BVerfGE 97, 298 - extra-radio
1. Die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG steht als Gewährleistung der Programmfreiheit allen Veranstaltern von Rundfunkprogrammen zu.
2. Die privaten Rundfunkanbieter sind auch im Geltungsbereich des bayerischen Medienrechts Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit.
3. Auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit können sich auch Bewerber um eine Rundfunklizenz im Zulassungsverfahren vor der Landesmedienanstalt berufen.
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 20. Februar 1998
-- 1 BvR 661/94 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der extra-radio Rundfunkprogramm GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Burkes, Stadtplatz 8, Hemau -- gegen die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. März 1994 -- Vf. 125-VI-92 --.
Entscheidungsformel:
Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. März 1994 -- Vf. 125-VI-92 -- verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Rundfunkfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes.  Sie wird aufgehoben.
Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, mit der eine einstweilige Anordnung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben worden ist, die der Beschwerdeführerin die Fortführung von lokalem Rundfunk bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gestattete.
I.
In Bayern darf Rundfunk aufgrund von Art. 111 a der Bayerischen Verfassung (BV) nur in öffentlicher Verantwortung und öffentlichrechtlicher Trägerschaft betrieben werden. Die Vorschrift ist 1973 aufgrund eines Volksentscheids in die Bayerische Verfassung eingefügt worden. Sie lautet:
    (1) Die Freiheit des Rundfunks wird gewährleistet. Der Rundfunk dient der Information durch wahrheitsgemäße, umfassende und unparteiische Berichterstattung sowie durch die Verbreitung von Meinungen. Er trägt zur Bildung und Unterhaltung bei. Der Rundfunk hat die freiheitliche demokratische Grundordnung, die Menschenwürde, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu achten. Die Verherrlichung von Gewalt sowie Darbietungen, die das allgemeine Sittlichkeitsgefühl grob verletzen, sind unzulässig. Meinungsfreiheit, Sachlichkeit, gegenseitige Achtung, Schutz vor Verunglimpfung sowie die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms sind zu gewährleisten.
    (2) Rundfunk wird in öffentlicher Verantwortung und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben. An der Kontrolle des Rundfunks sind die in Betracht kommenden bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen angemessen zu beteiligen. Der Anteil der von der Staatsregierung, dem Landtag und dem Senat in die Kontrollorgane entsandten Vertreter darf ein Drittel nicht übersteigen. Die weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen wählen oder berufen ihre Vertreter selbst.
    (3) Das Nähere regelt ein Gesetz.
Eine derartige Regelung traf zunächst das Gesetz über die Erprobung und Entwicklung neuer Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern (Medienerprobungs- und - entwicklungsgesetz - MEG) vom 22. November 1984 (GVBl. S. 445, berichtigt S. 546), das nach einer partiellen verfassungsrechtlichen Beanstandung durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH 30, 78) am 8. Dezember 1987 neu gefaßt wurde (GVBl. S. 431). Es ist mittlerweile durch das Gesetz über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern (Bayerisches Mediengesetz - BayMG) vom 24. November 1992 (GVBl. S. 584) ersetzt worden.
Wie bereits im Namen dieses Gesetzes zum Ausdruck kommt, schließt Bayern Private nicht von der Betätigung im Rundfunkbereich aus. Als Veranstalter der privaten Rundfunkangebote tritt jedoch die öffentlichrechtlich organisierte Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) auf. Die maßgebliche Bestimmung des Art. 2 MEG lautete:
    Öffentlich-rechtliche Trägerschaft,
    Organisation
    (1) Rundfunk im Rahmen dieses Gesetzes wird in öffentlicher Verantwortung und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (Landeszentrale) betrieben.
    .(2) Im Rahmen dieses Gesetzes ermöglicht die Landeszentrale örtlichen und überörtlichen Kabelgesellschaften die Organisation von Rundfunkprogrammen aus den von Anbietern gestalteten Beiträgen.
    (3) ...
    (4) ...
In dem nunmehr geltenden Bayerischen Mediengesetz ist Absatz 1 unverändert geblieben. Absatz 2 lautet:
    Im Rahmen dieses Gesetzes ermöglicht die Landeszentrale den Medienbetriebsgesellschaften die Organisation von Rundfunkprogrammen aus den von Rundfunkanbietern (Anbieter) gestalteten Beiträgen.
Im einzelnen ist das Verhältnis zwischen BLM, Kabel- beziehungsweise Medienbetriebsgesellschaften und Anbietern wie folgt gestaltet:
Die Anbieter bieten der örtlich zuständigen Betriebsgesellschaft (vollständige) Rundfunkprogramme oder (einzelne) Rundfunksendungen für ein landesweites Programm an. Anbieter konnte ursprünglich "jeder" sein (Art. 25 Abs. 1 MEG). In der Neufassung des Medienerprobungs- und - entwicklungsgesetzes wurden die Anbietungsberechtigten spezifiziert (natürliche Personen, nicht rechtsfähige private Personenvereinigungen, juristische Personen des Privatrechts, juristische Personen des öffentlichen Rechts unter bestimmten Voraussetzungen, öffentlichrechtliche Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften). Art. 26 Abs. 1 BayMG hat die Aufzählung im wesentlichen beibehalten. Für kommunale Gebietskörperschaften und staatliche Stellen besteht nur ein eingeschränktes Anbietungsrecht.
Die örtlichen Betriebsgesellschaften haben die Aufgabe, lokale Rundfunkprogramme oder lokale Rundfunksendungen als Teil eines landesweiten Rundfunkprogramms (lokale Fensterprogramme) aus Beiträgen der Anbieter zu organisieren (Art. 22 Abs. 2 Nr. 1 MEG; Art. 23 Abs. 2 BayMG). Die zuständige Betriebsgesellschaft (bei der die kommunalen Gebietskörperschaften, die örtlichen gemeinnützigen Organisationen mit kultureller, neuerdings auch sozialer Zielsetzung einschließlich der Religionsgemeinschaften, die örtlichen Anbieter von Rundfunksendungen einschließlich der örtlichen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger die Möglichkeit einer angemessenen Beteiligung erhalten müssen - Art. 22 Abs. 3 MEG; Art. 23 Abs. 3 BayMG) schließt mit den Anbietern, deren Angebot sie übernehmen will, Verträge ab (Art. 22 Abs. 2 Nr. 4, Art. 25 Abs. 2 MEG; Art. 23 Abs. 2 Nr. 4 BayMG). Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 BayMG muß das Angebot eine Programmbeschreibung und ein Programmschema enthalten.
Die Verträge bedürfen der Genehmigung durch die BLM (Art. 26 Abs. 1 MEG; Art. 28 Abs. 1 BayMG). Die Genehmigung hängt unter anderem davon ab, daß der Anbieter bei der Gestaltung seiner Angebote die gesetzlichen Vorschriften, vor allem die Programmgrundsätze (Art. 4 MEG; Art. 5 BayMG), beachtet (Art. 26 Abs. 1 Nr. 2 MEG; Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayMG). Bei fehlgeschlagener Einigung zwischen der Betriebsgesellschaft und dem Anbieter ordnet die BLM die Aufnahme des Beitrags an, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, der Vertragsabschluß der Betriebsgesellschaft zumutbar ist und die Interessen der anderen Anbieter nicht unzumutbar beeinträchtigt (Art. 25 Abs. 4 MEG; Art. 29 BayMG).
Für die Weiterverbreitung nichtbayerischer Programme in Bayern gelten besondere Regelungen (Art. 34, 35 MEG; Art. 39, 40 BayMG), die im vorliegenden Verfahren keine Rolle spielen.
II.
1. Die Beschwerdeführerin bietet seit 1987 aufgrund eines von der BLM genehmigten Programmanbietervertrags mit der damaligen Kabelgesellschaft Nordostbayern (heute Medienbetriebsgesellschaft Nordostbayern) Hörfunksendungen über lokale UKW-Frequenzen an, die sie täglich von 10.00 bis 11.00 Uhr, von 13.00 bis 14.00 Uhr und von 19.00 bis 21.00 Uhr nutzt. In der übrigen Zeit werden die Frequenzen von "Radio Euroherz" in Anspruch genommen.
Die BLM wollte das sogenannte Frequenzsplitting beenden und die Frequenz einem einheitlichen Programm vorbehalten. Die zu diesem Zweck eingeleiteten Kooperationsverhandlungen zwischen der Beschwerdeführerin und Radio Euroherz schlugen jedoch fehl, weil die Beschwerdeführerin fürchtete, in einer gemeinsamen Gesellschaft in die Minderheit zu geraten und ihre programmlichen Vorstellungen nicht verwirklichen zu können.
Im Anschluß an die gesetzlich vorgesehene Neuausschreibung nach Ablauf von vier Jahren, bei der sich beide Nutzer mit einem Vollprogramm beworben hatten, vergab die BLM die von der Beschwerdeführerin mitgenutzten Frequenzen 1992 allein an Radio Euroherz. Jedoch stellte sie der Beschwerdeführerin die Genehmigung eines Anbietervertrags in Aussicht, falls sie sich zur Verbreitung eines Gesamtprogramms mit Radio Euroherz bereitfände, das in einem gemeinsamen Studio nach Vorgaben eines Gremiums der zugelassenen Anbieter erstellt und durch gemeinsame Werbeakquisition finanziert werde. Der Programmanteil der Beschwerdeführerin wurde auf 20 vom Hundert festgesetzt.
Nach dem Scheitern der Verhandlungen lehnte die BLM den Antrag der Beschwerdeführerin auf Fortsetzung ihres Programms gemäß Art. 25 Abs. 4 MEG ab, weil die Aufnahme des Programmangebots wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit für die übrigen Beteiligten nicht zumutbar sei. Den Widerspruch der Beschwerdeführerin wies sie zurück.
2. Gegen die Entscheidung der BLM beantragte die Beschwerdeführerin zunächst verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz.
a) Das Verwaltungsgericht wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurück. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab dagegen der BLM im Wege der einstweiligen Anordnung auf, der Beschwerdeführerin die Einbringung eines Programms im bisherigen Umfang unter den bisherigen Modalitäten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage gegen die Ablehnung des Antrags nach Art. 25 Abs. 4 MEG zu ermöglichen (ZUM 1994, S. 571).
Zur Begründung führte er aus, die Beschwerdeführerin werde in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben. Das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zu Unrecht verneint. Zwar habe ein privater Anbieter grundsätzlich kein Recht auf Beteiligung am öffentlichrechtlichen Rundfunk der BLM. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 111 a Abs. 1 Satz 1 BV räume der BLM einen weiten Gestaltungs- und Ermessensspielraum ein. Dieser sei aber nicht schrankenlos. Die BLM müsse das Gebot der Gleichbehandlung und Willkürfreiheit beachten und sei an das Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetz, ihre Satzung sowie die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze gebunden. Diese Bindungen habe die BLM bei ihrer Entscheidung außer acht gelassen und der Beschwerdeführerin die Zulassung versagt, obwohl sie die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen erfülle. Auf das Scheitern der Kooperationsverhandlungen hätte die Ablehnung nicht gestützt werden dürfen. Die allgemeinen Hinweise auf die Nachteile des Frequenzsplittings und die Wünschbarkeit eines einheitlichen Programms reichten als Ablehnungsgrund nicht aus. Insbesondere könnten sie nicht den verfassungsrechtlich überragenden Gesichtspunkt der Vielfalt und Ausgewogenheit des lokalen Programmangebots in den Hintergrund drängen.
b) Der gegen diesen Beschluß gerichteten Verfassungsbeschwerde der BLM gab der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit dem angegriffenen Beschluß (BayVerfGH 47, 66) statt, hob die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichtshofs auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung über den Eilantrag an den Verwaltungsgerichtshof zurück.
Zur Begründung führte er aus: Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs verstoße gegen Art. 111 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BV. Er berücksichtige das der BLM zustehende Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht ausreichend. Die Rundfunkfreiheit sei in erster Linie Programmfreiheit. Die BLM sei alleiniger Träger des Rundfunks und habe ihn zu verantworten. Das setze einen weiten Ermessensspielraum bei der Auswahl privater Anbieter voraus. Er ende erst am Gleichheitssatz und dem darin verankerten Willkürverbot. Nur darauf könnten sich die Bewerber berufen, und nur die Einhaltung dieser Grenzen dürften die Verwaltungsgerichte überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof habe seine Prüfungskompetenz überschritten. Die Entscheidung der BLM sei nicht willkürlich gewesen.
Zu einer erneuten Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist es nicht gekommen.
3. Gegen die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs legte die Beschwerdeführerin beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde ein und verband diese mit dem Antrag, eine einstweilige Anordnung zu erlassen, die ihr die vorläufige Fortführung ihres Programms gestatte. Das Bundesverfassungsgericht erließ die begehrte einstweilige Anordnung (BVerfGE 90, 277) und verlängerte sie mehrfach, letztmals bis zum 5. Juni 1996, dem Ende der Sendeperiode. Da der Eilbeschluß des Verwaltungsgerichtshofs für die Zeit nach Ablauf der Sendeperiode keine Wirkungen mehr entfalten könne, erledige sich auch die ihn aufhebende, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs.
4. Im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren verpflichtete das Verwaltungsgericht die BLM, über den Antrag der Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Ehe es zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Berufung beider Parteien kam, erledigte sich die Hauptsache durch Ablauf der Sendeperiode. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daraufhin am 26. Februar 1997 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts fest, daß der Bescheid der BLM sowie der Widerspruchsbescheid rechtswidrig waren. Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage sei insoweit begründet, als die BLM die Beschwerdeführerin nicht gänzlich von der Ausgestaltung des Rundfunks habe ausschließen dürfen (ZUM 1997, S. 844). Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die BLM hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.
5. Für die seit dem 6. Juni 1996 laufende neue Sendeperiode fand keine Neuausschreibung der streitigen Frequenzen statt. Ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Berücksichtigung ihres Programmangebots wurde mit Bescheid der BLM vom 23. April 1996 abgelehnt. Mit Bescheid vom 5. Juni 1996 genehmigte die BLM einen Programmanbietervertrag zwischen Radio Euroherz und der zuständigen Medienbetriebsgesellschaft, befristet bis zum 31. Mai 2004.
Das Verwaltungsgericht verpflichtete die BLM im Eilverfahren, der Beschwerdeführerin am Sendestandort Hof die Einbringung eines Rundfunkprogramms im bisherigen Umfang unter den bisherigen Modalitäten bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache zu ermöglichen. Die Beschwerde der BLM hiergegen wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 14. August 1996 (ZUM 1996, S. 983) zurück. Die BLM hat gegen diese Entscheidungen nicht den Bayerischen Verfassungsgerichtshof angerufen.
Auf die Klage der Beschwerdeführerin gegen die Ablehnung der Aufnahme ihres Programmangebots durch den Bescheid der BLM vom 23. April 1996 hat das Verwaltungsgericht die BLM zur Neubescheidung verpflichtet. Die BLM hat die Zulassung der Berufung beantragt.
III.
Mit ihrer gegen den Beschluß des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs vereitele den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der BLM. Die privaten Programmanbieter könnten danach ihre aus dem Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetz folgenden Rechte nicht geltend machen, die Verwaltungsgerichte dürften Verstöße der BLM gegen dieses Gesetz nicht überprüfen, solange sie nicht die Schwelle der Willkür überschritten. Aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit folge das nicht. Das Grundrecht sei der BLM nicht in deren Interesse, sondern im Interesse der Meinungsvielfalt und der Konzentrationsbekämpfung zugestanden worden. Die Freiheit, die es der BLM zusichere, sei durch diese Aufgabe begrenzt.
Überdies sei nicht nur die BLM Trägerin des Grundrechts der Rundfunkfreiheit. Es lasse sich bereits bezweifeln, ob Art. 111 a BV mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar sei. Jedenfalls könne der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf die BLM beschränkt werden, sondern müsse auch den privaten Anbietern als den eigentlichen Programmgestaltern zustehen. Diesen gegenüber sei die BLM Träger öffentlicher Gewalt und ein Ablehnungsbescheid Grundrechtseingriff, der den Anforderungen von Art. 5 GG genügen müsse. Daran fehle es.
Sie werde auch in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Das Berufsbild der privaten Rundfunkanbieter habe sich in den letzten zehn Jahren gefestigt, und zwar unabhängig davon, ob diese selbst Rundfunkveranstalter seien oder - wie in Bayern - lediglich als Zulieferer gälten. Der bayerische Gesetzgeber habe Private zu Investitionen in diesem Bereich aufgefordert und das Berufsbild geschaffen. Die privaten Anbieter könnten deswegen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Unter diesem Gesichtspunkt werde auch in den durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen, auf den sie sich als zugelassene Anbieterin berufen könne.
Durch die Erledigung der Hauptsache sei das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die BLM halte an ihrer Rechtsauffassung fest und habe auch für die neue Sendeperiode wieder dementsprechend entschieden. Der Umstand, daß die Rechtsfrage unentschieden geblieben sei, wirke sich auch in der neuen Sendeperiode weiterhin nachteilig aus, da sie nicht als gleichberechtigte Anbieterin, sondern nur als Anbieterin von Gerichtes Gnaden behandelt werde.
IV.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Bayerische Staatsregierung, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, die Medienbetriebsgesellschaft Nordostbayern und Radio Euroherz Stellung genommen.
1. Die Bayerische Staatsregierung räumt der Verfassungsbeschwerde Erfolgsaussichten ein. Sie ist der Auffassung, daß die "restriktive Auslegung von Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 BV im Sinne einer in einem sehr engen Wortsinn wahrzunehmenden 'Trägerschaft' vor der in Art. 5 Abs. 1 GG und in der Bayerischen Verfassung selbst garantierten Rundfunkfreiheit kaum mehr Bestand hätte". Der Zugang zum Rundfunk könne heute nicht mehr allein öffentlichrechtlichen Körperschaften vorbehalten werden. Daraus folge aber nicht, daß Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 BV verfassungswidrig sei. Der Begriff der Trägerschaft in Art. 111 a BV müsse jedoch verfassungskonform fortgebildet werden. Es scheine heute nicht mehr erforderlich, für die Erreichung der Ziele des Volksbegehrens von 1973 eine öffentlichrechtliche Trägerschaft im strengen Wortsinn zu etablieren. Das Ziel könne ebenso erreicht werden, wenn man Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 BV so verstehe, daß eine öffentlichrechtliche Kontrolle erforderlich sei. Den bayerischen Rundfunkanbietern müsse dann eine "echte Rundfunkveranstalter-Stellung" eingeräumt werden. Damit werde auch den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung getragen.
2. Die BLM hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, soweit sie auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt ist. Darüber hinaus sei mittlerweile die Beschwer der Beschwerdeführerin entfallen und die Hauptsache dadurch erledigt. Aus diesem Grund sowie wegen der geänderten Gesetzeslage bestehe für das Bundesverfassungsgericht kein Anlaß, konkrete Klarstellungen für das bayerische Recht vorzunehmen.
Im übrigen sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Der Beschwerdeführerin stehe das Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht zu. Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 BV, der ausschließlich öffentlichrechtlich betriebenen Rundfunk zulasse, sei mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Dieses stehe der Beschwerdeführerin zwar - wenn auch nur als Programmanbieterin, nicht als Rundfunkunternehmerin - zu. Aus Art. 12 Abs. 1 GG könne aber kein Ergebnis folgen, das Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG widerspreche. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor, weil der Schutz dieses Grundrechts sich nicht auf bloße Chancen und Gewinnaussichten erstrecke. Vertrauensschutzgesichtspunkte führten nicht zu einem anderen Ergebnis, weil sich auf die Fortdauer einer von vornherein befristeten Rechtsposition kein Vertrauen gründen könne. Es fehle auch an einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Effektiver Rechtsschutz bedeute Ausgewogenheit des Rechtsschutzes. Diesem Erfordernis sei der Verfassungsgerichtshof gerecht geworden. Er habe einerseits berücksichtigt, daß die Existenz der Beschwerdeführerin auf dem Spiel stand, andererseits aber, daß der BLM nicht zugemutet werden konnte, ein Programm auszustrahlen, das ihren Programmauffassungen nicht entsprach. Die Beschwerdeführerin habe ohnehin damit leben müssen, daß ihr die Sendeberechtigung genommen werden könne. Schließlich sei auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt, weil die Unterscheidung zwischen der Beschwerdeführerin und anderen Programmanbietern sachliche Gründe gehabt habe.
3. Die Medienbetriebsgesellschaft hat den Verlauf der Verhandlungen geschildert und hervorgehoben, daß ihre Entscheidung ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruhe.
4. Radio Euroherz hat sich im wesentlichen der Stellungnahme der BLM angeschlossen.
 
B.
Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ist vom Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Entscheidung über den Eilantrag der Beschwerdeführerin bejaht worden (vgl. BVerfGE 90, 277 [283]). Daran hat sich durch die später eingetretenen Umstände nichts geändert.
1. Das Rechtsschutzinteresse besteht auch nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 1997 fort. Trotz Erledigung des ursprünglich mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens ist ein Rechtsschutzinteresse nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiter gegeben, wenn andernfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe und ein besonders schwerwiegender Grundrechtseingriff gerügt wird (vgl. BVerfGE 91, 125 [133] m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Zwar hat die Beschwerdeführerin mit diesem Urteil ihr Rechtsschutzziel im wesentlichen erreicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtswidrigkeit des Bescheids der BLM, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Fortsetzung ihres Programms in der Sendeperiode vom 6. Juni 1992 bis 5. Juni 1996 abgelehnt wurde, festgestellt. Aufgrund der im Eilverfahren ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts konnte die Beschwerdeführerin ihre Rundfunktätigkeit bis zum Abschluß der Sendeperiode fortsetzen. Auch in der am 6. Juni 1996 begonnenen neuen Sendeperiode wird ihr Programm aufgrund einer einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts weiter ausgestrahlt.
Die verfassungsrechtliche Frage, die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfen wurde, ist aber nach wie vor ungeklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat noch nicht entschieden, ob es mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar ist, daß sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs die privaten Anbieter von Rundfunkprogrammen in Bayern nicht auf den Schutz der Rundfunkfreiheit berufen können, dieser vielmehr nur auf seiten der BLM zu Buche schlägt. Diese Frage wird infolge der Ablösung des Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetzes durch das Bayerische Mediengesetz nicht gegenstandslos. Sie hat auch erhebliches Gewicht, denn von ihrer Beantwortung hängt die Rechtsposition der Beschwerdeführerin gegenüber der BLM ab, die auch in dem neuerlichen Rechtsstreit über die Zulassung ihres Programmangebots wieder zur Entscheidung steht.
2. Der Grundsatz der Subsidiarität steht einer Sachentscheidung nicht entgegen, weil die Voraussetzungen des hier entsprechend anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vorliegen. Die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfene Frage betrifft sämtliche privaten Rundfunkanbieter in Bayern und hat damit fallübergreifende Bedeutung. Der Beschwerdeführerin kann auch nicht zugemutet werden, zunächst den Ausgang des Verfahrens bezüglich der neuen Sendeperiode abzuwarten. Zwar stellt sich hier im wesentlichen dieselbe Frage wie in den auf die vergangene Sendeperiode bezogenen Verfahren. Angesichts der Kürze der Sendeperiode ist aber nicht damit zu rechnen, daß es vor ihrem Ablauf zu einer Klärung kommt. Überdies ist nicht zu erwarten, daß eine erneute fachgerichtliche Prüfung neue Gesichtspunkte hervorbringt oder zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof führt. Der Beschwerdeführerin droht unter diesen Umständen eine anhaltende Ungewißheit über ihre Rechtsposition.
 
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.
I.
Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
1. Die Beschwerdeführerin kann sich auf dieses Grundrecht berufen.
a) Die Rundfunkfreiheit ist in ihrem Kern Programmfreiheit. Sie gewährleistet, daß der Rundfunk frei von externer Einflußnahme entscheiden kann, wie er seine publizistische Aufgabe erfüllt (vgl. BVerfGE 59, 231 [258]; 87, 181 [201]; 90, 60 [87]). Daher steht das Grundrecht ohne Rücksicht auf öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Rechtsform, auf kommerzielle oder gemeinnützige Betätigung jedenfalls allen natürlichen und juristischen Personen zu, die Rundfunkprogramme veranstalten (vgl. BVerfGE 95, 220 [234]).
Unter Programm wird herkömmlich eine auf längere Dauer angelegte, planmäßige und strukturierte Abfolge von Sendungen oder Beiträgen verstanden. Als Veranstalter eines solchen Programms ist anzusehen, wer seine Struktur festlegt, die Abfolge plant, die Sendungen zusammenstellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anbietet. Durch diese auf das gesamte Programm bezogenen Tätigkeiten unterscheidet er sich vom bloßen Zulieferer einzelner Sendungen oder Programmteile. Nicht notwendig ist dagegen, daß der Veranstalter das Programm selbst ausstrahlt oder die einzelnen Sendungen selbst produziert.
Ob jemand ein Programm in dem genannten Sinn veranstaltet und folglich den Schutz des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießt, beurteilt sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Denn das Bedürfnis nach Schutz vor Einflußnahmen auf die Programmgestaltung besteht dort, wo diese der Sache nach stattfindet. Unerheblich ist, ob sie auch vom Gesetz als Rundfunkveranstaltung bezeichnet oder anerkannt wird. Ob und in welchem Umfang weitere an dem arbeitsteiligen Vorgang der Veranstaltung von Rundfunk mittelbar oder unmittelbar Beteiligte den Schutz der Rundfunkfreiheit genießen, bedarf hier keiner Entscheidung.
b) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Programmanbieter nach bayerischem Medienrecht Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit.
Das bayerische Medienrecht unterscheidet sich von dem der übrigen Länder der Bundesrepublik Deutschland dadurch, daß aufgrund von Art. 111 a BV Rundfunk in Bayern nur in öffentlichrechtlicher Trägerschaft veranstaltet werden darf. Der bayerische Rundfunkgesetzgeber hat daraus allerdings nicht den Schluß gezogen, daß Privaten die Beteiligung am Rundfunk gänzlich untersagt ist. Sie können Rundfunkprogramme anbieten und unter ihrem Namen an das Publikum gelangen lassen. Sie gelten aber rechtlich nicht als Veranstalter. Die Veranstaltung der Programme ist vielmehr der BLM als öffentlichrechtlicher Trägerin des Rundfunks in Bayern, soweit er nicht von der Landesrundfunkanstalt ausgeht, vorbehalten.
Tatsächlich sind indessen die privaten Anbieter die alleinigen Produzenten des Programms. Weder die BLM noch die Betriebsgesellschaften stellen eigene Programme her. Sie stellen auch nicht etwa aus privaten Angeboten Programme zusammen. Mit Ausnahme des landesweiten Hörfunkprogramms liefern die privaten Anbieter nicht nur einzelne Beiträge, sondern in Übereinstimmung mit dem Gesetz regelmäßig ganze Programme (Art. 25 MEG; Art. 26 BayMG). Dementsprechend verlangt das Gesetz vom Bewerber die Vorlage einer Programmbeschreibung und eines Programmschemas (Art. 27 BayMG). Die Programme werden auch nicht etwa im Auftrag oder nach Weisung der BLM erstellt. Die Anbieter haben vielmehr im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Gestaltungsfreiheit. Die Aufgabe der BLM beschränkt sich darauf, Programmangebote Privater zu genehmigen. Das ausgestrahlte Programm unterliegt dagegen nicht der Genehmigung der BLM und ist ihr vor der Ausstrahlung auch nicht bekannt. Ebensowenig tritt sie nach außen als Programmträgerin in Erscheinung. Die zugelassenen Programme werden unter der Bezeichnung der privaten Anbieter ausgestrahlt.
Die Verantwortung der BLM für die Programme aktualisiert sich nach der Genehmigung des Anbietervertrags in einer Kontrolle der Beachtung der allgemeinen Programmgrundsätze und der Einhaltung der Programmausrichtung und des Programmschemas. Für eine weitergehende Programmtätigkeit fehlen der BLM, deren Zuständigkeitsbereich rund 40 landesweite und lokale Fernsehprogramme, ein landesweites Hörfunkprogramm und fast 70 lokale Hörfunkprogramme umfaßt (Jahrbuch der Landesmedienanstalten, 1995/96, S. 127 ff.), die Voraussetzungen. Die Programmabteilung, über die sie verfügt, befaßt sich schwerpunktmäßig mit der Programmbeobachtung und prüft im übrigen vor der Genehmigung die Programmbeschreibungen und Programmschemata der Anbieter. Deshalb unterscheidet sich die Tätigkeit der BLM nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht von der anderer Landesmedienanstalten (BayVGH, ZUM 1992, S. 380).
Daraus ergibt sich, daß es die privaten Anbieter sind, die ungeachtet der gesetzlichen Veranstaltereigenschaft der BLM die Kernfunktion des Rundfunks, nämlich die Programmgestaltung, wahrnehmen. Ob dies mit Art. 111 a BV vereinbar ist, hat nicht das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Frage bejaht. Er hat zugleich das Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 111 a BV allein der BLM als Veranstalterin der privaten Programmangebote zugeschrieben. Diese aufgrund des Landesrechts getroffene Aussage entscheidet aber nicht abschließend über die Auslegung des Grundgesetzes und seine Anwendung auf die von ihm erfaßten Tatbestände. Stellt sich die nach den bayerischen Mediengesetzen zugelassene Tätigkeit der privaten Anbieter der Sache nach als Programmgestaltung dar, dann kann ihnen der Schutz der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vorenthalten werden.
c) Auf den Schutz der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG können sich auch Bewerber um eine Lizenz nach bayerischem Medienrecht berufen.
Die Reichweite des Grundrechtsschutzes in personeller wie gegenständlicher Hinsicht hängt wesentlich von den Gefahren ab, die dem grundrechtlichen Schutzgut drohen (vgl. BVerfGE 95, 220 [234]). Die Gefahr der Einflußnahme auf die im Kern der Grundrechtsgarantie stehende Programmfreiheit ist bei der Auswahl der Bewerber besonders groß. Übersteigt die Bewerberzahl die Sendekapazitäten, läßt sich nicht ausschließen, daß die Einstellung zu dem angebotenen Programm in die Auswahlentscheidung einfließt oder daß Bewerber schon im Vorfeld inhaltliche Anpassungen vornehmen, von denen sie sich eine Erhöhung ihrer Zulassungschancen versprechen. Das gilt nicht nur für die erstmalige Auswahl, sondern auch für die Erneuerung einer Lizenz nach Ablauf einer Sendeperiode. Hier erscheint die Gefahr der Einflußnahme sogar nochmals gesteigert, weil die Entscheidung von der Einstellung zu dem in der Vergangenheit ausgestrahlten Programm beeinflußt werden und damit der Programmfreiheit schaden kann.
Daher hat das Bundesverfassungsgericht gerade für die Auswahl unter den Bewerbern und für die Zuteilung von Übertragungskapazitäten besonders strikte gesetzliche Vorkehrungen im Interesse der Rundfunkfreiheit gefordert (vgl. BVerfGE 57, 295 [327]; 73, 118 [182 ff.]; 83, 238 [322 ff.]). In den genannten Entscheidungen sind diese Anforderungen allerdings als objektivrechtliche Verpflichtungen des Rundfunkgesetzgebers entwickelt worden, während kein Anlaß bestand zu klären, ob der objektivrechtlichen Pflicht des Staates auch eine subjektivrechtliche Position der Rundfunkveranstalter oder -bewerber entspricht. Die objektivrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers dient aber auch der Sicherung der grundrechtlichen Position der Rundfunkveranstalter im Rahmen der vom Gesetzgeber zulässigerweise geschaffenen Rundfunkordnung; ihr Sicherungszweck wäre gefährdet, wenn die Betroffenen keine Möglichkeit hätten, eine Pflichtverletzung geltend zu machen (vgl. BVerfGE 87, 181 [198]). Ebenso wie sich die bereits zugelassenen Rundfunkveranstalter hinsichtlich der ihnen eingeräumten Rechtsposition auf den Schutz der Rundfunkfreiheit berufen können (vgl. BVerfGE 95, 220 [234]), müssen daher auch die Bewerber das Grundrecht bezüglich der verfassungsrechtlich gebotenen Auswahl- und Zulassungsregeln geltend machen können, die die Rundfunkfreiheit in der Bewerbungssituation sichern.
Zwar ist nicht jeder Verstoß gegen diese Vorschriften zugleich ein Grundrechtsverstoß. Auch wenn eine gesetzliche Zugangsregelung, die die Rundfunkfreiheit gegen Programmeinflüsse seitens des Staates wirksam sichert, von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geboten ist, legt das Grundrecht doch nicht im einzelnen fest, welchen Weg der Gesetzgeber zur Erreichung dieses Ziels einzuschlagen hat. Da es sowohl objektivrechtlich als auch subjektivrechtlich im Dienst der Grundrechtssicherung steht, gibt es dem Bewerber aber jedenfalls einen Anspruch darauf, daß bei der Auslegung und Anwendung seine Position als Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit hinreichend beachtet wird. Er erhält damit eine rundfunkspezifische Rechtsposition, die über die durch das Willkürverbot vermittelte hinausreicht. Wie weit sie im einzelnen geht, bedarf hier keiner Klärung.
Dieser Grundrechtsbeachtungsanspruch steht den Bewerbern um eine Lizenz in Bayern auch gegenüber der BLM zu. Ungeachtet ihrer staatsfernen und pluralistischen Konstruktion tritt sie ihnen als Teil der öffentlichen Gewalt entgegen und ist jedenfalls insofern grundrechtsverpflichtet. Daß sie möglicherweise in ihrer Eigenschaft als rechtliche Trägerin der privaten Rundfunkangebote selbst den Schutz dieses Grundrechts genießt, steht dem nicht entgegen. Eine abschließende Klärung dieser Frage verlangt der Fall nicht. Denn selbst wenn der BLM auch im Verhältnis zu den privaten Rundfunkanbietern der Schutz der Rundfunkfreiheit zukäme, wäre sie nicht davon entbunden, den Grundrechtsschutz auf der Anbieterseite zu beachten. Insoweit gilt nichts anderes als sonst bei der Notwendigkeit eines Ausgleichs von Berechtigungen mehrerer Grundrechtsträger aus ein und demselben Grundrecht.
2. Diesen Grundsätzen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht.
Zwar handelt es sich um eine Entscheidung, die auf Bestimmungen der Bayerischen Verfassung beruht, deren Auslegung und Anwendung Sache des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist und vom Bundesverfassungsgericht nicht nachgeprüft wird. Soweit der Gegenstand, den der Verfassungsgerichtshof zu beurteilen hat, im Schutzbereich der Grundrechte des Grundgesetzes steht, darf er sich bei der Auslegung und Anwendung der Landesverfassung aber nicht in Widerspruch zu diesen Grundrechten setzen, an die nach Art. 1 Abs. 3 GG auch die Staatsgewalt der Länder einschließlich ihrer Verfassungsgerichte ungeachtet der im übrigen bestehenden Autonomie gebunden ist (vgl. BVerfGE 42, 312 [325]).
Dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof war es danach zwar unbenommen, Art. 111 a BV im Sinn eines Verbots unmittelbarer privater Trägerschaft von Rundfunk in Bayern auszulegen. Ferner war es ihm unbenommen, das Medienerprobungs- und -entwicklungsgesetz für vereinbar mit Art. 111 a BV zu erklären. Doch durfte er nicht den privaten Rundfunkanbietern, die sich auf der Grundlage dieses Gesetzes um Zulassung zu einer Tätigkeit bewarben, die sich der Sache nach als Rundfunkveranstaltung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erweist, den Schutz dieses Grundrechts vorenthalten. Es mußte vielmehr bei der Auslegung und Anwendung von Art. 111 a BV beachtet werden. Damit ist es unvereinbar, Art. 111 a BV den Sinn zu geben, daß Zulassungsbewerber nur geltend machen können, die BLM habe bei der Auswahl der Anbieter den Gleichheitssatz und das darin verankerte Willkürverbot verletzt.
Die angegriffene Entscheidung beruht auf dieser mit dem Grundgesetz unvereinbaren Annahme. Daher ist nicht auszuschließen, daß das Gericht bei Beachtung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
II.
Art. 19 Abs. 4 GG ist dagegen nicht verletzt.
1. Dieses Grundrecht eröffnet den Rechtsweg gegen jede behauptete Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt. Seine Bedeutung erschöpft sich nicht darin, dem Einzelnen überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren. Der Rechtsschutz muß vielmehr auch effektiv sein. Dieses Gebot richtet sich sowohl an den die Verfahrensordnung ausgestaltenden Gesetzgeber als auch an den sie anwendenden Richter. Er muß das Verfahrensrecht in einer Weise auslegen und anwenden, die dem Gebot effektiven Rechtsschutzes Rechnung trägt.
Dagegen schützt Art. 19 Abs. 4 GG nicht davor, daß das als verletzt gerügte subjektive Recht oder das ihm entgegenstehende Recht der Allgemeinheit oder Dritter vom Gericht unzutreffend ausgelegt (vgl. BVerfGE 15, 275 [281]; 61, 82 [110]) und dadurch im Ergebnis - etwa durch unberechtigte Verneinung der geltend gemachten Rechtsposition - auch der Rechtsschutz verkürzt wird. Rügen, die sich auf die Auslegung materieller Rechtspositionen beziehen, können daher in der Regel nicht auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützt werden, sondern sind materiellrechtlich geltend zu machen.
2. Im vorliegenden Fall hat der Bayerischen Verfassungsgerichtshof den Eilrechtsschutz, den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin gewährt hatte, dadurch zunichte gemacht, daß er die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Zulassungsentscheidungen der BLM auf Willkür beschränkt hat. Diese Beschränkung folgt aus der Auslegung, die der Verfassungsgerichtshof Art. 111 a BV gegeben hat. Danach steht das Grundrecht der Rundfunkfreiheit ausschließlich der BLM zu und bewirkt zugleich, daß diese bei Zulassungsentscheidungen einen außerordentlich weiten Ermessensspielraum besitzt. Dabei handelt es sich um die Auslegung materiellen Rechts, die sich zwar prozessual auswirken, aber keinen selbständigen Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie begründen kann.
III.
Da sich die Beschwerdeführerin auf die Rundfunkfreiheit berufen kann, kommt es auf die Frage, ob ihr daneben der - vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof ebenfalls verneinte - Schutz der Berufsfreiheit zusteht, nicht mehr an. Art. 12 Abs. 1 GG könnte keinen höheren Schutz vermitteln als Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Für eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG ist nichts hervorgetreten.
IV.
Obwohl die angegriffene Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs keine Auswirkungen in der Sache selbst mehr haben kann, führt die Grundrechtsverletzung zu ihrer Aufhebung, weil die Beschwerdeführerin jedenfalls durch die Beseitigung der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs noch beschwert ist.
Seidl, Grimm, Kühling, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner