE 26, 116 [135]; 36, 342 [363]). Kommen Bundesrecht und Landesrecht bei der Regelung desselben Sachverhalts hingegen zu gleichen Ergebnissen, so bleibt das Landesrecht jedenfalls dann in Geltung, wenn es sich dabei um Landesverfassungsrecht handelt (vgl. BVerfGE 36, 342 [363, 367]; 40, 296 [327]).
2. Art. 142 GG konkretisiert diese Verfassungsrechtslage für den Fall, daß die Landesverfassungen Grundrechte in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz gewährleisten.
a) Art. 142 GG erwähnt ausdrücklich nur die Grundrechte der Art. 1 bis 18 GG und spricht auch nur davon, daß die mit diesen übereinstimmenden Landesgrundrechte in Kraft bleiben. Die am Zweck dieser Regelung ausgerichtete Auslegung ergibt jedoch einen weiteren Anwendungsbereich.
Die Vorschrift soll den Schutz der Grundrechte auch durch die Landesverfassungsgerichte ermöglichen. Sie ist daher auf alle mit einer Verfassungsbeschwerde geltend zu machenden Grundrechte und grundrechtsgleichen Gewährleistungen zu erstrecken (vgl. auch BVerfGE 22, 267 [271]) und erfaßt auch nicht nur die subjektiven Verfassungsrechte, die schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes in den Verfassungen der Länder der Bundesrepublik geregelt waren (vgl. StGH BW, DÖV-BWVBl 1956, S. 153 ff.; Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rn. 6 zu Art. 142; Dietlein, Die Grundrechte in den Verfassungen der neuen Bundesländer, 1993, S. 25 f.).
b) Art. 142 GG sieht die Geltung der Grundrechte der Landesverfassungen nur vor, soweit sie mit den entsprechenden Rechten des Grundgesetzes übereinstimmen. Das ist der Fall, wenn der Gewährleistungsbereich der jeweiligen Grundrechte und ihre Schranken einander nicht widersprechen. Diese Widerspruchsfreiheit besteht bei Grundrechten, die inhaltsgleich sind, weil sie "den gleichen Gegenstand in gleichem Sinne, mit gleichem Inhalt und in gleichem Umfang" regeln (vgl. Laforet in der 6. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rats vom 19. November 1948 Stenografische Berichte, S. 75; Böckenförde/Grawert, DÖV 1971, 119 [121]). Aber auch soweit Landesgrundrechte gegenüber dem Grundgesetz einen weitergehenden Schutz oder auch einen geringeren Schutz verbürgen, widersprechen sie den entsprechenden Bundesgrundrechten als solchen nicht, wenn das jeweils engere Grundrecht als Mindestgarantie zu verstehen ist und daher nicht den Normbefehl enthält, einen weitergehenden Schutz zu unterlassen (vgl. Pietzcker, a.a.O., Rn. 45 ff., S. 713 ff.; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 4. Aufl. 1997, Art. 142 Rn. 3).
c) Auch wenn Art. 142 GG ein Landesgrundrecht prinzipiell in Kraft läßt, weil es dem Bundesgrundrecht nicht widerspricht, kann das Landesgrundrecht durch Art. 31 GG verdrängt werden, weil sein Regelungsgehalt mit einfachem Bundesrecht kollidiert. Der Bundesgesetzgeber hat lediglich die Bundesverfassung zu beachten. Eine Kollision des Landesgrundrechts mit dem Bundesrecht ist jedenfalls ausgeschlossen, wenn Bundes- und Landesgrundrecht einen bestimmten Gegenstand in gleichem Sinne und mit gleichem Inhalt regeln. Nur in diesem Sinne inhaltsgleiche Verfassungsrechte können eine konkrete Rechtslage widerspruchsfrei gestalten. Die Feststellung, daß die Rechtslage dem Bundesgrundrecht genügt, gilt dann auch für das Landesgrundrecht (vgl. BVerfGE 1, 264 [281]).
Einfaches Bundesrecht kann solchen Landesgrundrechten widersprechen, die mehr oder weniger Schutz als das Bundesgrundrecht verbürgen. Das ist etwa der Fall, wenn das Bundesrecht zwar dem engeren Gewährleistungsbereich eines Bundesgrundrechts, nicht aber dem weiteren eines Landesgrundrechts genügt. Gemäß Art. 31 GG gilt in diesem Fall nur Bundesrecht (vgl. BVerfGE 1, 264 [281]). Ein Landesgrundrecht, das mehr Schutz als das Grundgesetz gewährt, kollidiert allerdings nicht mit einer bundesrechtlichen Regelung, die Spielräume für die Berücksichtigung von weitergehendem Landesrecht läßt (vgl. hierzu BayVerfGH 47, 54 ff.; SaarlVerfGH, NVwZ 1983, S. 604 ff.; vgl. auch § 44 Abs. 2 RhPfVerfGHG und die Gesetzesbegründung hierzu: LTDrucks 12/1643, S. 11; vgl. ferner Held, NVwZ 1995, S. 534 [537 f.]).
d) Soweit Landesgrundrechte gemäß Art. 142 GG in Kraft bleiben und auch im konkreten Fall nicht gemäß Art. 31 GG durch Bundesrecht verdrängt werden, beanspruchen sie Beachtung durch die Träger der Landesstaatsgewalt dort, wo hierfür Raum bleibt (vgl. von Olshausen, a.a.O., S. 119; Schlaich, a.a.O., Rn. 334f, S. 233).
3. Die Zuordnung von Landes- und Bundesgerichten im Rahmen der Gerichtsbarkeit des Bundesstaates ist auf der Grundlage des Art. 92 GG gesondert geregelt. Danach üben die Gerichte der Länder neben den Gerichten des Bundes die rechtsprechende Gewalt in der Bundesrepublik aus. Zwar sind die Errichtung, die Organisation und das Verfahren der Landesgerichte inzwischen weitgehend gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG durch Bundesgesetze geregelt. Gleichwohl nehmen die Landesgerichte bei ihrer Rechtsprechungstätigkeit Landesstaatsgewalt wahr. Sie werden durch Organisationsakte des Landes errichtet, und die Richter von den Landesorganen in ein Dienstverhältnis mit dem Land berufen (vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Rn. 111 f. zu Art. 92). Die Richter des Landes sind deshalb bei ihrer Verfahrensgestaltung auch an die in der Landesverfassung gewährleisteten Grundrechte gebunden.
4. Raum für die Beachtung der nach Maßgabe der Art. 142, 31 GG nicht verdrängten Landesgrundrechte bleibt den Richtern des Landes bei der Gestaltung ihres bundesrechtlich geregelten Verfahrens, soweit sie dabei Grundrechte eigenständig anzuwenden und durchzusetzen haben, nicht aber, soweit lediglich die Vereinbarkeit des Bundesgesetzes mit dem Grundgesetz in Rede steht (a). Soweit neben den Bundesgrundrechten Raum für die Anwendung parallel verbürgter Landesgrundrechte besteht, binden auch diese den Richter des Landes bei seiner Anwendung des Verfahrensrechts (b).
a) Die Grundrechte verlangen Beachtung nicht nur bei der Schaffung einer Norm und ihrer Kontrolle, sondern auch bei der Anwendung einer verfassungsgemäßen Norm in der konkreten Lage eines Einzelfalles. Das gilt etwa, wenn Normen, die zu Eingriffen in ein Grundrecht ermächtigen, mit ihren abstrakten Voraussetzungen zwar einen Eingriff rechtfertigen können, das betroffene Grundrecht es aber gebietet, daß die Richter diese Voraussetzungen im Einzelfall nicht überspannen (vgl. BVerfGE 41, 332 [334 f.]; 43, 95 [98]). Bei ihrer Verfahrensgestaltung haben die Richter auch der Wirkkraft von Grundrechten in besonderen Verfahrenskonstellationen in bestimmter Weise Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 46, 325 [333 f.]; 49, 220 [225]). Insbesondere haben die Richter bei der - hier allein zu beurteilenden - Anwendung des Verfahrensrechts im jeweiligen Rechtsstreit den Geboten rechtlichen Gehörs, des gesetzlichen Richters, einer fairen Verfahrensgestaltung und eines effektiven Rechtsschutzes sowie dem Willkürverbot zu genügen (vgl. etwa BVerfGE 69, 145 [149]; 81, 264 [273]).
Es kann mithin ein selbständiger - von der Normenkontrolle unabhängiger - Anlaß zur Beachtung von Grundrechten vorliegen.
Hierfür ist dann nur der Hoheitsträger verantwortlich, der das Recht anzuwenden hat, nicht aber auch der Bundesgesetzgeber, der ein verfassungskonformes Gesetz geschaffen hat.
b) Besteht für die Richter eines Landes Veranlassung, bei ihrer Verfahrensgestaltung Grundrechte eigenverantwortlich und unabhängig von der Umsetzung der Grundrechtsbindung durch den Bundesgesetzgeber zur Geltung zu bringen, so sind sie dabei gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an die Grundrechte des Bundes ebenso gebunden wie an die gemäß Art. 142, 31 GG auch anwendbaren Landesgrundrechte. Ein Konflikt aus dieser gleichzeitigen Bindung des Richters an Landes- und Bundesgrundrechte kann nicht entstehen, weil die Anwendung dieser - inhaltsgleichen - Grundrechte im konkreten Fall zu demselben Ergebnis führen muß. Auch muß der Richter des Landes bei der Durchführung des bundesgesetzlich geregelten Verfahrens nicht die Grundrechte des jeweiligen Landes besonders prüfen. Vielmehr genügt er mit der Beachtung der entsprechenden Bundesgrundrechte zugleich seiner Bindung an die inhaltsgleichen Landesgrundrechte. Gleichwohl hat diese Bindung nicht nur theoretische Bedeutung; sie verstärkt vielmehr den Grundrechtsschutz. Für den Schutz und die Durchsetzung der - wenn auch inhaltsgleichen - Grundrechte aus verschiedenen Rechtsquellen sind unterschiedliche Hoheitsträger verantwortlich. Für ein im Bund und Land parallel geschütztes Grundrecht kann der Rechtsschutz daher verdoppelt werden, wenn Bund und Land ihn jeweils gewährleisten.
Dabei kommt es hier nicht auf die Rechtsfrage an, ob es sich bei inhaltsgleichen Bundes- und Landesgrundrechten um ein und dasselbe Grundrecht handelt, das lediglich mehrfach, nämlich durch das Grundgesetz und die jeweiligen Landesverfassungen, gewährleistet ist (so BVerfGE 22, 267 [271]) oder ob es sich um mehrere Grundrechte handelt, die auf der Ebene des Grundgesetzes und der jeweiligen Landesverfassung nebeneinander gelten (so etwa Dietlein, a.a.O., S. 13 f. und ders., in: NVwZ 1994, S. 6 [7 f.], jeweils m.w.N.).
5. Die grundgesetzliche Kompetenzordnung läßt es zu, daß die Länder ihren Verfassungsgerichten den Schutz der in der Landesverfassung parallel zum Grundgesetz verbürgten Grundrechte auch insoweit anvertrauen, als ihre Verletzung durch Gerichte der Länder in Betracht kommt.
a) Das Recht des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung auf den Gebieten der Gerichtsverfassung und des gerichtlichen Verfahrens (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) erstreckt sich nicht auf die Verfassungsgerichtsbarkeit. Dies folgt aus Art. 94 Abs. 2 Satz 1 GG, der dem Bund für die Bundesverfassungsgerichtsbarkeit das Recht der ausschließlichen Gesetzgebung zuweist. Für die Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder folgt es zudem aus deren eigener Staatlichkeit, die ihnen die Kompetenz zur Regelung ihres Landesstaatsrechts gibt.
In dem föderativ gestalteten Bundesstaat des Grundgesetzes stehen die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich selbständig nebeneinander. Soweit das Grundgesetz für die Verfassungen der Länder keine Normativbestimmungen gibt, können die Länder ihr Verfassungsrecht und damit auch ihre Verfassungsgerichtsbarkeit selbst ordnen. Eine Landesverfassungsgerichtsbarkeit setzt das Grundgesetz mit Art. 100 Abs. 1 und Abs. 3 GG voraus. Es läßt die in einem Land getroffene Regelung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit unberührt, es sei denn, es regelt ausdrücklich etwas anderes oder die Landesregelung ist ihrer Struktur nach mit dem Grundgesetz unverträglich (vgl. BVerfGE 4, 178 [189]; 96, 231 [242]).
b) Im Rahmen ihrer Kompetenz für die Verfassungsgerichtsbarkeit können die Länder auch regeln, daß die von Akten der Landesstaatsgewalt ausgehende Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Gewährleistungen ihrer Landesverfassung mit einer Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht geltend gemacht werden kann.
Das Grundgesetz fand bei seinem Inkrafttreten bereits entsprechende Regelungen in Landesverfassungen vor (vgl. Art. 120 der Bayerischen Verfassung vom 2. Dezember 1946 - BayRS 100 - 1 S -; Art. 131 Abs. 1 der Hessischen Verfassung vom 1. Dezember 1946 in Verbindung mit §§ 45 ff. des Gesetzes über den Staatsgerichtshof vom 12. Dezember 1947 - GVBl. 1948 S. 3 -). Es stellt den Fortbestand dieser landesrechtlichen Rechtsbehelfe nicht in Frage. Vielmehr sollte die Verfassungsbeschwerde zu den Landesverfassungsgerichten mit der Einfügung des Art. 142 in die Übergangs- und Schlußbestimmungen des Grundgesetzes gerade gewährleistet bleiben. Art. 142 GG sieht die Geltung der von den Landesverfassungen in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte vor, um der Landesverfassungsbeschwerde einen Prüfungsmaßstab zu geben (vgl. dazu Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß, 6. Sitzung vom 19. November 1948, Stenografische Berichte, S. 75 f.; 48. Sitzung vom 9. Februar 1949, Stenografische Berichte, S. 626 f.; 51. Sitzung vom 10. Februar 1949, Stenografische Berichte, S. 673; 57. Sitzung vom 5. Mai 1949, Stenografische Berichte, S. 765; von Olshausen, Landesverfassungsbeschwerde und Bundesrecht, 1980, S. 46 f.).
c) Die Verfassungsbeschwerde wird seit ihrer Aufnahme in die Landesverfassungen von Bayern und Hessen und ihrer bundesrechtlichen Regelung durch das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 243) als ein außerordentlicher Rechtsbehelf verstanden, der die Geltung der Grundrechte und ihnen gleichgestellter Rechte durchsetzen und auch grundrechtlichen Individualrechtsschutz verwirklichen soll (vgl. BVerfGE 1, 4 [5]; BayVerfGH, VerfGH 26, 127 [138 f.]; 27, 35 [44]). Dieser Zweck läßt sich nur erreichen, wenn das Verfassungsbeschwerdeverfahren die Grundrechte auch prozessual durchsetzen und ihre Verletzung durch die angegriffenen Akte der öffentlichen Gewalt rückgängig machen kann. Eine Verfassungsbeschwerde setzt daher voraus, daß die für verfassungswidrig erkannten Hoheitsakte in der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde aufgehoben werden können (vgl. BVerfGE 6, 386 [388 f.]; BayVerfGH, VerfGH 27, 35 [43 ff.]). Dies umfaßt auch die Kassation verfassungswidriger gerichtlicher Entscheidungen. Sie ist in § 95 Abs. 2 BVerfGG für die zum Bundesverfassungsgericht führende Verfassungsbeschwerde und auch von den meisten Ländern für die Verfassungsbeschwerden zu ihren Landesverfassungsgerichten ausdrücklich zugelassen (vgl. § 54 Abs. 3 BerlVerfGHG, § 50 Abs. 3 VerfGGBbg, § 47 Abs. 2 HessStGHG, § 63 Abs. 2 LVerfGG M-V, § 49 Abs. 3 RhPfVerfGHG, § 61 Abs. 2 SaarlVGHG, § 31 Abs. 2 SächsVerfGHG, § 37 Abs. 3 ThürVerfGHG).
Diese Staatspraxis und die Funktion der Verfassungsbeschwerde prägen die Reichweite der Kompetenz der Länder zur Regelung einer Verfassungsbeschwerde. Soweit es zur Verwirklichung des Zwecks der Verfassungsbeschwerde unerläßlich ist, können sie ihren Landesverfassungsgerichten die Befugnis einräumen, Entscheidungen der Landesgerichte aufzuheben, die nach den bundesrechtlichen Verfahrensordnungen formell und materiell rechtskräftig sind. Hier berühren sich die Kompetenzbereiche des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und des Landes zur Regelung seiner Verfassungsgerichtsbarkeit. Dabei ist die Reichweite der Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG von vornherein durch die Berechtigung der Länder zur Regelung einer Verfassungsbeschwerde begrenzt (vgl. hierzu auch BVerfGE 4, 74 [84]; 7, 29 [39, 43]; 15, 1 [9]).
II.
Nach diesen Grundsätzen kann ein Land die Verfassungsbeschwerde zu seinem Landesverfassungsgericht gegen Entscheidungen von Gerichten des Landes zulassen, wenn diese Entscheidungen die Beschwer des Beschwerdeführers begründen; das ist nicht mehr der Fall, wenn ein Bundesgericht den Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens rechtlich schon geprüft hat (1.). Eine Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht kann auch nur insoweit zulässig sein, als der Beschwerdeführer einen von den Verfahrensordnungen des Bundes eröffneten Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft hat. Dabei bleibt für eine an Erwägungen der Unzumutbarkeit ausgerichtete Ausnahmeregelung nur ein eng bemessener Spielraum (2.). Dem Landesverfassungsgericht kann die Befugnis eingeräumt werden zu prüfen, ob die Gerichte des Landes bei der Anwendung von bundesrechtlichem Verfahrensrecht Grundrechte oder grundrechtsgleiche Gewährleistungen nicht beachtet haben, die in der Landesverfassung inhaltsgleich mit dem Grundgesetz garantiert sind (3.).
1. Eine Landesverfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts eines Landes kommt nicht in Betracht, soweit diese Entscheidung durch ein Bundesgericht in der Sache ganz oder teilweise bestätigt worden ist. Gleiches gilt für die Entscheidung des Gerichts eines Landes, soweit diese nach einer Zurückverweisung unter Bindung an die Maßstäbe des Bundesgerichts ergangen ist. In diesen Fällen fehlt es bereits an der Voraussetzung, daß die Beschwer des Betroffenen auf der Ausübung der Staatsgewalt des Landes beruht.
2. Der Landesgesetzgeber darf - wie mit § 27 Abs. 2 Satz 1 SächsVerfGHG geschehen - die Verfassungsbeschwerde zu seinem Verfassungsgericht erst nach Erschöpfung des - gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG bundesrechtlich abschließend geregelten - Rechtswegs zulassen. Dies folgt daraus, daß die Aufhebung von Entscheidungen der Fachgerichte des Landes durch ein Landesverfassungsgericht die Zuständigkeit des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zur Regelung von Rechts- und Bestandskraft gerichtlicher Entscheidungen berührt. In diesem Grenzbereich von Bundes- und Landeskompetenz bleibt Raum für den Landesgesetzgeber nur insoweit, als seine Regelung zur Erreichung des Zwecks der Landesverfassungsbeschwerde unerläßlich ist. Erst nach Erschöpfung des Rechtswegs steht fest, daß es unerläßlich ist, die fachgerichtliche Entscheidung zum Schutz der Grundrechte aufzuheben. Bis dahin kann eine Grundrechtsverletzung noch im bundesrechtlich geregelten fachgerichtlichen Rechtsweg behoben werden.
Auch die Ausnahmeregelung des § 27 Abs. 2 Satz 2 SächsVerfGHG ist im Blick auf die durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG begrenzte Kompetenz des Landesgesetzgebers auszulegen.
Die Kassation einer Gerichtsentscheidung, die inhaltsgleiche Grundrechte des Landes verletzt, ist auch dann nicht unerläßlich, wenn der Beschwerdeführer es versäumt hat, den Rechtsweg ordnungsgemäß auszuschöpfen, um die Grundrechtsverletzung dadurch auszuräumen. Die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht ist daher etwa auch dann ausgeschlossen, wenn ein gegen die angegriffene Entscheidung des Gerichts des Landes statthaftes Rechtsmittel nicht eingelegt oder als unzulässig verworfen, oder wenn ein solches Rechtsmittel schon nicht zugelassen worden ist, weil der Beschwerdeführer den Zulässigkeitsanforderungen hierfür nicht entsprochen hatte.
3. Der vorlegende Verfassungsgerichtshof geht zutreffend davon aus, daß der Landesgesetzgeber ihm nach dem Grundgesetz die Befugnis habe einräumen können, im Rahmen einer zulässigen Verfassungsbeschwerde zu prüfen, ob die Anwendung des bundesrechtlich geregelten Verfahrensrechts (a) durch Gerichte des Landes mit Grundrechten oder grundrechtsgleichen Gewährleistungen vereinbar sei, die im Grundgesetz und in der Landesverfassung parallel verbürgt sind (b). Bei der Entscheidung über solche Verfassungsbeschwerden ist eine mehrstufige Prüfung veranlaßt (c). In deren Verlauf ist das Landesverfassungsgericht gemäß § 31 BVerfGG an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Dabei kann auch eine Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 3 GG bestehen, die der Rechtszersplitterung entgegenwirkt (d).
a) Wie dargelegt, hat der Richter in nicht wenigen Prozeßsituationen über die bloße Subsumtion unter von ihm als verfassungskonform beurteiltes Bundesrecht hinaus seinem Verfahren Grundrechte oder grundrechtsgleiche Gewährleistungen zugrunde zu legen. Dann müssen auch alle die Grundrechte zum Tragen kommen, an die der Richter gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in seinem Verfahren gebunden ist, das sind bei Richtern eines Landes neben den Grundrechten und grundrechtsgleichen Gewährleistungen des Grundgesetzes auch die parallel verbürgten Verfassungsrechte der Landesverfassung. Mit diesen gibt der Verfassunggeber des Landes den Richtern Handlungsanweisungen auch für die Gestaltung der Verfahren, für welche die Landesstaatsgewalt gemäß Art. 92 GG verantwortlich ist.
b) Das vorlegende Gericht geht zutreffend davon aus, daß bei der Gestaltung des bundesrechtlich geregelten Verfahrens vor einem Gericht des Landes regelmäßig nur Raum für die Beachtung inhaltsgleicher Landesgrundrechte bleibt. Regelmäßig vermeiden nur sie einen Konflikt mit der Bindung des Richters an Bundesrecht, da sie den gleichen Gegenstand im gleichen Sinn und mit gleichem Inhalt regeln.
c) Die genannten Voraussetzungen veranlassen eine mehrstufige Prüfung durch das Landesverfassungsgericht.
aa) Vorab hat das Landesverfassungsgericht zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer gerügte fehlerhafte Verfahrensgestaltung im Ausgangsverfahren einen Anwendungsfall für ein Landesgrundrecht begründen konnte (vgl. oben C. I. 2.).
bb) Um festzustellen, ob das vom Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde als verletzt gerügte landesverfassungsrechtliche Recht mit einem entsprechenden Recht des Grundgesetzes inhaltsgleich ist und daher Prüfungsmaßstab sein kann, muß das Landesverfassungsgericht in einem nächsten Schritt prüfen, zu welchem Ergebnis die Anwendung des Grundgesetzes in dem Fall des Ausgangsverfahrens führen mußte (zur Notwendigkeit einer solchen Inzidentprüfung, vgl. auch von Olshausen, a.a.O., S. 137 ff.; Grimm, in: Grimm/Papier, Nordrhein-Westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1986, S. 53).
cc) In einem letzten Schritt muß das Landesverfassungsgericht entscheiden, ob das gerügte Landesverfassungsrecht im zu entscheidenden Fall zu demselben Ergebnis wie das Grundgesetz führt.
(1) Bejaht es dies, so steht fest, daß es sich um ein inhaltsgleiches Landesrecht handelt, das gemäß Art. 142, 31 GG zu beachten war und Prüfungsmaßstab einer zulässigen Verfassungsbeschwerde sein kann. Zugleich steht aber auch das Ergebnis der landesverfassungsgerichtlichen Überprüfung fest: Hält die angegriffene Entscheidung grundrechtlichen Maßstäben stand, genügt sie auch der inhaltsgleichen landesverfassungsrechtlichen Gewährleistung (vgl. schon BVerfGE 1, 264 [281]). Verletzt der richterliche Hoheitsakt hingegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Gewährleistungen des Grundgesetzes, so verstößt er auch gegen entsprechende inhaltsgleiche Landesverfassungsrechte und kann vom Landesverfassungsgericht aufgehoben werden.
Die damit einhergehende Verstärkung des grundrechtlichen Rechtsschutzes erlangt - wie das vorliegende Verfahren zeigt - zusätzlich Gewicht und Bedeutung, wenn die jeweilige Verfahrensordnung für das Landesverfassungsgericht ein Annahmeverfahren nicht vorsieht oder wenn die Annahmevoraussetzungen weniger restriktiv sind als die des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes.
(2) Ist das Landesverfassungsgericht der Auffassung, das dem Grundrecht oder der grundrechtsgleichen Gewährleistung des Grundgesetzes entsprechende Landesverfassungsrecht führe in der konkreten Fallgestaltung nicht zu demselben Ergebnis, weil es etwa abweichend vom Grundgesetz auszulegen sei, so ist die landesverfassungsrechtliche Gewährleistung nicht inhaltsgleich; an ihr kann die Anwendung von bundesrechtlichem Verfahrensrecht nicht gemessen werden. Die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht mit der Rüge der Verletzung dieser Gewährleistung ist unzulässig.
d) Bei der Prüfung der Vorfrage, zu welchen Ergebnissen die Anwendung des Grundgesetzes im Falle des Ausgangsverfahrens führen muß, hat das Landesverfassungsgericht das Grundgesetz auszulegen, ohne daß dieses Prüfungsmaßstab ist (vgl. hierzu auch BVerfGE 69, 112 [117]; Schlaich, a.a.O., Rn. 334e, S. 228 f.). Dabei ist das Landesverfassungsgericht im Rahmen des § 31 BVerfGG an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Dieser Bindung genügt es auch, wenn es die Auslegungsfrage gemäß Art. 100 Abs. 3 1. Alternative GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegt (zur Vorlagepflicht in diesem Fall vgl. BerlVerfGH, NJW 1993, S. 513 [514]; Burmeister, in: Starck/Stern [Hrsg.], Landesverfassungsgerichtsbarkeit, Teilband II, S. 399 [430 f.]; Zierlein, AöR 120 [1995], 205 [240 f.]). Nur wenn das Bundesverfassungsgericht auf die Vorlage hin seine Rechtsprechung korrigiert, hat die Bindung des Landesverfassungsgerichts nunmehr einen anderen Inhalt.
Limbach, Graßhof, Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer, Jentsch