BVerfGE 136, 277 - Bundesversammlung
1. Die Bundesversammlung hat nach Art. 54 Abs. 1 GG ausschließlich die Aufgabe, den Bundespräsidenten zu wählen; sie soll in ihren Abläufen die besondere Würde des Amtes unterstreichen.
2. Den Mitgliedern der Bundesversammlung sind durch Art. 54 GG außer dem Recht zur Teilnahme an der Wahl nur begrenzte Rechte zugewiesen. Ihre Rechtsstellung entspricht nicht der der Mitglieder des Bundestages.
 
Urteil
des Zweiten Senats vom 10. Juni 2014 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2014
– 2 BvE 2/09, 2/10 –
in den Verfahren über die Anträge 1. festzustellen, a) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er dem Antragsteller im Rahmen der 13. Bundesversammlung keine Gelegenheit gab, den von ihm sowie den Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel, Dr. Müller und Hesselbarth gestellten Antrag betreffend die Einbringung eines eigenen Entwurfs für eine Geschäftsordnung der Bundesversammlung zu begründen beziehungsweise hierzu das Wort zu ergreifen, b) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er den von ihm zusammen mit den Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel, Dr. Müller und Hesselbarth eingebrachten Antrag, einen Tagesordnungspunkt "Vorstellung der Kandidaten" in die Tagesordnung der 13. Bundesversammlung aufzunehmen, im Plenum nicht zur Abstimmung gestellt hat, c) dass die Antragsgegnerin zu 2. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass sie den Beschluss gefasst hat, dass bezüglich Geschäftsordnungsanträgen und anderen Anträgen keine mündliche Begründung und keine Aussprache stattfinden darf, d) dass die Antragsgegnerin zu 2. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass sie die Wahl des Bundespräsidenten in fehlerhafter Zusammensetzung durchgeführt hat, e) dass die Wahl des Bundespräsidenten durch die 13. Bundesversammlung unwirksam war und eine Wiederholungswahl durchzuführen gewesen wäre und Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen, Antragsteller: Udo Pastörs, MdL, Dorfstraße 7, 19249 Lübtheen – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Richter, LL.M., Birkenstraße 5, 66121 Saarbrücken – Antragsgegner: 1. Präsident des Deutschen Bundestages als Leiter der 13. Bundesversammlung, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, 2. 13. Bundesversammlung, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, – Bevollmächtigter: Prof. Dr. Wolfgang Zeh, Marktstraße 10, 72359 Dotternhausen – Beigetretene: 1. Holger Apfel, MdL, Bernhard- von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden, 2. Dr. Johannes Müller, MdL, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Richter, LL.M., Birkenstraße 5, 66121 Saarbrücken – 2 BvE 2/09 –, 2. festzustellen, a) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er dem Antragsteller im Rahmen der 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010 keine Gelegenheit gegeben hat, den von ihm sowie den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller gestellten Antrag, die von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen entsandten Delegierten wegen fehlerhafter Wahl in den jeweiligen Landtagen von den Beratungen und Beschlussfassungen der 14. Bundesversammlung auszuschließen, mündlich zu begründen, b) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er den von ihm sowie den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller gestellten Antrag, die von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen entsandten Delegierten wegen fehlerhafter Wahl in den jeweiligen Landtagen von den Beratungen und Beschlussfassungen der 14. Bundesversammlung auszuschließen, im Plenum nicht zur Abstimmung gestellt hat, c) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er dem Antragsteller im Rahmen der 14. Bundesversammlung keine Gelegenheit gegeben hat, den von ihm sowie den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller gestellten Antrag betreffend die Einbringung eines eigenen Entwurfs für eine Geschäftsordnung der Bundesversammlung mündlich zu begründen, d) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er den von ihm sowie den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller gestellten Antrag betreffend die Einbringung eines eigenen Entwurfs für eine Geschäftsordnung der Bundesversammlung im Plenum nicht zur Abstimmung gestellt hat, e) dass der Antragsgegner zu 1. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass er dem Antragsteller im Rahmen der Sitzung der 14. Bundesversammlung am 30. Juni 2010 keine Gelegenheit gegeben hat, den von ihm sowie den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller gestellten Antrag, jedem Wahlvorschlagsträger die Benennung eines bei der Stimmenauszählung anwesenden Wahlbeobachters zu gestatten, mündlich zu begründen, f) dass die Antragsgegnerin zu 2. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 2 GG dadurch verletzt hat, dass sie den vom Antragsteller zusammen mit den weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung Apfel und Dr. Müller eingebrachten Antrag, jedem Wahlvorschlagsträger die Benennung eines bei der Stimmenauszählung anwesenden Wahlbeobachters zu gestatten, abgelehnt hat, g) dass die Antragsgegnerin zu 2. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass sie den Beschluss gefasst hat, dass bezüglich Geschäftsordnungsanträgen und anderen Anträgen keine mündliche Begründung und keine Aussprache stattfinden darf, h) dass die Antragsgegnerin zu 2. die Rechte des Antragstellers aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 GG analog dadurch verletzt hat, dass sie die Wahl des Bundespräsidenten in fehlerhafter Zusammensetzung durchgeführt hat, und i) die Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen, hilfsweise festzustellen, dass die Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung ungültig ist und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – Antragsteller: Udo Pastörs, MdL, Dorfstraße 7, 19249 Lübtheen – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Richter, LL.M., Birkenstraße 5, 66121 Saarbrücken – Antragsgegner: 1. Präsident des Deutschen Bundestages als Leiter der 14. Bundesversammlung, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, 2. 14. Bundesversammlung, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, – Bevollmächtigter: Prof. Dr. Wolfgang Zeh, Marktstraße 10, 72359 Dotternhausen – Beigetretene: 1. Holger Apfel, MdL, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden, 2. Dr. Johannes Müller, MdL, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Peter Richter, LL.M., Birkenstraße 5, 66121 Saarbrücken – 2 BvE 2/10 –.
 
Entscheidungsformel:
1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Anträge zu 1. d) und e) sowie zu 2. h) und i) werden als unzulässig verworfen.
3. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
4. Damit erledigen sich die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen.
 
Gründe:
Die Organstreitverfahren betreffen die Rechte eines Mitglieds der 13. Bundesversammlung anlässlich der Wiederwahl Horst Köhlers als Bundespräsident sowie der 14. Bundesversammlung, in der Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt wurde.
 
A. – I.
1. Die Wahl des Bundespräsidenten ist in Art. 54 GG geregelt:
2. In Ausführung des Art. 54 Abs. 7 GG ist im Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung vom 25. April 1959 (BGBl I S. 230), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2007 (BGBl I S. 1326), – im Folgenden: Bundespräsidentenwahlgesetz (BPräsWahlG) – unter anderem bestimmt:
    § 5
II.
Die Volksvertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern wählte den Antragsteller, die Volksvertretung des Landes Sachsen die Beigetretenen als Mitglieder der 13. und 14. Bundesversammlung.
1. Die 13. Bundesversammlung trat am 23. Mai 2009 zusammen. Sie hatte insgesamt 1224 Mitglieder, die 612 Mitglieder des Bundestages und 612 Mitglieder, die von den Länderparlamenten gewählt worden waren. In den Volksvertretungen von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt stand für die Wahl der Mitglieder der Bundesversammlung jeweils nur eine einzige, von allen Fraktionen gemeinsam aufgestellte Liste zur Wahl. Die Kandidaten auf dieser Liste waren jeweils einer Gruppe (Partei/Wählervereinigung) zugeordnet; für jede dieser Gruppen waren gesondert Ersatzkandidaten ausgewiesen, die in gegebenenfalls freiwerdende Plätze der jeweiligen Gruppe nachrücken sollten. Auf diese Weise wurden insgesamt 470 Mitglieder der Bundesversammlung gewählt.
Am Tag vor der Bundesversammlung reichte der Antragsteller gemeinsam mit den Beigetretenen und einem weiteren Mitglied der Bundesversammlung schriftlich den Antrag ein, eine eigene Geschäftsordnung zu beschließen. Zur Begründung war in diesem Antrag ausgeführt:
Der Präsident des Bundestages hatte zuvor im Internetauftritt des Bundestages die Vorstellungsseite des vom Antragsteller unterstützten Kandidaten entfernen und durch eine auf wenige Daten beschränkte Vorstellung sowie einen Link auf die persönliche Internetseite des Kandidaten ersetzen lassen.
Der Antragsteller und die genannten drei weiteren Mitglieder der Bundesversammlung beantragten darüber hinaus am Tag vor der Bundesversammlung schriftlich, einen Tagesordnungspunkt "Vorstellung der Kandidaten" in die Tagesordnung aufzunehmen.
Zeitlich danach wurde für die Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung ein Antrag für eine Geschäftsordnung eingereicht, der folgenden Wortlaut hatte:
In der Bundesversammlung erklärte der Antragsgegner zu 1), nachdem er deren Beschlussfähigkeit festgestellt hatte:
Im Anschluss daran stellte der Antragsgegner zu 1) den von der Mehrheit getragenen Antrag zur Abstimmung, der von der Bundesversammlung angenommen wurde. Der vom Antragsteller unterstützte Antrag wurde hingegen abgelehnt. Der Antragsgegner zu 1) erklärte sodann:
Nachdem die Wahl durchgeführt worden war und der Gewählte erklärt hatte, er nehme die Wahl an, und eine Ansprache gehalten hatte, erklärte der Antragsgegner zu 1), die Bundesversammlung sei geschlossen.
2. Die 14. Bundesversammlung, die am 30. Juni 2010 zusammentrat, bestand aus insgesamt 1244 Mitgliedern, den 622 Mitgliedern des Bundestages und 622 Mitgliedern, die von den Länderparlamenten gewählt worden waren. In den Volksvertretungen von Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurde die Wahl der Mitglieder der Bundesversammlung wiederum mittels einer einheitlichen Liste mit nach Gruppen getrennten Ersatzkandidaten durchgeführt. Auf diese Weise wurden insgesamt 490 Mitglieder der Bundesversammlung gewählt.
Für diese Bundesversammlung reichten der Antragsteller und die Beigetretenen schriftlich drei Anträge ein mit der Ankündigung, eine Begründung erfolge mündlich:
Für die Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung wurde schriftlich ein gemeinsamer Antrag für eine Geschäftsordnung eingereicht, die der von der 13. Bundesversammlung beschlossenen entsprach.
Nach Eröffnung der Bundesversammlung erklärte der Antragsgegner zu 1):
Auf eine Wortmeldung des Antragstellers und seinen Zwischenruf, er wolle seinen Antrag begründen, antwortete der Antragsgegner zu 1):
Im Anschluss daran stellte der Antragsgegner zu 1) den Antrag der Mehrheit für eine Geschäftsordnung zur Abstimmung, den die Bundesversammlung annahm. Anschließend erklärte der Antragsgegner zu 1):
Schließlich stellte der Antragsgegner zu 1) den Antrag, die Benennung von "Wahlbeobachtern" zu gestatten, zur Abstimmung, ohne zuvor dem Antragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben. Die Bundesversammlung lehnte den Antrag ab.
Nachdem die Wahl durchgeführt worden war und der Gewählte erklärt hatte, er nehme die Wahl an, und eine Ansprache gehalten hatte, erklärte der Antragsgegner zu 1) die Bundesversammlung für geschlossen.
Der Antragsteller legte gegen die Wahl Christian Wulffs zum Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung beim Bundestag Wahleinspruch ein. Der Präsident des Bundestages teilte dem Antragsteller mit, der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages habe einstimmig beschlossen, dass der Einspruch gegen die Wahl des Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung keinen Anwendungsfall der Wahlprüfung nach Art. 41 GG darstelle und deshalb nicht nach dem Wahlprüfungsgesetz zu bescheiden sei.
III.
1. Mit seinem am 26. August 2009 eingegangenen Antrag macht der Antragsteller im Organstreitverfahren geltend, als Mitglied der 13. Bundesversammlung durch die Antragsgegner in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
a) Die Antragsgegnerin zu 2) sei als oberstes Bundesorgan im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG im Organstreit beteiligungsfähig, er selbst als anderer Beteiligter, der durch § 9 Abs. 1 BPräsWahlG und § 8 Satz 2 BPräsWahlG in Verbindung mit §§ 1 ff. GO-BT mit eigenen Rechten ausgestattet sei. Auch der Antragsgegner zu 1) sei anderer Beteiligter im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG.
Dass die Bundesversammlung ein nicht ständiges Bundesorgan und die 13. Bundesversammlung durch ihren Leiter gemäß § 9 Abs. 5 BPräsWahlG beendet worden sei, stehe der Beteiligungsfähigkeit nicht entgegen und dürfe nicht zur Verkürzung des gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes führen.
b) Seine Anträge seien auch begründet.
aa) Ihm stehe ein Rederecht aus einer entsprechenden Anwendung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, jedenfalls aus Verfassungsgewohnheitsrecht, zu. Dieses Rederecht habe der Antragsgegner zu 1) dadurch verletzt, dass er ihm keine Gelegenheit gegeben habe, seinen Geschäftsordnungsantrag mündlich zu begründen, und die Antragsgegnerin zu 2) dadurch, dass sie eine Geschäftsordnung beschlossen habe, die eine mündliche Begründung von Geschäftsordnungsanträgen und anderen Anträgen sowie eine Aussprache hierüber nicht zugelassen habe.
(1) Die Regelungen über das freie Abgeordnetenmandat in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG seien von Verfassungs wegen auf die Mitglieder der Bundesversammlung entsprechend anwendbar. Die Stellung eines Mitglieds der Bundesversammlung sei aufgrund der durch § 7 Satz 1 BPräsWahlG für entsprechend anwendbar erklärten Art. 46, 47 und 48 Abs. 2 GG sowie der gemäß § 8 Satz 2 BPräsWahlG subsidiären Geltung der Geschäftsordnung des Bundestages auf den Geschäftsgang der Bundesversammlung derjenigen der Mitglieder des Bundestages derart angenähert, dass sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung nicht ersichtlich seien. Dass in § 7 Satz 1 BPräsWahlG nicht auch auf Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verwiesen werde, stehe dem nicht entgegen, weil das einfache Recht nicht verfassungsmäßige Rechte der Mitglieder der Bundesversammlung einschränken könne. Das Ausspracheverbot des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG sei als Ausnahmevorschrift zu verstehen und zeige, dass im Übrigen – insbesondere für Geschäftsordnungsdebatten – ein Rederecht gegeben sei.
(2) Das Rederecht der Abgeordneten in einem kollegial strukturierten Verfassungsorgan folge aus dem Wesen von Parlamentarismus und Demokratie und sei so grundsätzlich, dass es nicht gesondert normiert zu werden brauche. Es sei allerdings durch die Aufgaben der Bundesversammlung funktional begrenzt auf Fragen der Beschlussfähigkeit der Bundesversammlung und der Zulässigkeit von Wahlvorschlägen, auf die Prüfung der Delegiertenwahlen in den Ländern sowie auf allgemeine, den eigentlichen Wahlgang betreffende Verfahrensfragen einschließlich der Geschäftsordnungsangelegenheiten. Innerhalb dieser Bereiche bestehe ein Rede- und Antragsrecht in gleichem Maße wie bei den Mitgliedern des Bundestages. Auch die Leiter der 2., 8. und 10. Bundesversammlung seien von einem zumindest verfassungsgewohnheitsrechtlich bestehenden Rederecht ausgegangen, als sie Mitgliedern der Bundesversammlung das Wort erteilt hätten.
(3) Bis zu dem Zeitpunkt, als sich die Antragsgegnerin zu 2) eine eigene Geschäftsordnung gegeben habe, habe nach § 8 Satz 2 BPräsWahlG die Geschäftsordnung des Bundestages gegolten, nach deren § 29 jedem Mitglied der Bundesversammlung das Recht zugestanden habe, sich zur Geschäftsordnung zu Wort zu melden. Der Antragsgegner zu 1) könne sich insbesondere deshalb nicht auf die von der Bundesversammlung beschlossene Geschäftsordnung berufen, weil er über den Antrag der übrigen Mitglieder zu Unrecht habe vorrangig abstimmen lassen. Der vom Antragsteller unterstützte Vorschlag sei früher eingereicht worden; daher hätte über ihn zuerst abgestimmt werden müssen. Soweit sich der Antragsgegner zu 1) darauf berufe, er habe die Abstimmungsreihenfolge an den zu erwartenden Mehrheitsverhältnissen ausrichten dürfen, verstoße dies gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Minderheitenschutzes.
Der Beschluss einer Geschäftsordnung, nach der Anträge nur schriftlich eingereicht werden könnten und es hierüber keine Aussprache gebe, sei ein massiver Eingriff in den unentziehbaren Kernbereich des Rederechts. Jedenfalls werde hierdurch das Rederecht der Mitglieder der Bundesversammlung unverhältnismäßig und ohne sachlichen Grund eingeschränkt. Sinn und Zweck der von der Mehrheit beschlossenen Geschäftsordnung sei allein gewesen, den Antragsteller, die Beigetretenen und das weitere Mitglied der Bundesversammlung Hesselbarth nicht zu Wort kommen zu lassen, weil zu erwarten gewesen sei, dass sie im Rahmen der Begründung ihres Geschäftsordnungsantrags auf die Vorgänge zu sprechen gekommen wären, die sich im Vorfeld der Bundesversammlung mit Blick auf den von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten abgespielt hätten.
bb) Der Antragsteller sieht eine Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte ferner darin, dass der Antragsgegner zu 1) den von ihm unterstützten Antrag, einen Tagesordnungspunkt "Vorstellung der Kandidaten" in die Tagesordnung aufzunehmen, nicht zur Abstimmung gestellt hat. Eine persönliche Vorstellung, die gerade keine Diskussion über den Kandidaten beinhalte, sei keine Aussprache und werde daher von dem Ausspracheverbot des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG nicht erfasst. Auch § 9 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz BPräsWahlG stehe nicht entgegen. Diese Vorschrift gehe, ebenso wie das Grundgesetz, davon aus, dass eine Vorstellung der Kandidaten nicht erforderlich sei, weil nur solche Persönlichkeiten vorgeschlagen würden, die aufgrund ihres allgemeinen Bekanntheitsgrades keiner Vorstellung bedürften. Dass eine Vorstellung im Einzelfall gleichwohl erforderlich sein könne, zeige die Kandidatur des von ihm unterstützten Kandidaten, der in der Bevölkerung und bei den Mitgliedern der Bundesversammlung weniger bekannt gewesen sei. Es sei daher aus Gründen der Chancengleichheit geboten gewesen, diesem eine Vorstellung zu ermöglichen. Die Mitglieder der Bundesversammlung könnten nur dann eine echte Wahlentscheidung treffen, wenn sie wüssten, wer zur Wahl stehe. Das passive Wahlrecht dieses Kandidaten, das Verfassungsrang habe, und das Ausspracheverbot müssten im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich gebracht werden, weshalb das Ausspracheverbot keine strikte Geltung beanspruchen könne. Jedenfalls hätte nicht der Antragsgegner zu 1) über die Zulässigkeit des Antrags entscheiden dürfen, sondern hierüber die Bundesversammlung abstimmen lassen müssen.
cc) Die Antragsgegnerin zu 2) sei fehlerhaft zusammengesetzt gewesen. Die Fehlerhaftigkeit ergebe sich aus der Wahl nach Einheitslisten in mehreren Länderparlamenten. Dieses Wahlverfahren verstoße gegen § 4 Abs. 5 BPräsWahlG, weil auf der Liste für die Ersatzkandidaten Unterlisten vorgesehen seien, so dass entgegen dieser Vorschrift für den Fall der Nichtannahme der Wahl oder des Ausscheidens eines Mitglieds nicht der nächste Bewerber derselben Vorschlagsliste eintrete, sondern je nach Parteizugehörigkeit des entfallenden Mitglieds ein Bewerber der jeweiligen Unterliste. Es handele sich daher um eine vom Gesetz nicht vorgesehene Abstimmung "en bloc" über verschiedene Listen. Die Wahl sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Wahl verstoße, denn der einzelne Landtagsabgeordnete habe keine freie Wahl zwischen einzelnen Listen.
Der Antragsteller sieht sich wegen einer Verfälschung des Erfolgswertes seiner Stimme in seinem organschaftlichen Wahl- und Abstimmungsrecht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog verletzt, weil an der Wahl des Bundespräsidenten Personen mitgewirkt hätten, die nicht ordnungsgemäß gewählt worden seien und daher nicht an der Wahl hätten teilnehmen dürfen. Zudem beinhalte sein Wahlrecht ein gegen beide Antragsgegner gerichtetes Abwehrrecht, das darauf gerichtet sei, versammlungsfremde Personen nicht an der Wahlhandlung teilnehmen zu lassen.
Dieser Fehler in der Zusammensetzung habe die Unwirksamkeit der Wahl des Bundespräsidenten zur Folge, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine Wahl nur durch die fehlerfrei bestimmten 753 Mitglieder der Bundesversammlung zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kandidat Köhler die erforderliche absolute Mehrheit im ersten Wahlgang "punktgenau" erreicht habe.
c) Der Antragsteller hat seinen ursprünglichen Antrag, die Wahl des Bundespräsidenten durch die 13. Bundesversammlung für unwirksam zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen, im Hinblick auf den Rücktritt des Bundespräsidenten Köhler für erledigt erklärt. Er beantragt nunmehr die Feststellung, dass die Wahl des Bundespräsidenten durch die 13. Bundesversammlung am 23. Mai 2009 unwirksam war und eine Wiederholungswahl durchzuführen gewesen wäre. Dieser Antrag habe sich nicht erledigt, weil ein objektives Klarstellungsinteresse bestehe, ob die Rechtmäßigkeit der Wahl des Bundespräsidenten im Organstreitverfahren überprüft werden könne. Überdies sei die Frage der Rechtmäßigkeit der Wahl deshalb weiterhin relevant, weil die Ungültigkeit des Wahlgangs möglicherweise die Unwirksamkeit aller vom Bundespräsidenten unterzeichneten Gesetze zur Folge habe. Das vorhandene verfassungsprozessuale Instrumentarium müsse extensiv ausgelegt werden, um die im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gebotene rechtliche Prüfung der Bundespräsidentenwahl zu ermöglichen.
Der Grundsatz, dass in einem Organstreitverfahren nur Feststellungsurteile ergehen könnten, gelte hier nicht, weil die Wahl des Bundespräsidenten nicht auf andere Weise einem Wahlprüfungsverfahren unterzogen werden könne. Insbesondere stehe das Verfahren nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zur Verfügung. Eine bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wahl genüge nicht für effektiven Rechtsschutz. Daher müsse ausnahmsweise im Organstreitverfahren ein rechtsgestaltendes Urteil ergehen können, um aus der Rechtswidrigkeit der Wahl die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
Der Zulässigkeit der Anträge stehe nicht entgegen, dass er keinen Einspruch gegen die Wahlen in den Länderparlamenten bei deren Präsidenten eingelegt habe, weil ihm ein solcher Einspruch gemäß § 5 Satz 1 BPräsWahlG nicht möglich gewesen sei. Wegen des Redeverbots habe er die Zusammensetzung der Antragsgegnerin zu 2) auch nicht bei ihrer Konstituierung rügen können.
2. Mit seinem am 1. September 2010 eingereichten Antrag macht der Antragsteller eine Verletzung seiner Rechte in der 14. Bundesversammlung geltend. Er nimmt auf seinen Vortrag in dem Verfahren 2 BvE 2/09 Bezug und führt ergänzend aus:
a) In den eingereichten Anträgen sei ausdrücklich vermerkt gewesen, dass diese mündlich begründet werden sollten. Der Antragsgegner zu 1) hätte dem Antragsteller aufgrund seines aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog, jedenfalls aus Verfassungsgewohnheitsrecht folgenden Rederechts das Wort erteilen müssen; der Verweis in § 7 Satz 1 BPräsWahlG auf das Indemnitätsrecht nach Art. 46 Abs. 1 GG habe nur dann Sinn, wenn in der Bundesversammlung grundsätzlich geredet werden dürfe. Die vom Antragsgegner zu 1) angenommene Unzulässigkeit der Anträge könne es nicht rechtfertigen, dass ihm das Wort zur Begründung dieser Anträge nicht erteilt worden sei. Die Zulässigkeit der Anträge, über die statt des Antragsgegners zu 1) allein die Antragsgegnerin zu 2) hätte entscheiden dürfen, hätte erst nach ihrer (mündlichen) Begründung beurteilt werden können.
b) Die Antragsgegnerin zu 2) müsse wie jedes Kollegialorgan vor Eintritt in die Tagesordnung ihre Beschlussfähigkeit feststellen. Gebe es Widerspruch, etwa weil die Bundesversammlung fehlerhaft zusammengesetzt sei, müsse das Organ sich hiermit befassen. Aus § 5 Satz 3 und 4 BPräsWahlG folge eine subsidiäre Wahlprüfungskompetenz der Antragsgegnerin zu 2). Die Bundesversammlung sei auch dann zur Wahlprüfung berufen, wenn ein Einspruch gegen die Wahl in den jeweiligen Länderparlamenten nicht eingelegt werden könne; sie müsse einen evidenten Verfassungsverstoß nicht sehenden Auges hinnehmen.
Die fehlerhafte Zusammensetzung der Bundesversammlung könne sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben. Zwar hätten die der CDU/CSU und der FDP zuzurechnenden Mitglieder auch in einer nur 754 Mitglieder umfassenden Bundesversammlung eine absolute Mehrheit gestellt. Angesichts zahlreicher "Abweichler" in diesem Lager könne jedoch nicht sicher davon ausgegangen werden, dass gleichwohl eine absolute Mehrheit für den Kandidaten Wulff zustande gekommen wäre.
c) Der Geschäftsordnungsantrag sei zu Unrecht als unzulässig behandelt worden. Über gleichartige Anträge sei in der 10. und 13. Bundesversammlung abgestimmt worden; der Antrag habe in der 10. Bundesversammlung sogar mündlich begründet werden können.
d) Dem Antragsteller stehe ein aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 2 GG (Rechtsstaatsprinzip) folgendes Recht zu, bei der Auszählung der Stimmen anwesend zu sein oder jedenfalls eine Person benennen zu können, die bei der Stimmenauszählung als Beobachter anwesend sein dürfe. Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl folge ein Anwesenheitsrecht, das durch die Regelungen in den Wahlgesetzen des Bundes und der Länder gestützt werde. Dieses Recht, das allerdings nur den Mitgliedern der Bundesversammlung zustehe, habe die Antragsgegnerin zu 2) durch die Ablehnung seines Antrags verletzt. Zudem sei die Wortmeldung zum Antrag, "Wahlbeobachter" zu gestatten, in Ausübung seines Rederechts erfolgt; der Antragsgegner zu 1) habe dieses Rederecht durch die Versagung der Erteilung des Worts verletzt.
3. Im Verfahren 2 BvE 2/09 beantragt der Antragsteller, im Wege einer einstweiligen Anordnung ein ihn betreffendes Strafurteil des Amtsgerichts Saarbrücken für gegenstandslos zu erklären, hilfsweise den saarländischen Strafverfolgungsbehörden bis zu einer Hauptsacheentscheidung Strafverfolgungsmaßnahmen gegen seine Person zu untersagen, weiter hilfsweise festzustellen, dass er als Mitglied der 13. Bundesversammlung gemäß § 7 Satz 2 BPräsWahlG in Verbindung mit Art. 46 Abs. 2 GG Immunität genieße und ohne die Genehmigung des Deutschen Bundestages nicht strafrechtlich verfolgt werden dürfe. Zur Begründung trägt er vor, seine Immunität gemäß § 7 Satz 2 BPräsWahlG in Verbindung mit Art. 46 Abs. 2 GG bestehe fort, weil die Wahl des Bundespräsidenten unwirksam gewesen sei, so dass die Bundesversammlung nicht wirksam habe geschlossen werden können.
Darüber hinaus beantragt der Antragsteller in den Verfahren 2 BvE 2/09 und 2 BvE 2/10 im Hinblick auf ein weiteres Strafverfahren, das gegen ihn wegen des Vorwurfs der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Verleumdung geführt wird, im Wege der einstweiligen Anordnung den mecklenburg-vorpommerschen Strafverfolgungsbehörden bis zur Hauptsacheentscheidung in den Organstreitverfahren jegliche Strafverfolgungsmaßnahmen zu untersagen.
IV.
Die Beigetretenen schließen sich den Anträgen des Antragstellers und ihrer Begründung an und beantragen zusätzlich festzustellen, dass sie durch die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen der Antragsgegner ebenfalls in ihren organschaftlichen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog verletzt worden sind.
V.
1. Nach Auffassung der Antragsgegner sind die die 13. Bundesversammlung betreffenden Anträge, mit denen die fehlerhafte Zusammensetzung geltend gemacht wird, unzulässig. Fehler des Wahlverfahrens in den Länderparlamenten beträfen nur die Repräsentation des Landes in der Bundesversammlung, nicht aber Rechte der Delegierten anderer Länder; etwaige Rügen müssten gegenüber dem Landesparlament erhoben werden. Die Bundesversammlung habe keine hiervon unabhängigen Rechte oder Pflichten und sei insbesondere nicht Beschwerde-, Anfechtungs- oder Revisionsinstanz gegenüber den Entscheidungen der Länderparlamente. Es bestehe daher kein diesbezügliches Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern. Darüber hinaus sei für eine Verfassungswidrigkeit des Wahlverfahrens, das dem Anliegen Rechnung trage, die politische Zusammensetzung der Länderparlamente möglichst exakt nachzubilden, nichts ersichtlich.
Die Wahl des Bundespräsidenten könne im Organstreitverfahren nicht für unwirksam erklärt werden, weil dort nur feststellende Urteile ergehen könnten. Der Antrag lasse sich nicht in eine Wahlanfechtung umdeuten, weil eine solche vom Bundespräsidentenwahlgesetz nicht vorgesehen sei.
Die übrigen Anträge seien jedenfalls unbegründet. Dem Antragsteller stehe ein Rederecht nicht zu. Er könne sich nicht auf Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog berufen, weil sich die Stellung der Mitglieder des Bundestages nicht mit derjenigen der Mitglieder der Bundesversammlung vergleichen lasse. Die Rechtsposition der Mitglieder des Bundestages bestimme maßgeblich das Verfahren mit, in welchem die repräsentative Demokratie in Deutschland verwirklicht werde. Die Bundesversammlung werde demgegenüber (im Regelfall) nur alle fünf Jahre einberufen zu dem einzigen Zweck der Wahl des Bundespräsidenten. Ihre Mitglieder seien nicht vom Volk gewählt, die Bundesversammlung repräsentiere dieses mithin nicht unmittelbar. Sie weise nur äußerlich Ähnlichkeiten mit einem Parlament auf. Die Rechtsstellung der Mitglieder der Bundesversammlung sei daher klar von derjenigen der Mitglieder des Bundestages abgegrenzt. So verweise § 7 BPräsWahlG nicht auf Art. 38 GG. Dies verhalte sich auch nicht zufällig so, was sich darin zeige, dass die Auftrags- und Weisungsfreiheit der Mitglieder der Bundesversammlung ausdrücklich normiert sei. Die subsidiäre Geltung der Geschäftsordnung des Bundestages sei in § 8 Satz 2 BPräsWahlG aus rein praktischen Gründen und nur "sinngemäß" – nicht aber "entsprechend" – angeordnet, und der Sinn ergebe sich aus der Aufgabenstellung der Bundesversammlung. Die Mitglieder der Bundesversammlung hätten danach das Recht, zu wählen, Kandidaten vorzuschlagen und Verfahrensanträge zu stellen. Ein Rederecht wie den Mitgliedern des Bundestages stehe ihnen dagegen nicht zu. Ein solches könnte nur dann angenommen werden, wenn die Mündlichkeit zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesversammlung erforderlich wäre. Dies sei aber nicht der Fall, weil es keine Willensbildung über die Wahl gebe und die Mitglieder keine Erläuterungs- oder Informationsfunktion gegenüber der Öffentlichkeit hätten. Verfahrensfragen müssten daher nicht mündlich ausgetragen werden. Dies sei im Parlament anders, weil dort inhaltliche Entscheidungen mindestens in ihrer politischen Wirkung auch von der prozeduralen Handhabung mitgeprägt würden. Politisch-inhaltliche Positionen könnten mittels Geschäftsordnungsbeschlüssen unterdrückt oder an den Rand geschoben werden. In der Bundesversammlung gebe es vergleichbare Erfordernisse und Verhältnisse nicht.
Die Reihenfolge, in welcher der Antragsgegner zu 1) über die Geschäftsordnungsanträge habe abstimmen lassen, sei nicht zu beanstanden. Es sei sachgerecht, zunächst den aussichtsreicheren Antrag zur Abstimmung zu stellen. Zudem hätte eine umgekehrte Abstimmungsreihenfolge das Ziel einer nur schriftlichen Behandlung von Anträgen unterlaufen. Vor der Abstimmung habe es keine Geschäftsordnung gegeben. Die Bundesversammlung müsse beschließen, wonach sie verfahren wolle; so sei dies auch in den früheren Bundesversammlungen geschehen.
Die Forderung einer mündlichen Kandidatenvorstellung sei nicht mit Art. 54 GG vereinbar. Der Antragsgegner zu 1) habe den Antrag daher zu Recht als unzulässig nicht zur Abstimmung gestellt. Es solle in der Bundesversammlung jede Personaldebatte verhindert werden, was auch in § 9 BPräsWahlG zum Ausdruck komme, wonach die schriftlich einzureichenden Wahlvorschläge nur die zur Bezeichnung des Vorgeschlagenen erforderlichen Angaben enthalten dürften. Dies entspreche der Handhabung in früheren Bundesversammlungen. So sei der entsprechende Antrag in der 10. Bundesversammlung nur unter Hinweis auf das Ausspracheverbot des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG und ein vergleichbarer Antrag in der 11. Bundesversammlung gar nicht zur Abstimmung gestellt worden.
2. Zur 14. Bundesversammlung führen die Antragsgegner zusätzlich aus, der Antragsgegner zu 1) sei berechtigt gewesen, den Antrag des Antragstellers, die Delegierten aus den fraglichen Ländern auszuschließen, sowie den Antrag für eine Geschäftsordnung nicht zur Abstimmung zu stellen. Eine mündliche Diskussion über diese Frage sei nach der Geschäftsordnung nicht statthaft gewesen. Dem Antragsgegner zu 1) habe die Beurteilung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Anträge oblegen, was einer wohlbegründeten parlamentarischen Übung entspreche. Dies komme etwa in § 127 Abs. 1 Satz 1 GO-BT zum Ausdruck, wonach während der Sitzung auftretende Zweifel über die Auslegung der Geschäftsordnung vom Präsidenten zu entscheiden seien.
Beide Anträge habe der Antragsgegner zu 1) zutreffend als unzulässig angesehen. Die Bundesversammlung habe keine Kompetenz zur Überprüfung der Wahlen in den Länderparlamenten. Der "Geschäftsordnungsantrag" habe nicht eine Regelung der Geschäftsordnung zum Gegenstand gehabt, sondern lediglich die Forderung enthalten, den Kandidaten die Möglichkeit zu geben, sich 30 Minuten lang vorzustellen. Eine solche Vorstellung sei wegen Verstoßes gegen Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG unzulässig.
Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass die Antragsgegnerin zu 2) seinem Antrag, einen "Wahlbeobachter" zuzulassen, hätte entsprechen müssen. Die hierzu vom Antragsteller angestellten Erwägungen gälten lediglich für das allgemeine Wahlrecht des Wahlvolks. Von einer solchen Wahl unterscheide sich die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung grundlegend. Die Überprüfung der Auszählung durch die Schriftführer sei ausreichend; Einwände, Bedenken oder Zweifel im Hinblick hierauf seien bisher zu keiner Zeit geäußert worden.
VI.
Dem Bundespräsidenten, dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Bundesrat und die Bundesregierung haben in beiden Verfahren mitgeteilt, von einer Stellungnahme abzusehen; der Bundestag und der Bundespräsident haben in beiden Verfahren nicht Stellung genommen.
 
B.
Die Anträge zu 1. a) bis c) und zu 2. a) bis g) sind zulässig; die Anträge zu 1. d) und e) sowie zu 2. h) und i) sind unzulässig.
I.
Antragsteller und Antragsgegner sind parteifähig.
1. Die Bundesversammlung ist im Organstreit parteifähig (a); dabei bleibt auf die Parteifähigkeit der Antragsgegnerinnen zu 2) ohne Einfluss, dass der Antragsgegner zu 1) die 13. und die 14. Bundesversammlung gemäß § 9 Abs. 5 BPräsWahlG für beendet erklärt hat (b).
a) Die Bundesversammlung ist oberstes Bundesorgan im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG (vgl. Wieland, in: Dreier, GG, Bd.3, 2. Aufl. 2008, Art. 93 Rn. 51; Waldhoff/Grefrath, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 54 Rn. 76 [Juli 2009]; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 63 Rn. 39 f. [Februar 2012]; E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 28 Rn. 1002; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 9. Aufl. 2012, 4. Teil Rn. 87). Dass die Bundesversammlung in der Aufzählung des § 63 BVerfGG nicht enthalten ist, ist unerheblich, weil die Vorschrift die verfassungsrechtliche Vorgabe des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht abschließend umsetzt (vgl. BVerfGE 13, 54 [81]).
b) Die Beendigung der 13. und der 14. Bundesversammlung lässt die Parteifähigkeit nicht entfallen. Richtete sich die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren ausschließlich nach dem Status zum Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. BVerfGE 4, 144 [152]; 102, 224 [231]; 108, 251 [270 f.]), wäre, worauf auch die Antragsgegner hingewiesen haben, aufgrund der Besonderheiten der Arbeitsweise der Bundesversammlung Rechtsschutz gegen Maßnahmen in der Bundesversammlung praktisch nicht zu erlangen. Zwar kann sich der Antragsteller insoweit nicht auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen, weil sich dieser nicht zum Rechtsschutz im staatsorganisationsrechtlichen Bereich verhält (vgl. BVerfGE 129, 108 [118]; vgl. auch BVerfGE 21, 362 [369 f.]; 45, 63 [78]; 61, 82 [101 ff.]). Es können sich jedoch im Hinblick auf eine Bundesversammlung verfassungsrechtliche Fragen stellen, für deren Klärung im Organstreitverfahren eine Notwendigkeit besteht. So sind Verletzungen organschaftlicher Rechte, wie etwa Eingriffe in das Wahlrecht der Mitglieder der Bundesversammlung durch eine Manipulation des Wahlergebnisses denkbar, bei denen es der Konzeption verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG widerspräche, diesen in Bezug auf die Bundesversammlung auszuschließen. Mit Blick darauf ist es geboten, vom Fortbestand der Bundesversammlung für das Organstreitverfahren auszugehen (vgl. zu einer solchen Möglichkeit bereits BVerfGE 4, 250 [267 f.] sowie Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, § 7 Rn. 40). Dass hierdurch zeitlich unbegrenzt Rechtsunsicherheit bestünde, ist im Hinblick auf die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG nicht zu besorgen.
2. Der Antragsteller ist als Mitglied beider Bundesversammlungen ebenfalls gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG parteifähig. Er ist durch Art. 54 Abs. 3 und 6 GG jedenfalls mit dem Recht ausgestattet, an der Bundesversammlung teilzunehmen und an der von dieser durchzuführenden Wahl des Bundespräsidenten mitzuwirken. Weitere Rechte werden den Mitgliedern der Bundesversammlung sowohl durch das Bundespräsidentenwahlgesetz, das die Geschäftsordnung der Bundesversammlung in weiten Teilen regelt (z.B. in § 7 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 BPräsWahlG), als auch durch die von den Antragsgegnerinnen zu 2) beschlossenen Geschäftsordnungen eingeräumt.
3. Der Antragsgegner zu 1) ist sowohl durch das Grundgesetz (Art. 54 Abs. 4 Satz 2 GG) als auch im Bundespräsidentenwahlgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet. Er leitet die Bundesversammlung (§ 8 Satz 1 BPräsWahlG), nimmt die Wahlvorschläge entgegen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BPräsWahlG), teilt dem in der Bundesversammlung Gewählten die Wahl mit und fordert ihn auf, ihm zu erklären, ob er die Wahl annimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 1 BPräsWahlG). Er erklärt die Bundesversammlung für beendet, nachdem der Gewählte die Wahl angenommen hat (§ 9 Abs. 5 BPräsWahlG), und veranlasst die Eidesleistung des Bundespräsidenten (§ 11 BPräsWahlG). Weitere Rechte und Pflichten ergeben sich aus den von den Antragsgegnerinnen zu 2) beschlossenen Geschäftsordnungen, die weitgehend mit der Geschäftsordnung des Bundestages übereinstimmen (vgl. zu den sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten des Präsidenten des Bundestages BVerfGE 60, 374 [379]).
II.
Während die Feststellungsanträge unter 1. a) bis d) und 2. a) bis h) im Organstreitverfahren statthaft sind, kann das mit den Anträgen zu 1. e) und 2. i) verfolgte Begehren nicht Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein.
1. Gemäß § 67 Satz 1 BVerfGG stellt das Bundesverfassungsgericht im Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG lediglich fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Eine Entscheidung im Organstreitverfahren kann daher keine rechtsgestaltende Wirkung haben (vgl. Stern, in: Bonner Kommentar, Bd.12, Art. 93 Rn. 183 [März 1982]), so dass das Bundesverfassungsgericht im Organstreitverfahren nicht eine bestimmte Maßnahme aufheben, für nichtig erklären (vgl. BVerfGE 20, 119 [129]) oder den Antragsgegner zu einem bestimmten Verhalten verpflichten kann (vgl. BVerfGE 1, 351 [371]; 20, 119 [129]; 124, 161 [188]; zu einer Sonderkonstellation BVerfGE 112, 118 [147 f.]).
2. Nach diesen Grundsätzen sind die Anträge zu 1. e) und 2. i) nicht statthaft.
a) Nach dem Hauptantrag zu 2. i) soll die Wahl von Christian Wulff zum Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl angeordnet werden. Er ist damit unmittelbar auf eine unzulässige Rechtsgestaltung und den Ausspruch einer Verpflichtung gerichtet. Der Antrag kann auch nicht so ausgelegt werden, dass der Antragsteller damit ein zulässiges Rechtsschutzziel verfolgt. Das Bundesverfassungsgericht ist zwar nicht an den Wortlaut des Antrags gebunden; vielmehr kann sich sein Inhalt im Sinne des § 64 Abs. 2 BVerfGG auch aus der Antragsbegründung ergeben (vgl. BVerfGE 4, 115 [123]; 68, 1 [64]; 129, 356 [364]). Eine Auslegung bestätigt hier jedoch, dass der Antragsteller mit seinem Antrag gerade auf einen rechtsgestaltenden Ausspruch abzielt, weil er mit dem weiteren Antrag zu 2. h), den er auf denselben Sachverhalt stützt, ausdrücklich die Feststellung einer Verletzung seiner Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG begehrt.
b) Der Antrag zu 1. e) und der Hilfsantrag zu 2. i) sind ebenfalls nicht auf ein zulässiges Rechtsschutzziel gerichtet. Sie sind auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl und damit auf eine Feststellung mit gestaltender Wirkung gerichtet. Im Organstreitverfahren kann aber nur festgestellt werden, dass der Antragsteller in seinen organschaftlichen Rechten verletzt ist. Für eine dem Rechnung tragende Auslegung der Anträge ist auch hier kein Raum, weil der Antragsteller mit den Anträgen zu 1. d) und 2. h) wiederum ausdrücklich eine Verletzung derartiger Rechte geltend macht. Eine auf eine rein objektive Rechtsprüfung gerichtete Auslegung der Anträge verbietet sich, weil eine solche Prüfung im Organstreitverfahren nach § 64 BVerfGG nicht stattfindet (vgl. BVerfGE 20, 134 [140]; 68, 1 [72 f.]; 80, 188 [212]; 100, 266 [268]; 118, 244 [271]; 118, 277 [318 f.]; 123, 267 [339]; 126, 55 [67 f.]).
c) Schließlich ist die Feststellung, dass eine Wiederholungswahl durchzuführen gewesen wäre, die der Antragsteller mit dem Antrag zu 1. e) zusätzlich begehrt, im Organstreitverfahren nicht statthaft. Dieser Antrag, der einem Fortsetzungsfeststellungsantrag entspricht, ist auf die Feststellung von Rechtsfolgen gerichtet, die das Bundesverfassungsgericht nach den dargelegten Grundsätzen nicht aussprechen kann.
III.
Der Antragsteller muss gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG geltend machen, durch eine Maßnahme des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten verletzt zu sein (1.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Anträge zu 1. d) und 2. h) nicht gegeben, in Bezug auf die übrigen Anträge hingegen erfüllt (2.).
1. Das durch das Verhalten des Antragsgegners betroffene Recht muss sich unmittelbar aus dem Grundgesetz ergeben und in einem Verfassungsrechtsverhältnis gründen (vgl. BVerfGE 277 [318 f.]; 131, 152 [191]). Der Antragsteller muss geltend machen, in einem eigenen, ihm von Verfassungs wegen zustehenden Recht verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein (vgl. BVerfGE 4, 144 [148]; 10, 4 [10 f.]; 70, 324 [350]; 90, 286 [342]; 112, 363 [365]; 114, 121 [146 f.]; 117, 359 [367]). Schlüssig ist die Behauptung, wenn die Rechtsverletzung nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. BVerfGE 93, 195 [203 f.]; 102, 224 [231 f.]; 129, 356 [365]).
2. Nach diesen Maßstäben ist der Antragsteller hinsichtlich der Anträge zu 1. d) und 2. h) nicht antragsbefugt, weil er keine Verletzung organschaftlicher Rechte dargetan hat (a). Die übrigen Anträge erfüllen dagegen die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 und 2 BVerfGG (b).
a) Soweit der Antragsteller die fehlerhafte Zusammensetzung der Bundesversammlung rügt (Anträge zu 1. d) und 2. h)), begründet er seine Antragsbefugnis mit einer Verfälschung des Erfolgswerts seiner Stimme und einer Verletzung in seinem organschaftlichen Wahl- und Abstimmungsrecht, das ihm in entsprechender Anwendung von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zustehe. Damit hat er jedoch nicht dargetan, dass ihm von Verfassungs wegen ein organschaftliches Recht zustehen könnte, die Wahl der von anderen Ländern in die Bundesversammlung entsandten Delegierten zu rügen und mit dieser Begründung die ordnungsgemäße Zusammensetzung der Bundesversammlung auf den Prüfstand zu stellen. Dabei kann es dahinstehen, ob dies bereits deshalb gilt, weil er nicht dargelegt hat, dass "Nachrücker" an der Bundesversammlung teilgenommen haben und sich daher die von ihm beanstandete Regelung des Nachrückverfahrens im Ergebnis ausgewirkt hat.
Rechtsschutz in Bezug auf Fehler bei der Wahl der Delegierten in den Volksvertretungen der Länder wird allein gemäß § 5 BPräsWahlG gewährt, dessen Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind (aa). Weitergehende organschaftliche Rechte, auf die sich der Antragsteller berufen könnte, bestehen nicht. Sein Antrag zielt der Sache nach darauf ab, die Beachtung des Art. 54 Abs. 3 GG und des § 4 Abs. 3 Satz 3 BPräsWahlG in der von ihm vorgenommenen Auslegung durchzusetzen und damit (lediglich) das objektive Recht zu wahren. Dies ist im Organstreitverfahren nach § 64 BVerfGG nicht zulässig (vgl. oben Rn. 66 (bb)).
aa) Die Bundesversammlung besteht gemäß Art. 54 Abs. 3 GG aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden.
Die Wahlprüfung hinsichtlich der Mitglieder des Bundestages ist in Art. 41 GG und dem Wahlprüfungsgesetz abschließend geregelt. Einspruchsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 WahlPrG jeder Wahlberechtigte, jede Gruppe von Wahlberechtigten und in amtlicher Eigenschaft jeder Landeswahlleiter, der Bundeswahlleiter und der Präsident des Bundestages. Eine gesonderte Prüfung, die die Stellung von Bundestagsabgeordneten gerade in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Bundesversammlung beträfe, sieht das Grundgesetz daneben nicht vor.
Die Überprüfung der Wahl der von den Volksvertretungen der Länder gewählten Mitglieder der Bundesversammlung regelt § 5 BPräsWahlG. Nach dessen Satz 1 ist jedes Mitglied des jeweiligen Landtages und jeder in eine Vorschlagsliste aufgenommene Bewerber zu einem Einspruch berechtigt. Damit ist sichergestellt, dass zugunsten derjenigen, die durch die Wahl in dem jeweiligen Länderparlament unmittelbar betroffen sein können, Rechtsschutz besteht. Zu diesem Personenkreis zählt der Antragsteller nicht, der sich nicht gegen die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern, sondern gegen den Wahlmodus in anderen Ländern wendet. Die Bundesversammlung wäre zu einer Entscheidung über einen Einspruch überdies nur befugt, falls der Landtag über diesen nicht mehr rechtzeitig entscheiden konnte (§ 5 Satz 3 BPräsWahlG). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn keiner der nach § 5 Satz 1 BPräsWahlG Berechtigten hat einen Einspruch gegen eine Wahl in den Länderparlamenten eingelegt.
bb) Im System dieser Prüfungen sind organschaftliche Rechte der Mitglieder der Bundesversammlung nicht angelegt.
(1) Soweit sich der Antragsteller zur Begründung einer Verletzung in eigenen Rechten auf eine analoge Anwendung von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG beruft, legt er schon nicht dar, dass diese Bestimmung in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich ein Recht des einzelnen Abgeordneten umfasst, die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Deutschen Bundestages feststellen zu lassen. Die Wahlprüfung nach Art. 41 GG dient der Gewährleistung des – gemessen am Wahlrecht – ordnungsgemäßen personellen Ausdrucks des Volkswillens am Beginn der Legitimationskette vom Bundestag zu den weiteren Staatsorganen (vgl. Morlok, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 41 Rn. 7). Sie ist nicht ein den Mitgliedern des Bundestages kraft ihres durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Status zustehendes organschaftliches Recht. Im Wahlprüfungsverfahren gemäß Art. 41 GG ist der einzelne Abgeordnete nicht einspruchsberechtigt (vgl. § 2 Abs. 2 WahlPrG) und vor dem Bundesverfassungsgericht nur insoweit antragsbefugt, als seine eigene Mitgliedschaft bestritten ist (§ 48 Abs. 1 BVerfGG). Für die vom Antragsteller geforderte Analogie zugunsten der Mitglieder der Bundesversammlung fehlt deshalb die Grundlage.
(2) Eine Verletzung organschaftlicher Rechte des Antragstellers kommt ferner bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Bundesversammlung weder die Pflicht noch auch nur die Befugnis zukommt, in anderen als den in § 5 Satz 3 BPräsWahlG vorgesehenen Fällen über die Gültigkeit der Wahl ihrer Mitglieder zu befinden. Der Antragsteller geht davon aus, dass Verfassungsorganen ein derartiges Selbstprüfungsrecht selbstverständlich zustehe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Bundesrat hat etwa keine Befugnis, die formelle Ordnungsgemäßheit der Entsendung der Vertreter der Länder zu überprüfen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine Befugnis zur Überprüfung seiner ordnungsgemäßen Besetzung nicht aus seiner Eigenschaft als Verfassungsorgan abgeleitet, sondern sich hierzu aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet gesehen (vgl. BVerfGE 65, 152 [154]; 131, 230 [233]). Den Parlamenten ist eine Wahlprüfung nicht ausnahmslos vorbehalten. So bestehen in den Ländern Bremen und Hessen – der Rechtslage unter der Weimarer Reichsverfassung entsprechend (vgl. Art. 31 WRV) – gesonderte Wahlprüfungsgerichte (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 BremWahlG sowie § 1 HessWahlPrG).
Lässt sich danach kein allgemeines Selbstprüfungsrecht von Verfassungsorganen feststellen, bedürfte es deutlicher Hinweise auf eine Befugnis der Bundesversammlung zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Entsendung ihrer Mitglieder. Derartige Hinweise gibt es nicht. Vielmehr spricht die Beschränkung der Wahlprüfung für die aus den Ländern entsandten Mitglieder auf die "Notfallregelung" (vgl. BTDrucks 3/358, S. 4) des § 5 Satz 3 BPräsWahlG gegen ein weiter gehendes Selbstprüfungsrecht. Da eine Überprüfung der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, wie dargelegt (oben Rn. 75), ohnehin ausscheidet, liefe ein generelles Selbstprüfungsrecht in Bezug auf die von den Landtagen Gewählten darüber hinaus dem Grundsatz der Gleichheit der Mitglieder der Bundesversammlung (hierzu noch unten Rn. 107) zuwider.
(3) Auch kann dem Antragsteller ein Recht auf Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung in einer geringeren Besetzung als von Art. 54 Abs. 3 GG vorgesehen, nicht deshalb zustehen, weil, wie er geltend macht, andernfalls der Erfolgswert seiner Stimme verfälscht würde. Selbst wenn der von ihm angenommene Wahlfehler auf Landesebene vorläge, ergäbe sich daraus kein Recht gerade des Antragstellers auf eine Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung in einer geringeren Besetzung als von Art. 54 Abs. 3 GG vorgesehen. Die dort festgelegte Zusammensetzung der Bundesversammlung dient dazu, bei der Wahl des Bundespräsidenten die Einheit des Staatsvolks auch in seiner föderalen Gliederung zu repräsentieren (vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 28 [Januar 2009]). Die Länder sind zu diesem Zweck in der Bundesversammlung genauso stark vertreten wie der Bund. Ein Ausschluss sämtlicher von der Volksvertretung eines Landes gewählter Mitglieder wäre damit nicht zu vereinbaren (vgl. zum Fortbestand einer Volksvertretung trotz mandatserheblicher Wahlfehler BVerfGE 129, 300 [344] m.w.N.).
(4) Soweit sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Befugnis der Bundesversammlung beruft, ihre Beschlussfähigkeit festzustellen, ist diese hier nicht betroffen, denn die Frage der Beschlussfähigkeit ist nach der Zahl der anwesenden Mitglieder zu beantworten und umfasst nicht die Frage, ob diese Mitglieder rechtsfehlerfrei gewählt sind und also zu Recht der Bundesversammlung angehören (vgl. unten Rn. 111).
b) Für die weiteren Anträge erscheint es nach dem vorgetragenen Sachverhalt jedenfalls möglich, dass der jeweilige Antragsgegner durch die angegriffenen Maßnahmen dem Antragsteller als Mitglied der Bundesversammlung zustehende verfassungsmäßige Rechte verletzt hat; sie sind mithin zulässig.
Der Antragsteller hat die Rechte, die er verletzt sieht, in einer § 64 Abs. 2 BVerfGG genügenden Weise bezeichnet. Er hat zwar keine unmittelbar auf ihn anwendbare Bestimmung des Grundgesetzes angeführt. Er hat aber deutlich gemacht, dass er eine Verletzung der ihm aufgrund seiner Stellung als Mitglied der Bundesversammlung zustehenden Rechte rügt. Ob und inwieweit diese aus einer entsprechenden Anwendung des für Abgeordnete des Bundestages geltenden Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, wie der Antragsteller vorträgt, oder unmittelbar aus Art. 54 GG abzuleiten sind, ist für die Darlegung der Antragsbefugnis nicht entscheidend.
IV.
Der Antragsteller hat ein hinreichendes Rechtschutzbedürfnis. Dieses ist insbesondere durch die Beendigung der jeweiligen Bundesversammlung und die nachfolgende neue Wahl eines Bundespräsidenten nicht entfallen, da sich vergleichbare Maßnahmen – wie die nachfolgenden Bundesversammlungen gezeigt haben – jederzeit, auch gerade gegenüber dem Antragsteller, wiederholen können.
V.
Schließlich hat der Antragsteller die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG gewahrt. Die 13. Bundesversammlung hat am 23. Mai 2009 stattgefunden, der Antrag ist am 26. August 2009 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Die Antragsschrift, die die 14. Bundesversammlung vom 30. Juni 2010 betrifft, ist am 1. September 2010 eingegangen.
VI.
Der Beitritt ist zulässig. Die Beigetretenen haben als Mitglieder der 13. und 14. Bundesversammlung die gleiche organschaftliche Stellung wie der Antragsteller.
 
C.
Die Anträge sind – soweit sie zulässig sind – unbegründet. Die Antragsgegner haben weder ein dem Antragsteller durch das Grundgesetz zugewiesenes Rede- und Antragsrecht verletzt (I.), noch steht diesem ein Recht darauf zu, "Wahlbeobachter" zu benennen (II.).
I.
Die Anträge zu 1. a) bis c) und 2. a) bis e) sowie g), mit denen der Antragsteller ein Rede- und Antragsrecht in der Bundesversammlung geltend macht, sind unbegründet. Der Antragsgegner zu 1) war von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, dem Antragsteller in den Bundesversammlungen das Wort zur Begründung der von ihm unterstützten Anträge zu erteilen, den Tagesordnungspunkt "Vorstellung der Kandidaten" in die Tagesordnung der 13. Bundesversammlung aufzunehmen und den Entwurf für eine Geschäftsordnung der 14. Bundesversammlung sowie den Antrag, Delegierte wegen fehlerhafter Wahl in den jeweiligen Landtagen von den Beratungen und Beschlussfassungen der 14. Bundesversammlung auszuschließen, zur Abstimmung zu stellen. Auch steht den Mitgliedern der Bundesversammlung kein generelles Rederecht zu, das durch die von der jeweiligen Antragsgegnerin zu 2) beschlossene Geschäftsordnung hätte verletzt werden können.
1. Die Bundesversammlung hat nach Art. 54 Abs. 1 GG ausschließlich die Aufgabe, den Bundespräsidenten zu wählen. Sie ist ein reines Kreationsorgan. Der verfassungsrechtliche Status der Mitglieder der Bundesversammlung kann deshalb nicht losgelöst von der dem Bundespräsidenten nach dem Grundgesetz eingeräumten Stellung beurteilt werden (a). Die für Abgeordnete des Bundestages geltende Regelung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ist wegen der andersartigen Aufgabe der Bundesversammlung auf deren Mitglieder nicht übertragbar (b). Den Mitgliedern der Bundesversammlung stehen vielmehr über das ihnen von Art. 54 GG unmittelbar zuerkannte Wahlrecht hinaus allenfalls begrenzte Rechte zu (c). Damit korrespondieren weitgehende Befugnisse des Präsidenten des Bundestages als Leiter der Bundesversammlung (d).
a) Der Verfassungsgeber hat im Grundgesetz das Amt des Bundespräsidenten aufgrund der Erfahrungen mit der Weimarer Reichsverfassung konzipiert (aa). Der Bundespräsident soll danach eine integrierende, die Einheit des Staates und des Volkes repräsentierende Autorität sein (bb). Das hat Auswirkungen auf das Verständnis der Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung (cc).
aa) Nach der Weimarer Reichsverfassung sollte der Reichspräsident als unmittelbar vom Volk gewähltes Staatsoberhaupt ein Gegengewicht zum Parlament darstellen (vgl. H. Preuß, in: Verfassungsausschuss, Protokolle, Bd.1, 25. Sitzung, S. 25; Ablaß, ebd., S. 27, sowie 22. Sitzung, S. 16) und damit einer damals weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem parlamentarischen System Rechnung getragen werden (vgl. etwa Eschenburg, Die improvisierte Demokratie der Weimarer Republik, 1954, S. 17 ff., 27 ff.). Um "Mitwirker ..., vielleicht aber auch ... staatlich-dynamischer Gegenspieler" (Th. Heuss, in: M. Weber, Gesammelte politische Schriften, 2. Aufl. 1958, Vorwort S. XXVI) werden zu können, musste das Staatsoberhaupt mit gewichtigen Kompetenzen ausgestattet werden.
bb) Aus der Sicht des Verfassungsgebers der Jahre 1948/49 hatte dieses Präsidialsystem mit seinen weitreichenden Machtbefugnissen jedoch entscheidend dazu beigetragen, der Diktatur den Weg zu bereiten (vgl. Süsterhenn, in: Parlamentarischer Rat, 2. Sitzung, Sten. Bericht, S. 25). Bei der Schaffung des Grundgesetzes bestand deshalb weitgehend Einigkeit, dass der Bundespräsident nicht unmittelbar vom Volk gewählt (vgl. Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, S. 41; Süsterhenn, in: Parlamentarischer Rat, 2. Sitzung, Sten. Bericht, S. 25; Walter, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 103) und nicht mit einer dem Reichspräsidenten vergleichbaren Machtfülle ausgestattet (vgl. statt vieler Fritz, in: Bonner Kommentar, Bd.8, Art. 54 Rn. 14 [Februar 2001]), auf dieses Amt aber auch nicht verzichtet werden sollte. Mit dem Bundespräsidenten sollte weiterhin ein "Repräsentant der Volkseinheit" (vgl. Süsterhenn, in: Parlamentarischer Rat, 2. Sitzung, Sten. Bericht, S. 25; ferner Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 28 [Januar 2009]; Fink, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.2, 6. Aufl. 2010, Art. 54 Rn. 2) an der Spitze des Staates stehen.
Demgemäß sollte der Bundespräsident gegenüber anderen Organen möglichst unabhängig, insbesondere nicht verantwortlich im parlamentarischen Sinne sein (vgl. Carlo Schmid, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 116) und eine ausgleichende Stellung haben (vgl. Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, S. 41 f). Der Bundespräsident lässt sich nach der Ausgestaltung seines Amtes nicht einer der drei klassischen Gewalten zuordnen (vgl. Kimminich, in: Bonner Kommentar, Bd.8, Vorbem. z. Art. 54 Rn. 6 [Mai 1968]; Fritz, in: Bonner Kommentar, Bd.8, Art. 54 Rn. 31 ff. [Februar 2001]). Er verkörpert die Einheit des Staates. In diesem Sinne ist er das Staatsoberhaupt (vgl. bereits: Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, S. 41 f.; Walter, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 103; Seebohm, ebd., S. 120; s. auch Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 3 ff. und 13 f. [Januar 2009]; Stern, Staatsrecht, Bd.2, 1980, § 30 I 2., S. 190 f.). Ihm kommen über die ihm von der Verfassung ausdrücklich zugewiesenen Befugnisse hinaus (vgl. insbesondere Art. 59 Abs. 1 GG – völkerrechtliche Vertretungsmacht –; Art. 60 Abs. 1 GG – Ernennung der Bundesbeamten und Soldaten –; Art. 63 Abs. 1, Art. 64 GG – Vorschlag zur Wahl und Ernennung des Bundeskanzlers, Ernennung und Entlassung der Bundesminister; Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG – Ausfertigung von Gesetzen) vor allem allgemeine Repräsentations- und Integrationsaufgaben zu. Im Krisenfall ist er zu politischen Leitentscheidungen berufen (vgl. Art. 63 Abs. 4, Art. 68 GG – Bundestagsauflösung; Art. 81 GG – Erklärung des Gesetzgebungsnotstands, BVerfGE 114, 121 [151, 159]). Autorität und Würde seines Amtes kommen indes gerade auch darin zum Ausdruck, dass es auf vor allem geistig-moralische Wirkung angelegt ist.
Vor diesem Hintergrund entspricht es den verfassungsrechtlichen Erwartungen an das Amt des Bundespräsidenten und der gefestigten Verfassungstradition seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland, dass der Bundespräsident eine gewisse Distanz zu Zielen und Aktivitäten von politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen wahrt (vgl. BVerfGE 89, 359 [362 f.]; vgl. auch BVerfGE 114, 121 [159]; Fritz, in: Bonner Kommentar, Bd.8, Art. 54 Rn. 45 [Februar 2001]; Pernice, in: Dreier, GG, Bd.2, 2. Aufl. 2006, Art. 54 Rn. 24; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 91 [Januar 2009]; Waldhoff/Grefrath, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 54 Rn. 55 [Juli 2009]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rn. 535; Heun, AöR 109 [1984], S. 13 [18]; Jäger, in: Festschrift für Thomas Würtenberger, 2013, S. 213 [214 f.]; vgl. auch zur Vorstellung des Bundespräsidenten als "pouvoir neutre": Süsterhenn, in: Parlamentarischer Rat, 2. Sitzung, Sten. Bericht, S. 25; ders., in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 120; Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, S. 41).
cc) Mit dieser Stellung des Bundespräsidenten korrespondiert das Verfahren seiner Wahl (vgl. BVerfGE 89, 359 [363]; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 10 ff. [Januar 2009]).
Um einerseits den Bundespräsidenten von den Organen der Legislative abzuheben (vgl. Heuss, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 114; Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 54 Rn. 28 [Januar 2009]) und andererseits "die Wurzeln seiner Wahl ... so tief wie möglich in das Volk hineinreichen zu lassen" (vgl. von Brentano, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 117) und die Wahl auf eine möglichst breite Basis zu stellen (vgl. Walter, ebd., S. 114; Katz, ebd., S. 113; Heuss, ebd., S. 117; Dehler, ebd., S. 103), wurde mit der Bundesversammlung ein besonderes, großes und "mit Absicht nicht ... homogen" zusammengesetztes (vgl. von Brentano, ebd., S. 116) Wahlgremium geschaffen.
Besondere Bedeutung wurde der Ausgestaltung des Wahlaktes beigemessen (vgl. Greve, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 115; Becker, in: Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Akten und Protokolle, Bd.13/2, 2002, S. 812; zum Charakter der Wahl als "Kür" vgl. Carlo Schmid, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 116). Die Bundesversammlung hat nicht nur zur Aufgabe, den Bundespräsidenten zu wählen, sondern sie soll zugleich in ihren Abläufen die besondere Würde des Amtes unterstreichen.
b) Vor diesem Hintergrund kann zur Bestimmung der Rechte der Mitglieder der Bundesversammlung nicht auf die Rechte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages zurückgegriffen werden. Sie "ist ein Verfassungsorgan anderer Art als Bundestag und Bundesrat, mit einer im Wesentlichen anderen Aufgabe, als sie den gesetzgebenden Körperschaften im allgemeinen gestellt ist" (Gerstenmaier, in: Deutscher Bundestag, Die Bundesversammlungen 1949 bis 2010, S. 160 f.). Die ihr angehörenden Mitglieder des Bundestages handeln nicht in dieser Funktion, sondern als "Wahlmänner" (vgl. Mücke, in: Der Parlamentarische Rat 1948 bis 1949, Akten und Protokolle, Bd.13/2, 2002, S. 815).
aa) Der Bundestag ist die Vertretung des Volkes, in der die Fragen der Staatsführung, insbesondere der Gesetzgebung, in Rede und Gegenrede der einzelnen Abgeordneten zu erörtern sind. Der Ausdruck "verhandeln", der in Art. 42 GG verwendet ist, um die Tätigkeit des Bundestages zu bezeichnen, hat diesen Sinn (BVerfGE 10, 4 [12]). Dabei ist das Rederecht eng mit der Öffentlichkeitsfunktion des Parlaments (vgl. BVerfGE 119, 96 [128]) verbunden. Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente der parlamentarischen Demokratie. Das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen (vgl. BVerfGE 70, 324 [355]) und verbindet das rechtstechnische Gesetzgebungsverfahren mit einer substantiellen, auf die Kraft des Arguments gegründeten Willensbildung, die es den Abgeordneten ermöglicht, die Verantwortung für ihre Entscheidung zu übernehmen (vgl. BVerfGE 112, 363 [366]). Die Redefreiheit des Abgeordneten des Bundestages ist daher eine unverzichtbare Voraussetzung für die Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben, die den Status als Abgeordneter wesentlich mitbestimmt (vgl. BVerfGE 60, 374 [380]; vgl. auch BVerfGE 2, 143 [171]; 10, 4 [12]; 80, 188 [218]; 96, 264 [284]).
Die Aufstellung einer eigenen Geschäftsordnung ist für den Bundestag Ausdruck seiner in Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Geschäftsordnungsautonomie (vgl. BVerfGE 102, 224 [234 f.]; 104, 310 [332]; 130, 318 [348]). Die Selbstorganisation des Bundestages ist zudem aus Gründen der organisatorischen Effektivität notwendig, um der Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben gerecht werden zu können (vgl. Steiger, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 25 Rn. 5). Die Geschäftsordnung bestimmt die Bedingungen für die Wahrnehmung der Rechte der Abgeordneten, die einander zugeordnet und aufeinander abgestimmt werden müssen, so dass dem Parlament eine sachgerechte Erfüllung seiner Aufgaben – auch im Hinblick auf Repräsentationsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit – ermöglicht wird (vgl. BVerfGE 80, 188 [219]).
bb) Auf die Bundesversammlung lässt sich all dies nicht übertragen. Der Gang ihrer Geschäfte ist weitgehend vorbestimmt und insoweit der Regelung durch die Bundesversammlung entzogen. Damit fügt es sich, dass das Grundgesetz keine Regelung zu einer Geschäftsordnungsautonomie der Bundesversammlung enthält. Die Bundesversammlung hat auch kein Selbstversammlungsrecht wie der Bundestag (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 GG), sondern wird vom Präsidenten des Bundestages einberufen (Art. 54 Abs. 4 Satz 2 GG), dem durch das Bundespräsidentenwahlgesetz weitere Organisationsaufgaben zugewiesen sind.
Die Öffentlichkeit hat für die Bundesversammlung eine andere Funktion als für den Bundestag. Bei der Wahl des Bundespräsidenten kommt es allein auf die Sichtbarkeit des Wahlaktes in seinen realen und symbolischen Dimensionen an; eine öffentliche Debatte ist gerade nicht vorgesehen (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG).
cc) Aus der Stellung der Bundesversammlung als Verfassungsorgan lassen sich, anders als der Antragsteller meint, keine weitergehenden Rechte ihrer Mitglieder herleiten. Gleiches gilt mit Blick auf die Behauptung des Antragstellers, aus Verfassungsgewohnheitsrecht ergäben sich Rede- und Antragsrechte der Mitglieder der Bundesversammlung. Es lässt sich nicht einmal eine Staatspraxis feststellen, die für eine Auslegung des Art. 54 GG im Sinne des Antragstellers herangezogen werden könnte.
c) Das den Mitgliedern der Bundesversammlung durch Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG (allein) zuerkannte Recht, den Bundespräsidenten zu wählen, umfasst die Befugnis, durch Stimmabgabe am Wahlakt teilzunehmen (aa), und den Anspruch darauf, dass ihre Stimme gemäß Art. 54 Abs. 6 GG gewertet wird (bb). Ein Recht auf Aussprache ist damit nicht verbunden (cc). Im Übrigen kommen über das eigentliche Wahlrecht hinausgehende Mitwirkungsrechte allenfalls in geringem Umfang in Betracht, soweit sie zur Wahrnehmung des Wahlrechts erforderlich sind (dd).
aa) Das Recht, an der Wahl teilzunehmen, setzt voraus, dass die Mitglieder am Erscheinen in der Bundesversammlung nicht durch Strafverfolgungsmaßnahmen oder auf andere Weise gehindert sind. So hat der Bundesgerichtshof die vorläufige Entlassung zweier sich in Untersuchungshaft befindender Mitglieder der 2. Bundesversammlung angeordnet, um diesen die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen (vgl. Winkelmann, ZParl 2008, S. 61 [63 f.]). Auch die den Mitgliedern der Bundesversammlung zustehende Immunität und Indemnität dient diesem Schutz des Rechts auf eine ungehinderte Teilnahme an der Wahl. Die entsprechende Anwendung der Art. 46, 47 und 48 Abs. 2 GG (§ 7 Satz 1 BPräsWahlG) ist zur Durchsetzung des Teilnahmerechts aus Art. 54 GG daher schon von Verfassungs wegen geboten (vgl. Fink, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.2, 6. Aufl. 2010, Art. 54 Rn. 48; von Arnauld, in: von Münch/Kunig, GG, Bd.1, 6. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 28).
bb) Dem Wahlrecht der Mitglieder der Bundesversammlung ist es zudem immanent, dass diese einen Anspruch auf ein Wahlverfahren haben, das diesen Namen verdient, mithin inhaltlich-qualitativ eine echte Wahl ermöglicht (vgl. BVerfGE 41, 1 [11]). Insbesondere haben sie einen verfassungsmäßig verbürgten Anspruch auf die Freiheit und die Gleichheit der Wahl. Art. 54 Abs. 3 GG geht davon aus, dass die vom Bundestag und die von den Volksvertretungen der Länder entsandten Mitglieder in der Bundesversammlung die gleiche Stellung haben. Durch die Zusammensetzung der Bundesversammlung sollen Bund und Länder in gleicher Weise an der Wahl des Bundespräsidenten mitwirken. Den Ländervertretern in der Bundesversammlung muss daher dieselbe Stellung eingeräumt sein wie den Mitgliedern aus dem Bundestag. Dem entspricht namentlich § 7 Satz 3 BPräsWahlG, wonach die Mitglieder der Bundesversammlung an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind.
cc) Nach Art. 54 Abs. 1 GG findet die Wahl allerdings "ohne Aussprache" statt. Zu einer Personal- oder Sachdebatte über oder mit den Kandidaten sind die Mitglieder der Bundesversammlung danach nicht berechtigt.
Das Ausspracheverbot dient dem Schutz der Würde des Wahlakts, der dem parteipolitischen Streit enthoben sein soll (vgl. oben Rn. 98). Es richtet sich deshalb nicht nur an die Mitglieder der Bundesversammlung, sondern auch an die Kandidaten – unabhängig davon, ob sie der Bundesversammlung angehören; es schließt daher auch eine Vorstellung der Kandidaten durch diese selbst aus (vgl. Butzer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 54 Rn. 81; Nettesheim, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 63 Rn. 12). Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Bundesversammlung entgegen der Intention des Ausspracheverbots zum Forum für eine politische Auseinandersetzung unter den Kandidaten oder jedenfalls für eine politische (Selbst-)Darstellung würde. Damit die Bundesversammlung ihre Aufgaben funktionsgerecht erfüllen kann, obliegt es den Mitgliedern, sich die für ihre Wahlentscheidung erforderlichen Informationen außerhalb der Bundesversammlung zu beschaffen.
dd) Auch im Übrigen kommen über das eigentliche Wahlrecht hinausgehende Mitwirkungsrechte allenfalls in geringem Umfang in Betracht, soweit sie zur Wahrnehmung des Wahlrechts erforderlich sind.
Die Beschlussfähigkeit der Bundesversammlung ist lediglich festzustellen; dies obliegt ihrem Leiter. Hierzu ist zu ermitteln, ob eine hinreichende Anzahl der Mitglieder der Bundesversammlung zur Wahl erschienen ist. Dies umfasst nicht die Prüfung, ob die Wahl ihrer Mitglieder frei von Rechtsfehlern durchgeführt worden ist. Einer besonderen Mitwirkung der Mitglieder der Bundesversammlung bedarf es vorbehaltlich des § 5 Satz 3 BPräsWahlG nicht.
Auf den Ablauf der Bundesversammlung können ihre Mitglieder dadurch Einfluss nehmen, dass sie der Bundesversammlung eine Geschäftsordnung geben und einen Wahlvorstand wählen. Diese Befugnisse folgen jedoch nicht aus einem der Bundesversammlung und ihren Mitgliedern durch die Verfassung übertragenen Recht, sondern ergeben sich lediglich aus dem auf der Grundlage von Art. 54 Abs. 7 GG erlassenen § 8 Satz 2 BPräsWahlG. Den Mitgliedern der Bundesversammlung steht insofern lediglich ein aus ihrer Stellung als Mitglieder der Bundesversammlung abgeleitetes verfassungsmäßiges Recht auf Gleichbehandlung zu.
Die Abgabe der Stimmen und ihre Auszählung bedürfen eines Rede- und Antragsrechts grundsätzlich nicht. Etwas anderes könnte allerdings für den Fall in Betracht kommen, dass in der Bundesversammlung begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl aufgeworfen werden. Dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Erörterung, weil der Antragsteller derartige Fehler und ein diesbezügliches Äußerungsrecht nicht geltend gemacht hat.
Im Übrigen ist eine Aussprache von Verfassungs wegen zwar nicht untersagt, aber auch nicht gefordert. Vielmehr bestimmt Art. 54 Abs. 7 GG, dass die weiteren Einzelheiten des Wahlverfahrens durch einfaches Gesetz geregelt werden.
d) Der Präsident des Bundestages hat als Leiter der Bundesversammlung die Aufgabe, für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl Sorge zu tragen. Da die Bundesversammlung – wie dargelegt – nicht wie der Bundestag Ort der politischen Auseinandersetzung ist, sondern den Bundespräsidenten in einer Weise in sein Amt setzen soll, die der diesem Amt zukommenden Würde entspricht, stehen dem Leiter der Bundesversammlung weitergehende Kompetenzen zu als dem Präsidenten des Bundestages bei der Leitung von Sitzungen des Bundestages (aa); die Mitglieder der Bundesversammlung haben jedoch ein Recht auf Gleichbehandlung (bb).
aa) Der Bundestag hat eine weitreichende Befassungskompetenz und das Recht zur Selbstorganisation. Er kann seine Funktionen nur erfüllen, wenn sich die Abgeordneten in Ausübung ihres freien Mandats durch Anträge an der Entscheidungsfindung beteiligen können. Das parlamentarische Verfahren muss zu diesem Zweck autonom und frei durch seine Mitglieder gestaltet werden können, wobei der Antrag der "Universalschlüssel" für dieses Verfahren und wesentliche Voraussetzung für die Mitwirkung der Abgeordneten am parlamentarischen Geschehen ist (vgl. Kabel, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 31 Rn. 1). Damit lässt sich ein weitreichendes Prüfungsrecht des Präsidenten des Bundestages nicht vereinbaren (vgl. Schmidt-Jortzig/Schürmann, in: Bonner Kommentar, Bd.11, Art. 76 Rn. 107 [November 1996]; Kabel, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 31 Rn. 16; Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 97 GO-BT Rn. 9; ein materielles Prüfungsrecht vollständig verneinend Kersten, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 76 Rn. 56 [Januar 2011]; Dietlein, in: BeckOK GG, Edition 19, Art. 76 Rn. 9 [Nov. 2013]; Masing, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd.2, 6. Aufl. 2010, Art. 76 Rn. 54; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 40 Rn. 45).
Dagegen ist der Gegenstand, mit dem sich die Bundesversammlung ausschließlich zu befassen hat, durch das Grundgesetz festgelegt. Ihre Aufgabe besteht allein in der "Kür" (vgl. Carlo Schmid, in: Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll, S. 116) des Bundespräsidenten. Dem entspricht es, dass der Leiter der Versammlung jedenfalls solche Anträge, die nicht die Durchführung der Wahl an sich betreffen oder offensichtlich nicht im Einklang mit der Verfassung stehen, nicht zur Abstimmung stellt und damit die zeremonielle, symbolische Bedeutung des Wahlakts bewahrt. Bei der Schaffung des Bundespräsidentenwahlgesetzes wurde demgemäß von einer zu detaillierten Regelung bewusst abgesehen, "damit insbesondere dem Präsidenten des Bundestages die Handlungsfreiheit bleibt, die die jeweilige Lage erfordert" (BTDrucks 3/358, S. 5). Der Leiter der Bundesversammlung ist daher befugt, die Prüfung der Zulässigkeit der Anträge nach diesen Maßstäben vorzunehmen, ohne dem jeweiligen Antragsteller zuvor das Wort zu erteilen.
bb) Der Leiter der Bundesversammlung muss allerdings die grundsätzlich gleiche Stellung der Mitglieder der Bundesversammlung beachten (vgl. oben Rn. 107). Diesen steht ein Recht nicht nur auf gleiche Wertung ihrer Stimmen, sondern auch auf gleiche Teilhabe an der Ausgestaltung des Wahlverfahrens zu. Für die Leitungsbefugnisse des Präsidenten des Bundestages bedeutet dies insbesondere, dass er über die Behandlung von Anträgen eine willkürfreie – das heißt nicht von sachfremden Erwägungen geleitete – Entscheidung treffen muss (vgl. BVerfGE 104, 310 [331]; 108, 251 [276]).
2. Nach diesen Maßstäben sind die Anträge zu 1. a) bis c) und 2. a) bis e) sowie g) unbegründet.
a) Der Antragsgegner zu 1) war im Rahmen seiner Leitungsbefugnisse (vgl. oben Rn. 116 f.) berechtigt, die Zulässigkeit des Antrags auf Erweiterung der Tagesordnung der 13. Bundesversammlung um einen Punkt "Vorstellung der Kandidaten" zu prüfen (Antrag zu 1. b)). Eine solche Vorstellung hätte eine Verletzung des Ausspracheverbots des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG bedeutet (vgl. oben Rn. 109). Es war daher zum Schutz der funktionsgerechten Aufgabenerfüllung durch die Bundesversammlung geboten, diesen Antrag nicht zur Abstimmung zu stellen.
b) Aus entsprechenden Erwägungen ist der Antrag zu 2. d) unbegründet. Die beantragte Ausgestaltung der Geschäftsordnung, nach der den Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten Gelegenheit gegeben werden sollte, sich bis zu 30 Minuten in freier Rede vorzustellen, wäre in gleicher Weise wie die Erweiterung der Tagesordnung um eine "Vorstellung der Kandidaten" nicht mit dem Ausspracheverbot des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar gewesen.
c) Der Antragsgegner zu 1) hat schließlich keine Rechte des Antragstellers verletzt, indem er den Antrag auf Ausschließung von Mitgliedern der Bundesversammlung wegen einer Fehlerhaftigkeit ihrer Wahl in den Volksvertretungen der Länder nicht zur Abstimmung gestellt hat (Antrag zu 2. b)).
Dem Antragsteller stand kein Anspruch auf den Ausschluss einzelner Mitglieder von der Mitwirkung in der Bundesversammlung zu (vgl. oben Rn. 80). Wie ausgeführt kann eine Prüfung der Wahlen in den Volksvertretungen der Länder ausschließlich nach Maßgabe des § 5 BPräsWahlG erfolgen. Die Voraussetzungen für die (subsidiäre) Befassung der Bundesversammlung mit der Wahlprüfung gemäß § 5 Satz 3 BPräsWahlG waren jedoch ersichtlich nicht erfüllt (vgl. oben Rn. 79 f.). Die Bundesversammlung hätte sich daher durch die Befassung mit diesem Antrag eine Kompetenz angemaßt, die ihr nach dem Grundgesetz nicht zukommt. Darüber hinaus wäre eine Wahl des Bundespräsidenten unter Ausschluss der in dem Antrag genannten Mitglieder mit Art. 54 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren gewesen (vgl. oben Rn. 81). Ein dem Antrag entsprechendes Verfahren hätte daher zur Verfassungswidrigkeit der Wahl des Bundespräsidenten geführt.
d) Die Anträge zu 1. c) und 2. g), mit denen der Antragsteller geltend macht, durch die Geschäftsordnungsbeschlüsse der jeweiligen Bundesversammlung in seinem Rederecht verletzt zu sein, sind unbegründet.
Das Grundgesetz weist den Mitgliedern der Bundesversammlung ein Rederecht grundsätzlich nicht zu (vgl. oben Rn. 108 ff.). Der Gesetzgeber hat im Rahmen des ihm durch Art. 54 Abs. 7 GG eingeräumten Gestaltungsspielraums die durch Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG bereits vorgezeichnete Verfahrensstruktur der Bundesversammlung dahin konkretisiert, dass gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 BPräsWahlG Wahlvorschläge schriftlich unterbreitet werden müssen. Er hat damit darauf reagiert, dass die Möglichkeit eines mündlichen Kandidatenvorschlags in der 2. Bundesversammlung von einem Mitglied dazu missbraucht worden war, den amtierenden, erneut kandidierenden Bundespräsidenten anzugreifen. Die weitere Ausgestaltung des Geschäftsgangs hat der Gesetzgeber in § 8 Satz 2 BPräsWahlG der Bundesversammlung überlassen und nur eine subsidiäre Geltung der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehen, sollte sich die Bundesversammlung keine eigene Geschäftsordnung geben.
Der Antragsteller macht – insbesondere für die 13. Bundesversammlung – ohne Erfolg geltend, die Antragsgegnerin zu 2) habe ihre Gestaltungsmacht missbraucht, denn der einzige Zweck der von ihr beschlossenen Geschäftsordnung sei es gewesen, ihn und die Angehörigen seiner Partei nicht zu Wort kommen zu lassen. Er hat dazu vorgetragen, er habe auf die Vorgänge im Vorfeld der Wahl zu sprechen kommen wollen. Damit hat er deutlich gemacht, dass er die Möglichkeit zur freien Rede genutzt hätte, um Umstände zu erörtern, die nicht in die Befassungskompetenz der Bundesversammlung fallen. Diese übt insbesondere keine Kontrolle über den Präsidenten des Bundestages aus. Im Übrigen bestehen keine Hinweise darauf, dass die Bundesversammlung mit der von ihr beschlossenen Geschäftsordnung den vom Antragsteller unterstellten Zweck verfolgt haben könnte.
e) Der Antragsgegner zu 1) hat keine Rechte des Antragstellers dadurch verletzt, dass er diesem nicht das Wort zur Begründung seiner Anträge erteilt hat.
aa) Die 14. Bundesversammlung war nicht befugt, über die Ausschließung von Mitgliedern zu beschließen; der Antragsgegner zu 1) war daher berechtigt, den Antrag nicht zur Abstimmung zu stellen (vgl. oben Rn. 123 f.). Da sich die Bundesversammlung mit dem Antrag von vornherein nicht befassen durfte, war der Antragsgegner zu 1) auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller zur Begründung dieses Antrags das Wort zu erteilen; daher ist der Antrag zu 2. a) nicht begründet.
bb) Auch die Anträge zu 1. a) und 2. c) sind unbegründet. Der Antragsgegner zu 1) war nicht gehalten, vor der Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung Redebeiträge zuzulassen.
Der auf der Grundlage von Art. 54 Abs. 7 GG erlassene § 8 Satz 2 BPräsWahlG sieht die Geltung der Geschäftsordnung des Bundestages – mit darin gemäß § 29 enthaltenen Rederechten – nur vor, "sofern" sich nicht die Bundesversammlung eine eigene Geschäftsordnung gibt. Ist bereits erkennbar, dass die Bundesversammlung von ihrem Recht, die Ordnung ihrer Geschäfte selbst zu regeln, Gebrauch machen möchte, kommt die Geschäftsordnung des Bundestages nicht zum Tragen. Denn § 8 Satz 2 BPräsWahlG ist gerade nicht dahin formuliert, dass die Geschäftsordnung des Bundestages "solange" zur Anwendung kommt, bis sich die Bundesversammlung eine eigene Geschäftsordnung gibt.
Dahingestellt bleiben kann, welche grundlegenden Geschäftsordnungsregeln der Leiter der Bundesversammlung in jedem Fall zu beachten hat. Jedenfalls ist das konkrete Vorgehen des Antragsgegners zu 1) nicht zu beanstanden, weil der von der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung getragene Antrag zur Geschäftsordnung erkennbar zum Ziel hatte, in der Bundesversammlung generell keine Redebeiträge zuzulassen (vgl. o. Rn. 126). Diese Zielrichtung hätte der Antragsgegner zu 1) unterlaufen, wenn er vor der Abstimmung über diesen Antrag dem Antragsteller das Wort erteilt hätte. Der Antragsgegner zu 1) handelte nicht rechtsfehlerhaft, indem er über den von der Mehrheit der Bundesversammlung getragenen Antrag vorrangig, jedenfalls vor Erteilung des Worts an ein Mitglied der Bundesversammlung, hat abstimmen lassen.
cc) Ebenso war der Antragsgegner zu 1) nicht verpflichtet, dem Antragsteller das Wort zur Begründung des Antrags zu erteilen, den Wahlvorschlagsträgern die Benennung von "Wahlbeobachtern" zu gestatten (Antrag 2. e)). Insoweit handelte der Antragsgegner zu 1) in Ausführung der zuvor beschlossenen Geschäftsordnung, deren Schriftlichkeitsprinzip verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. oben Rn. 108) und dem Antragsgegner zu 1) insoweit keinen Entscheidungsspielraum beließ.
II.
Der Antrag zu 2. f), mit dem der Antragsteller die Ablehnung seines Antrags, jedem Wahlvorschlagsträger in der 14. Bundesversammlung die Benennung eines bei der Stimmenauszählung anwesenden "Wahlbeobachters" zu gestatten, durch die Antragsgegnerin zu 2) beanstandet, ist unbegründet.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem die 15. Bundesversammlung betreffenden Eilverfahren im Jahr 2012 entschieden, dass ein solches Recht einem Mitglied der Bundesversammlung offensichtlich nicht zusteht, weil das Grundgesetz diesem kein Recht übertragen hat, als "Wahlbeobachter" nach jedem Wahlgang zur Wahl des Bundespräsidenten an der Auszählung der Stimmen und der Ermittlung des Wahlergebnisses teilzunehmen, und der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl die Zulassung von "Wahlbeobachtern", die durch Wahlvorschlagsträger benannt werden, bei der Auszählung der Stimmen und der Ermittlung des Wahlergebnisses der einzelnen Wahlgänge in der Bundesversammlung nicht gebietet (BVerfGE 130, 367 [369 f.]). Ein Recht, als "Wahlbeobachter" an der Auszählung der Stimmen und der Ermittlung des Wahlergebnisses teilzunehmen, kann auch nicht aus Art. 54 Abs. 7 GG in Verbindung mit § 8 Satz 2 BPräsWahlG abgeleitet werden, weil die Geschäftsordnung des Bundestages ein entsprechendes Recht des einzelnen Bundestagsabgeordneten nicht kennt (vgl. BVerfGE 130, 367 [370]). Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl lässt sich ein Anspruch auf Teilnahme oder Benennung eines bei der Stimmenauszählung anwesenden "Wahlbeobachters" ebenfalls nicht ableiten, wobei es in diesem Zusammenhang dahinstehen kann, in welcher Ausprägung dieser Grundsatz auf die Wahl in der Bundesversammlung anzuwenden ist. Denn die in der Bundesversammlung geübte Praxis, zur Auszählung der Stimmen und Ermittlung des Ergebnisses der einzelnen Wahlgänge Schriftführer aus der Mitte der Bundesversammlung aus verschiedenen Fraktionen zu wählen, die sich bei der Auszählung gegenseitig kontrollieren, entspricht den vom Grundsatz der Öffentlichkeit geforderten Kriterien der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit des Wahlvorgangs (vgl. BVerfGE 130, 367 [371]). Gründe, die eine andere Beurteilung rechtfertigten, sind nicht ersichtlich.
 
D.
Aus den dargelegten Gründen haben die Anträge der Beigetretenen in gleicher Weise keinen Erfolg.
 
E.
Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigen sich die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen.
(gez.) Voßkuhle Lübbe-Wolff Gerhardt Landau Huber Hermanns Kessal-Wulf