BVerfGE 118, 244 - Afghanistan-Einsatz
Die Beteiligung an dem erweiterten ISAF-Mandat aufgrund des Bundestagsbeschlusses vom 9. März 2007 verletzt nicht die Rechte des Deutschen Bundestages aus Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
 
Urteil
des Zweiten Senats vom 3. Juli 2007 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2007
-- 2 BvE 2/07 --
in dem Organstreitverfahren über die Anträge festzustellen, 1. dass die Bundesregierung die Rechte des Deutschen Bundestages aus Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz dadurch verletzt hat, dass sie sich an der konsensualen Fortentwicklung des Nordatlantik-Vertrags von 1955 beteiligt hat, die gegen wesentliche Strukturentscheidungen des Vertrags verstößt, und sich dadurch außerhalb des durch das Zustimmungsgesetz abgesteckten Ermächtigungsrahmens stellt, 2. dass die Bundesregierung durch Beteiligung an dem erweiterten ISAF-Mandat im Sinne des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 9. März 2007 die Rechte des Deutschen Bundestages aus Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz verletzt hat, Antragstellerin: Fraktion der PDS/Die Linke im Deutschen Bundestag, vertreten durch die Fraktionsvorsitzenden Dr. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, Deutscher Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, -- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Wolfgang Kaleck und Sönke Hilbrans, in Sozietät Rechtsanwälte Hummel, Kaleck, Immanuelkirchstraße 3--4, 10405 Berlin; Antragsgegnerin: Bundesregierung, vertreten durch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin, -- Bevollmächtigter: Prof. Dr. Georg Nolte, Wissenschaftskolleg zu Berlin, Wallotstraße 19, 14193 Berlin.
Entscheidungsformel:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A.
Die Anträge im Organstreitverfahren betreffen die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan. Die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe an einer Fortentwicklung des NATO-Vertrags über dessen gesetzlichen Ermächtigungsrahmen hinaus mitgewirkt und dadurch Rechte des Deutschen Bundestages aus Art.  59 Abs.  2 GG verletzt.
I.
1. a) Nach dem Sturz des Taliban-Regimes einigten sich die größten ethnischen Gruppen Afghanistans im November und Dezember 2001 in der "Petersberger Konferenz" auf das "Übereinkommen über vorläufige Regelungen in Afghanistan bis zur Wiederherstellung dauerhafter staatlicher Institutionen" vom 5. Dezember 2001, die so genannte "Bonner Vereinbarung". Darin ersuchten die Teilnehmer der Konferenz den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die baldige Entsendung einer Truppe im Rahmen eines Mandats der Vereinten Nationen in Erwägung zu ziehen; diese Truppe werde dazu beitragen, die Sicherheit in Kabul und den umgebenden Gebieten zu gewährleisten, und könne gegebenenfalls nach und nach auch in anderen Städten und weiteren Gebieten eingesetzt werden. Am 20. Dezember 2001 genehmigte der Sicherheitsrat mit der Resolution 1386 (2001) die Einrichtung einer Internationalen Sicherheitsbeistandstruppe (International Security Assistance Force -- ISAF), um die afghanische Interimsverwaltung bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit in Kabul und Umgebung zu unterstützen. Der Sicherheitsrat verlängerte im Folgenden diese Genehmigung, zuletzt mit der Resolution 1707 (2006) vom 12. September 2006 um ein weiteres Jahr bis zum 13. Oktober 2007.
b) Die Bundesregierung beantragte am 21. Dezember 2001 die Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Beteiligung deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan, die dieser am 22. Dezember 2001 erteilte. Zur Begründung ihres Antrags führte die Bundesregierung unter anderem aus, dass die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe ein wesentlicher Beitrag Deutschlands zur Implementierung des auf dem Petersberg in Gang gesetzten nationalen Versöhnungsprozesses in Afghanistan sei. Die völkerrechtliche Grundlage hierfür finde sich in der Bonner Vereinbarung und den Resolutionen des Sicherheitsrats zu Afghanistan. In verfassungsrechtlicher Hinsicht handelten die deutschen Streitkräfte bei ihrer Beteiligung an der Sicherheitsunterstützungstruppe in Umsetzung der Resolution 1386 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art.  24 Abs.  2 GG. Der zunächst auf ein halbes Jahr befristete Einsatz wurde im Folgenden aufgrund entsprechender Anträge der Bundesregierung verlängert, zuletzt bis zum 13. Oktober 2007. Status und Rechte der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe richten sich nach den zwischen der NATO und der Regierung von Afghanistan getroffenen Vereinbarungen.
2. a) Im August 2003 übernahm die NATO die Führung des ISAF-Einsatzes. Das zunächst auf das Gebiet Kabuls und seiner Umgebung beschränkte ISAF-Mandat wurde mit der Resolution 1510 (2003) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 13. Oktober 2003 auf das gesamte Gebiet Afghanistans ausgeweitet. Im Juni 2004 beschloss die NATO auf ihrem Gipfeltreffen in Istanbul, das erweiterte Mandat wahrzunehmen. Dies betraf bis Mitte 2006 zunächst den Norden und Westen des Landes; sodann übernahm ISAF am 31. Juli 2006 auch die Verantwortung für die Südregion sowie am 5. Oktober 2006 für die Ostregion Afghanistans. In diesen Landesteilen mit schwieriger Sicherheitslage waren zuvor allein die Vereinigten Staaten von Amerika und sie unterstützende weitere Staaten im Rahmen der Operation Enduring Freedom tätig. Diese Operation zur -- auch militärischen -- Bekämpfung des Terrorismus, mit der die Vereinigten Staaten von Amerika auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 antworten, hatte im Oktober 2001 mit einer militärischen Offensive gegen das afghanische Taliban-Regime begonnen.
b) Aufgrund der Ausweitung von ISAF überschneidet sich nunmehr dessen Einsatzgebiet mit dem der Operation Enduring Freedom. Der ISAF-Operationsplan sieht "eine restriktive Übermittlung von Aufklärungsergebnissen" an die Operation Enduring Freedom vor, "wenn dies zur erfolgreichen Durchführung der ISAF-Operation oder für die Sicherheit von ISAF-Kräften erforderlich ist" (BTDrucks 16/4298, S. 3). Bei der Mandatierung der ISAF-Mission auf der Grundlage von Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen hat der Sicherheitsrat ISAF immer wieder zur Kooperation mit der Operation Enduring Freedom aufgefordert (s. etwa die Resolutionen 1510 [2003] vom 13. Oktober 2003 und 1707 [2006] vom 12. September 2006) und überdies die engere Zusammenarbeit der Operationen im Zuge der Ausweitung der ISAF-Mission ausdrücklich begrüßt (s. die Resolution 1659 [2006] vom 15. Februar 2006).
c) Auf dem NATO-Gipfel in Riga am 28./29. November 2006 gaben die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten eine Erklärung über die zukünftigen Herausforderungen der NATO ab und verabschiedeten eine "Comprehensive Political Guidance", die einen Rahmen für die zukünftige Ausrichtung des Verteidigungsbündnisses vor dem Hintergrund sich wandelnder Bedrohungslagen setzen soll. Darin werden im allgemeinen Zusammenhang etwa Fragen der Kooperation zwischen Sicherheitsorganisationen sowie des Aus- und Umbaus militärischer Fähigkeiten angesprochen; daneben geht es um die politische Bewertung und zukünftige Ausrichtung der gegenwärtigen NATO-Einsätze, wobei der als "Schlüsselpriorität" (Ziff. 5 der Gipfelerklärung) bezeichnete ISAF-Einsatz in Afghanistan breiten Raum einnimmt.
3. a) Am 8. Februar 2007 beantragte die Bundesregierung die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu einer erweiterten deutschen Beteiligung an der NATO-geführten Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan mit Fähigkeiten zur Aufklärung und Überwachung in der Luft. Zur Begründung heißt es unter anderem, bereits die am 28. September 2006 beschlossene Verlängerung des Mandats für die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an ISAF habe unter der Erwartung der Ausweitung des Einsatzes von ISAF auf ganz Afghanistan gestanden, die am 5. Oktober 2006 mit der Übernahme der Verantwortung für die Ostregion vollzogen worden sei. Damit stelle sich die NATO neuen Herausforderungen, insbesondere einer angespannteren Sicherheitslage. Notwendig sei daher aus Sicht der NATO auch die Fähigkeit zur Aufklärung aus der Luft. Der Aufklärung im gesamten Verantwortungsbereich von ISAF komme eine hohe Bedeutung zu. Der Antrag der Bundesregierung solle es ermöglichen, diese Fähigkeiten in Ergänzung des bereits bestehenden deutschen Beitrags zu ISAF bereitzustellen. Für die Aufklärung und Überwachung aus der Luft seien Aufklärungsflugzeuge vom Typ "Tornado RECCE" vorgesehen, die über die Fähigkeit zur abbildenden Aufklärung am Tag und in der Nacht verfügten. Diese Aufklärungsflugzeuge seien mit Eigen- und Selbstschutzeinrichtungen ausgestattet; sie sollten nicht zur Luftnahunterstützung bei Kampfaktionen ("Close Air Support") eingesetzt werden (BTDrucks 16/4298, S. 3).
b) Der Deutsche Bundestag stimmte diesem Antrag der Bundesregierung am 9. März 2007 zu. Ab dem 2. April 2007 wurden die Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan verlegt und am 9. April 2007 dem NATO-Kommando unterstellt. Die Aufklärungsflüge haben am 15. April 2007 begonnen.
II.
Die Antragstellerin hat am 20. März 2007 die im Rubrum wiedergegebenen Anträge im Organstreitverfahren gestellt; den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs der Truppenentsendung nach Afghanistan hat der Senat mit Beschuss vom 29. März 2007 abgelehnt.
Zur Begründung ihrer Anträge im Organstreitverfahren trägt die Antragstellerin vor:
1. Die Anträge seien zulässig. Als Fraktion des Deutschen Bundestages sei die Antragstellerin nach § 63 BVerfGG im Organstreitverfahren parteifähig und könne im eigenen Namen Rechte geltend machen, die dem Bundestag gegenüber der Bundesregierung zustünden. Die Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass die Antragstellerin eine Verletzung der Rechte des Bundestages aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG dadurch geltend mache, dass die Antragsgegnerin den NATO-Vertrag über die durch das Integrationsprogramm des Vertrags gesetzten Grenzen hinaus fortentwickelt habe, ohne den Bundestag erneut durch die Einleitung eines förmlichen Gesetzgebungsverfahrens zu beteiligen. Die Antragsfrist nach § 64 Abs.  3 BVerfGG sei gewahrt; denn die mit dem Antrag zu 1. gerügte Mitwirkung der Antragsgegnerin an der Fortentwicklung des NATO-Vertrags sei ein Prozess, der spätestens mit dem neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999 eingesetzt habe und sich bis heute fortsetze, was sich insbesondere in den Erklärungen anlässlich des NATO-Gipfels von Riga vom November 2006 zeige. Die Antragstellerin behauptet im Hinblick auf die Beteiligung des Bundestages insoweit ein fortgesetztes verfassungswidriges Unterlassen, das durch konkrete Mitwirkungshandlungen an der Fortentwicklung des NATO-Vertrags immer wieder erneut rügefähig werde.
2. Die Anträge seien auch begründet. Das Mitwirkungsrecht des Bundestages gemäß Art.  59 Abs.  2 GG sei verletzt, weil die Bundesregierung an einer Fortentwicklung des NATO-Vertrags mitgewirkt habe, die die Grenzen des durch das Zustimmungsgesetz abgesteckten Integrationsprogramms überschreite.
a) Das ergebe sich zum einen daraus, dass die NATO sich mit ihrer Führung der ISAF-Mission an einem militärischen Einsatz beteilige, der keinen Bezug mehr zur Sicherheit im euro-atlantischen Raum aufweise, auf die der NATO-Vertrag, auch in seiner Fortentwicklung bis hin zum neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999, abstelle. Die von der Bundesregierung mitzuverantwortende Änderung des NATO-Vertrags manifestiere sich in zahlreichen rechtsverbindlichen Dokumenten und beinhalte eine Reihe von Maßnahmen, die zu einem fundamentalen Bedeutungswandel maßgeblicher Strukturentscheidungen des NATO-Vertrags führten. So sei der Erklärung der NATO-Mitgliedstaaten anlässlich des NATO-Gipfels in Riga vom 28./29. November 2006 eine Neuausrichtung des Bündnisses im Sinne eines "globalen Sicherheitsdienstleisters" zu entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht habe noch in seinem Urteil zum neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999 (BVerfGE 104, 151) den Bezug militärischer Sicherheitsmaßnahmen zur euro-atlantischen Region als ein maßgebliches Element des vertraglichen Integrationsprogramms angesehen, über das hinaus der NATO-Vertrag nicht ohne förmliche Vertragsänderung fortentwickelt werden dürfe. Dies geschehe aber, wenn die NATO weltweit Krisenreaktionseinsätze durchführe, die, wie die ISAF-Mission in Afghanistan, zum euro-atlantischen Raum keinerlei unmittelbaren Bezug mehr hätten. ISAF sei der erste Kampfeinsatz der NATO "out of area" und diene nicht speziell der euro-atlantischen, sondern der afghanischen Sicherheit. Deshalb sei der Deutsche Bundestag in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 GG verletzt.
Überdies sieht die Antragstellerin eine Fortentwicklung des NATO-Vertrags über das vertragliche Integrationsprogramm hinaus darin, dass Mitgliedstaaten der NATO, allen voran die Vereinigten Staaten von Amerika, in der jüngeren Vergangenheit etwa mit dem Irak-Krieg zahlreiche Maßnahmen getroffen hätten, die mit dem geltenden Völkerrecht unvereinbar seien. Dadurch versuchten sie, einen Wandel des Völkerrechts, auch des NATO-Vertrags, anzustoßen, dem sich die Antragsgegnerin nicht hinreichend entgegengestellt habe.
b) Zum anderen sei das Integrationsprogramm dadurch überschritten, dass die Bundesrepublik Deutschland sich mit ihrer Teilnahme an der erweiterten ISAF-Mission an einem Einsatz beteilige, der in Afghanistan parallel zu und in vielfältiger Verbindung mit der Operation Enduring Freedom stattfinde. Diese Kooperation führe dazu, dass den NATO-Staaten die Völkerrechtswidrigkeit dieser Operation zuzurechnen sei. Völkerrechtlich könne die Anwendung militärischer Gewalt im Rahmen des Anti-Terror-Kampfes der Operation Enduring Freedom in Afghanistan nur gerechtfertigt sein, wenn entweder ein Mandat des UN-Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen vorliege oder der Einsatz als kollektive Selbstverteidigung im Sinne von Art.  51 der Satzung der Vereinten Nationen einzuordnen sei; beides sei jedoch nicht der Fall. Im Übrigen sei die afghanische Regierung zwar dem Grunde nach mit der fortdauernden Gewaltanwendung durch die Operation Enduring Freedom, nicht aber mit den konkreten Maßnahmen im Einzelfall, die wiederholt gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen hätten, einverstanden. Durch die dadurch ausgelöste Völkerrechtswidrigkeit der ISAF-Mission werde das Integrationsprogramm des NATO-Vertrags überschritten, da dieses Bündnis nach Art.  24 Abs.  2 GG strikt der Friedenswahrung verpflichtet bleiben müsse. Auch insoweit sei daher das Beteiligungsrecht des Deutschen Bundestages nach Art.  59 Abs.  2 GG verletzt.
III.
Die Antragsgegnerin hält die Anträge für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
1. a) Der Antrag zu 1. sei unzulässig, da insoweit die Antragsfrist nach § 64 Abs.  3 BVerfGG nicht eingehalten worden sei. Die Antragstellerin stütze ihre Argumentation auf einen Prozess, der "spätestens" mit dem neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999 begonnen habe. Diese Behauptung einer "schleichenden" Entwicklung könne aber nicht dazu führen, dass die Antragsfrist im Organstreitverfahren umgangen werde. Überdies sei der Antrag so unbestimmt formuliert, dass er keinen konkreten Antragsgegenstand erkennen lasse.
b) Ihr Vorbringen zur Zulässigkeit hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ergänzt: Der Antrag zu 2. sei ebenfalls bereits aus Fristgründen unzulässig, weil die Entsendung der Tornado-Aufklärungsflugzeuge nur einen unselbständigen Umsetzungsakt darstelle, während die eigentlich relevante deutsche Beteiligung an der ISAF-Mission und deren Kooperation mit der Operation Enduring Freedom bereits seit Jahren erfolgten.
Überdies berühre der von der Antragstellerin geltend gemachte Verstoß der NATO gegen das Friedensgebot keine Rechte des Bundestages und sei daher im Organstreitverfahren nicht rügefähig.
2. Die Anträge seien jedenfalls unbegründet; die Antragsgegnerin habe Rechte des Bundestages aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG nicht verletzt. Weder liege eine Überschreitung des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags unter Mitwirkung der Antragsgegnerin vor noch werde die durch Art.  24 Abs.  2 GG festgelegte Zweckbestimmung der NATO zur Friedenswahrung verlassen.
a) Dieser Organstreit werfe im Wesentlichen die gleichen Fragen auf wie das von der Antragstellerin seinerzeit angestrengte Verfahren gegen das neue Strategische Konzept der NATO von 1999. Bereits in diesem Verfahren habe das Bundesverfassungsgericht in der Möglichkeit von Krisenreaktionseinsätzen außerhalb des Bündnisgebiets keine Fortentwicklung des NATO-Vertrags über die Grenzen des Integrationsprogramms hinaus erkannt; einen solchen Krisenreaktionseinsatz stelle die ISAF-Mission dar. Insofern sei der Bezug eines Einsatzes zur euro-atlantischen Sicherheit nicht strikt territorial zu verstehen.
Die Gipfelerklärung von Riga und die "Comprehensive Political Guidance" vom 29. November 2006 belegten das Gegenteil dessen, was die Antragstellerin diesen Dokumenten entnehme. Denn in der Gipfelerklärung werde die bereits 1999 getroffene Feststellung einer sich fortentwickelnden Sicherheitslage lediglich bekräftigt. Die "Comprehensive Political Guidance" halte fest, dass es sich bei der Instabilität gescheiterter Staaten und bei regionalen Krisen und Konflikten um wesentliche Risiken und Herausforderungen der NATO in der Zukunft handle. Insoweit würden durch die Gipfelerklärungen von Riga weder neue völkerrechtliche Bindungen der NATO-Mitgliedstaaten begründet noch komme den Ausführungen zum ISAF-Einsatz eine nachträgliche Legitimationsfunktion zu. Die Erklärungen könnten auch nicht als Anhaltspunkt für eine Vertragsfortbildung oder -änderung herangezogen werden, denn hierfür seien stets ein entsprechender Wille der Vertragsparteien und eine konkrete Rechtsbehauptung erforderlich, woran es hier fehle.
Schließlich sei nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang die von der Antragstellerin angegriffene Tornado-Entsendung mit dem Irak-Krieg und weiteren Maßnahmen der Vereinigten Staaten von Amerika stehe; denn all diese Handlungen spielten sich, so die Vorwürfe überhaupt zuträfen, jedenfalls außerhalb des NATO-Kontextes ab, sodass sie für eine Wandlung des NATO-Vertrags von vornherein nicht herangezogen werden könnten.
b) Soweit die Antragstellerin geltend mache, die Bundesregierung nehme an einer Umwandlung des NATO-Systems teil, das nicht mehr der Friedenswahrung diene oder Angriffskriege vorbereite, verkenne sie, dass sich der ISAF-Einsatz auf ein Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen stütze, zuletzt auf dessen Resolution 1707 (2006) vom 12. September 2006; darin habe der Sicherheitsrat ISAF auch ausdrücklich aufgefordert, mit der Operation Enduring Freedom zusammenzuwirken. Überdies arbeite die afghanische Regierung mit beiden Missionen eng zusammen und habe zu keiner Zeit eine Beendigung der Einsätze gefordert.
Wenn die Antragstellerin die Völkerrechtskonformität der Operation Enduring Freedom in Zweifel ziehe, sei daran zu erinnern, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 1368 (2001) vom 12. September 2001 das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung ausdrücklich anerkannt und diese Resolution immer wieder bekräftigt habe, auch in der Resolution 1707 (2006) vom 12. September 2006 zum jüngsten ISAF-Mandat.
Auch unabhängig davon, wie einzelne Aspekte der Durchführung der Operation Enduring Freedom völkerrechtlich zu beurteilen seien, komme eine generelle wechselseitige Zurechnung etwaiger völkerrechtswidriger Akte zwischen ISAF und der Operation Enduring Freedom schon vor dem Hintergrund der Mandatierung der Kooperation dieser Missionen durch den UN-Sicherheitsrat nicht in Betracht; auch jenseits dieser Mandatierung fehle es völkerrechtlich an einer Grundlage für die von der Antragstellerin geltend gemachte wechselseitige "Verantwortungszurechnung". Damit stehe ISAF mit dem Völkerrecht in Einklang, sodass auch eine Verletzung des Bundestages in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG wegen eines Verstoßes der NATO gegen das Gebot der Friedenswahrung zu verneinen sei.
IV.
Der Deutsche Bundestag hat sich zum Verfahren nicht geäußert.
V.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihr schriftsätzliches Vorbringen vertieft und ergänzt. Zu den Einzelheiten des Zusammenwirkens von ISAF mit der Operation Enduring Freedom sowie zu Fragen der Anforderung und Weitergabe von Aufklärungsergebnissen durch die deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeuge ist der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, gehört worden.
 
B.
Die Anträge sind nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zulässig.
I.
Die Antragstellerin ist als Fraktion des Deutschen Bundestages im Organstreitverfahren gemäß §§ 13 Nr.  5, 63 ff. BVerfGG parteifähig. Sie kann im eigenen Namen Rechte geltend machen, die dem Bundestag gegenüber der Bundesregierung zustehen (BVerfGE 1, 351 [359]; 2, 143 [165]; 104, 151 [193]; stRspr). Die Bundesregierung, gegen die sich die Anträge richten, ist gemäß § 63 BVerfGG möglicher Antragsgegner.
II.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat hinreichend dargelegt, dass der Deutsche Bundestag durch die angegriffenen Maßnahmen in Rechten verletzt sein könnte, die ihm durch das Grundgesetz übertragen worden sind (§ 64 Abs.  1 BVerfGG). Das gilt sowohl hinsichtlich der Rüge, der NATO-Vertrag sei unter Beteiligung der Bundesregierung über sein Integrationsprogramm hinaus fortgebildet worden, sodass Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG verletzt sei, als auch hinsichtlich der Rüge, die Bundesregierung habe sich an einer Fortentwicklung der NATO dergestalt beteiligt, dass diese nicht mehr der Friedenswahrung diene (Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art.  24 Abs.  2 GG). Beide Rügen sind im Organstreitverfahren statthaft und hier schlüssig vorgetragen.
1. Allerdings bedürfen die von der Antragstellerin gestellten Anträge der Auslegung, um den nach § 64 Abs.  1 BVerfGG erforderlichen konkreten Angriffsgegenstand, eine Maßnahme oder Unterlassung der Antragsgegnerin, zu ermitteln (vgl. BVerfGE 68, 1 [68 f.]).
a) Der Gegenstand des Antrags zu 1., mit dem die Antragstellerin eine konsensuale Fortentwicklung des Nordatlantik-Vertrags vom 4. April 1949 (BGBl. 1955 II S. 289) unter Mitwirkung der Antragsgegnerin geltend macht, ist nicht hinreichend benannt; das ihm zugrunde liegende Feststellungsziel kann lediglich teilweise im Rahmen des Antrags zu 2. berücksichtigt werden.
Im Rahmen des Antrags zu 1. spricht die Antragstellerin von einer Fortentwicklung des NATO-Vertrags, die sich in zahlreichen rechtsverbindlichen Dokumenten manifestiere und eine Reihe von Maßnahmen beinhalte, die zu einem fundamentalen Bedeutungswandel maßgeblicher Strukturentscheidungen des NATO-Vertrags geführt hätten. Die Antragstellerin identifiziert allerdings kaum konkrete Maßnahmen, aus denen sich der Wandel oder die inhaltliche Fortentwicklung des NATO-Vertrags ergeben könnten, und sie setzt sich mit Inhalt und Wirkungen möglicher Schritte auch nicht näher auseinander. Angeführt werden der Beschluss des NATO-Rats zur Änderung des ISAF-Organisationsplans und der Einsatzregeln vom Dezember 2005, die Erklärung der Staats- und Regierungschefs anlässlich des NATO-Gipfels von Riga vom 28./29. November 2006 sowie die zeitgleich verabschiedete "Comprehensive Political Guidance" und schließlich die Überstellung der Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan unter das Kommando der NATO.
Zudem ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin, dass sie einen Wandel der NATO hin zu einem "globalen Sicherheitsdienstleister" auch und vor allem an der NATO-geführten ISAF-Mission in Afghanistan selbst festmacht, es ihr also nicht zuletzt um die grundlegenden, unter Beteiligung der Bundesregierung getroffenen Entscheidungen im NATO-Rahmen zur Übernahme der Führung der ISAF-Mission im Jahr 2003 und später zur Ausweitung des Einsatzes im Jahr 2004 geht.
Die Beteiligung der Antragsgegnerin an den letztgenannten Beschlüssen scheidet hier indes als Prüfungsgegenstand aus. Diesen Antragsgegenständen steht schon die Antragsfrist des § 64 Abs.  3 BVerfGG entgegen, da die Maßnahmen der NATO, die ISAF allgemein betreffen, sowie die Änderung des Operationsplans mit Blick auf die Ausweitung der ISAF-Mission auf das gesamte Gebiet Afghanistans deutlich länger als sechs Monate zurückliegen. Gleiches gilt für das behauptete Unterlassen eines rechtserheblichen Protests der Antragsgegnerin gegen den Irak-Krieg 2003 und andere Maßnahmen der Vereinigten Staaten von Amerika.
An dem Fristablauf kann auch der Verweis auf ein fortdauerndes Unterlassen nichts ändern: Auch rechtserhebliche Unterlassungen setzen die Frist des § 64 Abs.  3 BVerfGG in Gang, und zwar spätestens dann, wenn sich der Antragsgegner erkennbar weigert, in der ihm angesonnenen und nach dem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis gebotenen Weise tätig zu werden (vgl. BVerfGE 4, 250 [269]; 21, 312 [319]; 92, 80 [89]). Gegen diese ab einem bestimmten Zeitpunkt erkennbare konkrete Unterlassung muss sich der Antrag im Organstreitverfahren unter Beachtung der Fristbindung wenden, nicht erst gegen die nach Fristablauf typischerweise noch fortdauernde allgemeine Unterlassung. Soweit die Antragstellerin also dem Erfordernis der Bezeichnung konkreter Angriffsgegenstände mit ihrem Antrag zu 1. überhaupt nachgekommen sein sollte, hat sie jedenfalls die konkret bezeichneten Maßnahmen -- mit Ausnahme der Beteiligung der Antragsgegnerin an den Erklärungen im Rahmen des NATO-Gipfels von Riga vom 28./29. November 2006 -- nicht fristgemäß angegriffen.
b) Mit ihrem Antrag zu 2. greift die Antragstellerin, wie sich jedenfalls aus dem Zusammenhang ergibt, den vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages getroffenen Beschluss der Bundesregierung vom 7. Februar 2007 (s. BTDrucks 16/4298) über die Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen nach Afghanistan zur Unterstützung der ISAF-Mission an, der wiederum als deutscher Umsetzungsbeitrag der gemeinsamen Erklärung des Riga-Gipfels verstanden werden kann. Darin liegt eine konkrete Maßnahme der Antragsgegnerin, die nach § 64 Abs.  1 BVerfGG möglicher Gegenstand des Organstreitverfahrens ist. Die Überstellung der Aufklärungsflugzeuge kann auch als deutscher Beitrag zur Konkretisierung der Erklärungen im Rahmen des NATO-Gipfels von Riga vom 28./29. November 2006 verstanden werden, sodass insoweit ein rügefähiger Gesamtzusammenhang besteht.
2. a) Der Organstreit zielt auf die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten von Verfassungsorganen (Art.  93 Abs.  1 Nr.  1 GG). Das Verfahren dient maßgeblich der Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, nicht der davon losgelösten Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. BVerfGE 68, 1 [69 ff.]; 104, 151 [193 f.]); eine allgemeine Kontrolle außen- oder verteidigungspolitischer Maßnahmen der Bundesregierung eröffnet der Organstreit nicht. Im Verhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung sind vor allem die Gesetzgebungsbefugnisse und sonstigen Mitwirkungsrechte des Bundestages rügefähig. Ein Eingriff in eine Gesetzgebungskompetenz des Bundestages ist nicht nur bei Anmaßung der Regelungskompetenz möglich, sondern auch bei einem rechtserheblichen Handeln ohne gesetzliche Ermächtigung, wenn diese von Verfassungs wegen erforderlich ist. Das Parlament kann deshalb im Wege des Organstreits eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Handelns herbeiführen (vgl. BVerfGE 104, 151 [194 f.]).
b) Die Einordnung Deutschlands in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit bedarf nach Art.  24 Abs.  2 GG in Verbindung mit Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG der Zustimmung des Gesetzgebers. Dieser Gesetzesvorbehalt überträgt dem Bundestag als Gesetzgebungsorgan ein Mitentscheidungsrecht im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten und begründet insoweit ein Recht des Bundestages im Sinne von § 64 Abs.  1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 90, 286 [351]; 104, 151 [194]; vgl. auch BVerfGE 68, 1 [84 f.]).
aa) Das Gesetzgebungsrecht nach Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG schützt die Kompetenz des Bundestages, über die durch völkerrechtlichen Vertrag begründeten Rechte und Pflichten der Bundesrepublik Deutschland mitzuentscheiden, sofern die politischen Beziehungen des Bundes oder Gegenstände der Bundesgesetzgebung betroffen sind. Die Vorschrift gewährleistet die Legislativfunktion der gesetzgebenden Körperschaften im Bereich der auswärtigen Gewalt, deren Zustimmung in der Form des Vertragsgesetzes die innerstaatliche Anwendung solcher Verträge sichert und das Handeln der Regierung bei dem völkerrechtlichen Vollzug des Vertrags deckt (vgl. BVerfGE 58, 1 [37]; 90, 286 [357]; 104, 151 [194]).
Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu einem völkerrechtlichen Vertrag erschöpft sich nicht in einem einmaligen Mitwirkungsakt anlässlich des Vertragsschlusses, sie bedeutet vielmehr die dauerhafte Übernahme von Verantwortung für das im Vertrag und im Zustimmungsgesetz festgelegte politische Programm. Das Zustimmungsgesetz bildet die Grundlage nicht nur für die Geltung und Anwendung des Vertrags im innerstaatlichen Recht, sondern auch für das rechtserhebliche Handeln der Bundesregierung im völkerrechtlichen Verkehr im Rahmen und auf der Basis des Vertrags (vgl. Wolfrum, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: VVDStRL 56 [1997], S. 38 [54 f.]; Ress, Verfassungsrechtliche Auswirkungen der Fortentwicklung völkerrechtlicher Verträge, in: Festschrift für Zeidler, Bd. 2, 1987, S. 1775 [1779 f.]). Dies gilt insbesondere, wenn der Vertrag entweder auf Integration oder auf die Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit gerichtet ist, wie dies Art.  24 Abs.  1 und 2 GG allgemein sowie Art.  23 Abs.  1 GG für den besonders integrierten Bereich der Europäischen Union vorsehen (vgl. BVerfGE 104, 151 [195]).
Dabei sind das politische Handeln auf der Grundlage des Vertrags und seine Konkretisierung, also die konkrete Ausfüllung und Entwicklung des mit ihm niedergelegten Programms, Aufgabe der Bundesregierung. Das Grundgesetz hat der Regierung im Bereich auswärtiger Politik einen weit bemessenen Spielraum zu eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung überlassen. Sowohl die Rolle des Parlaments als Gesetzgebungsorgan als auch diejenige der rechtsprechenden Gewalt sind in diesem Bereich beschränkt, um die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands nicht in einer Weise einzuschränken, die auf eine nicht funktionsgerechte Teilung der Staatsgewalt hinausliefe (vgl. BVerfGE 68, 1 [87 f.]; 104, 151 [207]). Die parlamentarische Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag ermächtigt daher zugleich die Regierung, diesen Vertrag in den Formen des Völkerrechts fortzuentwickeln, und das Vertragsgesetz enthält den innerstaatlichen Anwendungsbefehl für die auf der Grundlage des Vertrags gefassten völkerrechtlichen Beschlüsse (vgl. BVerfGE 104, 151 [209]).
bb) Der Kompetenz der Bundesregierung, auch an der Konkretisierung und Fortbildung der Vertragsgrundlage in den Formen des Völkerrechts ohne weitere parlamentarische Beteiligung teilzunehmen, sind allerdings verfassungsrechtlich Grenzen gesetzt. Denn das nach Maßgabe von Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG, Art.  24 Abs.  2 GG ergangene Zustimmungsgesetz zur Vertragsgrundlage eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit legt das Programm, vor allem den Zweck und den Anwendungsbereich dieses Systems fest. Dieses Integrationsprogramm und die damit einhergehende politische Bindung der Bundesrepublik Deutschland werden von den Gesetzgebungskörperschaften maßgeblich mitverantwortet. Mit der Zustimmung zu einem Vertragsgesetz bestimmen Bundestag und Bundesrat den Umfang der auf dem Vertrag beruhenden Bindungen der Bundesrepublik Deutschland und tragen dafür fortdauernd die politische Verantwortung gegenüber dem Bürger im Sinne von Art.  20 Abs.  2 GG. Wesentliche Abweichungen von der Vertragsgrundlage oder die Identität des Vertrags betreffende Änderungen sind deshalb von dem ursprünglichen Zustimmungsgesetz nicht mehr gedeckt (vgl. BVerfGE 58, 1 [37]; 68, 1 [102]; 77, 170 [231]; 89, 155 [188]; 104, 151 [195]). Betreibt die Bundesregierung die Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit jenseits der ihr erteilten Ermächtigung -- ultra vires --, wird der Bundestag in seinem Recht auf Teilhabe an der auswärtigen Gewalt verletzt, weil er den Vertrag, wie er sich dann in seiner tatsächlichen Handhabung durch die Vertragsparteien darstellt, nicht mehr mitverantwortet (vgl. BVerfGE 104, 151 [209 f.]). Strengt der Bundestag mit der Behauptung einer wesentlichen Vertragsüberschreitung oder -änderung ein Organstreitverfahren an, wird er daher zur Durchsetzung seines ihm übertragenen Rechts, über die völkervertraglichen Rechte und Pflichten des Bundes mitzuentscheiden, tätig.
cc) Die Bundesregierung handelt allerdings nicht schon dann außerhalb des vom Zustimmungsgesetz gezogenen Ermächtigungsrahmens, wenn gegen einzelne Bestimmungen des Vertrags verstoßen wird. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb auf Antrag des Bundestages einen Verfassungsverstoß nur dann feststellen, wenn sich jenseits des weit bemessenen Gestaltungsspielraums der Bundesregierung eine Überschreitung des vom ursprünglichen Zustimmungsgesetz vorgezeichneten Ermächtigungsrahmens nachweisen lässt, wenn also die konsensuale Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit gegen wesentliche Strukturentscheidungen des Vertragswerks verstößt und damit den Boden des dort festgelegten politischen Programms verlässt (vgl. BVerfGE 104, 151 [210]). Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich in diesem Umfang, ob ein bestimmtes völkerrechtliches Handeln der Regierung durch das Vertragsgesetz und dessen verfassungsrechtlichen Rahmen gedeckt ist (vgl. BVerfGE 58, 1 [36 f.]; 68, 1 [102 f.], 90, 286 [346 ff., 351 ff.]; 104, 151 [196]).
c) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. November 2001 zum neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999 (BVerfGE 104, 151) festgestellt hat, ist der Fortentwicklung eines Vertrags, der die Grundlage eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne von Art.  24 Abs.  2 GG bildet, von Verfassungs wegen eine weitere Grenze gesetzt, die auch die Gesetzgebungskörperschaften nicht durch Erlass eines Zustimmungsgesetzes überschreiten dürfen; der Bundestag kann aber an der Feststellung dieser Grenzen ein im Organstreitverfahren bedeutsames Interesse haben.
Nach Art.  24 Abs.  2 GG kann sich der Bund "zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen". Schon die tatbestandliche Formulierung des Art.  24 Abs.  2 GG schließt aus, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in ein gegenseitiges kollektives System militärischer Sicherheit einordnet, welches nicht der Wahrung des Friedens dient (vgl. Randelzhofer, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art.  24 Abs.  II Rn. 41; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 547 f.). Verfassungsrechtlich sind die Einordnung der Bundesrepublik Deutschland in ein solches System und die fortdauernde Teilnahme an diesem System damit unter den Vorbehalt der Friedenswahrung gestellt. Auch die Umwandlung eines ursprünglich den Anforderungen des Art.  24 Abs.  2 GG entsprechenden Systems in eines, das nicht mehr der Wahrung des Friedens dient oder sogar Angriffskriege vorbereitet, ist verfassungsrechtlich untersagt und kann deshalb nicht vom Inhalt des auf der Grundlage von Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art.  24 Abs.  2 GG ergangenen Zustimmungsgesetzes zum NATO-Vertrag gedeckt sein (vgl. BVerfGE 104, 151 [212 f.]). Damit ist das Gebot der Friedenswahrung stets zwingender Bestandteil der Vertragsgrundlage eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit; die friedenswahrende Zwecksetzung ist nicht nur einmalige Voraussetzung des Beitritts, sondern fortdauernde Voraussetzung des Verbleibs Deutschlands in dem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Diente ein solches System in seiner generellen Ausrichtung nicht mehr der Wahrung des Friedens im Sinne von Art.  24 Abs.  2 GG, wäre dadurch auch die verfassungsrechtliche Ermächtigung zur Einordnung in ein entsprechendes militärisches Bündnissystem überschritten.
3. Die Antragstellerin hat gemäß § 64 Abs.  1 BVerfGG geltend gemacht, dass der Bundestag in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art.  24 Abs.  2 GG verletzt sei. Dieses Vorbringen der Antragstellerin zugrunde gelegt, kann jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Bundesregierung durch die angegriffenen Maßnahmen an einer Fortbildung des NATO-Vertrags mitgewirkt hat, die von wesentlichen Strukturentscheidungen dieses Vertrags abweicht. Ihr Vortrag genügt daher den Zulässigkeitsanforderungen im Organstreitverfahren.
Die Antragstellerin sieht die wesentliche Überschreitung des Integrationsprogramms der Sache nach vor allem darin, dass die regionale Begrenzung des NATO-Vertrags auf den euro-atlantischen Raum aufgegeben werde, was sich in der Führung des nunmehr räumlich und sachlich wiederum erweiterten ISAF-Einsatzes in Afghanistan und in den Gipfelerklärungen von Riga zeige. Zum anderen macht sie geltend, durch den ISAF-Einsatz und insbesondere das Zusammenwirken mit der Operation Enduring Freedom verlasse die NATO ihre Zweckbindung zur Friedenswahrung.
 
C.
Die Anträge sind unbegründet. Die Bundesregierung hat mit ihrer Mitwirkung an den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs auf dem NATO-Gipfel in Riga vom 28./29. November 2006 und mit dem Beschluss zur Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen nach Afghanistan keine Rechte des Deutschen Bundestages aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art.  24 Abs.  2 GG verletzt. Das zum Gegenstand des Organstreitverfahrens gemachte Handeln der Antragsgegnerin überschreitet nicht wesentliche Strukturentscheidungen des NATO-Vertrags: Weder ist der Bezug konkreter militärischer Einsätze der NATO zur Sicherheit des euro-atlantischen Raums gelöst worden (I.) noch hat die NATO sich von ihrer friedenswahrenden Zwecksetzung abgekoppelt (II.).
I.
Der Deutsche Bundestag ist nicht in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG verletzt, da der NATO-geführte ISAF-Einsatz in Afghanistan der Sicherheit des euro-atlantischen Raums dient und sich damit innerhalb des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags bewegt, wie es der Deutsche Bundestag im Wege des Zustimmungsgesetzes zu diesem Vertrag mitverantwortet.
1. a) Kern der Konzeption des NATO-Vertrags sind der gegenseitige Beistand im Fall eines bewaffneten Angriffs, die hierauf bezogene Konsultation sowie ein mit weit reichenden Implementierungsbefugnissen ausgestattetes Organ (vgl. BVerfGE 104, 151 [152]). Art.  5 des NATO-Vertrags regelt den Bündnisfall, das heißt den bewaffneten Angriff auf einen der Mitgliedstaaten, den die anderen Mitgliedstaaten als Angriff auf sie alle ansehen wollen und der völkerrechtlich eine Beistandspflicht auslöst, die die Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung ausfüllen (vgl. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 60 Rn. 40). Andere militärische Einsätze regelt der NATO-Vertrag nicht ausdrücklich; damit ist die NATO von ihrem Grundansatz her ein klassisches Verteidigungsbündnis (vgl. Ipsen, a.a.O., § 60 Rn. 39 f.), dessen grundlegender Zweck der regionalen Friedenswahrung aber auch Krisenreaktionseinsätze erlaubt, ohne dass dadurch der Charakter als Verteidigungsbündnis in Frage gestellt würde (vgl. BVerfGE 90, 286 [349]; 104, 151 [211]).
b) Auch wenn die NATO in umfassender Weise der Sicherung des Friedens im europäischen und nordamerikanischen Raum dient und sich dabei nicht nur an die UN-Charta gebunden sieht, sondern auch ein politisches Zusammenwirken mit den Vereinten Nationen erstrebt (vgl. BVerfGE 104, 151 [211]), bleibt sie doch ein regionales Verteidigungsbündnis. Dieser regionale Bezug als Kernelement des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags bedeutete jedoch von Beginn an nicht, dass militärische Einsätze der NATO auf das Gebiet der Vertragsstaaten beschränkt sein müssten. So fand bereits der NATO-Einsatz in Bosnien-Herzegowina zur Überwachung des von den Vereinten Nationen verhängten Flugverbots (vgl. BVerfGE 90, 286 [309 f.]) außerhalb des Bündnisgebiets der NATO statt, ohne dass angesichts des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien die Konnexität des Einsatzes mit den Sicherheitsinteressen des Bündnisses und dessen regionaler Friedenswahrungsaufgabe ernsthaft bezweifelt worden wäre.
Zudem folgt aus der Idee einer gemeinsamen Verteidigung gegen einen Angriff von außen auch, dass der Angreifende mit seinem Territorium einen insoweit maßgeblichen Bezug zum Bündnisgebiet herstellt. Mit dem Zweck der NATO als System mehrerer Staaten zur gemeinsamen Abwehr militärischer Angriffe von außen waren abwehrende militärische Einsätze außerhalb des Bündnisgebiets, nämlich auch auf dem Territorium eines angreifenden Staates, von vornherein impliziert. Bei einem Angriff muss die Verteidigung nicht an der Bündnisgrenze enden, sondern kann auf dem Territorium des Angreifers stattfinden, wobei auch dessen langfristige und stabile Pazifizierung der Sicherung eines dauerhaften Friedens des Bündnisses dient. Insofern entspricht neben der militärischen Verteidigung gegen einen Angriff auch ein damit sachlich und zeitlich in Verbindung stehender komplementärer Krisenreaktionseinsatz auf dem Gebiet des angreifenden Staates noch der regionalen Begrenzung des NATO-Vertrags.
c) Krisenreaktionseinsätze können auch unabhängig von einem äußeren Angriff oder ergänzend zur dauerhaften Befriedung eines Angreifers dem Zweck des NATO-Vertrags entsprechen. Ein wesentlicher Schritt der Fortbildung des vertraglichen Aufgabenkonzepts der NATO über ein Verteidigungsbündnis in einem engeren Sinn hinaus ist dem neuen Strategischen Konzept der NATO vom 24. April 1999 zu entnehmen. Entscheidende Neuerung dieses Konzepts ist die Option der NATO, in Reaktion auf neue Bedrohungsszenarien für die Sicherheit des euro-atlantischen Raums zukünftig auch nicht unter Art.  5 des NATO-Vertrags fallende Krisenreaktionseinsätze durchzuführen (Ziff. 31 des Konzepts; vgl. bereits BVerfGE 104, 151 [160 ff.]).
In seinem Urteil vom 22. November 2001 (BVerfGE 104, 151) hat der Senat festgestellt, dass der NATO-Vertrag durch die Verabschiedung des neuen Strategischen Konzepts von 1999 durch die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten nicht über das vertragliche Integrationsprogramm hinaus fortgebildet worden ist. Sowohl im Hinblick auf die entwicklungsoffen formulierten Bestimmungen des NATO-Vertrags, der in Übereinstimmung mit den Zielen der Vereinten Nationen von seinem Gesamtkonzept her ersichtlich auf umfassende regionale Friedenssicherung im europäischen und nordamerikanischen Raum gerichtet ist, als auch im Hinblick auf die weite Gestaltungsfreiheit der Bundesregierung bei der Ausfüllung des Integrationsrahmens stellen Krisenreaktionseinsätze keine grundlegend neue Einsatzart dar (vgl. BVerfGE 90, 286 [349]; 104, 151 [210 f.]).
2. Der ISAF-Einsatz in Afghanistan ist ein Krisenreaktionseinsatz der NATO im Sinne des neuen Strategischen Konzepts von 1999. Zwar hat der NATO-Rat am 12. September 2001 in Reaktion auf die Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten von Amerika vom Vortag erstmals in der Geschichte der NATO den Bündnisfall nach Art.  5 des NATO-Vertrags festgestellt. Rechtlich muss aber der ISAF-Einsatz strikt getrennt betrachtet werden von der ebenfalls in Afghanistan präsenten Operation Enduring Freedom, die sich völkerrechtlich auf die Feststellung des Bündnisfalls und vor allem auf das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung im Sinne von Art.  51 der Satzung der Vereinten Nationen beruft (vgl. BTDrucks 14/7296, S. 1 f.).
Dass die NATO einen Krisenreaktionseinsatz in Afghanistan und damit außerhalb ihres Bündnisgebiets führt, stellt keine Praxis dar, die über die Konzeption des Strategiekonzepts von 1999 hinausgeht. Denn aus diesem ergibt sich deutlich, dass von vornherein auch und gerade an Krisenreaktionseinsätze außerhalb des Bündnisgebiets gedacht war (vgl. Ziff. 53e, 56 und 59 des Konzepts). Dies ist, wie der Senat bereits festgestellt hat, keine Überschreitung des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags, soweit und solange der grundlegende Auftrag zur Sicherung des Friedens in der Region nicht verfehlt wird (vgl. BVerfGE 90, 286 [349]; 104, 151 [210 f.]).
3. Eine solche Lösung der NATO von ihrem regionalen Bezugsrahmen kann in dem ISAF-Einsatz in Afghanistan nicht gesehen werden. Denn dieser Einsatz ist ersichtlich darauf ausgerichtet, nicht allein der Sicherheit Afghanistans, sondern auch und gerade der Sicherheit des euro-atlantischen Raums auch vor künftigen Angriffen zu dienen.
a) Der ISAF-Einsatz soll im Wesentlichen mit militärischen und polizeiähnlichen Mitteln die Rahmenbedingungen für den zivilen Aufbau Afghanistans schaffen und absichern. ISAF hatte nach der Resolution 1386 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 2001 zunächst den Auftrag, "die Afghanische Interimsverwaltung bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit in Kabul und seiner Umgebung zu unterstützen, damit die Afghanische Interimsverwaltung wie auch das Personal der Vereinten Nationen in einem sicheren Umfeld tätig sein können". Dieser Auftrag wurde mit der Resolution 1510 (2003) des Sicherheitsrats vom 13. Oktober 2003 auf das gesamte afghanische Gebiet ausgeweitet, zudem soll ISAF weitergehende sicherheitsbezogene Hilfe leisten; dieser erweiterte Auftrag wurde durch nachfolgende Resolutionen bis heute verlängert, zuletzt durch die Resolution 1707 (2006) vom 12. September 2006.
b) Dieser Auftrag der Internationalen Sicherheitsbeistandstruppe hat nicht nur einen isolierten Bezug zur Sicherheit des afghanischen Staates. Das internationale Engagement in Afghanistan ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass die handelnden Staaten in Übereinstimmung mit den handelnden internationalen Organisationen durch die Lage in Afghanistan ihre eigenen Sicherheitsinteressen als betroffen ansehen.
So hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Situation in Afghanistan seit der Erteilung des ursprünglichen ISAF-Mandats mit der Resolution 1386 (2001) bis hin zur Resolution 1707 (2006), mit der das ISAF-Mandat zuletzt bis zum 13. Oktober 2007 verlängert wurde, fortlaufend als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Sinne von Art.  39 der Satzung der Vereinten Nationen angesehen.
Zudem steht der ISAF-Einsatz in unmittelbarer Verbindung mit dem einzigen Angriff auf einen NATO-Staat, der jemals zur Feststellung des Bündnisfalls führte: den Terroranschlägen auf die Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001. Die militärische Intervention der Operation Enduring Freedom gegen das afghanische Taliban-Regime seit Oktober 2001 war eine Reaktion der Vereinigten Staaten von Amerika und verbündeter Staaten auf diese Anschläge, in der Annahme, dass das Terrornetzwerk Al-Qaida als Urheber der Anschläge in Afghanistan einen wesentlichen Rückzugsraum gehabt hatte, teilweise von afghanischem Boden aus operiert hatte und vom Taliban-Regime unterstützt worden war. Deshalb hat sich die Operation Enduring Freedom für die Anwendung militärischer Gewalt in Afghanistan in völkerrechtlicher Hinsicht stets auf das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung im Sinne von Art.  51 der Satzung der Vereinten Nationen berufen.
Der ISAF-Einsatz hingegen, der sich nicht auf das Selbstverteidigungsrecht, sondern auf die genannten Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen stützt, ist völkerrechtlich von dem Selbstverteidigungsrecht unabhängig, aber doch auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Er hat von Beginn an das Ziel gehabt, den zivilen Wiederaufbau Afghanistans zu ermöglichen und zu sichern, um dadurch ein Wiedererstarken von Taliban, Al-Qaida und anderen friedensgefährdenden Gruppierungen zu verhindern (vgl. etwa die Resolutionen 1510 [2003], 1623 [2005] und 1707 [2006] des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen). Die Sicherheitsinteressen des euro-atlantischen Bündnisses sollten dadurch gewahrt werden, dass von einem stabilen afghanischen Staatswesen in Zukunft keine aggressive und friedensstörende Politik zu erwarten ist, sei es durch eigenes aktives Handeln dieses Staates, sei es durch duldendes Unterlassen im Hinblick auf terroristische Bestrebungen auf dem Staatsgebiet.
Die frühere afghanische Interimsverwaltung wie auch die seit Oktober 2004 durch freie Wahlen legitimierte Regierung konnten ohne internationale Hilfe nicht für das Sicherheitsumfeld sorgen, das für einen zivilen staatlichen Aufbau notwendig ist. Deshalb sah es die Staatengemeinschaft unabhängig von der bewaffneten Bekämpfung von Terroristen durch die Operation Enduring Freedom als erforderlich an, für ein stabiles Sicherheitsumfeld in Afghanistan zu sorgen (vgl. Ziff. 2 und 6 der Gipfelerklärung von Riga und Ziff. 2 und 6 der "Comprehensive Political Guidance").
c) Dabei kann es im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Prüfung einer Überschreitung von wesentlichen Strukturentscheidungen des NATO-Vertrags -- hier der regionalen Zweckbindung -- nicht darauf ankommen, ob sich alle mit der internationalen Präsenz in Afghanistan verbundenen Einschätzungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollumfänglich als zutreffend erweisen. Weder hat das Bundesverfassungsgericht zu prüfen, ob die Anschläge des 11. September 2001 völkerrechtlich dem damaligen afghanischen Taliban-Regime zugerechnet werden können, noch ist zu entscheiden, ob sich die Operation Enduring Freedom auf das Recht auf kollektive Selbstverteidigung stützen konnte und fortdauernd kann und welche Rolle diesbezüglich den Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zukommt, in denen dieser das Selbstverteidigungsrecht anerkennt bzw. bekräftigt (vgl. zu diesen Fragen etwa Tomuschat, Der 11. September 2001 und seine rechtlichen Konsequenzen, in: EuGRZ 2001, S. 535 ff.; Krajewski, Selbstverteidigung gegen bewaffnete Angriffe nicht-staatlicher Organisationen -- Der 11. September 2001 und seine Folgen, in: AVR 40 [2002], S. 183 ff.).
Denn unabhängig von diesen Fragen ist der tatsächliche Befund, dass die Sicherheitslage in Afghanistan wegen andauernder bewaffneter Aktionen gegen die dortige Regierung und die Bevölkerung angespannt ist, nicht in Zweifel zu ziehen. Als gefährlich gelten insofern gerade Staaten ohne oder mit nur begrenzt effektiver Staatsgewalt, weil diese potenzielle Rückzugsräume für international operierende terroristische Gruppierungen darstellen. Ebensowenig liegt die Annahme eines Bezuges der innerafghanischen Sicherheit zur Sicherheit im euro-atlantischen Raum außerhalb des Vertretbaren. Die Verantwortlichen im NATO-Rahmen durften und dürfen davon ausgehen, dass die Sicherung des zivilen Aufbaus Afghanistans auch einen unmittelbaren Beitrag zur eigenen Sicherheit im euro-atlantischen Raum leistet; angesichts der heutigen Bedrohungslagen durch global agierende terroristische Netzwerke können, wie der 11. September 2001 gezeigt hat, Bedrohungen für die Sicherheit des Bündnisgebiets nicht mehr territorial eingegrenzt werden.
Soweit, wie im Fall Afghanistans, entsprechende Zusammenhänge ersichtlich sind, kann überdies die Prüfung der Konnexität des NATO-Handelns mit dem dargestellten regionalen Bezugsrahmen durch das Bundesverfassungsgericht nicht dazu führen, dass dieses die notwendigen sicherheitspolitischen Einschätzungen und Bewertungen der Sache nach durch eigene ersetzt (vgl. Hailbronner, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: VVDStRL 56 [1997], S. 7 [19 ff.]).
d) Nichts Anderes ergibt sich schließlich aus den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten anlässlich des NATO-Gipfels in Riga vom 28./29. November 2006, durch die nach Auffassung der Antragstellerin insbesondere in Bezug auf den ISAF-Einsatz in Afghanistan die tatsächliche Entwicklung der vergangenen Jahre in einer für die geltend gemachte Fortentwicklung des NATO-Vertrags relevanten Weise festgeschrieben wird.
aa) Zwar kann eine vergleichbare Interdependenz zwischen tatsächlichem Geschehen und politischen Dokumenten grundsätzlich die rechtsverbindliche Fortentwicklung eines völkerrechtlichen Vertrags begründen (vgl. Ipsen, a.a.O., 5. Aufl. 2004, § 19 Rn. 20). Kann aber wie dargestellt bereits die tatsächliche Entwicklung die hier allein relevante Überschreitung des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags nicht belegen, so kann eine solche Überschreitung auch nicht in politischen Erklärungen liegen, die sich nur auf den status quo beziehen. Inwieweit die Erklärungen von Riga für sich genommen für die Fortbildung des vertraglichen Aufgabenkonzepts von entscheidender Bedeutung sein sollen, gerade weil sie über den derzeitigen Entwicklungsstand hinausgingen, hat die Antragstellerin nicht darzulegen vermocht; sie hat sich mit den Einzelheiten der angegriffenen Erklärungen -- auch auf entsprechende Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2007 -- nicht auseinandergesetzt. Ist damit eine Überschreitung des Integrationsprogramms des NATO-Vertrags nicht zu erkennen, ist auf die Frage, ob und inwieweit den Erklärungen von Riga überhaupt völkerrechtliche Relevanz zukommt, nicht näher einzugehen.
bb) Abgesehen davon ist auch nicht ersichtlich, dass sich die NATO durch die Erklärungen von Riga allgemein von ihrem regionalen Bezugsrahmen losgelöst haben könnte. Auch in diesen Erklärungen mit ihrer umfassenden verteidigungspolitischen Agenda wird immer wieder der Bezug zur Sicherheit in der euro-atlantischen Region hergestellt (vgl. etwa Ziff. 11, 30, 34, 40 und 46 der Gipfelerklärung von Riga).
II.
Es fehlt auch an einer Verletzung des Deutschen Bundestages in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG durch Verstoß gegen den in Art.  24 Abs.  2 GG vorgegebenen Zweck der Friedenswahrung. Der ISAF-Einsatz in Afghanistan liefert danach, wie er sich tatsächlich vollzieht und in den diesbezüglichen Passagen der Gipfelerklärungen von Riga politisch fixiert wird, keine Anhaltspunkte für die von der Antragstellerin geltend gemachte strukturelle Abkopplung der NATO von ihrer in Art.  24 Abs.  2 GG festgelegten Zweckbestimmung.
1. a) Das Grundgesetz enthält sich einer Definition dessen, was unter Friedenswahrung zu verstehen ist, qualifiziert jedoch mit Art.  24 Abs.  2 GG die Einordnung in ein System kollektiver Sicherheit als ein entscheidendes Mittel zur Wahrung des Friedens, nämlich für die Herbeiführung und Sicherung einer friedlichen und dauerhaften Ordnung in Europa und der Welt (vgl. BVerfGE 90, 286 [349 ff.]; 104, 151 [212]; Pernice, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art.  24 Rn. 50). Das entspricht der Intention des historischen Verfassungsgebers (vgl. Entwurf eines Grundgesetzes, Darstellender Teil, S. 23 f., in: JöR N. F. 1 [1951], S. 222 f.), wonach die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme das völkergewohnheitsrechtliche Gewaltverbot (vgl. IGH, Military and Paramilitary Activities in and Against Nicaragua, ICJ Reports 1986, S. 13 [para. 187 ff.]) erfüllt, dessen innerstaatliche Geltung Art.  25 GG anordnet (vgl. BVerfGE 104, 151 [212 f.]).
b) Deshalb kann die Verletzung des Völkerrechts durch einzelne militärische Einsätze der NATO, wie sie von der Antragstellerin geltend gemacht wird, insbesondere die Verletzung des Gewaltverbots, ein Indikator dafür sein, dass sich die NATO von ihrer verfassungsrechtlich zwingenden friedenswahrenden Ausrichtung strukturell entfernt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass selbst entsprechende Völkerrechtsverletzungen nicht bereits für sich genommen einen im Organstreitverfahren rügefähigen Verstoß gegen Art.  24 Abs.  2 GG begründen. Denn in der Konstellation des Organstreitverfahrens ist der Verstoß gegen das Gebot der Friedenswahrung nur als verfassungsrechtliche Grenze des Integrationsprogramms eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit bedeutsam. Verfassungsgerichtlich kann die Überschreitung dieses Integrationsprogramms im Organstreitverfahren nur deshalb überprüft werden, weil sie die Vertragsgrundlage des Bündnisses der Verantwortung des Deutschen Bundestages entzieht und diesen damit in seinem Recht aus Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art.  24 Abs.  2 GG verletzt. Deshalb eröffnet diese Kontrolle keine allgemeine Prüfung der Völkerrechtskonformität von militärischen Einsätzen der NATO. Denn es geht im Rahmen des Organstreitverfahrens nicht um eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle, sondern allein darum, ob das Handeln der NATO, insbesondere einzelne Einsätze, bereits Anhaltspunkte dafür liefern, dass sich das Bündnis von seinem Gründungsvertrag entfernt, indem es seine friedenswahrende Ausrichtung aufgibt. Nur zur Klärung dieser Frage eröffnet daher Art.  24 Abs.  2 GG eine Kontrolle am Maßstab des Völkerrechts, und nur als Anhaltspunkte für einen derartigen Strukturwandel der NATO sind entsprechende Verletzungen des Völkerrechts im Organstreitverfahren verfassungsrechtlich erheblich.
2. An solchen Anhaltspunkten für eine strukturelle Entfernung der NATO von ihrer friedenswahrenden Ausrichtung fehlt es. Die angegriffenen Maßnahmen lassen keinen Wandel der NATO hin zu einem Bündnis erkennen, das dem Frieden nicht mehr dient und an dem sich die Bundesrepublik Deutschland von Verfassungs wegen daher nicht mehr beteiligen dürfte (vgl. Doehring, Systeme kollektiver Sicherheit, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 1992, § 177 Rn. 12).
a) In der mündlichen Verhandlung hat auch die Antragstellerin nicht bezweifelt, dass der ISAF-Einsatz in Afghanistan, der sich durchgehend auf Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen stützt, die die Anwendung militärischer Gewalt völkerrechtlich legitimieren, als solcher mit dem Völkerrecht im Einklang steht. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Operation Enduring Freedom stehe, wie sie sich in Afghanistan vollziehe, mit dem Völkerrecht nicht im Einklang, kann dies in der vorliegenden prozessualen Konstellation vom Bundesverfassungsgericht nicht isoliert überprüft werden. Die Operation Enduring Freedom ist kein militärischer Einsatz im NATO-Rahmen, und Gegenstand des Verfahrens ist allein die strukturelle Abkopplung der NATO von ihrer friedenswahrenden Grundausrichtung.
b) In verfassungsrechtlicher Hinsicht geht es deshalb allein um die Frage, ob die NATO in Afghanistan durch ihr Zusammenwirken mit der Operation Enduring Freedom gegen das Völkerrecht verstößt und ob sich darin eine Abkehr vom friedenswahrenden Zweck des Bündnisses manifestiert. Diese Frage ist zu verneinen. Der Charakter des NATO-Vertrags ist durch den ISAF-Einsatz in Afghanistan und das dortige Zusammenwirken mit der Operation Enduring Freedom ersichtlich nicht verändert worden.
aa) ISAF und die Operation Enduring Freedom richten sich nach getrennten Zwecksetzungen, unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und klar abgegrenzten Verantwortungssphären.
Während die Operation Enduring Freedom vornehmlich der unmittelbaren Terrorismusbekämpfung gilt, dient ISAF der Aufrechterhaltung der Sicherheit in Afghanistan, um eine Grundlage für den zivilen staatlichen Aufbau zu schaffen. Dass sich diese Aufgaben in der praktischen Ausführung überschneiden können, ändert an den getrennten Zwecksetzungen nichts. Die beiden Operationen sind auch in rechtlicher Hinsicht klar getrennt: Während sich ISAF völkerrechtlich auf ein Mandat des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen stützen kann, beruft sich die Operation Enduring Freedom für den Einsatz bewaffneter Gewalt auf das Recht auf kollektive Selbstverteidigung, wie es in Art.  51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannt wird.
Durch Kooperationen zwischen den Einsätzen, die die Sicherheit in Afghanistan erhöhen sollen und die vom Sicherheitsrat immer wieder eingefordert und begrüßt worden sind (vgl. die Resolutionen 1510 [2003], 1659 [2006] und 1707 [2006] des Sicherheitsrats), sind diese rechtlichen und tatsächlichen Trennungen nicht aufgehoben worden. Die von der Antragstellerin diesbezüglich erhobenen Vorwürfe, die Einsätze seien durch eine "Doppelhut"-Konstruktion an entscheidender Stelle institutionell weitreichend vernetzt, die Weitergabe von Aufklärungsergebnissen der deutschen Tornado-Flugzeuge an die Operation Enduring Freedom finde keine erkennbare Grenze und die Truppen seien militärisch derart integriert, dass die Aufklärungsflugzeuge gleichsam auf beiden Gefechtsfeldern auftauchten und so auch für die Kampfeinsätze der Operation Enduring Freedom die erforderliche Aufklärungsarbeit leisteten, treffen nicht zu. Zu diesen Fragen hat der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Schneiderhan, in der mündlichen Verhandlung Auskünfte gegeben, die die diesbezüglichen Angaben in dem angegriffenen Beschluss der Antragsgegnerin zur Entsendung der Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan vervollständigen und denen die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist.
Dass von integrierten Kampfeinsätzen nicht gesprochen werden kann, ergibt sich bereits aus dem letztgenannten Beschluss, nach dem die Tornado-Flugzeuge Aufklärungsarbeit leisten sollen, die Fähigkeit zur Luftnahunterstützung nicht vorgesehen ist und die Flugzeuge nur zu Eigen- und Selbstschutzzwecken bewaffnet sind (vgl. BTDrucks 16/4298, S. 3 f.).
Was die Weitergabe von Aufklärungsergebnissen an die Operation Enduring Freedom anbetrifft, so ist diese nach dem genannten Beschluss auf der Basis des ISAF-Operationsplans der NATO nur dann vorgesehen, "wenn dies zur erforderlichen Durchführung der ISAF-Operation oder für die Sicherheit von ISAF-Kräften erforderlich ist" (BTDrucks 16/4298, S. 3). General Schneiderhan hat näher ausgeführt, wie dieser restriktive Umgang mit den Aufklärungsergebnissen praktisch gehandhabt und abgesichert wird: Nur ISAF-Beteiligte sind berechtigt, Aufklärungsflüge anzufordern, nicht dagegen Kräfte der Operation Enduring Freedom. Die Bilder werden nach dem Aufklärungsflug -- eine Inflight-Übermittlung ist nicht möglich -- in eine Datenbank eingespeist, als geheim gekennzeichnet und an einen persönlichen Zugangscode gekoppelt. Abschließend entscheidet ISAF in eigener Verantwortung und unter Beachtung des Operationsplans darüber, ob Ergebnisse vorliegen, deren Weitergabe an die Operation Enduring Freedom zur Förderung der gegenseitigen Sicherheit erforderlich ist.
Wenn schließlich die Antragstellerin geltend macht, der stellvertretende Kommandeur für Sicherheitsoperationen von ISAF sei gleichzeitig als Angehöriger der US-amerikanischen Kommandostruktur für die Streitkräfte der Operation Enduring Freedom zur Terrorismusbekämpfung mitverantwortlich (vgl. auch BTDrucks 16/2380, S. 12; BTDrucks 16/3894, S. 43 f.), so hat General Schneiderhan hierzu klargestellt, dass ein solcher "Doppelhut" gegenwärtig nicht im ISAF-Hauptquartier angesiedelt ist, sondern im Regional Command East, das unter US-amerikanischer Führung steht. Dadurch ergebe sich gerade nicht die Gefahr einer unkontrollierten Vermischung der Einsätze.
Somit sind nicht nur rechtlich, sondern auch in der praktischen Durchführung hinreichende Vorkehrungen dafür geschaffen, dass es zu einer Vermischung der Operationen mit der Folge der Auflösung der bisherigen Trennung der Verantwortungsbereiche nicht kommt.
bb) Damit ist der völkerrechtlichen Argumentation der Antragstellerin bereits die tatsächliche Grundlage entzogen.
Zwar mag, soweit die Operationen in der dargestellten begrenzten Weise zusammenwirken, eine Zurechnung völkerrechtswidrigen Handelns im Einzelfall nicht auszuschließen sein; soweit etwa eine Aktion der Operation Enduring Freedom mit dem Völkerrecht nicht im Einklang stünde und sich auch auf Aufklärungsergebnisse der Tornados zurückführen ließe, könnte dies möglicherweise die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der NATO oder ihrer Mitgliedstaaten auslösen.
Auf diese völkerrechtlichen Fragen ist hier jedoch nicht näher einzugehen. Denn selbst wenn man von einer punktuellen Zurechnung etwaiger einzelner Völkerrechtsverstöße, soweit sie völkerrechtlich in Betracht kommt, ausginge, ließe sich jedenfalls keine Abkehr der NATO von ihrer friedenswahrenden Zielsetzung begründen, auf die es im Rahmen von Art.  24 Abs.  2 GG allein ankommt. Um mit dem ISAF-Einsatz einen systemrelevanten Transformationsprozess der NATO weg von der Friedenswahrung belegen zu können, müsste dieser Einsatz insgesamt als Verstoß gegen das Völkerrecht erscheinen. Das wäre in Anbetracht der Mandatierung von ISAF durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (vgl. zuletzt die Resolution 1707 [2006] vom 12. September 2006) allenfalls dann denkbar, wenn die Operation Enduring Freedom in Afghanistan für sich genommen gegen das Völkerrecht verstieße und dies auf ISAF übergreifen könnte.
Schon diesem Übergreifen steht indes die dargestellte weitgehende tatsächliche und rechtliche Trennung der Operationen entgegen. Hinzu kommt, dass nicht nur der ISAF-Einsatz selbst, sondern auch die Kooperation mit der Operation Enduring Freedom in Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen ihre Grundlage findet; auch diese Konformität mit den auf Friedenssicherung gerichteten Bemühungen der Vereinten Nationen spricht -- unabhängig von einer Klärung der Frage, ob die derzeit in Afghanistan stattfindende Operation Enduring Freedom mit dem Völkerrecht im Einklang steht -- nicht für eine Abkehr der NATO von ihrer friedenswahrenden Zwecksetzung.
cc) Nichts anderes ergibt sich schließlich aus den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten anlässlich des NATO-Gipfels in Riga vom 28./29. November 2006. In der Passage der Gipfelerklärung von Riga, die sich auf den ISAF-Einsatz in Afghanistan bezieht, heißt es in Ziff. 5: "In Zusammenarbeit mit den nationalen Sicherheitskräften Afghanistans und in Abstimmung mit anderen internationalen Akteuren werden wir die afghanischen Behörden durch die unter VN-Mandat stehende und von der NATO geführte ISAF-Schutztruppe weiter dabei unterstützen, ihre Aufgaben zu erfüllen, für Sicherheit, Stabilität und Wiederaufbau in ganz Afghanistan zu sorgen; wir tun dies unter Achtung des Völkerrechts und mit äußersten Anstrengungen, um zu verhindern, dass die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wird."
Hierin manifestiert sich der Wille der NATO, auch ihre Operation in Afghanistan auf das Ziel der Wahrung und Stabilisierung des Friedens auszurichten. Auch in den Teilen der Erklärungen, die über das Engagement der NATO in Afghanistan hinausgehen, finden sich keine Anhaltspunkte für eine Abkehr der NATO von ihrer friedenswahrenden Ausrichtung, zumal auch dort betont wird, die NATO halte unverrückbar an den Zielen und Prinzipien der Vereinten Nationen fest (vgl. etwa Ziff. 1 und 2 der Gipfelerklärung und Ziff. 5 der "Comprehensive Political Guidance").
Hassemer Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt Landau