BVerfGE 121, 135 - Luftraumüberwachung Türkei
Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt greift ein, wenn nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang und den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen konkret zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist gerichtlich voll überprüfbar.
 
Urteil
des Zweiten Senats vom 7. Mai 2008 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2008
-- 2 BvE 1/03 --
in dem Organstreitverfahren über den Antrag festzustellen, dass die Bundesregierung Rechte des Bundestags dadurch verletzt hat, dass sie es unterlassen hat, für den Einsatz deutscher Soldaten bei Maßnahmen der Luftüberwachung zum Schutz der Türkei nach Maßgabe des NATO-Beschlusses vom 19. Februar 2003 die Zustimmung des Bundestags einzuholen, Antragstellerin: Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag, vertreten durch den Vorsitzenden, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, -- Bevollmächtigter: Prof. Dr. Michael Bothe, Theodor-Heuss-Straße 6, 64625 Bensheim -- Antragsgegnerin: Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung, Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin, -- Bevollmächtigter: Prof. Dr. Joachim Wieland, Gregor-Mendel-Straße 13, 53115 Bonn.
Entscheidungsformel:
Die Antragsgegnerin hat den Deutschen Bundestag in seinem wehrverfassungsrechtlichen Beteiligungsrecht in Form des konstitutiven Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte verletzt, indem sie es unterlassen hat, seine Zustimmung zur Beteiligung deutscher Soldaten an Maßnahmen der NATO zur Luftüberwachung der Türkei vom 26. Februar bis zum 17. April 2003 einzuholen.
 
Gründe:
 
A.
Das Organstreitverfahren betrifft die Frage, ob der Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen der NATO zur Luftraumüberwachung über dem Hoheitsgebiet der Türkei im Frühjahr 2003 der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedurfte.
I.
1. a) Zu Beginn des Jahres 2003 galten die langwierigen internationalen Bemühungen um eine friedliche Lösung der Irak-Krise als gescheitert, es mehrten sich die Anzeichen für ein militärisches Vorgehen einer von den Vereinigten Staaten von Amerika angeführten Koalition mehrerer Staaten gegen den Irak. Eine militärische Intervention stieß in der benachbarten Türkei auf Widerstand. Das türkische Parlament lehnte gegen den Willen der Regierung am 1. März 2003 die Stationierung von besonderen Streitkräften der USA in der Türkei ab und verhinderte damit eine Bodenoffensive der US-Truppen von der Türkei aus in den Nordirak. Allerdings gab die Türkei ihren Luftraum für den Überflug durch Militärflugzeuge der Staatenkoalition frei. Über Bestrebungen des türkischen Militärs, durch einen Einmarsch in den Nordirak selbst zur unmittelbaren Konfliktpartei zu werden, herrschte zwischenzeitlich Unklarheit. Vor dem Beginn der Kampfhandlungen erklärte der Irak, jeder Verbündete der USA in der Region werde das Ziel irakischer Militäroperationen sein.
b) Bereits mit Schreiben vom 10. Februar 2003 hatte die Türkei Konsultationen unter den NATO-Mitgliedstaaten beantragt, weil sie sich durch die zugespitzte Irak-Krise bedroht fühlte. Solche Konsultationen sieht Art.  4 des NATO-Vertrags (Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949, BGBl. 1955 II S. 289) vor, der im Vorfeld der Irak-Krise erstmals in der Geschichte der NATO zur Anwendung kam (vgl. die Presserklärung des damaligen NATO-Generalsekretärs Lord Robertson vom 10. Februar 2003). Die Vorschrift lautet:
    Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht sind.
Auf der Basis der Konsultationen der NATO-Staaten autorisierte der Verteidigungsplanungsausschuss der NATO am 19. Februar 2003 die militärischen Behörden des Bündnisses, im Zuge der "Operation Display Deterrence" AWACS-Flugzeuge sowie das Flugabwehrraketensystem PATRIOT zur Abwehr möglicher Raketenangriffe und von Angriffen mit chemischen und biologischen Waffen in der Türkei zu stationieren. Daraufhin wurden am 26. Februar 2003 zunächst zwei und später nochmals zwei AWACS-Flugzeuge der NATO von ihrem Standort in Geilenkirchen auf den Luftwaffenstützpunkt Konya in der Türkei verlegt und bis zum 17. April 2003 im türkischen Luftraum zu Überwachungszwecken eingesetzt. Insgesamt kam es zu 105 Einsätzen von AWACS-Flugzeugen, die sämtlich mit deutscher Beteiligung durchgeführt wurden. Am 30. April 2003 erklärte die NATO die "Operation Display Deterrence" offiziell für beendet.
c) Bei den eingesetzten AWACS-Flugzeugen handelt es sich um ein luftgestütztes Warn- und Überwachungssystem zur Früherkennung von Flugzeugen oder anderen fliegenden Objekten. Die Besatzungen bestehen aus Angehörigen der Streitkräfte verschiedener NATO-Mitglieder; Soldaten der Bundeswehr stellen etwa ein Drittel der Besatzungen. Das System bietet Kontroll- und Führungsfunktionen und dient der Leitung von Jagdflugzeugen, wobei die AWACS-Flugzeuge selbst nicht mit Waffen ausgestattet sind (vgl. bereits BVerfGE 88, 173 [174]). Die Überwachungsreichweite des Radars beträgt bei einer üblichen Einsatzhöhe von 10 Kilometern etwa 400 bis 450 Kilometer, hängt im konkreten Einsatz jedoch von der Lage und Höhe des dem AWACS-Flugzeug zugewiesenen Orbits über dem Einsatzgebiet ab (vgl. BTDrucks 15/504, S. 20 f.). Bei den PATRIOT-Raketen handelt es sich um Waffensysteme, die über ein eigenes Radarsystem verfügen und sowohl Raketenangriffe abwehren als auch feindliche Flugzeuge zerstören können. Über Funk ist eine Verbindung der Abwehrraketen mit den AWACS-Flugzeugen möglich. Zusätzlich zu der Verlegung der Aufklärungsflugzeuge und Raketensysteme in die Türkei wurden dem ständigen NATO-Luftwaffenstützpunkt bei Eskisehir von einzelnen NATO-Staaten, insbesondere den Niederlanden und der Türkei selbst, zusätzliche Kampfflugzeuge unterstellt. Dieser Stützpunkt hatte die Befehlsgewalt für mögliche Luftverteidigungsmaßnahmen und stand mit den AWACS-Aufklärungsflugzeugen in Funkverbindung.
Sämtliche NATO-Kräfte zur Verstärkung der Luftraumüberwachung und Flugabwehr wurden zunächst unter Anwendung der allgemeinen Friedens-Einsatzregeln (rules of engagement) eingesetzt, die dem Einsatzleitfaden des integrierten Luftverteidigungssystems der NATO entnommen und an die konkrete Situation angepasst wurden. Diese Einsatzregeln verhalten sich auch zur Ausübung militärischer Gewalt, indem sie neben Warnungen gegenüber Flugzeugen, die NATO-Luftfahrzeuge bedrängen, auch das Ergreifen von Maßnahmen zum "Loswerden" erlauben. Der Beschluss des Verteidigungsplanungsausschusses vom 19. Februar 2003 sah von Beginn an vor, dass der Oberkommandierende des NATO-Hauptquartiers Europa (Supreme Allied Commander Europe-- SACEUR) bei einer Lageverschlechterung dem Ausschuss zusätzliche Einsatzregeln zur Billigung vorlegen werde, was am 18. März 2003 kurz vor dem Beginn der Militärschläge der US-geführten Streitkräfte geschah. Die am Folgetag vom Verteidigungsplanungsausschuss gebilligten fünf zusätzlichen Einsatzregeln traten am 20. März 2003 in Kraft und galten seitdem für alle von der NATO geführten Kräfte zur Luftraumüberwachung und -verteidigung über türkischem Territorium. Sie erklärten insbesondere die Anwendung der geringstmöglichen Gewalt zur Verteidigung der türkischen Bevölkerung und des türkischen Staatsgebiets sowie einen Angriff gegen jedes Luftfahrzeug mit erkennbar feindlichen Absichten für zulässig. Hierzu heißt es in einem Statement des damaligen NATO-Generalsekretärs Lord Robertson vom 20. März 2003:
    "Last night, in response to the evolving situation, the NATO Defence Planning Committee approved changes to strengthen the rules of engagement for NATO forces in Turkey. These rules will ensure our forces can effectively carry out their mission, whatever the circumstances. NATO's deployments are of course purely defensive measures, which remain strictly separated from other military operations in the region. If there is any attack on Turkey, NATO will fulfill its obligations under the Washington Treaty."
Zu Maßnahmen, die irakisches Hoheitsgebiet betroffen hätten, waren die AWACS-Flugzeuge der NATO ebensowenig ermächtigt wie zur Unterstützung von Einheiten, die an den bewaffneten Maßnahmen im Irak beteiligt waren.
2. a) Die Frage, ob ein möglicher AWACS-Einsatz im türkischen Luftraum unter Beteiligung deutscher Soldaten der parlamentarischen Zustimmung bedarf, war bereits seit Januar 2003 im Bundestag erörtert worden. Vor diesem Hintergrund teilte der damalige Vorsitzende der Antragstellerin mit Schreiben vom 14. März 2003 dem amtierenden Bundeskanzler mit, dass nach Überzeugung der Antragstellerin die Bundesregierung verpflichtet sei, für die Beteiligung deutscher Soldaten an den AWACS-Einsätzen über der Türkei die Zustimmung des Deutschen Bundestags zu beantragen. Jedenfalls müsse die Bundesregierung darauf vorbereitet sein, einen solchen Antrag im Falle eines bewaffneten Konflikts unverzüglich zu beschließen und dem Bundestag zur Abstimmung vorzulegen. Aufgrund der angespannten politischen Lage im Irak, welche die Grundlage für die türkische Anforderung gebildet habe, handle es sich bei dem Einsatz der AWACS-Flugzeuge nicht um Routineüberwachungsflüge. Primäre Aufgabe der NATO-AWACS-Flotte sei zwar die Luftraumüberwachung; sie verkörpere darüber hinaus jedoch ein effizientes Instrument zur Sicherstellung der Leitung und Fernmeldeunterstützung für mögliche Luftkampfeinsätze.
Die Bundesregierung lehnte es ab, die Zustimmung des Deutschen Bundestags einzuholen. In seiner Rede vor dem Bundestag am 19. März 2003 führte Bundeskanzler Schröder aus (Deutscher Bundestag, Plenprot. 15/34, Stenografischer Bericht, S. 2727):
    "Die NATO-AWACS-Flugzeuge führen über dem Territorium der Türkei Routineflüge durch. Dies geschieht auf der Basis der Entscheidung des Verteidigungsplanungsausschusses der NATO vom 19. Februar 2003. Ihre ausschließliche Aufgabe ist die strikt defensive Luftraumüberwachung über der Türkei. Sie leisten -- das geht aus den Rules of Engagement hervor -- keinerlei Unterstützung für Einsätze im oder gegen den Irak. Durch die Zuordnung der AWACS-Flugzeuge zum Befehlsbereich des NATO-Oberbefehlshabers Europa, also des SACEUR, ist eine strikte Trennlinie zu den Aufgaben des Kommandeurs des US Central Commands, des amerikanischen Generals Franks, gezogen. Übrigens verfügt Herr Franks -- so ist mir von unseren Fachleuten mitgeteilt worden -- für Militäroperationen gegen den Irak über fast 100 eigene US-AWACS-Flugzeuge.
    Räumlich getrennt von diesen und mit gänzlich unterschiedlichem Auftrag überwachen also die NATO-Flugzeuge unter dem Kommando des NATO-Oberbefehlshabers Europa den Luftraum über der Türkei und sichern ihn. Hier liegt der Grund, warum wir davon überzeugt sind, dass es dazu keines Beschlusses des Deutschen Bundestags bedarf."
b) Am 20. März 2003 brachten Abgeordnete der Antragstellerin sowie die Antragstellerin selbst einen Entschließungsantrag folgenden Wortlauts in den Deutschen Bundestag ein (BTDrucks 15/711 vom 20. März 2003):
    "Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestags für die Beteiligung deutscher Soldaten an den AWACS-Einsätzen über der Türkei unverzüglich zu beantragen."
In der Begründung des Entschließungsantrags führten die Abgeordneten aus, dass das AWACS-Radar zweifelsfrei die Möglichkeit biete, tief fliegende gegnerische Flugzeuge über jedem Gelände zu erfassen und zu verfolgen sowie die im gleichen Gebiet operierenden NATO-Flugzeuge zu identifizieren und ins Ziel zu leiten. Die AWACS-Flugzeuge könnten somit als Feuerleitstelle für den Einsatz von Jagdflugzeugen gegen angreifende Flugzeuge dienen. Von Routine könne bei einem solchen Einsatz, zumal angesichts der Anwendung von Art.  4 des NATO-Vertrags, keine Rede sein. Um Rechtssicherheit für die deutschen Besatzungsmitglieder der AWACS-Flugzeuge zu schaffen, sei die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestags unverzüglich herbeizuführen. Der Antrag erreichte in namentlicher Abstimmung mit 274 gegen 303 Stimmen bei sechs Enthaltungen nicht die erforderliche Mehrheit (Deutscher Bundestag, Plenprot. 15/35, Stenografischer Bericht, S. 2926).
3. In den frühen Morgenstunden des 20. März 2003 begann die bewaffnete Intervention im Irak, die alsbald zum Sturz des Regimes von Saddam Hussein führte. Verletzungen des türkischen Luftraums durch irakische Streitkräfte sind im Verlauf der militärischen Auseinandersetzungen ebenso wenig bekannt geworden wie Verwendungen der AWACS-Flugzeuge als Feuerleitstände für Luftkampfeinsätze. Auch zu einer türkischen Bodenoffensive in den Nordirak kam es im Zeitraum der AWACS-Überwachung nicht. Hierzu hatte die Bundesregierung mehrfach erklärt, sie werde die deutschen Soldaten aus dem AWACS-Verband abziehen, sollte die Türkei Kriegspartei im Irak werden (vgl. etwa die Rede des damaligen Bundeskanzlers Schröder vor dem Deutschen Bundestag vom 3. April 2003, Deutscher Bundestag, Plenprot. 15/37, Stenografischer Bericht, S. 2997).
4. Unter dem 22. März 2003 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht gestellt. Dieses sollte für Recht erkennen, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Beteiligung von Soldaten der Bundeswehr in den zum Schutz der Türkei eingesetzten AWACS-Verbänden nur aufrechterhalten werden dürfe, wenn und soweit der Deutsche Bundestag dies beschließe. Darüber hinaus möge die Bundesregierung angewiesen werden, unverzüglich den Deutschen Bundestag um einen entsprechenden Beschluss zu ersuchen, soweit sie die Soldaten der Bundeswehr in den AWACS-Flugzeugen belassen wolle. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 25. März 2003 (BVerfGE 108, 34) auf der Basis einer Folgenabwägung abgelehnt.
5. Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 festgestellt hatte, jenseits der dieser Entscheidung zu entnehmenden Mindestanforderungen und Grenzen des Parlamentsvorbehalts seien das Verfahren und die Intensität der Beteiligung des Deutschen Bundestags in der Verfassung nicht im Einzelnen vorgegeben, es sei deshalb Sache des Gesetzgebers, die Form und das Ausmaß der parlamentarischen Mitwirkung an Auslandseinsätzen der Bundeswehr näher auszugestalten (BVerfGE 90, 286 [389]), trat am 24. März 2005 das Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz -- ParlBG, BGBl. 2005 I S. 775) in Kraft, das Form und Ausmaß der parlamentarischen Beteiligung näher regelt. Nach § 1 Abs.  2 ParlBG bedarf der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes der Zustimmung des Deutschen Bundestags. Den Einsatzbegriff regelt § 2 ParlBG wie folgt:
    (1) Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt vor, wenn Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist.
    (2) Vorbereitende Maßnahmen und Planungen sind kein Einsatz im Sinne dieses Gesetzes. Sie bedürfen keiner Zustimmung des Bundestages. Gleiches gilt für humanitäre Hilfsdienste und Hilfsleistungen der Streitkräfte, bei denen Waffen lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung mitgeführt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Soldatinnen oder Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden.
Weiterhin regelt § 4 Abs.  1 ParlBG, dass die parlamentarische Zustimmung bei "Einsätzen von geringer Intensität und Tragweite" in einem vereinfachten Verfahren erteilt werden kann. Solche Einsätze liegen nach § 4 Abs.  2 ParlBG vor, wenn die Zahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten gering ist, der Einsatz aufgrund der übrigen Begleitumstände erkennbar von geringer Bedeutung ist und es sich nicht um die Beteiligung an einem Krieg handelt.
II.
Mit ihrem Antrag in der Hauptsache begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass die Antragsgegnerin die Rechte des Deutschen Bundestags verletzt hat, indem sie für den Einsatz deutscher Soldaten bei Maßnahmen der Luftüberwachung zum Schutz der Türkei nach Maßgabe des NATO-Beschlusses vom 19. Februar 2003 nicht dessen Zustimmung eingeholt hat. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
1. Der Antrag sei zulässig. Die Antragstellerin sei als Fraktion des Deutschen Bundestags im Organstreitverfahren gemäß § 13 Nr.  5 und §§ 63 ff. BVerfGG parteifähig. Ihr Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung der Rechtsverletzung sei infolge der Beendigung des konkreten Einsatzes der deutschen Soldaten nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es nicht erforderlich, dass eine in der Vergangenheit liegende Rechtsverletzung noch aktuelle Wirkungen zeitige. Das Vorgehen der Antragsgegnerin lasse überdies für die Zukunft die erneute Berufung auf einen eingeschränkten Einsatzbegriff und damit die neuerliche Verkürzung der Rechte des Parlaments befürchten. So sei grundsätzlich zu klären, wann der Deutsche Bundestag bei Einsätzen der Bundeswehr, die die Anwendung bewaffneter Gewalt beinhalten könnten, beteiligt werden müsse. Die zukunftsweisende Klärung verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen sei stets eine wichtige Funktion des Organstreitverfahrens gewesen.
Auch das Inkrafttreten des Parlamentsbeteiligungsgesetzes stehe dem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen, da das Gesetz die streitgegenständliche Frage der Reichweite des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts nicht geklärt habe.
2. Der Antrag sei auch begründet; denn der Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen der NATO zum Schutz der Türkei habe der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedurft.
a) Die in Rede stehende Verwendung der AWACS-Flugzeuge überschreite die Schwelle des zustimmungsbedürftigen Einsatzes, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 (BVerfGE 90, 286) ergebe. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar bestimmte Verwendungen von Bundeswehrpersonal von der Zustimmungsbedürftigkeit ausgeklammert. Es habe insoweit jedoch lediglich zwischen militärischen Einsätzen und sogenannten nicht-militärischen Sekundärverwendungen differenziert, während hier die Abgrenzung von militärischen Tätigkeiten, die keinen konkreten Bezug zu bewaffneten Unternehmungen aufwiesen und deshalb nicht der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedürften, von eigentlichen militärischen Einsätzen in Rede stehe.
Diese Abgrenzung sei aus dem Sinn der parlamentarischen Zustimmung und insbesondere aus dem Senatsurteil vom 12. Juli 1994 (BVerfGE 90, 286) zu ermitteln. Das Bundesverfassungsgericht habe das Erfordernis der parlamentarischen Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch in den Verfassungsprinzipien des Rechtsstaats und der Demokratie verankert. Die Frage, ob die Schwelle der Zustimmungsbedürftigkeit überschritten sei, bestimme sich daher anhand der Wesentlichkeitstheorie: Eine für das Staatswesen so schicksalhafte und wesentliche Entscheidung wie die Entfaltung des militärischen Machtpotentials durch Einsatz von oder Drohung mit bewaffneter Gewalt dürfe nicht allein der Exekutive überantwortet werden. Dies habe zur Folge, dass nicht nur die traditionelle Kriegserklärung oder die Feststellung des Verteidigungsfalls der parlamentarischen Zustimmung unterlägen. Vielmehr seien auch neuartige Einsätze der Bundeswehr in einem veränderten strategischen Umfeld, wie es in dem neuen Strategischen Konzept der NATO vom 24. April 1999 (vgl. dazu BVerfGE 104, 151 [158 ff.]) zum Ausdruck komme, für das demokratische Staatswesen wesentlich. Dies folge auch aus dem Gebot, für die beteiligten deutschen Soldaten Rechtssicherheit zu gewährleisten und ihnen politische Rückendeckung zu geben. Aufgrund der weitreichenden Konsequenzen, die sich für die Soldaten unter Umständen aus der Beteiligung an den Aufklärungsflügen ergäben, könne dies nur im Wege eines Mandats des Deutschen Bundestags erreicht werden. Hinzu komme, dass der Beschluss des Verteidigungsplanungsausschusses der NATO vom 19. Februar 2003 unter den Mitgliedstaaten höchst kontrovers diskutiert worden sei, da er im Zusammenhang mit der Frage gesehen worden sei, wie sich die Mitgliedstaaten zur bevorstehenden militärischen Intervention im Irak verhalten sollten. Damit habe der Beschluss ein wesentliches außenpolitisches Problem der Gestaltung der internationalen Ordnung betroffen. Bereits dieser Umstand verlange eine Zustimmung des Deutschen Bundestags zu dem in Rede stehenden Einsatz.
b) Nach dem Senatsurteil vom 12. Juli 1994 komme es für die parlamentarische Zustimmungsbedürftigkeit darauf an, ob deutsche Soldaten "in bewaffnete Unternehmungen einbezogen" seien (vgl. BVerfGE 90, 286 [388]). Insoweit sei für jeden Einzelfall danach zu fragen, ob das Mandat eine solche Einbeziehung ermögliche, wobei es nicht darauf ankomme, ob militärische Kampfhandlungen den Kern des Einsatzes bildeten, sondern allein darauf, ob die Anwendung militärischer Gewalt konkret möglich erscheine.
Die in der Geschichte der NATO einmalige Berufung der Türkei auf Art.  4 des NATO-Vertrags bedeute, dass diese die Unversehrtheit ihres Staatsgebiets, ihre politische Unabhängigkeit oder ihre Sicherheit als bedroht angesehen habe. Treffe die NATO daraufhin Maßnahmen, impliziere dies, dass die anderen Mitgliedstaaten die Auffassung des betroffenen Staates teilten, von der Gefahr eines drohenden Angriffs ausgingen und insofern konkrete Maßnahmen zur Verteidigung für geboten hielten. So sei die Überwachung der Türkei verstärkt worden, weil die NATO mit der konkreten Möglichkeit eines jederzeitigen Angriffs gerechnet habe und bereit gewesen sei, hierfür die Gefechtsleitfunktion der AWACS-Flugzeuge zu nutzen; von "Bündnisalltag" könne daher bei der Türkei-Überwachung keinesfalls gesprochen werden. Maßnahmen zur kollektiven Selbstverteidigung seien entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin keine Routine wie etwa die Überwachung einer Grenze in Friedenszeiten, sondern stellten einen zustimmungsbedürftigen Einsatz dar.
Dass die Einsätze der AWACS-Flugzeuge konkrete militärische Bedeutung gehabt hätten, ergebe sich aus den vom Verteidigungsplanungsausschuss beschlossenen Einsatzregeln. Eine Beteiligung an militärischer Gewaltanwendung sei von vornherein Bestandteil des Einsatzes gewesen. In den erweiterten rules of engagement würden die NATO-Streitkräfte autorisiert, Gewalt gegen Flugobjekte auszuüben, die in den Luftraum der Türkei eindringen. Da die AWACS-Flugzeuge militärische Führungsfunktionen übernehmen könnten und so in die Operationskonzepte integriert seien, sei die Mitwirkung an militärischer Gewaltanwendung ein ganz wesentlicher Bestandteil ihres Auftrags gewesen; die Hoffnung oder Erwartung, dass diese Funktion nicht notwendig sein werde, ändere daran nichts.
c) Schließlich zeige der Vergleich mit den Einsätzen, die Gegenstand des Senatsurteils vom 12. Juli 1994 gewesen seien, dass die deutschen Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen gewesen seien. So habe das Bundesverfassungsgericht Einsätze im Rahmen der Vereinten Nationen unabhängig von der Ausgestaltung der konkreten Befugnisse und Kommandostrukturen stets als zustimmungsbedürftig angesehen, weil hier die Grenzen fließend und das Ausmaß der Selbstverteidigungsbefugnisse ungewiss geworden seien. Daher habe es auch die strikt defensive Seeraumüberwachung in der Adria (vgl. BVerfGE 90, 286 [305 ff.]) als zustimmungsbedürftig angesehen. Dies zeige, dass es bei der Beobachtung und Abschreckung entscheidend darauf ankomme, ob eine Eskalation in Form der Verwicklung deutscher Soldaten in Kampfhandlungen einzukalkulieren sei. Die konkrete militärische Bedrohung und die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation seien vor dem Hintergrund der politischen Lage und der konkreten Einsatzregeln bei der Türkei-Überwachung der NATO wesentlich größer gewesen als bei den Einsätzen, über die der Senat in dem Urteil vom 12. Juli 1994 entschieden habe.
III.
Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung des Antrags. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
1. Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags, weil die Antragstellerin in erster Linie das politische Ziel verfolgt habe, den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994 angemahnten Erlass eines sogenannten "Entsendegesetzes" zu fördern.
2. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, weil die Bundesregierung von Verfassungs wegen nicht verpflichtet gewesen sei, für die Verwendung deutscher Soldaten im Rahmen der AWACS-Überwachung der Türkei die Zustimmung des Deutschen Bundestags einzuholen.
a) Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 den Parlamentsvorbehalt aus der deutschen Verfassungstradition seit 1918 abgeleitet und in diesem Zusammenhang betont, dass angesichts des zu beobachtenden Verzichts auf förmliche Kriegserklärungen die tatsächliche Anwendung militärischer Gewalt dem offiziellen Kriegseintritt gleichzustellen sei. Damit verkörpere die tatsächliche Anwendung militärischer Gewalt die schicksalhafte politische Entscheidung über Krieg und Frieden, die vom Parlament getroffen werden müsse. Ein "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" im Sinne des konstitutiven Parlamentsvorbehalts liege somit erst dann vor, wenn deutsche Soldaten in die Anwendung militärischer Gewalt einbezogen würden. Dies sei bei der AWACS-Überwachung über der Türkei gerade nicht der Fall gewesen.
Dem stehe nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 von einer Zustimmungsbedürftigkeit der AWACS-Überwachung von Bosnien-Herzegowina ausgegangen sei. Denn dieser Einsatz habe der Durchsetzung von Zwangsbefugnissen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen gedient, sodass ihm die Möglichkeit militärischer Gewaltanwendung inhärent gewesen sei. Schon weil die Einsatztruppen regelmäßig zur Selbstverteidigung bewaffnet seien, bestehe stets die erhebliche Gefahr, dass militärische Gewalt bei solchen Einsätzen auch angewendet werde. Damit seien Maßnahmen, welche die NATO als System gegenseitiger kollektiver Sicherheit auf oder über einem nicht konfliktbefangenen Territorium eines ihrer Mitgliedstaaten durchführe, nicht vergleichbar. Hierbei handle es sich vielmehr um bloße Routinemaßnahmen, die von der Zustimmung des Parlaments zum NATO-Beitritt der Bundesrepublik Deutschland gedeckt seien, soweit deutsche Soldaten nicht in konkrete bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen würden. Solange keine militärische Gewalt angewendet werde, sei die schicksalhafte politische Entscheidung über Krieg und Frieden noch nicht getroffen.
Bereits in der Nachrüstungsentscheidung (BVerfGE 68, 1 [89, 108 f.]) habe das Bundesverfassungsgericht zudem klargestellt, dass die im Grundgesetz angelegte Ordnung der Verteilung und des Ausgleichs staatlicher Macht nicht durch einen aus dem Demokratieprinzip abgeleiteten Gewaltenmonismus in Form eines allumfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden dürfe. Das demokratische Prinzip des Grundgesetzes beruhe nicht darauf, alle Handlungen und Entscheidungen, die politisch von weittragender oder existenzieller Bedeutung seien, dem Parlament zuzuweisen. Auch die Exekutive sei als politische Gewalt ausgestaltet und nicht etwa von vornherein auf politisch weniger bedeutsame Entscheidungen beschränkt. Für den Parlamentsvorbehalt gelte daher nicht die Regel, dass jegliche Verwendung der Bundeswehr im Zweifel von der Zustimmung des Parlaments abhängig sei. Vielmehr sei dem Grundgesetz zu entnehmen, dass im Zweifelsfall die Bundesregierung über die Verwendung deutscher Soldaten entscheide. Denn es sei mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht vereinbar, wenn jeder Routineeinsatz deutscher Soldaten im Vorfeld möglicher bewaffneter Auseinandersetzungen und ohne jeglichen Kontakt mit einem militärischen Gegner der Zustimmung des Bundestags unterworfen werde.
b) Auch aus der Anwendung von Art.  4 des NATO-Vertrags könne nicht gefolgert werden, dass der Deutsche Bundestag der Beteiligung deutscher Soldaten an dem AWACS-Einsatz hätte zustimmen müssen. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass im Falle eines Angriffs auf einen Bündnispartner nur ein konkreter Einsatz bewaffneter Streitkräfte nach Maßgabe der Bündnisverpflichtungen der parlamentarischen Zustimmung bedürfe. Demgegenüber sei die Eingliederung der deutschen Streitkräfte in die integrierten Verbände der NATO oder eine Beteiligung an militärischen Aktionen dieses Systems unter dessen militärischem Kommando, soweit diese bereits im Gründungsvertrag angelegt seien, vom Zustimmungsgesetz zum NATO-Vertrag umfasst. Deshalb seien auch veränderten Gegebenheiten angepasste Formen von Routineeinsätzen von der ursprünglichen parlamentarischen Zustimmung gedeckt, solange sie nicht mit der Anwendung militärischer Gewalt verbunden seien.
Sogar NATO-Maßnahmen, die infolge eines Angriffs auf einen Bündnispartner im Rahmen von Art.  5 des NATO-Vertrags getroffen würden, unterlägen erst dann dem Parlamentsvorbehalt, wenn die Schwelle zur Anwendung militärischer Gewalt überschritten werde. So hätten etwa Überwachungsflüge entlang der Grenze des "eisernen Vorhangs" im "Kalten Krieg", die durch die Demonstration eigener militärischer Stärke zugleich die Gegenseite von Angriffen habe abschrecken sollen, stets zur Bündnisroutine gehört; die Abschreckung einer Aggression durch das Aufzeigen militärischer Stärke und durch vorsorgliche Maßnahmen sei also schon immer eine Routineaufgabe der NATO gewesen, die keiner gesonderten Zustimmung des Deutschen Bundestags bedürfe.
c) Der defensive Charakter der Überwachungsflüge werde schließlich von den NATO-Einsatzregeln bestätigt. Die AWACS-Flugzeuge hätten auf der Grundlage des standardmäßigen integrierten Luftverteidigungssystems der NATO operiert. Auch die erweiterten Einsatzregeln vom 19. März 2003 hätten keine weitergehende Befugnis zum Einsatz von Waffengewalt enthalten, sondern lediglich auf das nach allgemeinem Völkerrecht anerkannte Recht auf Selbstverteidigung verwiesen. Erst wenn das Bündnis beschlossen hätte, militärische Gewalt anzuwenden, hätte dies der politischen Entscheidung über Krieg und Frieden in Form der Kriegserklärung nach klassischem Völkerrecht entsprochen, die dann eine Zustimmung des Deutschen Bundestags verlangt hätte.
IV.
Der Deutsche Bundestag hat sich zum Verfahren nicht geäußert.
V.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihr schriftsätzliches Vorbringen vertieft und ergänzt. Zu den Einzelheiten des Einsatzes und der seinerzeit geltenden Einsatzregeln und Einsatzbefugnisse ist der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Generalleutnant Johann-Georg Dora, gehört worden, der von 2000 bis 2003 Kommandeur der AWACS-Einheit der NATO war.
 
B.
Der Antrag ist zulässig.
I.
Die Antragstellerin ist als Fraktion des Deutschen Bundestags im Organstreitverfahren gemäß § 13 Nr.  5, §§ 63 ff. BVerfGG parteifähig. Sie kann im eigenen Namen Rechte geltend machen, die dem Bundestag gegenüber der Bundesregierung zustehen (vgl. BVerfGE 1, 351 [359]; 2, 143 [165]; 104, 151 [193]; 118, 244 [254 f.]; stRspr). Die Bundesregierung, gegen die sich der Antrag richtet, ist gemäß § 63 BVerfGG mögliche Antragsgegnerin. Die hier gerügte Unterlassung der Antragsgegnerin, für die Teilnahme deutscher Soldaten an der AWACS-Überwachung der Türkei die Zustimmung des Deutschen Bundestags einzuholen, ist nach § 64 Abs.  1 BVerfGG tauglicher Gegenstand eines Organstreitverfahrens.
II.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
Sie hat hinreichend dargelegt, dass der Deutsche Bundestag durch die angegriffene Unterlassung der Antragsgegnerin in Rechten verletzt sein könnte, die ihm durch das Grundgesetz übertragen worden sind (§ 64 Abs.  1 BVerfGG). Die Antragstellerin hat in substantiierter Weise die Möglichkeit vorgetragen, dass der Deutsche Bundestag in seinen Rechten verletzt wurde, da die Antragsgegnerin sich weigerte, für die Beteiligung deutscher Soldaten an der Überwachung des türkischen Luftraums durch die NATO seine Zustimmung einzuholen. In seinem Urteil vom 12. Juli 1994 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Einsätze bewaffneter Streitkräfte von Verfassungs wegen der grundsätzlich vorherigen konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestags unterliegen (BVerfGE 90, 286 [383 ff.]). Die Reichweite dieses Einsatzbegriffs, und damit die Reichweite der Zustimmungsbedürftigkeit, ist allerdings im Hinblick auf Situationen, in denen sich deutsche Soldaten an Verwendungen integrierter NATO-Verbände an der Überwachung des Luftraums eines Bündnismitglieds beteiligen, dessen Staatsgebiet unmittelbar an ein kriegsbefangenes Territorium angrenzt, bislang nicht abschließend geklärt (vgl. bereits BVerfGE 108, 34 [43]). Es ist deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Einsatz deutscher Soldaten in der Türkei der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedurfte.
Die Antragsbefugnis kann schließlich nicht mit dem Argument verneint werden, der Bundestag habe mit der Ablehnung des maßgeblich von der Antragstellerin initiierten Entschließungsantrags am 20. März 2003 auf die Ausübung seiner Rechte verzichtet. Sinn und Zweck der in § 64 Abs.  1 BVerfGG vorgesehenen Prozessstandschaft liegen gerade darin, der Parlamentsminderheit die Befugnis zur Geltendmachung der Rechte des Deutschen Bundestags auch dann zu erhalten, wenn dieser seine Rechte, insbesondere im Verhältnis zu der von ihm getragenen Bundesregierung, nicht wahrnehmen will. Die Zuerkennung der Prozessstandschaftsbefugnis ist insofern sowohl Ausdruck der Kontrollfunktion des Parlaments als auch Instrument des Minderheitenschutzes (vgl. BVerfGE 45, 1 [29 f.]; 60, 319 [325 f.]; 68, 1 [77 f.]; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 7. Aufl. 2007, Rn. 94).
III.
Für die Antragstellerin besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.
1. Gegen das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin bestehen keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Möglichkeit, beim Bundesverfassungsgericht die Erstattung eines Rechtsgutachtens zu beantragen (vgl. dazu im Fall des AWACS-Einsatzes zur Überwachung der Flugverbotszone über Bosnien-Herzegowina im Jahr 1993 BVerfGE 90, 286 [390 ff.] -- Sondervotum der Richter Böckenförde und Kruis). Gegenstand des vorliegenden Organstreits ist keine abstrakte Rechtsfrage, sondern eine konkrete Unterlassung, deren Verfassungsmäßigkeit nachträglich durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden soll.
2. Dem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin steht auch nicht entgegen, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung in der Vergangenheit liegt und gegenwärtig keine Auswirkungen mehr hat, weil der AWACS-Einsatz in der Türkei bereits beendet war, als die Antragstellerin ihren Antrag in der Hauptsache anhängig gemacht hat.
a) Die Zulässigkeit eines Antrags im Organstreitverfahren entfällt grundsätzlich nicht deshalb, weil die beanstandete Rechtsverletzung in der Vergangenheit liegt und bereits abgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 10, 4 [11]; 49, 70 [77]; für den Bund-Länder-Streit BVerfGE 41, 291 [303]). Im Schrifttum wird demgegenüber teilweise angenommen, es müssten besondere Umstände im Sinne eines "Fortsetzungsfeststellungsinteresses" vorliegen, damit über eine in der Vergangenheit liegende und abgeschlossene Rechtsverletzung entschieden werden kann (vgl. etwa Umbach, in: Ders./Clemens/Dollinger [Hrsg.], BVerfGG, 2. Aufl. 2005, §§ 63, 64 Rn. 172; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ders., BVerfGG, Stand: Juli 2002, § 64 Rn. 99). Ob dem zu folgen ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung; denn solche Umstände sind hier gegeben. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. März 2003 über die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung (vgl. BVerfGE 108, 34 [43]) hervorgehoben hat, besteht hier ein objektives Interesse an der Klärung der Reichweite des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts (vgl. zum Klarstellungsinteresse auch BVerfGE 1, 372 [379]) schon im Hinblick auf die Gefahr, dass dem Deutschen Bundestag in einer vergleichbaren Situation auch in Zukunft ein Auslandseinsatz der Bundeswehr nicht zur Zustimmung unterbreitet wird (vgl. zur Wiederholungsgefahr auch BVerfGE 91, 125 [133]; 103, 44 [58 f.]).
b) Wiederholungsgefahr und Klarstellungsinteresse sind durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Parlamentsbeteiligungsgesetzes nicht entfallen. Die Definition des "Einsatzes bewaffneter Streitkräfte" in § 2 Abs.  1 ParlBG lehnt sich eng an die Begriffsbestimmung des Senatsurteils vom 12. Juli 1994 (BVerfGE 90, 286 [387 f.]) an, die den Anwendungsbereich des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts nicht abschließend umreißt; das Parlamentsbeteiligungsgesetz klärt also gerade nicht die exakte Reichweite des Parlamentsvorbehalts für den Streitkräfteeinsatz. Ohnedies ergibt sich der konstitutive wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt unmittelbar aus dem Grundgesetz (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [383]; 108, 34 [42]).
3. Die Antragstellerin hat, indem sie im Deutschen Bundestag den Entschließungsantrag einbrachte, der auf die Einholung der Zustimmung des Bundestags für den AWACS-Einsatz in der Türkei gerichtet war, auch die ihr möglichen Schritte unternommen, den Bundestag dazu zu veranlassen, seine Rechte geltend zu machen (vgl. BVerfGE 90, 286 [392 f.]).
IV.
Die Antragsfrist nach § 64 Abs.  3 BVerfGG ist gewahrt. Am 19. Februar 2003 beteiligte sich die Bundesregierung an der Entscheidung des Verteidigungsplanungsausschusses der NATO über den Einsatz von AWACS-Flugzeugen in der Türkei. Die unterlassene Maßnahme in Form der Beteiligung des Deutschen Bundestags durch Einholung seiner Zustimmung hätte spätestens an diesem Tage -- oder aber im Fall einer späteren Zustimmungsbedürftigkeit des Einsatzes zu einem nachgelagerten Zeitpunkt -- erfolgen müssen. Damit war die sechsmonatige Antragsfrist am 5. August 2003, als der Antrag beim Bundesverfassungsgericht einging, noch nicht abgelaufen.
 
C.
Der Antrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hätte für die Beteiligung deutscher Soldaten an Maßnahmen zur Luftraumüberwachung der Türkei vom 26. Februar bis zum 17. April 2003 im Rahmen der "Operation Display Deterrence" der NATO aufgrund des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte die Zustimmung des Deutschen Bundestags einholen müssen.
I.
1. a) Das Grundgesetz hat die Entscheidung über Krieg und Frieden dem Deutschen Bundestag als Repräsentationsorgan des Volkes anvertraut. Dies ist für die Feststellung des Verteidigungsfalls und des Spannungsfalls ausdrücklich festgelegt (Art.  115a Abs.  1, Art.  80a Abs.  1 GG) und gilt darüber hinaus allgemein für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte, auch in Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne von Art.  24 Abs.  2 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem Gesamtzusammenhang wehrverfassungsrechtlicher Vorschriften des Grundgesetzes und vor dem Hintergrund der deutschen Verfassungstradition seit 1918 dem Grundgesetz ein allgemeines Prinzip entnommen, nach dem jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte der konstitutiven, grundsätzlich vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestags bedarf (BVerfGE 90, 286 [381 ff.]). Die auf die Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes sind darauf angelegt, die Bundeswehr nicht als Machtpotential allein der Exekutive zu überlassen, sondern sie als "Parlamentsheer" in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung einzufügen (vgl. BVerfGE 90, 286 [381 f.]).
Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt begründet ein wirksames Mitentscheidungsrecht des Deutschen Bundestags in Angelegenheiten der auswärtigen Gewalt. Ohne parlamentarische Zustimmung ist ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte unter dem Grundgesetz grundsätzlich nicht zulässig; nur ausnahmsweise ist die Bundesregierung -- bei Gefahr im Verzug -- berechtigt, vorläufig den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu beschließen, damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland durch den Parlamentsvorbehalt nicht in Frage gestellt werden. Die Bundesregierung muss in einem solchen Ausnahmefall jedoch das Parlament umgehend mit dem so beschlossenen Einsatz befassen und die Streitkräfte auf Verlangen des Bundestags zurückrufen (BVerfGE 90, 286 [388]). Andererseits kann auch der Deutsche Bundestag nicht ohne die Bundesregierung einen Streitkräfteeinsatz verfügen, weil der Parlamentsvorbehalt ein Zustimmungsvorbehalt ist, der keine Initiativbefugnis verleiht (vgl. BVerfGE 90, 286 [389]).
b) Gegenstand der Parlamentsbeteiligung sind nach der Senatsrechtsprechung "Einsätze bewaffneter Streitkräfte" (BVerfGE 90, 286 [387 f.]; 104, 151 [208]). Diesen Begriff hat der Senat in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 mit Blick auf die damals zur Entscheidung stehenden Einsätze konkretisiert, die sich teilweise im institutionellen Rahmen der NATO vollzogen, völkerrechtlich allerdings sämtlich auf Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gestützt waren (vgl. BVerfGE 90, 286 [305 ff., 309 f.]). Der Senat hat dazu ausgeführt, dass Einsätze bewaffneter Streitkräfte im Rahmen von Sicherheitsratsresolutionen stets zustimmungsbedürftig sind, unabhängig davon, ob den Streitkräften Zwangsbefugnisse nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430) eingeräumt und wie die Kommandobefugnisse ausgestaltet sind. Eine unterschiedliche Behandlung solcher Einsätze verbietet sich danach, weil die Grenzen zwischen Einsätzen mit und solchen ohne Befugnis zu bewaffneten Sicherungsmaßnahmen in der Realität fließend geworden sind und weil sich die Befugnis zum Einsatz von Waffen auch ohne ein entsprechendes besonderes Mandat daraus ergeben kann, dass Selbstverteidigung erlaubt ist (vgl. BVerfGE 90, 286 [387 f.]). Ob die seinerzeit zur Entscheidung stehenden Einsätze als Zwangsmaßnahmen der Vereinten Nationen bei funktionaler Betrachtung wirklich kriegerischen Akten gleichzustellen sind, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2008 vorgetragen hat, bedarf keiner weiteren Erörterung, da sich der Senat nicht auf eine vergleichbare Argumentation gestützt hat. Nicht der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedarf jedenfalls die Verwendung von Personal der Bundeswehr für bloße Hilfsdienste und Hilfeleistungen im Ausland, bei denen Soldaten nicht in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind (BVerfGE 90, 286 [387 f.]).
Mit diesen Ausführungen der bisherigen Senatsrechtsprechung ist die Reichweite des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts nicht abschließend umrissen. Im verfassungsrechtlichen Schrifttum wird über den Begriff "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" und über die Frage diskutiert, wann deutsche Soldaten im Sinne der Senatsrechtsprechung "in bewaffnete Unternehmungen einbezogen" sind (vgl. Nolte, ZaöRV 54 [1994], S. 652 [678 f.]; Röben, ZaöRV 63 [2003], S. 585 [592 ff.]; Fischer-Lescano, NVwZ 2003, S. 1474 ff.; Schäfer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, 2005, S. 192 ff.; Schmidt-Radefeldt, Parlamentarische Kontrolle der internationalen Streitkräfteintegration, 2005, S. 151 ff.; Schröder, Das parlamentarische Zustimmungsverfahren zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Praxis, 2005, S. 166 ff., 188 ff.). Auch der Gesetzgeber hat sich vor dem Erlass des Parlamentsbeteiligungsgesetzes eingehend mit diesen Fragen beschäftigt (vgl. Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, Stenografisches Protokoll der 25. Sitzung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung am 17. Juni 2004). Der Senat selbst hat in seinem Beschluss vom 25. März 2003 festgestellt, dass diese Fragen im Hauptsacheverfahren der Klärung bedürfen, um feststellen zu können, wie weit der unmittelbar kraft Verfassung geltende konstitutive Parlamentsvorbehalt im Wehrverfassungsrecht reicht (vgl. BVerfGE 108, 34 [42 f.]).
2. "Einsatz bewaffneter Streitkräfte" ist ein verfassungsrechtlicher Begriff, dessen Konkretisierung von der völkerrechtlichen Grundlage des konkreten Einsatzes nicht unmittelbar abhängt (vgl. BVerfGE 90, 286 [387]) und der auch nicht von einem im Rang unter der Verfassung stehenden Gesetz (vgl. § 2 ParlBG) verbindlich konkretisiert werden kann, wenn auch die gesetzliche Ausgestaltung des Instituts im Einzelfall Hinweise für seine verfassungsunmittelbare Reichweite zu geben vermag.
a) Das Grundgesetz ermächtigt den Bund in Art.  24 Abs.  2 GG, sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einzuordnen. Neben den Vereinten Nationen stellt auch die NATO als Verteidigungsbündnis ein solches System dar (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [350 f.]; 104, 151 [209]; 118, 244 [261 f.]). Die Ermächtigung zur Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit in Art.  24 Abs.  2 GG bildet zugleich die verfassungsrechtliche Grundlage für die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen außerhalb des Bundesgebiets, soweit diese im Rahmen und nach den Regeln eines solchen Systems erfolgen (vgl. BVerfGE 90, 286 [345 ff.]). Denn die Bündniszugehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland und der sich daraus für Deutschland ergebende Schutz sind untrennbar mit der Übernahme vertraglicher Pflichten im Rahmen des Bündniszwecks der Friedenswahrung (vgl. BVerfGE 118, 244 [261 f.]) verbunden (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [345]). Die in Art.  24 Abs.  2 GG vorgesehene verfassungsrechtliche Öffnung erschöpft sich insoweit nicht in der Option einer internationalen Streitkräfteintegration. Soweit diese Bestimmung reicht, legitimiert sie vielmehr auch den einzelnen Streitkräfteeinsatz als Folge dieser Integration verfassungsrechtlich; denn sonst wäre ein "Einordnen" im Sinne des Art.  24 Abs.  2 GG nicht möglich. Die Regelung in Art.  87a Abs.  2 GG steht dem nicht entgegen, weil sie die schon im ursprünglichen Text des Grundgesetzes zugelassene Mitgliedschaft in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit und die damit mögliche Teilnahme deutscher Streitkräfte an bewaffneten Einsätzen im Rahmen eines solchen Systems nicht einschränken sollte (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [355 ff.]).
b) Allerdings klärt die in Art.  24 Abs.  2 GG enthaltene materielle Legitimationsgrundlage nicht die Frage, wer im innerstaatlichen Bereich von Verfassungs wegen über solche Einsätze zu entscheiden hat. Zu der damit aufgeworfenen Frage nach der Organkompetenz im Bereich der auswärtigen Gewalt (vgl. dazu etwa Fastenrath, Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt, 1986, S. 215 ff.; Wolfrum, VVDStRL 56 [1997], S. 39 ff.) findet sich im Grundgesetz nur in Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG eine ausdrückliche Regelung.
Der Deutsche Bundestag muss nach Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG der Vertragsgrundlage eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit zustimmen. Das nach Maßgabe von Art.  59 Abs.  2 Satz 1, Art.  24 Abs.  2 GG ergangene Zustimmungsgesetz zum NATO-Vertrag legt das Integrationsprogramm eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit fest (BVerfGE 104, 151 [209]; vgl. auch BVerfGE 118, 244 [259 f.]). Dieses Integrationsprogramm und die damit einhergehende politische Bindung der Bundesrepublik Deutschland werden von den Gesetzgebungsorganen maßgeblich mitverantwortet. Mit der Zustimmung zu einem Vertragsgesetz bestimmen Bundestag und Bundesrat den Umfang der auf dem Vertrag beruhenden Bindungen und tragen dafür die politische Verantwortung gegenüber dem Bürger (vgl. BVerfGE 104, 151 [209]; 118, 244 [260]). Die rechtliche und politische Verantwortung des Parlaments erschöpft sich insoweit nicht in einem einmaligen Zustimmungsakt, sondern erstreckt sich auf den weiteren Vertragsvollzug. Gleichwohl ist die Bundesregierung ermächtigt, den Vertrag in den Formen des Völkerrechts fortzuentwickeln (vgl. BVerfGE 104, 151 [209]; 118, 244 [258 f.]). Eine Fortentwicklung der NATO unter Mitwirkung der Bundesregierung verletzt nur dann den Deutschen Bundestag in seinem Recht auf Teilhabe an der auswärtigen Gewalt, wenn sie über die mit dem Zustimmungsgesetz erteilte Ermächtigung hinausgeht und damit ultra vires erfolgt (vgl. BVerfGE 104, 151 [209 f.]; 118, 244 [260]).
Dies bedeutet zugleich, dass die Anpassung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit an sich wandelnde weltpolitische Rahmenbedingungen und damit einhergehende veränderte Gefährdungslagen innerstaatlich zuerst der Bundesregierung obliegt. Diese Anpassung vollzieht sich, auch soweit sie die Vertragsgrundlage berührt, regelmäßig ohne aktive Beteiligung des Deutschen Bundestags, solange weder ein Änderungsvertrag vorliegt, der nach Maßgabe von Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG eine erneute Zustimmung erfordern würde, noch die Fortentwicklung des Systems das vertragliche Integrationsprogramm verlässt und deshalb ebenfalls nicht ohne erneute Parlamentsbeteiligung erfolgen darf (vgl. BVerfGE 104, 151 [199 f., 209 f.]; 118, 244 [259 ff.]). Eine Erstreckung des in Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG geregelten parlamentarischen Zustimmungserfordernisses auf innerhalb dieser Grenze verbleibende Vertragsfortbildungsprozesse, wie sie sich gerade im Rahmen der NATO seit der weltpolitischen Wende nach 1989 vollzogen haben und in zahlreichen politischen Strategiekonzepten festgehalten sind (vgl. BVerfGE 90, 286 [298 ff.]; 104, 151 [156 ff.]), hat der Senat abgelehnt (vgl. BVerfGE 68, 1 [84 ff.]; 90, 286 [359 ff.]; 104, 151 [206 ff.]). Das Grundgesetz räumt der Bundesregierung für die Regelung der auswärtigen Beziehungen einen grundsätzlich weit bemessenen Spielraum eigener Gestaltung ein, in den eine Erstreckung des Zustimmungserfordernisses nach Art.  59 Abs.  2 Satz 1 GG eingreifen könnte.
Der Deutsche Bundestag ist gegenüber einer Veränderung der Vertragsgrundlage unter Beteiligung der Bundesregierung auch innerhalb der Grenzen des vertraglichen Integrationsprogramms nicht schutzlos. Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes stellt dem Bundestag ausreichende Instrumente für die politische Kontrolle der Bundesregierung auch im Hinblick auf die Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit zur Verfügung. Die Bundesregierung hat bereits aufgrund allgemeiner parlamentarischer Kontrollrechte nach Art.  43 Abs.  1 GG für ihr Handeln in den Organen der NATO Rede und Antwort zu stehen. Geht sie Verpflichtungen für den deutschen Beitrag zur Aufstellung des Streitkräftedispositivs des Bündnisses ein, wird sie das Budgetrecht des Parlaments in Rechnung stellen und sich insoweit um die politische Zustimmung des Deutschen Bundestags bemühen müssen. Schließlich erfordert die Aufnahme weiterer Staaten den Abschluss eines Beitrittsprotokolls, dem der Bundestag wiederum nach Art.  59 Abs.  2 Satz 1, Art.  24 Abs.  2 GG zustimmen muss (vgl. BVerfGE 104, 151 [208]).
Die verfassungsrechtlich gebotene Wahrnehmung parlamentarischer Verantwortung für die Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit kann allerdings auf praktische Schwierigkeiten stoßen, weil die Bundesregierung durch ihren Wissensvorsprung und durch die Erfahrung der kooperativen Bedingungen im Bündnissystem den Vorteil des unmittelbar Handelnden genießt. Jedes System gegenseitiger kollektiver Sicherheit folgt insoweit unter Wahrung der jeweiligen mitgliedstaatlichen Souveränität in der Praxis Eigengesetzlichkeiten der Bündnissolidarität, auf die der Bundestag schwerlich einen prägenden Einfluss wird nehmen können. Nur die Bundesregierung nimmt teil an der koordinierten Willensbildung etwa im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder in den Entscheidungsgremien der NATO. Das Parlament kann von den dort getroffenen Entscheidungen nicht im Nachhinein einseitig abrücken, ohne politischen Schaden im Bündnis und damit für die Bundesrepublik Deutschland zu verursachen (vgl. BVerfGE 108, 34 [44 f.]). Deshalb ist der Deutsche Bundestag häufig gezwungen, bis zu den Grenzen der Vertragsänderung einerseits und des vertraglichen Integrationsprogramms andererseits das politische Handeln in einem durch die Exekutiven der Staaten geprägten Systemverbund nachvollziehend zu begleiten und sich auf die dargestellte mittelbare Einflussnahme zu beschränken.
c) Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte wahrt die Rechte des Bundestags gerade auch im Rahmen dieser bündnispolitischen Konstellation. Nicht zuletzt aufgrund der verfassungsrechtlichen Tragweite der Integrationsermächtigung in Art.  24 Abs.  2 GG erlangt der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt erhebliches Gewicht: Da sich Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit auf diese Bestimmung stützen können, sind solche Einsätze unbeschadet der in Art.  24 Abs.  2, Art.  26 Abs.  1 Satz 1 GG enthaltenen materiellen Verpflichtung auf das Gebot der Friedenswahrung (vgl. BVerfGE 104, 151 [212 f.]; 118, 244 [261 f.]) in unterschiedlichen Konstellationen und über die vor 1994 im verfassungsrechtlichen Schrifttum überwiegend angenommenen Grenzen hinaus (vgl. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen, 1994, S. 175 ff.; März, Bundeswehr in Somalia, 1993, S. 13 ff.) verfassungsrechtlich zulässig.
Die deutsche Mitwirkung an der strategischen Gesamtausrichtung und an der Willensbildung über konkrete Einsätze des Bündnisses liegt ganz überwiegend in den Händen der Bundesregierung: Dies widerspricht zwar nicht grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Kompetenzzuweisungen, die im Bereich der auswärtigen Gewalt der Regierung besondere Freiräume öffnen, schon weil dies dem Grundsatz einer organadäquaten Funktionenzuweisung entspricht (vgl. BVerfGE 68, 1 [87]; 104, 151 [207]). Die bündnispolitische Gestaltungsfreiheit der Bundesregierung schließt aber nicht die Entscheidung ein, wer innerstaatlich darüber zu befinden hat, ob sich Soldaten der Bundeswehr an einem konkreten Einsatz beteiligen, der im Bündnis beschlossen wurde. Wegen der politischen Dynamik eines Bündnissystems ist es umso bedeutsamer, dass die größer gewordene Verantwortung für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte in der Hand des Repräsentationsorgans des Volkes liegt.
Wie der Senat bereits hervorgehoben hat, stellt der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt insoweit ein wesentliches Korrektiv für die Grenzen der parlamentarischen Verantwortungsübernahme im Bereich der auswärtigen Sicherheitspolitik dar (vgl. BVerfGE 104, 151 [208]; vgl. auch Röben, a.a.O., S. 594). Mit der Anwendung militärischer Gewalt endet der weit bemessene Gestaltungsspielraum der Exekutive im auswärtigen Bereich. Der Deutsche Bundestag ist bei Einsatz bewaffneter Streitkräfte nicht lediglich in der Rolle eines nachvollziehenden, nur mittelbar lenkenden und kontrollierenden Organs, sondern er ist zur grundlegenden, konstitutiven Entscheidung berufen, ihm obliegt die Verantwortung für den bewaffneten Außeneinsatz der Bundeswehr. Die Bundeswehr ist insofern ein "Parlamentsheer", ungeachtet der Kommandostruktur (vgl. Art.  65a, Art.  115b GG), die die militärisch-operative Führung dann wieder in die Hand der Exekutive legt. Seinen rechtserheblichen Einfluss auf die Verwendung der Streitkräfte kann der Deutsche Bundestag nur dann wahren, wenn er über ein wirksames Mitentscheidungsrecht über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte verfügt, bevor das militärische Unternehmen beginnt und dann maßgeblich zu einer Frage militärischer Zweckmäßigkeit wird.
Der Einsatz bewaffneter Gewalt bedeutet nicht nur ein erhebliches Risiko für Leben und Gesundheit deutscher Soldaten, sondern er birgt auch ein politisches Eskalations- oder doch Verstrickungspotential: Jeder Einsatz kann von der begrenzten Einzelaktion in eine größere und länger währende militärische Auseinandersetzung münden, bis hinein in einen umfänglichen Krieg. Dem Übergang von der Diplomatie zur Gewalt korrespondiert eine Veränderung in den Proportionen der innerstaatlichen Gewaltenteilung. Der durch den Parlamentsvorbehalt solcherart hergestellte Entscheidungsverbund von Parlament und Regierung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte stellt den der Exekutive verfassungsrechtlich zugeordneten eigenen Handlungs- und Verantwortungsbereich für die Außenpolitik (vgl. BVerfGE 68, 1 [87 f.]) dabei nicht grundsätzlich in Frage. Denn für die Entscheidung über die konkreten Modalitäten und den Umfang einzelner Einsätze verbleibt es ebenso bei der Alleinzuständigkeit der Bundesregierung wie für die Koordination der Streitkräfteintegration in und mit den Organen internationaler Organisationen (vgl. BVerfGE 90, 286 [389]). Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt sichert insoweit eine adäquate Organzuständigkeit gerade im Hinblick auf die Beteiligung der Opposition in freier parlamentarischer Debatte und macht es damit auch der öffentlichen Meinung besser möglich, über die politische Reichweite des jeweiligen Einsatzes zu urteilen. Die funktionsgerechte Teilung der Staatsgewalt im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten (vgl. BVerfGE 68, 1 [87]; 104, 151 [207]) gestaltet sich im Hinblick auf Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit damit so, dass das Parlament durch seine Mitentscheidung grundlegende Verantwortung für die vertragliche Grundlage des Systems einerseits und für die Entscheidung über den konkreten bewaffneten Streitkräfteeinsatz andererseits übernimmt, während im Übrigen die nähere Ausgestaltung der Bündnispolitik als Konzeptverantwortung ebenso wie konkrete Einsatzplanungen der Bundesregierung obliegen.
d) Diese Verantwortungsverteilung zwischen Parlament und Regierung hat Auswirkungen auf die Frage, wie Grenzfälle eines möglichen Einsatzes bewaffneter Streitkräfte zu beurteilen sind. Sie kann nicht im Lichte exekutiver Gestaltungsfreiräume oder nach der Räson einer Bündnismechanik wie etwa der von der Antragsgegnerin angeführten "Bündnisroutine" beantwortet werden. Angesichts der Funktion und Bedeutung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts darf seine Reichweite nicht restriktiv bestimmt werden. Vielmehr ist der Parlamentsvorbehalt entgegen der im vorliegenden Verfahren vertretenen Auffassung der Antragsgegnerin vom Bundesverfassungsgericht im Zweifel parlamentsfreundlich auszulegen (vgl. zum entsprechenden Regel-Ausnahme-Verhältnis auch Epping, AöR 124 [1999], S. 423 [455 f.]; Schmidt-Radefeldt, a.a.O., S. 166 f.). Insbesondere kann das Eingreifen des Parlamentsvorbehalts nicht unter Berufung auf Gestaltungsspielräume der Exekutive maßgeblich von den politischen und militärischen Bewertungen und Prognosen der Bundesregierung abhängig gemacht werden; eine Einschätzungsprärogative kann der Exekutive lediglich für den Eilfall und damit nur einstweilen überlassen sein (vgl. BVerfGE 108, 34 [44 f.]).
Wenn und soweit dem Grundgesetz eine Zuständigkeit des Deutschen Bundestags in Form eines wehrverfassungsrechtlichen Mitentscheidungsrechts entnommen werden kann, besteht gerade kein eigenverantwortlicher Entscheidungsraum der Bundesregierung. Eigenverantwortliche, das heißt letztlich verfassungsgerichtlicher Überprüfung entzogene Abgrenzungen der Kompetenzräume der in Art.  20 Abs.  2 Satz 2 GG genannten Gewalten lassen sich nicht einem apriorischen Gewaltenteilungskonzept entnehmen (vgl. BVerfGE 68, 1 [108 f.]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 481). Daher ist der Rekurs auf den Topos einer exekutivischen Eigenverantwortung allein ungeeignet, für eine restriktive Auslegung des Parlamentsvorbehalts oder gar dessen grundsätzliche Ablehnung zu streiten (vgl. aber Roellecke, Der Staat, 1995, S. 415 [423 ff.]; Schultz, Die Auslandsentsendung von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz zum Zwecke der Friedenswahrung und Verteidigung, 1998, S. 440 f.). Der Parlamentsvorbehalt ist Teil des Bauprinzips der Gewaltenteilung, nicht seine Durchbrechung.
3. Ein unter dem Grundgesetz nur auf der Grundlage einer konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestags zulässiger Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt vor, wenn deutsche Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind.
a) Die Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen als entscheidendes Kriterium für die parlamentarische Zustimmungsbedürftigkeit des Einsatzes bewaffneter Streitkräfte unter dem Grundgesetz wird von der Antragsgegnerin dahin verstanden, dass eine Parlamentsbeteiligung für den Streitkräfteeinsatz erst und nur dann erforderlich wird, wenn deutsche Soldaten bewaffnete Gewalt tatsächlich anwenden. Eine solche Auslegung ist dem Senatsurteil vom 12. Juli 1994 nicht zu entnehmen. Bei einem derart engen Verständnis des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts könnte der Deutsche Bundestag seinen rechtserheblichen Einfluss auf die Verwendung der Bundeswehr (vgl. BVerfGE 90, 286 [382]) nicht hinreichend wahrnehmen. Seine Mitentscheidung bezöge sich dann nicht mehr auf den Zeitpunkt der Einsatzentscheidung, sondern regelmäßig auf einen der Entsendung nachgelagerten Zeitpunkt, in dem der Streitkräfteeinsatz mit allen damit verbundenen faktischen Handlungsnotwendigkeiten bereits begonnen hat. Überschritte erst die Anwendung militärischer Gewalt die Grenze der Zustimmungsbedürftigkeit, könnte von einer "regelmäßig vorhergehenden" parlamentarischen Beteiligung (BVerfGE 90, 286 [387]) nicht mehr gesprochen werden.
Für den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt kommt es nicht darauf an, ob bewaffnete Auseinandersetzungen sich schon im Sinne eines Kampfgeschehens verwirklicht haben, sondern darauf, ob nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang und den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen konkret zu erwarten ist und deutsche Soldaten deshalb bereits in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind (vgl. auch Dreist, ZaöRV 64 [2004], S. 1001 [1036]; Nolte, a.a.O., S. 678; Röben, a.a.O., S. 594; Schröder, a.a.O., S. 203). Diese Unterscheidung hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 zugrunde gelegt, indem er nicht von einer Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen, sondern in "bewaffnete Unternehmungen" (BVerfGE 90, 286 [388]) gesprochen hat, welche schon nach ihrem Wortsinn nicht implizieren, dass es tatsächlich zu Kampfhandlungen kommen muss. Vielmehr hat der Senat festgestellt, dass für die Frage der Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen im Einzelfall Einsatzzweck und Einsatzbefugnisse näher zu betrachten sind. So ist von einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte schon zum Zeitpunkt der Einsatzentscheidung etwa dann auszugehen, wenn nach dem Einsatzzweck von vornherein geplant ist, dass deutsche Soldaten unabhängig von dem konkreten Einsatzverlauf militärische Gewalt anwenden. Für Einsätze auf der Basis von Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen hat der Senat ausgeführt, dass angesichts der fließenden Übergänge zwischen den verschiedenen Einsatzformen und der möglichen Reichweite des Selbstverteidigungsrechts eine Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen stets gegeben ist (vgl. BVerfGE 90, 286 [388]).
b) Die bloße Möglichkeit, dass es bei einem Einsatz zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt, reicht hierfür nicht aus. Ein solches Kriterium würde die verfassungsrechtlich angeordneten Gewichte der Organkompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt verschieben, weil die theoretische Möglichkeit einer bewaffneten Auseinandersetzung sich, wo Streitkräfte operieren, kaum je von vornherein wird ausschließen lassen. Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt erstreckt sich daher nicht auf Einsätze, bei denen für eine spezifische Nähe zur Anwendung militärischer Gewalt nichts ersichtlich ist. Deshalb führt erst die qualifizierte Erwartung einer Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen zur parlamentarischen Zustimmungsbedürftigkeit eines Auslandseinsatzes deutscher Soldaten. Diese qualifizierte Erwartung unterscheidet sich in zweifacher Hinsicht von der bloßen Möglichkeit, dass es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen könnte:
aa) Zum einen bedarf es hinreichender greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass ein Einsatz nach seinem Zweck, den konkreten politischen und militärischen Umständen sowie den Einsatzbefugnissen in die Anwendung von Waffengewalt münden kann. Hierfür muss aus den Umständen des Falles und der politischen Gesamtlage heraus eine konkrete militärische Gefahrenlage bestehen, die eine hinreichende sachliche Nähe zur Anwendung von Waffengewalt und damit zur Verwicklung deutscher Streitkräfte in eine bewaffnete Auseinandersetzung aufweist (vgl. bereits BVerfGE 108, 34 [43]). Für die Beurteilung kommt es insofern auf die besonderen Umstände des konkreten Einsatzes und im Fall eines Einsatzes in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit insbesondere auch auf die Operationsziele und die Reichweite der jeweiligen militärischen Befugnisse mit Blick auf eine potentielle militärische Auseinandersetzung an. Militärtechnischen Sprachregelungen wie der von der Antragsgegnerin wiederholt in Bezug genommenen "Bündnisroutine" kommt hierfür keine gesonderte Bedeutung zu. Sie haben keinen eigenständigen normativen Gehalt und können deshalb das Ergebnis der erforderlichen Gesamtbetrachtung allenfalls kennzeichnen, nicht aber beeinflussen. Vor allem darf die verfassungsrechtliche Erheblichkeit einer aufgrund der konkreten Umstände in einem Einsatz angelegten Eskalationsgefahr nicht unberücksichtigt bleiben, nur weil der Einsatz ansonsten ein eher routinemäßiges Gepräge aufweist. Im Übrigen können auch Einsätze, die politisch von untergeordneter Bedeutung sind, dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt unterfallen (vgl. auch § 4 ParlBG).
bb) Zum anderen bedarf es für eine qualifizierte Erwartung der Einbeziehung von Bundeswehrsoldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen einer besonderen Nähe der Anwendung von Waffengewalt. Danach muss die Einbeziehung unmittelbar zu erwarten sein. Steht die Anwendung von Waffengewalt zeitlich nahe bevor, begründet dies bereits für sich genommen die qualifizierte Erwartung der Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen; sie wird jedoch regelmäßig mit der Verdichtung tatsächlicher Umstände einhergehen, die auf eine kommende militärische Auseinandersetzung hindeuten. Aber auch eine Betrachtung der Einsatzplanung und der Einsatzbefugnisse kann erweisen, dass eine gleichsam automatisch ablaufende Beteiligung deutscher Soldaten an der Anwendung bewaffneter Gewalt von der Gesamtsituation her wahrscheinlich ist und praktisch nur noch von Zufälligkeiten im tatsächlichen Geschehensablauf abhängt. Dies kann der Fall sein, wenn integrierte Bündnisabläufe bereits in Gang gesetzt sind, die vor der Anwendung von Waffengewalt praktisch kaum mehr reversibel oder jedenfalls politisch nicht mehr zu beeinflussen sind. Dann ist die entscheidende Schwelle für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte bereits überschritten, was von Verfassungs wegen ohne Beteiligung des Deutschen Bundestags nicht zulässig ist. Denn dieser kann auf die für die Gewaltanwendung in solchen Konstellationen entscheidenden tatsächlichen Geschehensabläufe nicht mehr reagieren, regelmäßig jedenfalls nicht, bevor diese eine militärische Reaktion nach sich ziehen.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 darauf hingewiesen, dass der Parlamentsbeschluss über einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte in den zuständigen Ausschüssen vorzubereiten und im Plenum zu beraten ist (vgl. BVerfGE 90, 286 [388]). Dies erfordert auch aus Gründen der Verfahrenssicherung eine Parlamentsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem die materielle Entscheidung über eine Anwendung von Waffengewalt noch nicht getroffen ist und auch nicht vor dem Abschluss des Zustimmungsverfahrens getroffen wird. Anderenfalls könnte der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt zu einem Parlamentsnachvollzug oder doch einem Parlamentsvorbehalt ohne reguläres Zustimmungsverfahren werden, was zu einer materiellen Entwertung der parlamentarischen Mitentscheidungskompetenz im Rahmen des Streitkräfteeinsatzes führen und einzelne Einsätze entgegen den verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen von der parlamentarischen Verantwortlichkeit abkoppeln würde. Die normative Kraft des Parlamentsbeschlusses darf nicht durch die "normative Kraft" bereits geschaffener oder doch vorentschiedener Fakten ersetzt werden (vgl. bereits BVerfGE 89, 38 [45]). Besteht die aus den konkreten Umständen hinreichend belegbare Erwartung einer unmittelbaren Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen, ist die vorherige Beteiligung des Deutschen Bundestags an der Einsatzentscheidung nicht nur für diesen kompetenzschonend, weil das Parlament nicht in die Zwangsläufigkeiten einer der Ratifikation vergleichbaren Situation gerät. Die vorherige Beteiligung ist gegenüber einem späteren parlamentarischen Rückruf deutscher Soldaten (vgl. BVerfGE 90, 286 [388]) auch zugleich die für die außenpolitische Handlungs- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland schonendere Alternative (vgl. BVerfGE 90, 286 [363 f., 388]; 108, 34 [44 f.]; Rupp, JZ 2003, S. 899).
cc) Ein Anhaltspunkt für die drohende Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen besteht, wenn sie im Ausland Waffen mit sich führen und ermächtigt sind, von ihnen Gebrauch zu machen. Denn es kann dadurch je nach dem Verlauf des tatsächlichen Geschehens dazu kommen, dass die Bewaffnung in die Anwendung von Waffengewalt mündet. Solange es sich allerdings rechtlich nur um eine Ermächtigung zur Selbstverteidigung handelt und der Einsatz selbst einen nicht-militärischen Charakter hat, ist, wie der Senat bereits festgestellt hat, die Schwelle der Zustimmungsbedürftigkeit nicht schon durch diese Ermächtigung erreicht (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [388]). Hat der Einsatz dagegen ein eigentliches militärisches Gepräge, weil es ihm etwa darum geht, ein Territorium oder bestimmte Objekte vor Angriffen zu schützen, und deuten die näheren Umstände auf eine unmittelbar bevorstehende Verwicklung in Kampfhandlungen hin, so liegt eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung auch dann vor, wenn die am Einsatz beteiligten Soldaten der Bundeswehr zwar selbst unbewaffnet sind, aber als wesentlicher Teil des den bewaffneten Einsatz durchführenden integrierten militärischen Systems handeln. Wer im Rahmen einer bewaffneten Auseinandersetzung etwa für den Waffeneinsatz bedeutsame Informationen liefert, eine die bewaffnete Operation unmittelbar leitende Aufklärung betreibt oder sogar im Rahmen seiner militärischen Funktion Befehle zum Waffeneinsatz geben kann, ist in bewaffnete Unternehmungen einbezogen, ohne dass er selbst Waffen tragen müsste (vgl. bereits BVerfGE 90, 286 [310, 390] zur NATO-geführten AWACS-Überwachung von Bosnien-Herzegowina; BVerfGE 108, 34 [43]). Militärische Einsätze im Handlungsverbund integrierter Streitkräfte lassen sich verfassungsrechtlich nicht angemessen erfassen, wenn man die Frage nach der Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen für einzelne Systemkomponenten und personell getrennte Einsatzfunktionen voneinander getrennt betrachtet (vgl. auch Schmidt-Radefeldt, a.a.O., S. 164 f.; Schröder, a.a.O., S. 191 f.).
c) Die Frage, ob eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Unternehmungen besteht, ist gerichtlich voll überprüfbar; ein vom Bundesverfassungsgericht nicht oder nur eingeschränkt nachprüfbarer Einschätzungs- oder Prognosespielraum ist der Bundesregierung hier nicht eröffnet. Solche Spielräume werden im Bereich der auswärtigen Gewalt regelmäßig angenommen, weil nur dadurch der grundsätzliche Handlungsvorrang der Exekutive zur Geltung gebracht werden könne (vgl. BVerfGE 4, 157 [168 f.]; 66, 39 [60 f.]; 68, 1 [97]; Hailbronner, VVDStRL 56 [1997], S. 7 [11 ff.]; Schwarz, Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Außen- und Sicherheitspolitik, 1995, S. 202 ff.). Wo solche Entscheidungsräume nach materiellem Verfassungsrecht nicht bestehen, fehlt es indes schon an der Voraussetzung für eine funktionell-rechtliche Beschränkung der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte. Da das Grundgesetz dem Deutschen Bundestag, soweit der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt reicht, ein originäres Mitentscheidungsrecht im Bereich der auswärtigen Gewalt zuweist, besteht in diesem Bereich jenseits der Eilkompetenz gerade kein eigener Entscheidungsraum der Exekutive (vgl. bereits BVerfGE 108, 34 [44]). Ein solcher würde aber der Sache nach systemwidrig eingeführt, wenn die Bundesregierung hinsichtlich der Frage, ob eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen unmittelbar zu erwarten ist, über einen vom Bundesverfassungsgericht nicht zu kontrollierenden Prognosespielraum verfügte. Dies bedeutet zugleich, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, den mitentscheidenden Bundestag in, gemessen an seiner Entscheidungskompetenz, hinreichender Weise mit den erforderlichen Informationen über den Einsatzzusammenhang und gegebenenfalls über im Gang befindliche Planungen in Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit zu versorgen (vgl. BVerfGE 90, 286 [388 f.]).
II.
Nach diesem Maßstab war die Beteiligung deutscher Soldaten an der Luftraumüberwachung der Türkei durch die NATO vom 26. Februar bis zum 17. April 2003 ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte, der nach dem wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedurfte. Deutsche Streitkräfte waren mit der Teilnahme an diesem Einsatz ungeachtet des Ausbleibens von Kampfhandlungen in bewaffnete Unternehmungen einbezogen.
1. Mit der Luftraumüberwachung der Türkei in AWACS-Flugzeugen der NATO haben sich deutsche Soldaten an einem Militäreinsatz beteiligt, bei dem greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende Verstrickung in bewaffnete Auseinandersetzungen bestanden.
a) Die eingesetzten AWACS-Aufklärungsflugzeuge waren Teil eines Systems konkreter militärischer Schutzmaßnahmen gegen einen befürchteten Angriff auf das Bündnisgebiet der NATO. Zum ersten Mal in der Geschichte des nordatlantischen Bündnisses hatte die Türkei Konsultationen nach Art.  4 des NATO-Vertrags beantragt, weil sie sich durch den sich abzeichnenden militärischen Konflikt im Irak und die Drohung des irakischen Diktators Saddam Hussein, jeder Verbündete der USA in der Region werde das Ziel irakischer Militäroperationen sein, bedroht fühlte. Daraufhin autorisierte der Verteidigungsplanungsausschuss der NATO die "Operation Display Deterrence", in deren Vollzug neben der Verlegung von AWACS-Aufklärungsflugzeugen zur Überwachung des türkischen Luftraums auch das Flugabwehrraketensystem PATRIOT zur Abwehr möglicher Raketenangriffe aus dem Irak, auch mit chemischen und biologischen Waffen, auf dem Gebiet der Türkei stationiert wurde. Die Operation diente damit nicht nur in einem eher symbolischen Sinne der bloßen Abschreckung, sondern traf bereits konkrete Vorkehrungen gegen einen durch die sicherheitspolitische Lage möglich gewordenen militärischen Angriff auf die Türkei. Deutsche Soldaten haben sich insoweit nicht lediglich an Maßnahmen beteiligt, die in einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit wie der NATO alltägliche Praxis ohne konkreten Bezug zu einer bewaffneten Auseinandersetzung ("Bündnisroutine") sind und somit die verfassungsrechtlich entscheidende Schwelle zu einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte nicht überschreiten. Der Bereich des Alltäglichen war durch die präzedenzlosen Konsultationen nach Art.  4 des NATO-Vertrags wegen der Bedrohung eines Mitgliedstaats und die in diesem Rahmen getroffene Bündnisentscheidung zu einer besonderen Sicherungsoperation bereits zu Beginn der "Operation Display Deterrence" verlassen. Der nach allen damaligen Erkenntnissen bevorstehende Krieg im Irak und die Drohung des Irak gegen alle Verbündeten der USA in der Region, deren militärische Realisierbarkeit nicht verlässlich eingeschätzt werden konnte, erlauben es nicht, mit der Antragsgegnerin von Maßnahmen der NATO-Kräfte zu sprechen, die zum alltäglichen Bündnisprogramm der Aufklärung, Sicherung und Abschreckung des Militärbündnisses zählen, wie sie an dessen geographischen Flanken schon zu Zeiten der Blockkonfrontation üblich waren. Vielmehr hatte die Überwachung des türkischen Luftraums von Beginn an einen spezifischen Bezug zu einer aufgrund konkreter Umstände für möglich gehaltenen militärischen Auseinandersetzung mit dem Irak.
b) Auf eine solche Auseinandersetzung hatte die NATO sich dann spätestens ab dem 18. März 2003 ernsthaft eingestellt, weil der Beginn der Kampfhandlungen im Irak allgemein erwartet wurde. An diesem Tag legte der Oberkommandierende des NATO-Hauptquartiers Europa deshalb dem Verteidigungsplanungsausschuss erweiterte Einsatzregelungen zur Billigung vor, die von Beginn an für den Fall einer Lageverschlechterung geplant gewesen waren. Diese Einsatzregeln beinhalteten insbesondere die Befugnis zum Angriff gegen in den Luftraum der Türkei eindringende Luftfahrzeuge mit erkennbar feindlichen Absichten. Damit hatte sich die NATO nicht nur endgültig darauf eingestellt, dass die Anwendung bewaffneter Gewalt zur Verteidigung erforderlich werden könnte, sondern auch ihre Einsatzbefugnisse bereits hierauf ausgerichtet (vgl. auch Dreist, a.a.O., S. 1038). Hinzu kommt, dass am gleichen Tag die Luftraumüberwachung wesentlich intensiviert wurde. Generalleutnant Dora hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Überwachungsintensität von acht bis zehn Stunden am Tag auf eine Überwachung rund um die Uhr an jedem Tag ausgeweitet wurde, wodurch die Stationierung von zwei weiteren AWACS-Flugzeugen erforderlich wurde. Damit bestand ersichtlich mehr als eine lediglich abstrakte Möglichkeit bewaffneter Auseinandersetzungen, wie sie bei vielen Einsätzen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es lagen vielmehr greifbare tatsächliche Anhaltspunkte vor, nach denen die Verwicklung der NATO in eine militärische Auseinandersetzung durch den Abschuss feindlicher Flugobjekte zu erwarten war. So hat auch Generalleutnant Dora in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, durch den Ausbruch des Krieges im Irak sei das Umfeld, in dem die NATO-Kräfte in der Türkei operierten, "unberechenbar" geworden.
c) An einer solchen drohenden militärischen Auseinandersetzung wären deutsche Soldaten beteiligt gewesen.
Generalleutnant Dora hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung darüber Auskunft gegeben, wie die AWACS-Flugzeuge in entsprechende gewaltsame Abwehrreaktionen eingebunden gewesen wären: Danach übernimmt das Aufklärungsflugzeug die Funktion eines in besonderer Flughöhe befindlichen Radarsensors ("Auge"), der mit dem Bodengefechtsstand über Funk verbunden ist und in dessen Auftrag bestimmte Aufklärungsaufgaben übernehmen kann. Im Fall eines bewaffneten Angriffs kann und soll das AWACS-Flugzeug die Aufklärungsergebnisse zum Zweck von Abwehrreaktionen weitergeben, sowohl -- im Fall eines Raketenangriffs -- an die PATRIOT-Bodenluftraketen als auch -- im Fall sich nähernder Kampfflugzeuge -- an den Bodengefechtsstand. In diesem Fall ist das AWACS-Flugzeug in der Lage, eine Feuerleitführung für aufsteigende Jagdflugzeuge zu übernehmen, welche dann die unmittelbare militärische Abwehrreaktion ausführen; dies ist, wie Generalleutnant Dora betont hat, auch ein Sinn der integrierten NATO-Luftverteidigung. Aus militärischer Sicht ist dabei zu unterscheiden zwischen der regelmäßigen Befehlsgewalt der Bodenleitstelle und besonderen Situationen, in denen die Kommandogewalt für die einzelnen Einsätze und dann auch eine direkte Gefechtsleitfunktion an Bord der AWACS-Flugzeuge selbst ausgeübt wird.
Wo im integrierten Verteidigungssystem die jeweilige Befehlsgewalt liegt, ist aus der Sicht des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts nicht entscheidend. Hierfür kommt es allein darauf an, dass in dem dargestellten integrierten militärischen System die AWACS-Flugzeuge durch die Weitergabe ihrer Aufklärungsinformationen und ihre Feuerleitfunktion eine wesentliche und auch notwendige Rolle bei militärischen Abwehrreaktionen gespielt hätten (vgl. auch Schmidt-Radefeldt, a.a.O., S. 164; Fischer-Lescano, a.a.O., S. 1475). Damit wäre bei einem Angriff des Irak auf die Türkei auch die Bundesrepublik Deutschland in der solcherart angelegten Bündnisautomatik unmittelbar kämpfende Partei geworden. Dass es sich dabei allein um eine Verteidigung der Türkei gegen einen Angriff und nicht etwa um eine deutsche Beteiligung an einem offensiven Vorgehen gegen den Irak gehandelt hätte, wie es die Antragsgegnerin stets abgelehnt hatte, ist unerheblich. Für den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt kommt es nicht darauf an, ob der Einsatz defensiv ist (vgl. auch Schmidt-Radefeldt, a.a.O., S. 164; Fischer-Lescano, a. a.O., S. 1475). Der Deutsche Bundestag muss ausnahmslos jedem Einsatz bewaffneter Streitkräfte zustimmen.
2. Eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen war auch unmittelbar zu erwarten. Es bestand eine besondere Nähe zu einer solchen Auseinandersetzung derart, dass die Einholung der Zustimmung des Deutschen Bundestags nicht ohne Funktionsverlust hinausgeschoben werden konnte.
Spätestens mit den aufgrund der Lageverschlechterung erweiterten Einsatzregeln hing die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen nur noch davon ab, ob und wann der Irak einen Angriff auf die Türkei unternehmen würde. Denn in diesem Fall, dessen Wahrscheinlichkeit sich ab dem 20. März 2003 durch den Beginn der kriegerischen Handlungen im Irak noch einmal erhöht hatte, wären die Handlungen deutscher Soldaten ohne jede zeitliche Verzögerung wesentlicher Teil einer sofortigen militärischen Abwehrreaktion geworden, weil die AWACS-Flugzeuge jederzeit mit ihrer Feuerleitfunktion zur Verfügung standen. Damit war eine Situation eingetreten, in der in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht alle grundsätzlichen Entscheidungen hinsichtlich der Anwendung von Waffengewalt durch die NATO unter Beteiligung deutscher Soldaten bereits getroffen waren. Zwar bestand Unsicherheit darüber, ob eine militärische Reaktion erforderlich werden würde, doch war der Geschehensablauf insoweit nicht mehr planbar, weil alles davon abhing, ob der irakische Diktator Saddam Hussein seine Drohung mit Militärschlägen wie in der Vergangenheit verwirklichen würde.
Eine Parlamentsbeteiligung erst im Fall des Überschreitens der Schwelle der tatsächlichen Gewaltanwendung, auf die die Antragsgegnerin verweist, hätte das Zustimmungserfordernis um seine Funktion gebracht: Die NATO wollte nicht erst für den Fall eines irakischen Angriffs über ihr weiteres Vorgehen entscheiden, so dass die Antragsgegnerin etwa vor der Billigung diesbezüglicher Einsatzregeln im Verteidigungsplanungsausschuss den Deutschen Bundestag um seine Zustimmung hätte ersuchen können, zumal ein irakischer Angriff eine sofortige Abwehrreaktion erfordert hätte und diese von den Einsatzregeln auch zugelassen war. Wäre es zur Anwendung bewaffneter Gewalt unter Beteiligung deutscher Soldaten gekommen, hätte das Parlament nur noch im Nachhinein entscheiden und gegebenenfalls den Rückzug der deutschen Soldaten verfügen können. Eine nur nachträgliche Beteiligung des Deutschen Bundestags ist indes, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1994 ausgeführt hat, nur bei Gefahr im Verzug zulässig (vgl. BVerfGE 90, 286 [388]). Von Gefahr im Verzug kann aber dann nicht die Rede sein, wenn sich -- wie hier -- über einen Zeitraum von Wochen Anhaltspunkte für ein verteidigungspolitisches Szenario verdichten, das die Anwendung bewaffneter Gewalt erfordern könnte, und daraufhin alle rechtlichen und tatsächlichen Vorkehrungen für eine militärische Reaktion getroffen werden. Dass eine nachgelagerte Parlamentsbeteiligung keinen Ausgleich für das Unterlassen einer vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestags darstellen kann (vgl. auch Rupp, a.a.O., S. 899), zeigt sich im konkreten Fall überdies besonders deutlich. So hat Generalleutnant Dora in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass ein Abzug der deutschen Soldaten aus dem AWACS-Verband der NATO faktisch nicht möglich sei. Angesichts der zahlenmäßigen Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland und der stets zwischen Deutschland und den USA alternierenden Kommandogewalt sei eine Beendigung der deutschen Mitwirkung eine rein hypothetische Option. Ohne die gesamte AWACS-Truppe und ihren Einsatz in Frage zu stellen und die NATO damit zu zwingen, die gesamte Operation einzustellen, sei ein Abzug der deutschen Soldaten nicht möglich.
Hassemer Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt Landau